Normen
B-VG Art133 Abs4
LStVwG Stmk 1964 §8 Abs3
LStVwG Stmk 1964 §8 Abs5
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017060004.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Eigentümer der Liegenschaft EZ V KG St., bestehend unter anderem aus den Grundstücken Nr. W/2, W/3, W/5 und X/1. Das Grundstück Nr. W/3 grenzt im Süden an das öffentliche Gut, Grundstück Nr. Y/1 (R.-Weg). Dieser Weg stellt die Verbindung zwischen der nordsüdlich verlaufenden Gemeindestraße, Grundstück Nr. Z/3, im Westen und dem H.-Weg im Osten dar.
2 Der Gemeinderat der Marktgemeinde Ligist (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) fasste in seiner Sitzung vom 29. Oktober 2015 den Beschluss, den (nördlichen) Teil des R.-Weges im Ausmaß von rund 2.000 m2 aus dem öffentlichen Gut auszuscheiden, in freies Gemeindeeigentum zu übernehmen und unter der Voraussetzung in den Gutsbestand der Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes zu übertragen, dass diese die damit verbundenen Kosten zur Gänze übernähmen und der Öffentlichkeit die Dienstbarkeit des Gehens über den derzeit bestehenden Weg ohne Einschränkung gewährt werde.
3 Mit auf § 8 Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964 (LStVG 1964) gestützter Verordnung der belangten Behörde vom 18. November 2015 wurde daraufhin der nördliche Teil des Grundstückes Nr. Y/1 im Ausmaß von rund 2.000 m2 aus dem öffentlichen Gut ausgeschieden, in freies Gemeindeeigentum übernommen und aufgelöst.
4 Dem gegen diese Verordnung vom Revisionswerber eingebrachten "Einspruch" wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 2016 nach inhaltlicher Prüfung nicht Folge gegeben. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass die beiden Grundstücke Nr. W/3 und Nr. X/1 im Eigentum des Revisionswerbers an der Südseite auf die volle Länge an das weiterhin bestehende öffentliche Gut R.-weg angrenzten und somit auch weiterhin eine Zufahrtsmöglichkeit zu den beiden genannten Grundstücken direkt vom öffentlichen Gut aus möglich sei. Demnach werde die Notwendigkeit, die beiden Grundstücke über das aufzulösende Teilstück des R.-weges befahren zu müssen, verneint und überdies auf den unverhältnismäßig großen Umweg hingewiesen. 5 Die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (LVwG) vom 25. Oktober 2016 als unbegründet abgewiesen. In seinen Erwägungen hielt das LVwG unter anderem fest, dass dem Revisionswerber ein Befahren des östlichen Teilstückes des öffentlichen Gutes, das er selbst in seine landwirtschaftliche Nutzung einbezogen habe, zumindest mit landwirtschaftlichen Geräten möglich und auch zumutbar sei, um zu seinen Grundstücken Nr. W/3 und Nr. X/1 zu gelangen. Die vom Revisionswerber erwähnte steile Böschung beginne erst nach dieser ca. 15 m breiten Zufahrt vom öffentlichen Weg, weshalb die vom Revisionswerber angesprochene Gefahr nicht erkennbar sei. Ein Anlieger habe keinen Anspruch darauf, dass ihm ein bestimmter Zugang zu seiner Liegenschaft geöffnet bleibe.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit mit dem Vorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob eine unzulässige Beeinträchtigung des Anliegers im Sinn des § 8 Abs. 5 LStVG 1964 auch dann vorliege, wenn diesem zwar etwaig ein alternativer Zugang zu seiner Liegenschaft zur Verfügung stehe, dessen Nutzung jedoch mit faktischen, in diesem Fall topographisch bedingten Gefahren einhergehe und deshalb dem Anlieger eine solche Schlechterstellung nicht zugemutet werden könne (wird näher ausgeführt).
11 Unter der Überschrift "Revisionspunkte" macht der Revisionswerber geltend, er sei in seinem subjektiven (materiellen) Recht, als Anlieger durch die Auflassung einer Gemeindestraße im Sinn des § 8 Abs. 3 iVm Abs. 5 LStVG 1964 in seinem Recht auf Wahrung des Zuganges zu seiner Liegenschaft nicht beeinträchtigt zu werden, verletzt.
12 Gemäß § 8 Abs. 3 LStVG 1964, LGBl. Nr. 154/1964 in der Fassung LGBl. Nr. 60/2008, erfolgt die Einreihung, Neuanlage, Verlegung, "den" (richtig: der) Umbau, die Verbreiterung und wesentliche Verbesserung sowie die "Aufassung" (richtig: Auflassung) einer Gemeindestraße (§ 7 Abs. 1 Z 4) sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§ 7 Abs. 1 Z 5) durch Verordnung der Gemeinde.
13 Nach § 8 Abs. 5 LStVG 1964 darf durch die Auflassung von Gemeindestraßen das Recht der Anlieger auf Wahrung des Zuganges nicht beeinträchtigt werden.
14 Die Zulässigkeit einer Revision ist nur dann gegeben, wenn die geltend gemachte Rechtsfrage für die Entscheidung über die Revision von Relevanz wäre (vgl. etwa VwGH 4.5.2015, Ra 2015/02/0051). Die Entscheidung über die vorliegende Revision muss also von der Lösung der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage abhängen (vgl. VwGH 29.9.2015, Ra 2014/05/0052, 0053). 15 Sowohl das Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision als auch der geltend gemachte Revisionspunkt beziehen sich ausschließlich auf die inhaltliche Frage, ob und inwieweit bei einer gemäß § 8 Abs. 3 LStVG 1964 durch Verordnung der Gemeinde vorzunehmenden Auflassung einer Gemeindestraße die vom Revisionswerber geltend gemachten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.
16 Die hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen sehen (entgegen der Rechtslage vor dem LStVG 1964) jedoch im Zusammenhang mit Einwendungen gegen eine erlassene (oder geplante) Verordnung kein Bescheidverfahren vor. Der Annahme, es habe vorliegend kein Bescheid zu ergehen, steht auch das Erkenntnis des VwGH vom 1.4.2008, 2004/06/0100, nicht entgegen, weil dort eine rechtskräftige Vorstellungsentscheidung vorlag, auf deren Bindungswirkung der Verwaltungsgerichtshof verwies. 17 Da das Gesetz kein Bescheidverfahren zur Frage, ob die inhaltlichen Voraussetzungen für die in Rede stehende Verordnung vorliegen, vorsieht, war über den vom Revisionswerber gegen die Verordnung vom 18. November 2015 erhobenen "Einspruch" von der belangten Behörde nicht inhaltlich mit Bescheid abzusprechen, sondern es wäre der "Einspruch" zurückzuweisen gewesen. 18 Durch die im angefochtenen Erkenntnis des LVwG erfolgte Abweisung der vom Revisionswerber gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 2016 erhobenen Beschwerde (an Stelle einer Abänderung dieses Bescheides im Sinne einer Zurückweisung des "Einspruches") kann der Revisionswerber jedenfalls nicht in dem als Revisionspunkt geltend gemachten Recht verletzt sein. Die Frage, ob die inhaltlichen Voraussetzungen für die in Rede stehende Verordnung vorliegen, ist auch nicht Voraussetzung für die Entscheidung über die Revision. Das Zulässigkeitsvorbringen zeigt insofern somit auch keine grundsätzliche Rechtsfrage auf. 19 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2017
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