VwGH Ra 2017/11/0301

VwGHRa 2017/11/030113.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Finanzamts Landeck/Reutte gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 24. Oktober 2017, Zlen. LVwG-2016/28/1996-10, LVwG-2016/28/1997- 10, LVwG-2016/28/1998-10, betreffend Einstellung von Verwaltungsstrafverfahren nach dem AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Landeck; mitbeteiligte Partei: M O in L, vertreten durch Dr. Matthäus Grilc, Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk und Dr. Maria Skof, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III), den Beschluss gefasst:

Normen

12010E259 AEUV Art259;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV;
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit;
32009R0987 Koordinierung Soziale Sicherheit DV;
AVRAG 1993 §7b Abs1 Z1;
AVRAG 1993 §7b Abs5;
AVRAG 1993 §7d Abs1;
AVRAG 1993 §7f Abs1 Z3;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
VStG §44a Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017110301.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Die belangte Behörde hatte dem Mitbeteiligten als Verantwortlichem der Firma O Ski School (im Folgenden auch: O) mit einem Sitz in Slowenien jeweils mit Aufforderungen zur Rechtfertigung vom 6. bzw. 9. Mai 2016 folgende Übertretungen des AVRAG angelastet:

2 Er habe für 18 näher genannte entsandte Arbeitnehmer zum Kontrollzeitpunkt "keine Unterlagen die zur Überprüfung der nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung bereitgehalten", was am 18. Februar 2016 um 10.30 Uhr im Bereich des K.Liftes im Schigebiet von S sowie am 19. Februar um 11.30 Uhr beim Sitz des Betriebes T in I festgestellt worden sei - (Zl. SI-418-2016) - Verwaltungsübertretungen nach § 7d iVm § 7i Abs. 4 AVRAG.

3 Er habe weiters für diese Arbeitnehmer "keine Unterlagen zur Überprüfung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts bzw. nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohns bis zum Ablauf des der Aufforderung

zweitfolgenden Werktags den Kontrollorganen ... übermittelt" -

 Zl. SI-420-2016 - Verwaltungsübertretungen nach § 7f Abs. 1 iVm § 7i Abs. 5 AVRAG.

4 Er habe zudem die genannten Arbeitnehmer, für die in Österreich keine Sozialversicherungspflicht bestehe, in S als Schilehrer beschäftigt und "keine Unterlagen wie Sozialversicherungsdokument ¿A1 Dokument' am Arbeits-(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten" - (Zl. SI 501-2016) - Verwaltungsübertretungen nach § 7b Abs. 5 iVm § 7b Abs. 8 Z 3 AVRAG.

5 Der Mitbeteiligte rechtfertigte sich (anwaltlich vertreten) dazu (zusammengefasst) damit, die A1-Dokumente seien für alle beschäftigten Schilehrer vorgewiesen worden; beim diesbezüglichen Ausfüllen sei es lediglich insofern zu einem Fehler gekommen, als in Feld 5 eine unrichtige Adresse ausgefüllt worden sei (was näher begründet wurde). Der Vorwurf, Lohnunterlagen nicht bereitgehalten zu haben, sei nicht nachvollziehbar, weil nicht konkretisiert werde, welche Lohnunterlagen angeblich gefehlt hätten, zumal "Dienstvertrag, Annex zum Dienstvertrag, ZKO-Meldung, Versicherungsnachweis" bereitgehalten worden seien. Einzig nicht vorhanden gewesen seien die Lohnzahlungsnachweise. Solche hätte es aber zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht geben können, weil erst am Ende der Schiwoche abgerechnet hätte werden sollen. Auch der Vorwurf, Lohnunterlagen nicht rechtzeitig nachgereicht zu haben, sei nicht nachvollziehbar: Zwar sei ihm aufgetragen worden, die Lohnunterlagen nachzureichen, doch habe er um Fristverlängerung angesucht, weil die Zahlungsnachweise erst nach Ausbezahlung der Löhne vorgelegt werden könnten. Nach Auszahlung habe er diese auch umgehend übermittelt, unter einem deren Übersetzung in Auftrag gegeben und auch die Übersetzungen umgehend vorgelegt. Die vorhandenen Nachweise seien also sofort vorgelegt worden, die übrigen, sobald es möglich gewesen sei.

6 Nach Einholung von Stellungnahmen dazu stellte die belangte Behörde mit Bescheiden vom 17. August 2016 die gegen den Mitbeteiligten eingeleiteten Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein:

7 Es seien unstrittig für sämtliche Arbeitnehmer Dienstverträge in deutscher Sprache bereitgehalten worden, wobei es sich nach ständiger Judikatur um "Lohnunterlagen" iSd § 7d Abs. 1 AVRAG handle (SI-418-2016).

8 Die Aufforderung zur (nachträglichen) Übermittlung der Lohnunterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags wiederum (SI-420-2016) sei insofern unbegründet gewesen, als der Revisionswerber keine Zahlungsnachweise vorlegen könne, solange keine Löhne ausbezahlt wurden. Die Regelung nach § 7f Abs. 1 Z 3 AVRAG ziele darauf ab, Nachweise (in deutscher Sprache) vorzulegen, welche die zu erwartenden Zahlungen nachweisen. Diese "Lohnunterlagen" könnten durch den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel, die Lohnzettel, die Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, die Lohnaufzeichnungen, die Arbeitszeitaufzeichnungen und die Unterlagen betreffend die Lohneinstufung nachgewiesen werden. Im vorliegenden Fall habe der Revisionswerber schon Dienstverträge in deutscher Sprache vorgelegt, eine Übermittlung am darauffolgenden Tag sei daher nicht erforderlich. Zudem habe er nach Auszahlung der Löhne entsprechende Auszahlungsnachweise in deutscher Sprache nachgereicht.

9 Was den Vorwurf der Nichtbereithaltung der A1-Dokumente anlange (SI-501-2016), müsse dem Revisionswerber, der geltend gemacht habe, dieser Vorwurf sei ihm nicht nachvollziehbar, weil er für alle Schilehrer die entsprechenden Dokumente bereitgehalten und vorgewiesen habe, beigepflichtet werden: Die vorgelegten A1- Dokumente seien von der Behörde im Ausland ausgestellt worden und ließen erkennen, dass (offenbar gemeint: der jeweilige Schilehrer) im genannten Schigebiet eine Tätigkeit als Schilehrer ausübe. Die Auffassung der Finanzpolizei, die Dokumente seien nicht ausreichend, könne nicht geteilt werden.

10 Die Revisionswerberin erhob jeweils Beschwerden gegen die Einstellungsbescheide (hinsichtlich des Verfahrens betreffend die Nichtvorlage der A1-Dokumente nur bezüglich zweier Arbeitskräfte), die mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen wurden; die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis wurde nicht zugelassen.

11 Begründend führte das Verwaltungsgericht (zusammengefasst)

Folgendes aus: Die Tatanlastung, die erforderlichen Lohnunterlagen nicht bereitgehalten zu haben, sei mangels ausreichender Konkretisierung nicht als ausreichende, die Verjährung hemmende

Verfolgungshandlung zu qualifizieren: Der Begriff "Lohnunterlagen" in § 7d AVRAG sei ohne nähere Konkretisierung zu unbestimmt, um die Grundlage für eine Bestrafung bilden zu können. Dem Revisionswerber hätte vielmehr genau vorgeworfen werden müssen, welche von § 7d AVRAG gemeinten Lohnunterlagen bei der Kontrolle nicht vorgelegt worden seien, was aber innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 VStG unterblieben sei (die dreijährige Frist nach § 7i Abs. 7 AVRAG beziehe sich nur auf den Vorwurf der Unterentlohnung).

12 Die Aufforderung zur (nachträglichen) Übermittlung der Lohnunterlagen sei insofern mangelhaft gewesen, als der Tatzeitraum gefehlt habe, was aber erforderlich gewesen wäre, um als ausreichende Verfolgungshandlung qualifiziert zu werden.

13 Der Mangel der nicht ausreichenden Konkretisierung treffe auch auf den Vorwurf des Nichtbereithaltens der erforderlichen A1- Dokumente zu, zumal der Revisionswerber für alle Arbeitnehmer A1- Formulare vorgelegt und mit den im Beweisverfahren vorgelegten Unterlagen den Nachweis erbracht habe, dass ein ordnungsgemäßer Nachweis einer Sozialversicherung im Ausland vorgelegen sei.

14 Die belangte Behörde habe das Verfahren daher zu Recht eingestellt.

15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte (außerordentliche) Amtsrevision.

16 Die belangte Behörde - nicht aber der Mitbeteiligte - erstattete nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof eine Revisionsbeantwortung.

17 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

20 In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

21 Sie macht (zusammengefasst) Folgendes geltend:

22 Einerseits fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob der Verpflichtung zur Bereithaltung von Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung iSd § 7b Abs. 5 AVRAG auch dadurch entsprochen werde, dass ein A1-Dokument vorgewiesen werde, das einen anderen Dienstgeber als den Entsendebetrieb nenne. Fraglich sei dabei, ob in diesem Zusammenhang die Bindungswirkung des A1- Dokuments zum Tragen komme.

23 Andererseits weiche das angefochtene Erkenntnis in mehrfacher Hinsicht von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ab: Zum einen genüge es nicht den Anforderungen an die Begründungspflicht von verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen (Verweis auf VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076), weil auf Basis der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Tatanlastungen in den jeweiligen Aufforderungen zur Rechtfertigung seien nicht ausreichend gewesen, wesentlich gewesen wäre, ob etwa durch andere Verfahrenshandlungen eine ausreichende Verfolgungshandlung gesetzt worden sei; dazu seien aber keine Feststellungen getroffen worden. Zum anderen genügten die jeweiligen Tatanlastungen in den Aufforderungen zur Rechtfertigung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts den Anforderungen an eine ausreichende Konkretisierung (was im Einzelnen ausgeführt wird).

24 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten hätte.

25 Zur angelasteten Nichtbereithaltung der notwendigen Sozialversicherungsdokumente iSd § 7d Abs. 5 AVRAG ist fallbezogen einleitend klarzustellen, dass sich dieser Vorwurf (wegen der insoweit eingeschränkten Beschwerde) nur mehr auf jene beiden Schilehrer bezieht, bei denen im vorgewiesenen A1-Dokument unter Punkt 4 (Angaben zum Arbeitgeber) nicht die (vom Revisionswerber vertretene) O, sondern andere Unternehmen mit Sitz in Slowenien genannt sind. Festzuhalten ist weiters, dass auch insoweit von der Revision die Echtheit der anlässlich der Kontrolle vorgelegten A1- Dokumente, also ihre Ausstellung durch den zuständigen Sozialversicherungsträger des Entsendestaats, nicht in Zweifel gezogen wird.

26 Auf den von der Revision hervorgehobenen Umstand, dass in den beiden A1-Dokumenten nicht die O als Arbeitgeberin genannt ist, kommt es im vorliegenden Zusammenhang aber nicht entscheidend an: Dem vom zuständigen Träger des Entsendestaats ausgestellten Dokument A1 kommt jedenfalls so lange Bindungswirkung zu, als es nicht von diesem widerrufen oder für ungültig erklärt wurde. Dies gilt auch für den Fall eines - selbst offensichtlichen - Beurteilungsfehlers durch den Aussteller. Allfälligen Fehlern oder allfälligem "Missbrauch" bei der Ausstellung ist durch das in den Koordinierungsverordnungen 883/2004 und 987/2009 vorgezeichnete Verfahren (insbesondere: Geltendmachung von Zweifeln an der Richtigkeit des der Bescheinigung zu Grunde liegenden Sachverhalts durch den zuständigen Träger des Aufnahmestaats beim zuständigen Träger des Entsendestaats; gegebenenfalls Anrufung der Verwaltungskommission; gegebenenfalls Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 259 AEUV) zu begegnen. Der Verpflichtung nach § 7b Abs. 5 AVRAG zur Bereithaltung von "Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04)" wird daher auch entsprochen, wenn das bereitgehaltene A1-Dokument ein anderes Unternehmen als das entsendende als Arbeitgeber bezeichnet (vgl. VwGH 1.10.2018, Ra 2017/11/0251, unter Hinweis auf Judikatur des EuGH).

27 Die hinsichtlich der Bindungswirkung der A1-Dokumente von der Revision aufgeworfene Frage ist daher bereits beantwortet.

28 § 7d Abs. 1 AVRAG verlangt, dass die bezeichneten Lohnunterlagen vollständig bereitgehalten werden, um der Behörde die Beurteilung zu ermöglichen, ob der Arbeitgeber der ihn primär treffenden Verpflichtung, dem Arbeitnehmer das iSd § 7b Abs. 1 Z 1 AVRAG gebührende Entgelt zu entrichten, nachkommt. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 94/2014, mit der § 7d AVRAG die im Revisionsfall maßgebende Fassung erhielt, erfolgte eine ausdrückliche Aufzählung der vom Arbeitgeber bereitzuhaltenden Lohnunterlagen, womit - den Materialien (RV 319 BlgNR 25. GP ) folgend - eine "Verschärfung" hinsichtlich der Bereithaltung von Lohnunterlagen vorgesehen und allfälligen Zweifeln in Ansehung der notwendigen Bestimmtheit entgegengewirkt werden sollte. Vor diesem Hintergrund wird eine Übertretung des § 7d Abs. 1 AVRAG schon dann verwirklicht, wenn nicht sämtliche genannten Unterlagen bereitgehalten werden (vgl. VwGH 11.4.2018, Ra 2017/11/0219). Dass sich die Verpflichtung zur Bereithaltung von Unterlagen nur auf solche bezieht, die (schon) vorliegen können, versteht sich geradezu von selbst, wird aber auch in den Materialien explizit ausgesprochen ("Dass dieses Verhalten sich nur auf jene Lohnunterlagen bezieht, welche bereits vorliegen können (so werden etwa Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege für eine bestimmte Lohnzahlungsperiode im Regelfall nicht vor deren Ende existieren können), versteht sich schon aufgrund von Natur und Zweck der Unterlagen und deren umfassten Nachweise.").

29 Nichts anderes kann insoweit für die Verpflichtung zur Übermittlung von Unterlagen entsprechend einer Aufforderung iSd § 7f Abs. 1 Z 3 AVRAG gelten: Eine darauf gestützte Aufforderung der Abgabenbehörde, bisher nicht zur Kontrolle bereitgehaltene bzw. vorgelegte Unterlagen zu übermitteln, ist zwar nicht etwa schon dann ausgeschlossen, wenn die entsprechenden Unterlagen entgegen der Verpflichtung nach § 7b Abs. 5 AVRAG bzw. § 7d Abs. 1 AVRAG nicht bereitgehalten werden und damit vom Arbeitgeber das Tatbild einer Verwaltungsübertretung verwirklicht wird. Die Verpflichtung zur Übermittlung der verlangten Unterlagen reicht allerdings nur so weit, als diese existieren oder ihre Beschaffung zumutbar ist (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2017/11/0233).

30 Dem § 7d Abs. 1 AVRAG kann schließlich nicht entnommen werden, dass die darin aufgezählten "Lohnunterlagen" jeweils in eigenen Dokumenten enthalten sein müssten (vgl. VwGH 13.12.2018, Ra 2017/11/0276, zur Zulässigkeit eines Verweises auf den Dienstzettel hinsichtlich der Lohneinstufung).

31 Vor diesem Hintergrund ist fallbezogen zunächst Folgendes festzuhalten: Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass anlässlich der finanzpolizeilichen Kontrolle Dienstverträge samt Annex (Dienstvertrag in deutscher Sprache) für alle Schilehrer vorgewiesen wurden. Ebenso wenig strittig ist, dass im Zeitpunkt der Kontrolle Lohnzahlungsnachweise bzw. Banküberweisungsbelege noch nicht vorhanden sein konnten.

32 Damit war die Tatanlastung, der Revisionswerber habe "keine Unterlagen ... bereitgehalten" (Zl. SI-418-2016) bzw. "keine Unterlagen ... übermittelt" (Zl.SI-420-2016), jedenfalls überschießend und insofern verfehlt.

33 Ausgehend von der Zielrichtung des Konkretisierungsgebots des § 44a Z 1 VStG (nach ständiger Judikatur hat die Tatumschreibung so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; vgl. nur etwa VwGH 1.10.2018, Ra 2017/03/0086, mwN) sind die an die Tatumschreibung zu stellenden Erfordernisse nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall unterschiedlich zu beurteilen (vgl. nur etwa VwGH 16.6.2014, 2012/11/0159, mwN). Eine derartige - notwendigerweise einzelfallbezogene - Beurteilung ist im Regelfall (wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde) nicht revisibel (vgl. nur etwa VwGH 23.9.2014, Ro 2014/01/0033, 28.4.2016, Ro 2015/07/0041, 20.9.2017, Ra 2017/11/0024).

34 Die Beurteilung der Frage, ob die in den jeweiligen Aufforderungen zur Rechtfertigung formulierte Tatanlastung dem Konkretisierungsgebot genügte, durch das Verwaltungsgericht ist nicht als unvertretbar zu erkennen: Der Revisionswerber hatte jeweils Dienstverträge samt deutschsprachiger Übersetzung bereitgehalten, ihn traf noch keine Verpflichtung zur Bereithaltung der - noch nicht vorhandenen - Lohnzahlungsbelege; in den Aufforderungen zur Rechtfertigung war nicht konkretisiert, welche der "Lohnunterlagen" noch fehlten. Somit konnten diese den Revisionswerber im Unklaren lassen, was ihm damit eigentlich vorgeworfen wird.

35 Soweit in diesem Zusammenhang von der Revision noch geltend gemacht wird, durch andere Verfahrenshandlungen könne eine ausreichende Verfolgungshandlung gesetzt worden sein, wozu das Verwaltungsgericht aber keine Feststellungen getroffen habe, genügt es zu erwidern, dass von der Revision nicht konkretisiert wird, welchen konkreten Verfahrenshandlungen im Revisionsfall eine solche Eignung zukomme.

36 Nach dem Gesagten wird von der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt, dass bei Entscheidung über die Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beantworten wäre.

37 Die Revision war daher zurückzuweisen.

38 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung. Der Antrag der belangten Behörde, ihr für die Revisionsbeantwortung Aufwandersatz im gebührenden Ausmaß zuzuerkennen, war abzuweisen, weil der Rechtsträger iSd § 47 Abs. 5 VwGG, der einerseits zum Aufwandersatz verpflichtet und dem andererseits der Aufwandersatz zufließen würde, im vorliegenden Fall ident ist (vgl. VwGH 20.9.2017, Ra 2017/11/0031, mwN).

Wien, am 13. Dezember 2018

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