VwGH Ra 2017/16/0157

VwGHRa 2017/16/015721.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr über die Revision der K Gesellschaft m.b.H. in N, vertreten durch Dr. Günter Wappel, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Buchengasse 47/19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 19. Juli 2017, Zl. RV/2100215/2014, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017160157.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Baurechtsvertrag vom 17. Mai 1995 hatten W und A K als Miteigentümer der Liegenschaft EZ 722 KG L der K GmbH (der Revisionswerberin) ein Baurecht bis zum 31. Dezember 2021 gegen einen Baurechtszins von ATS 15.600,-- pro Jahr eingeräumt.

2 Im Nachtragsvertrag vom 27. November 1999 wurde von den Vertragsteilen zunächst der Baurechtsvertrag vom 17. Mai 1995 einvernehmlich aufgehoben und das Baurecht ob der Liegenschaft EZ 722 gelöscht. Weiters wurde das ob der Liegenschaft EZ 222 vorgetragene Grundstück von dieser abgeschrieben und der im Miteigentum von W und A K stehenden Liegenschaft EZ 738 unter Vereinigung mit dem dort vorgeschriebenen Grundstück zugeschrieben; die Liegenschaft EZ 722 erlosch mangels Gutbestand. Laut Nachtragsvertrag bestellten die Miteigentümer zugunsten der bauberechtigten Revisionswerberin an der Liegenschaft EZ 738 ein Baurecht bis zum 31. Dezember 2021 gegen einen jährlichen Bauzins von ATS 23.500,--. Die nunmehrige Baurechtseinlage lautete EZ 755 Grundbuch L.

3 Mit Baurechtsvertrag vom 20. September 2011 wurde schließlich der Nachtrag vom 27. November 1999 zum Baurechtsvertrag vom 17. Mai 1995 einvernehmlich aufgehoben und das ob der Liegenschaft EZ 738 einverleibte Baurecht und die Baurechtseinlage EZ 755 gelöscht. In einem weiteren Schritt wurde das im Miteigentum von W und A K stehende, ob der EZ 683 vorgeschriebene Grundstück von dort abgeschrieben und der EZ 738 zugeschrieben; die Liegenschaft EZ 683 erlosch mangels Gutsbestandes. Sodann bestellten die Miteigentümer zugunsten der Revisionswerberin an der Liegenschaft EZ 738 mit dem Grundstück Nr. 1638/8 im Gesamtausmaß von nunmehr 8.946 m2 ein Baurecht bis zum 31. Dezember 2025 gegen eine jährlichen Bauzins von EUR 20.000,--.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht die Vorschreibung von Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z 3 GrEStG 1987 im Betrag von EUR 21.941,91 unter Zugrundelegung des dreifachen Einheitswertes der Liegenschaft EZ 738 Grundbuch L in Höhe von EUR 626.911,77 und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Unter Zugrundelegung des eingangs wiedergegebenen Geschehens erwog das Gericht:

"Da das Baurecht als solches dem Grundstück gleichsteht, wird durch den Vertrag über die Begründung des Baurechts der Anspruch auf Übereignung des Baurechts selbst begründet. Der Baurechtsvertrag ist ein Rechtsgeschäft auf Übereignung d. h. Bestellung des Baurechts und unterliegt daher dem Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG (...).

Mit gegenständlichem Baurechtsvertrag vom 20.9.2011 räumten die Grundstückseigentümer der (Revisionswerberin) ein Baurecht an der Liegenschaft EZ 738 GB L vom Einlangen dieses Ansuchens bis zum 31.12.2025 ein. Der im Vorhinein für jedes Kalenderjahr zu entrichtende Bauzins wurde mit EUR 20.000 vereinbart. Die das Baurecht charakterisierende eigentumsähnliche Form der Herrschaft an der Grundstücksfläche wurde somit für diesen Zeitraum übertragen und damit für diesen Zeitraum neu begründet. Das verlängerte Recht ist im Umfang der Verlängerung eine neue grundstücksgleiche (§ 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG) Belastung des Grundstücks (...).

Somit handelt es sich bei der zu beurteilenden Baurechtseinräumung um ein eigenständiges Rechtsgeschäft, mit welchem der Anspruch auf Übereignung des Baurechts für einen weiteren Zeitraum neu begründet wurde und wodurch ein Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG verwirklicht wird.

Im Sinne des § 5 Abs. 1 leg. cit. ist die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer in erster Linie die Gegenleistung d.h. jede bewertbare Leistung, die der Erwerber aufwenden muss um das Grundstück zu erhalten.

Gemäß § 7 Abs. 3 GrEStG 1987 beträgt die Steuer beim Erwerb von Grundstücken durch andere Personen 3,5 v.H.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Nach § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 (BGBl. I 2008/85 ab 27.6.2008) ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes.

Als Wert des Grundstückes ist gemäß § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG das Dreifache des Einheitswertes anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.

Aus dem im § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG aufgestellten Besteuerungsgrundsatz, ergibt sich, dass bei Vorliegen einer geringen Gegenleistung die Steuer vom höheren Wert des Grundstückes zu berechnen ist.

Die (Revisionswerberin) wendet unter Zitierung von Arnold/Arnold, GrEStG, § 2 Tz 87ff ein, dass nicht notwendigerweise von einer gemischten Schenkung auszugehen sei, wenn die Parteien für die Abtretung des Baurechtes eine Gegenleistung, die unter dem Einheitswert liegt, vereinbaren würden. Dazu ist auszuführen, dass mit dem Wegfall der Erbschafts- und Schenkungssteuer die Neuregelung einer gemischten Schenkung beim Grundstückserwerb notwendig geworden ist. Da ein freigebiger Anteil nun nicht mehr besteuert wird, wäre mit einem symbolischen Kaufpreis eine Umgehung der Grunderwerbsteuer möglich gewesen (...). Um diese Umgehungsmöglichkeit zu verhindern, hat der Gesetzgeber mit dem SchenkMG 2008, § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG um einen dritten Fall erweitert, der Erwerbsvorgänge erfasst, bei denen die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes.

Damit ist sichergestellt, dass in jenen Fällen, bei denen die Gegenleistung geringer als der dreifache Einheitswert ist, die Grunderwerbsteuer vom dreifachen Einheitswert bemessen wird. Damit bekommt der dreifache Einheitswert den Charakter einer Mindestbemessungsgrundlage bei Grundstückserwerben.

Die (Revisionswerberin) wendet ein, dass nach ständiger Rechtsprechung keine Bedenken bestünden, den Bauzins als Gegenleistung heranzuziehen und zitiert ua. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4.9.1986, 85/16/0001. Bei dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Sachverhalt war lediglich strittig, wie die Summe der einzelnen Jahreswerte zu berechnen ist und ob allenfalls als Höchstbetrag das Achtzehnfache des Jahreswertes zum Ansatz zu bringen ist. Wie Erwerbsvorgänge zu besteuern sind, bei denen die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes war in diesem Erkenntnis nicht Gegenstand des Verfahrens.

Der Kapitalwert des Bauzinses in Höhe von EUR 20.000 ( jährlich im Vorhinein zu entrichten) beträgt für 14 Jahre (bis zum 31.12.2025) EUR 202.340.

Nach 6 Abs. 1 lit. b GrEStG ist als Wert des Grundstückes das Dreifache des Einheitswertes anzusetzen.

Dies gilt insbesondere für Grundstücke, die dem Grundvermögen im Sinne des § 51 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) zuzurechnen sind. Mit Baurechten oder sonstigen grundstücksgleichen Rechten belastete Grundstücke werden nach § 56 Abs. 1 BewG wie bebaute oder unbebaute Grundstücke bewertet. Das bedeutet, dass sich der Wert eines Baurechtes mit dem Wert des belasteten Grundstückes selbst deckt. Die Ermittlung des Wertes des Baurechtes erfolgt daher nach den Vorschriften des BewG anhand des Grundstückswertes (Bodenwert und Gebäudewert) und zwar so, wie wenn das Baurecht nicht bestünde.

Nach § 6 Abs. 3 GrEStG ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert zu ermitteln, wenn sich die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges dergestalt geändert haben, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wert- oder Artfortschreibung oder Nachfeststellung gegeben sind.

Das für die Bewertung zuständige Lagefinanzamt hat mit Bescheid zum 1. Jänner 2012 den (erhöhten) Einheitswert des betreffenden Grundbesitzes mit EUR 222.200 festgestellt.

Entsprechend der 1548/1646 Anteile der Bauberechtigten ergibt dies einen Einheitswert in Höhe von EUR 208.970.60.

Zufolge § 192 BAO sind die in einem Feststellungsbescheid enthaltenen Feststellungen, die für andere zB Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zu Grunde zu legen, selbst wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. Solche Feststellungsbescheide (Grundlagenbescheide) mit Bindungswirkung für hievon abgeleitete Abgabenbescheide sind ua. Bescheide über die gesonderte Feststellung von Einheitswerten (§ 186 BAO). Darunter fallen weiters die Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibungsbescheide sowie Einheitswerterhöhungsbescheide. Die Bindungswirkung eines Einheitswertbescheides schließt alle Elemente des Spruches ein. Die abzuleitenden Bescheide haben demnach nicht nur von den verbindlich festgestellten Wertgrößen, sondern auch von den weiteren Feststellungen, insbesondere von denen über die Art des Gegenstandes, also über die Vermögensart, die Art der wirtschaftlichen Einheit, die Qualifizierung als Untereinheit und die Zurechnungsträger auszugehen (...).

Im Rahmen der Erlassung des abgeleiteten Grunderwerbsteuerbescheides besteht sohin absolute Bindungswirkung an den Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid. Im Hinblick darauf, dass im gegenständlichen Fall die Gegenleistung geringer ist als der Wert des Grundstückes wurde die Grunderwerbsteuer zu Recht vom dreifachen Einheitswert der Liegenschaft (EUR 626.911,77) in Höhe von EUR 21.941,91 festgesetzt."

6 Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision.

7 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision legt ihre Zulässigkeit folgendermaßen dar:

"Die außerordentliche Revision ist gem. Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig, da das Bundesfinanzgericht bei der Auslegung der Bestimmungen der §§ 1234, 5, 6, 7 GrEStG und § 15 BewG von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abweicht.

Da Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen und das angefochtene Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abweicht, ist die außerordentliche Revision zulässig.

(Vgl. SWK-Heft 28, 1. Oktober 2014, Seite 1229 und 1230:

Wird ein Baurecht eingeräumt, so ist das eingeräumte Baurecht nach den §§ 1 und 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG Gegenstand der Grunderwerbsteuer. Das vom Bauberechtigten in Ausübung seines Baurechts erst künftig zu errichtende Bauwerk ist nicht Gegenstand der Grunderwerbsteuer im Rahmen der Einräumung des Baurechts. Dieses Gebäude errichtet der Bauberechtigte als Bauherr auf seine Kosten; er kauft es nicht vom Grundeigentümer, sondern errichtet in Ausübung seines Baurechts.

Nur die Einräumung des Baurechts unterliegt der Grunderwerbsteuer. Wird ein Baurecht gegen einen jährlichen Baurechtszins eingeräumt, so ist der nach § 15 BewG kapitalisierte Wert der gemeine Wert und somit die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nach den §§ 4 und 5 GrEStG i.d.g.F. der Novelle BGBl. l Nr. 36/2014.)"

8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

10 Ein Revisionswerber, der - entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes - eine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, hat konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung gleicht, das Verwaltungsgericht im revisionsgegenständlichen Fall jedoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Hiezu reicht eine bloße Wiedergabe von Rechtssätzen (vgl. etwa den Beschluss vom 29.08.2017, Ra 2017/19/0295, mwN) ebenso wenig wie die bloße Zitierung aus Literaturfundstellen ohne jegliche Bezugnahme auf solche Rechtsprechung.

11 Im Übrigen entfernt sich die Revisionswerberin von dem nach § 41 VwGG vom Verwaltungsgericht festgestellten und der Prüfung der Revision zugrunde zulegenden Sachverhalt, wenn sie behauptet, das auf der gegenständlichen Liegenschaft errichtete Gebäude stehe ohnehin in ihrem Eigentum; denn nach den unangefochtenen Feststellungen hatte der Baurechtsvertrag vom 20. September 2011 zunächst einmal die Aufhebung des Nachtrages vom 27. November 1999 und das Erlöschen des zugunsten der Revisionswerberin einverleibten Baurechts zum Gegenstand, womit gemäß § 9 Abs. 1 BauRG das Bauwerk an die Grundeigentümer fiel. Damit war Gegenstand der neuerlichen Einräumung des Baurechts auf Grund des Baurechtsvertrages vom 20. November 2011 die durch Vereinigung mit einem weiteren Grundstück erweiterte Liegenschaft EZ 738 samt darauf befindlichen an die Grundeigentümer gefallenen Bauwerken.

12 Die Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 21. November 2017

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