Normen
AVG §8;
AWG 2002 §37 Abs1;
AWG 2002 §37 Abs3 Z1;
AWG 2002 §50;
AWG 2002 §6 Abs6;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017050005.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
I.
1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (im Folgenden: Landeshauptmann) vom 5. September 2016 wurde der Antrag der revisionswerbenden Partei vom 3. März 2016 auf Feststellung gemäß § 6 Abs. 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (im Folgenden: AWG), dass die (von der mitbeteiligten Partei zur abfallrechtlichen Genehmigung) eingereichte, näher bezeichnete Bodenaushubdeponie ein Gesamtvolumen von über 100.000 m3 aufweise und somit das ordentliche Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 AWG anzuwenden sei, zurückgewiesen. In der Bescheidbegründung führte der Landeshauptmann (u.a.) aus, dass einerseits die revisionswerbende Partei nicht antragslegitimiert sei und andererseits ihrer Anregung auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht zu entsprechen sei, weil in diesem Zusammenhang auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des abfall- und deponietechnischen sowie des geologischen Amtssachverständigen vom 8. März 2016 verwiesen werden könne, wonach ein Verfüllvolumen von
95.475 m3 nachvollziehbar erscheine, und demnach für die Behörde keine begründeten Zweifel über die Art des anzuwendenden Genehmigungsverfahrens bestünden.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt I.) die von der revisionswerbenden Partei gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 6 Abs. 6 und § 37 Abs. 3 AWG als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.
3 Dazu führte das Landesverwaltungsgericht (u.a.) aus, dass die mitbeteiligte Partei einen Antrag auf Erteilung einer abfallrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der genannten Bodenaushubdeponie im Gebiet der revisionswerbenden Partei mit einer beantragten Kubatur von ca. 95.475 m3 und einer geplanten Nutzungsdauer von fünf Jahren gestellt und der Landeshauptmann am 8. März 2016 die Verhandlung über diesen Genehmigungsantrag durchgeführt habe. Wie sich aus dem diesbezüglichen Verhandlungsprotokoll ergebe, sei Verhandlungsgegenstand gewesen, ob das vereinfachte Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 1 AWG zur Anwendung gelangen könne, und habe die Verhandlungsleiterin ausdrücklich festgehalten, dass die revisionswerbende Partei als Standortgemeinde insofern Parteistellung genieße, als die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens zu klären sei. Die beigezogenen Amtssachverständigen seien diesbezüglich befragt und es sei an sie konkret die Frage gestellt worden, ob die beantragte Kubatur unter Beachtung des Antrages gemäß dem Mineralrohstoffgesetz (im Folgenden: MinroG) schlüssig und nachvollziehbar erscheine. Schon zu Beginn dieser Verhandlung sei von den Sachverständigen bestätigt worden, dass auch unter Zugrundlegung der Ausführungen der revisionswerbenden Partei von einer Kubatur von unter 100.000 m3 auszugehen sei. Wenn in der Beschwerde vorgebracht werde, dass Personen, welche im vereinfachten Verfahren grundsätzlich keine Parteistellung hätten, aufgrund der Rechtsprechung der Gerichte des öffentlichen Rechts insofern Parteistellung zuzukommen habe, dass sie überprüfen dürften, ob zu Recht das vereinfachte Verfahren angewendet werde, so sei darauf hinzuweisen, dass gerade diese Prüfung durch die belangte Behörde ausreichend erfolgt sei. Festzuhalten sei, dass die revisionswerbende Partei in ihrer Beschwerde (gegen den erstinstanzlichen Bescheid) die gleichen Bedenken hinsichtlich der Durchführung des vereinfachten Verfahrens vorgebracht habe wie bereits in ihrem Antrag bzw. ihrer Anregung vom 3. März 2016 und dass in der Verhandlung ausreichend auf diese Bedenken eingegangen worden sei.
II.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
7 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen etwa den Beschluss vom 29. September 2016, Ra 2016/05/0083, mwN).
8 Ferner ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. Juli 2016, Ra 2014/07/0051, mwN). Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen nicht ausreicht (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa den Beschluss vom 27. Jänner 2016, Ra 2015/05/0078, mwN). Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 7. Juni 2016, Ra 2016/22/0036, mwN).
9 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen vor, dass die revisionswerbende Partei sehr ausführlich in der Beschwerde (gegen den oben genannten Bescheid) einerseits aufgezeigt habe, in welcher Weise tatsächlich die Kubatur von 100.000 m3 überschritten werde, und andererseits auch dargelegt habe, dass die bloße Äußerung der Sachverständigen weder auf Schlüssigkeit noch auf Nachvollziehbarkeit überprüfbar sei und dass daher diesbezüglich eine Mangelhaftigkeit vorliege. Mit dem Einwand der mangelnden Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit habe sich die belangte Behörde jedoch nicht auseinandergesetzt, womit sie sich in Widerspruch zur gefestigten höchstgerichtlichen Judikatur gesetzt habe, wonach auch ohne Gegengutachten dem Gutachten eines Sachverständigen entgegengetreten werden könne, wenn eine Unschlüssigkeit oder Unvollständigkeit (bezogen auf Befund und Gutachten im engeren Sinn) aufgezeigt werde. Abgesehen davon verstoße das angefochtene Erkenntnis auch insofern gegen die ständige höchstgerichtliche Judikatur, als eine den Vorgaben des AVG entsprechende Bescheidbegründung erfordere, dass sich die Behörde mit Einwänden gegen die Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Gutachtens befasse. Sowohl von der Behörde erster Instanz als auch von der "belangten Behörde" sei nicht in Zweifel gezogen worden, dass der revisionswerbenden Partei insoweit Parteistellung zuzukommen habe, als von der Behörde zu überprüfen sei, ob zu Recht das vereinfachte Verfahren angewendet werde. Da sowohl mit der erstinstanzlichen Entscheidung wie auch mit dem angefochtenen Erkenntnis klar zum Ausdruck gebracht worden sei, dass (aufgrund der Ausführungen der Sachverständigen) kein Zweifel daran bestehe, dass das vereinfachte Verfahren zur Anwendung gelange, müsse der revisionswerbenden Partei diesbezüglich auch "entsprechende Durchsetzbarkeit" zugebilligt werden. Es wäre wohl absurd, die diesbezügliche Bekämpfungsmöglichkeit erst mit dem das Verfahren abschließenden Bescheid zuzubilligen, und es werde vielmehr wohl interpretativ § 6 AWG so zu verstehen sein, dass der potentiellen Partei ein Feststellungsantrag zuzubilligen sei. Jedenfalls seien der erstinstanzliche Bescheid wie auch das angefochtene Erkenntnis als Negativfeststellung anzusehen, welche von der revisionswerbenden Partei bekämpfbar sein müsste. Zu diesen letztgenannten Fragen liege, soweit überblickbar, keine Rechtsprechung vor.
10 Dazu ist Folgendes auszuführen:
Nach ständiger hg. Judikatur sind Rechtsfragen des Verfahrensrechtes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss (vgl. nochmals den Beschluss, Ra 2016/05/0083, mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa den Beschluss vom 24. November 2015, Ra 2015/05/0075, mwN).
11 Eine Verletzung tragender Verfahrensgrundsätze zeigt die Revision mit dem genannten Vorbringen bereits deshalb nicht auf, weil sie in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht darlegt, aus welchen konkreten Gründen das Landesverwaltungsgericht nicht den Ausführungen der beigezogenen Amtssachverständigen hätte folgen dürfen, sondern zur Beurteilung hätte gelangen müssen, dass das Gesamtvolumen der gegenständlichen Bodenaushubdeponie nicht unter 100.000 m3 liege. Wenn die Revision diesbezüglich vorbringt, dass die revisionswerbende Partei in ihrer Beschwerde dazu ein sehr ausführliches Vorbringen erstattet habe, so ist ihr die ständige hg. Judikatur (vgl. etwa den Beschluss vom 29. Juni 2016, Ra 2016/05/0030, mwN) entgegenzuhalten, wonach die (bloße) Verweisung auf das Vorbringen im Beschwerdeverfahren (oder im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde) die erforderliche gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsgründe in der Revision nicht zu ersetzen vermag.
12 Die auch im Übrigen allgemein gehaltenen Aussagen in der Zulässigkeitsbegründung legen nicht offen, welche konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. Angemerkt wird abschließend, dass sich die Frage einer eingeschränkten Parteistellung der Revisionswerberin im Hinblick auf die Frage, ob zu Recht ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt wird (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 4. November 2016, Zl. Ro 2014/05/0029, mwN), in einem solchen vereinfachten Verfahren selbst stellte, nicht in einem Verfahren gemäß § 6 Abs. 6 AWG.
13 Die Revision war daher, weil von ihr keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 24. Jänner 2017
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