Normen
B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs4;
SPG 1991 §38a;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs4;
SPG 1991 §38a;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien (Verwaltungsgericht) wurde die Maßnahmenbeschwerde der Revisionswerberin nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen behaupteter Rechtswidrigkeit der Anordnung eines Betretungsverbots nach § 38a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) in Wien als unbegründet abgewiesen (1.), die Revisionswerberin zu einem näher bezeichneten Aufwandersatz verpflichtet (2.) und die Revision für nicht zulässig erklärt (3.)
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, auf Grund näher bezeichneter Streitigkeiten in der Wohnung der Revisionswerberin und ihres Ehegatten am 4. Juni 2015 sei es zur Verhängung des angefochtenen Betretungsverbotes gekommen. Unter Einbeziehung der Ermittlungsergebnisse einschließlich der Durchführung einer mündlichen Verhandlung stehe fest, dass die Revisionswerberin (während der Amtshandlung durch Organe der Landespolizeidirektion Wien) mit ihren Füßen gegen die Wand oder einen Kasten getreten habe. Die Revisionswerberin habe immer wieder in Richtung ihres Ehemannes geschimpft und sei sehr wütend und aufgebracht gewesen. Der Ehemann der Revisionswerberin habe sich während der gesamten Amtshandlung ruhig verhalten. Die Streitigkeiten zwischen der Revisionswerberin und ihrem Ehegatten hätten in der Vergangenheit zugenommen und das Verhalten der Revisionswerberin sei immer aggressiver geworden bzw. sei ihr Aggressionspotenzial angestiegen. Die Einsatzorgane der Landespolizeidirektion Wien seien vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, dass es nicht bloß bei einem Streit bleiben sondern zu einem körperlichen Angriff bzw. zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen werde, zumal aktuelle Stressfaktoren - nämlich die bevorstehende Scheidung bzw. Trennung - vorgelegen seien. Das Betretungsverbot sei gegen die Revisionswerberin ausgesprochen worden, weil sich während der Amtshandlung ergeben habe, dass das Aggressionspotenzial von dieser (und nicht von ihrem Ehemann) ausgegangen sei und eine bloße Streitbeilegung nicht ausgereicht habe.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Betretungsverbot (ebenso wie eine Wegweisung) an die Voraussetzung geknüpft, dass auf Grund bestimmter Tatsachen (Vorfälle) anzunehmen ist, ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit einer gefährdeten Person stehe bevor. Welche Tatsachen als solche im Sinne des § 38a SPG in Frage kommen, sagt das Gesetz nicht (ausdrücklich). Diese Tatsachen müssen (auf Grund bekannter Vorfälle) die Annahme rechtfertigen, dass plausibel und nachvollziehbar bestimmte künftige Verhaltensweisen zu erwarten sein werden. Auf Grund des sich den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bietenden Gesamtbildes muss mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein, dass ein gefährlicher Angriff im genannten Sinn durch den Wegzuweisenden bevorstehe. Dabei (bei dieser Prognose) ist vom Wissensstand des Beamten im Zeitpunkt des Einschreitens auszugehen (vgl. den hg. Beschluss vom 13. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/01/0193, mwN).
8 Die Revision bringt (als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung) vor, das Verwaltungsgericht sei von dieser Rechtsprechung aus nachstehenden Erwägungen abgewichen:
a) Aus den vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen ergebe sich - aus näheren Darlegungen - weder einzeln noch kumulativ ein Gesamtbild, nach welchem sich mit einiger Wahrscheinlichkeit das Bevorstehen eines gefährlichen Angriffes erwarten lasse. Mit diesem Vorbringen wird ein Abweichen von der oben angeführten hg. Rechtsprechung zur Beurteilung nach § 38a SPG nicht dargetan. Vielmehr wird damit behauptet, dass die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten. Dieser Frage kommt in der Regel jedoch keine grundsätzliche Bedeutung zu, da einer Rechtsfrage nur dann im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommen kann, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. hiezu etwa den hg. Beschluss vom 14. August 2014, Zl. Ra 2014/01/0101, mwN). Entgegen der Revisionsauffassung hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall keine derart krasse Fehlbeurteilung vorgenommen, die zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. den erwähnten hg. Beschluss vom 13. Oktober 2015).
b) Das Verwaltungsgericht habe für die rechtliche Beurteilung Feststellungen getroffen, die über den Wissensstand der einschreitenden Beamten zum Zeitpunkt des Einschreitens hinausgingen. Mit diesem Vorbringen wird das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan, weil das Verwaltungsgericht die entscheidungsrelevanten Feststellungen - zutreffend - auf der Grundlage des den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sich bietenden Gesamtbildes getroffen hat. Das Verwaltungsgericht hat sich dabei in unbedenklicher Weise auf die Zeugenaussagen der beiden einschreitenden BeamtInnen in der mündlichen Verhandlung gestützt. Das Verwaltungsgericht hat daher keine ex post Beurteilung vorgenommen und ist damit von der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 38a SPG nicht abgewichen (vgl. abermals den erwähnten hg. Beschluss vom 13. Oktober 2015).
9 In der Revision werden aus diesen Erwägungen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. April 2016
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)