VwGH Ra 2018/01/0285

VwGHRa 2018/01/028522.6.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des C D S in K, vertreten durch Mag. Franz Scharf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schulerstraße 20/7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. April 2018, Zl. LVwG-M-30/001-2017, betreffend Betretungsverbot nach § 38a SPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs4;
SPG 1991 §38a;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010285.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde die Maßnahmenbeschwerde des Revisionswerbers nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Anordnung eines Betretungsverbots (verbunden mit einer Wegweisung) nach § 38a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) als unbegründet abgewiesen (1.), der Revisionswerber zu einem näher bezeichneten Aufwandersatz verpflichtet (2.) und die Revision für nicht zulässig erklärt (3.).

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, es sei am 14. November 2017 in der Wohnung der Eltern des Revisionswerbers zur Verhängung des angefochtenen Betretungsverbotes durch Polizeibeamte gekommen. Unter Einbeziehung der Ermittlungsergebnisse einschließlich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung stehe fest, dass der Revisionswerber gedroht habe, seiner Mutter heißes Wasser ins Gesicht zu schütten, seine Eltern - in Anbetracht zeitlich vorgelagerter ähnlicher Vorkommnisse - gegenüber den amtshandelnden Polizeibeamten deutlich die Befürchtung zum Ausdruck gebracht hätten, dass der Revisionswerber gewalttätig werden könnte und sie einen Gewaltausbruch ihres Sohnes ernstlich für möglich hielten, und sich der Revisionswerber während der Amtshandlung völlig unzugänglich und uneinsichtig gezeigt habe. Die amtshandelnden Beamten hätten solcherart eine "situationsbedingt wahrgenommene Gefahrenprognose" bezüglich eines Angriffs durch den Revisionswerber getroffen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Betretungsverbot (ebenso wie eine Wegweisung) an die Voraussetzung geknüpft, dass auf Grund bestimmter Tatsachen (Vorfälle) anzunehmen ist, ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit einer gefährdeten Person stehe bevor. Welche Tatsachen als solche im Sinne des § 38a SPG in Frage kommen, sagt das Gesetz nicht (ausdrücklich). Diese Tatsachen müssen (auf Grund bekannter Vorfälle) die Annahme rechtfertigen, dass plausibel und nachvollziehbar bestimmte künftige Verhaltensweisen zu erwarten sein werden. Auf Grund des sich den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bietenden Gesamtbildes muss mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein, dass ein gefährlicher Angriff im genannten Sinn durch den Wegzuweisenden bevorstehe. Dabei (bei dieser Prognose) ist vom Wissensstand des Beamten im Zeitpunkt des Einschreitens auszugehen (vgl. etwa VwGH 13.10.2015, Ra 2015/01/0193; 19.4.2016, Ra 2016/01/0059; 6.7.2016, Ra 2015/01/0037; 11.10.2016, Ra 2015/01/0217, jeweils mwN).

8 Die Revision bringt als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor:

9 a) Das Verwaltungsgericht sei von der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es nicht festgestellt habe, dass ein gefährlicher Angriff "bevorstehe", sondern lediglich, dass ein solcher "nicht ausgeschlossen" werden könne. Mit diesem Vorbringen wird ein Abweichen von Rechtsprechung zur Beurteilung nach § 38a SPG nicht dargetan, zumal das Verwaltungsgericht (an anderer Stelle) die Feststellung traf, dass die "reelle Befürchtung" bestand, dass der Revisionswerber die ausgesprochene Drohung in die Tat umsetzen würde. Demnach ist das Verwaltungsgericht - mit hinreichender Deutlichkeit - davon ausgegangen, dass auf Grund des sich den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bietenden Gesamtbildes mit der nach der erwähnten Rechtsprechung erforderlichen "einigen" Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, dass ein gefährlicher Angriff durch den Revisionswerber bevorstehe.

10 b) Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwieweit "Furcht" allein die Gefährlichkeitsprognose im Sinne des § 38a SPG begründen könne. Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass das Schicksal der Revision von dieser Frage nicht abhängt, weil die Gefährlichkeitsprognose nicht (bloß) auf die von den Eltern des Revisionswerbers zum Ausdruck gebrachte Furcht (vor einer möglichen Gewalttätigkeit) ihres Sohnes, sondern insbesondere auf die erwähnte konkrete Drohung gestützt wurde.

11 In der Revision werden aus diesen Erwägungen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Juni 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte