VwGH Ra 2017/19/0482

VwGHRa 2017/19/048222.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache 1. der L L,

2. des B M, 3. des J M M, alle in G, alle vertreten durch Mag. Martin Sauseng, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. September 2017, 1) W215 1428152- 2/26E, 2) W215 1437807-1/9E und 3) W215 2119034-1/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art2;
MRK Art3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe die Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz mangelhaft begründet. In der Begründung des Erkenntnisses werde nämlich zwar ausgeführt, dass die Erstrevisionswerberin bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat - die Demokratische Republik Kongo - den Kontakt zu ihren Verwandten wieder aufnehmen könne und sie trotz der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage sei, dort durch "eine wenig attraktive Arbeit" den Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Bundesverwaltungsgericht habe bei seiner Beurteilung aber außer Acht gelassen, dass der Zweitrevisionswerber und der Drittrevisionswerber - die Kinder der Erstrevisionswerberin - minderjährig und daher "besonders vulnerabel" seien.

5 Nach der hg. Rechtsprechung ist bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 19.6.2017, Ra 2017/19/0095, mwN). Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 22.2.2017, Ra 2016/19/0238, mwN).

6 Im vorliegenden Fall wurden vom Bundesverwaltungsgericht konkrete Feststellungen zur Sicherheits- und Menschenrechtslage in der Demokratischen Republik Kongo, zur Möglichkeit der Erstrevisionswerberin, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder dort durch eigene Arbeit zu bestreiten, und dazu getroffen, dass die revisionswerbenden Parteien bei ihrer Rückkehr auf die Unterstützung durch ein familiäres Netzwerk vertrauen können. Die Revision zeigt nicht auf, dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts auf dieser Grundlage unvertretbar erfolgt wäre.

7 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 22. November 2017

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