VwGH Ra 2017/08/0016

VwGHRa 2017/08/001628.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des K W in W, vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun und Mag. Christian Fellner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Jänner 2017, Zl. W209 2005493- 2/7E, betreffend Rückforderung von Beiträgen nach § 69 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Gebietskrankenkasse; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:

Normen

ASVG §4 Abs2;
ASVG §539a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde ein Antrag des Revisionswerbers auf Rückerstattung ungebührlich entrichteter Beiträge gemäß § 69 ASVG abgewiesen. Die Beiträge seien zu Recht entrichtet worden, weil der betreffende Dienstnehmer - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterlegen sei. Das Bundesverwaltungsgericht sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber geltend, dass entgegen diesem Ausspruch Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten seien.

6 Zum einen sei vom Verwaltungsgerichtshof zu klären, ob bei der Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG eine Bindung an finanzbehördliche Entscheidungen nur dann bestehe, wenn ein rechtskräftiger Haftungsbescheid ergangen sei, oder ob auch ein Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO Bindungswirkung entfalte. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung aber schon klargestellt, dass aus § 4 Abs. 2 zweiter Satz ASVG kein Gegenschluss in die Richtung gezogen werden kann, dass die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG nur dann vorliegt, wenn auch die Lohnsteuerpflicht im Sinn des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle zu bejahen ist (vgl. das Erkenntnis vom 21. Dezember 2005, 2004/08/0066, sowie daran anschließend die Erkenntnisse vom 16. März 2011, 2007/08/0064, und vom 18. Jänner 2012, 2008/08/0252). Da somit die Bejahung der Lohnsteuerpflicht keine Bedingung für die Bejahung der Pflichtversicherung auf Grund des ersten Satzes des § 4 Abs. 2 ASVG ist, schadet es auch nicht, wenn die Lohnsteuerpflicht im Abgabenverfahren rechtskräftig verneint wurde (vgl. zur eigenständigen Beurteilung der Pflichtversicherung nach dem ASVG trotz Verneinung der Lohnsteuerpflicht durch eine finanzbehördliche Entscheidung auch das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2014, 2013/08/0160, 0161).

7 Zum anderen bringt der Revisionswerber unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung von Werkverträgen und Dienstverträgen abgewichen sei. Dies trifft jedoch nicht zu: Das Bundesverwaltungsgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verneint, dass es sich bei den vereinbarten "diversen Reinigungsdiensten im Rahmen der Gewerbeberechtigung" um eine genau umrissene, gewährleistungstaugliche Leistung und damit ein Werk handelt, und ist auf Basis seiner Feststellungen zu Recht vom Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses ausgegangen. Werden aber laufend zu erbringende (Dienst)Leistungen nur in (zeitliche) Abschnitte zerlegt und zu "Werken" erklärt, um diese zum Gegenstand der Leistungsverpflichtung zu machen, so ist dies in Fällen wie dem auch hier vorliegenden, in denen Erwerbstätige über keine maßgebliche eigene betriebliche Organisation verfügen und im Wesentlichen nur über den Einsatz der eigenen, zumal keine besondere Qualifikation aufweisenden Arbeitskraft disponieren, bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 539a ASVG) für die Beurteilung der Pflichtversicherung nicht maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2013, 2011/08/0162, mwN; im gleichen Sinn etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2013, 2013/08/0078, mwN).

8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. März 2017

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