VwGH Ra 2017/09/0037

VwGHRa 2017/09/003719.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des Mag. M L in L, vertreten durch Rechtsanwälte Grassner, Lenz, Thewanger & Partner, in 4020 Linz, Südtirolerstraße 4-6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 6. Juni 2017, LVwG-301023/16/Py/SH, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs1;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, als gemäß § 9 Abs. 2 VStG Verantwortlicher der S GmbH einen namentlich genannten kroatischen Staatsangehörigen, für den keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen sei, am 12. Juni 2014 als Arbeiter beschäftigt zu haben. Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 500,-- sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Der Revisionswerber bestreitet nicht, dass der gegenständliche Ausländer auf der Baustelle der S GmbH während des im angefochtenen Erkenntnisses genannten Tatzeitraumes ohne die erforderlichen arbeitsrechtlichen Bewilligungen gearbeitet hat. Er sieht die Zulässigkeit seiner Revision im Wesentlichen darin begründet, dass es zwar keine uneinheitliche Rechtsprechung zum Ausländerbeschäftigungsgesetz an sich gebe, aber die Rechtsprechung zur Frage, ob und inwieweit eine Erfolgshaftung im Zusammenhang mit Kontrollsystemen angenommen werden könne, sei uneinheitlich. Darüber hinaus liege keine Rechtsprechung vor, ob und inwieweit der für das Kontrollsystem Verantwortliche Vorkehrungen für ein gegenständlich vorliegendes multiples Versagen eines Kontrollsystems treffen müsse.

5 Hinsichtlich der in der Revision thematisierten subjektiven Tatseite ist festzuhalten, dass Übertretungen nach § 28 Abs. 1 AuslBG Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG sind, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. In einem solchen Fall ist der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche strafbar, wenn er nicht genügende Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. Es liegt ihm daher eine Unterlassung zur Last. In einem solchen Fall hat bei Erfüllung des objektiven Tatbildes der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können (vgl. dazu etwa VwGH 13.12.2016, Ra 2016/09/0099, 23. 5. 2013, 2011/09/0212 und 24. 2. 2011, 2009/09/0022).

6 Sind in einem Unternehmen mehrere Personen mit der Beschäftigung von Ausländern befasst, so hat der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche dafür zu sorgen, dass durch ein wirksames Kontrollsystem sichergestellt ist, Verwaltungsübertretungen zu vermeiden. Der Beschuldigte hat in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG darzulegen, dass in dem Unternehmen, für welches er die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trägt, ein solches wirksames Kontrollsystem eingerichtet ist. Von einem solchen wirksamen Kontrollsystem kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche an seine Mitarbeiter Weisungen erteilt hat, und selbst kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen reichen für sich allein nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden könne, dass es die tatsächliche Einhaltung der Ausländerbeschäftigungsvorschriften sicherstellt, liege vor. Der Beschuldigte hat vielmehr darzulegen, dass und wie er ineinander greifende Identitätsüberprüfungen aller eingesetzten Arbeitskräfte vor Arbeitsaufnahme und eine Prüfung der arbeitsrechtlichen Papiere aller Arbeitskräfte durchgeführt oder auf wirksame Weise dafür gesorgt hätte, dass dies in seinem Unternehmen erfolgt (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 9.11.2009, 2007/09/0345, mwN).

7 Im vorliegenden Fall ist dem Revisionswerber jedoch nicht gelungen, darzutun, dass ihn an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft:

8 Die dazu sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Revision getätigten Ausführungen zu dem tatsächlich eingerichteten Kontrollsystem (Schulungen, Weisungen an verschiedene Mitarbeiter, Vier-Augen-Prinzip) stellt auf den üblichen Verlauf bei Aufnahme von Mitarbeitern ab. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass aufgrund des Zeitdrucks auf der Baustelle für den kommenden Tag zusätzliches Personal benötigt wurde. Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat, lag damit auch keine in der Baubranche außergewöhnliche Situation vor. Was die letztlich eingetretene Situation betrifft, dass bereits für den nächsten Tag ein Mitarbeiter gebraucht wurde und somit unvorhersehbare Verhältnisse vorlagen, legt der Revisionswerber nicht dar, welche konkreten Maßnahmen und Kontrollen für eine solche Konstellation vorgesehen waren und dass damit das von ihm - mehrstufig - installierte Kontrollsystem auch für den akuten Personaleinsatz tauglich und ausreichend gewesen wäre.

9 Wenn das Verwaltungsgericht angesichts des festgestellten Sachverhalts von der schuldhaften Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG ausgegangen ist und den Nachweis eines wirksamen Kontrollsystems verneint hat, bewegt sich diese im Einzelfall zu treffende Beurteilung im Rahmen der dazu ergangenen zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

10 Im gegebenen Zusammenhang kann dem Verwaltungsgericht somit auch nicht angelastet werden, dem von ihm im Verwaltungsrechtszug herabgesetzten Schuldspruch eine Erfolgshaftung des Revisionswerbers zugrunde gelegt zu haben, so dass den Ausführungen des Revisionswerbers zur Erfolgshaftung der Boden entzogen ist.

11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 2017

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