VwGH Ra 2017/03/0101

VwGHRa 2017/03/01017.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache des C J P in A, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 7. September 2017, Zl. E 050/07/2017.005/002, betreffend Erweiterung der Waffenbesitzkarte (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See), den Beschluss gefasst:

Normen

WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §20 Abs1;
WaffG 1996 §23 Abs2;
WaffG 1996 §23;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Mit seinem im Rechtszug ergangenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht nach § 23 Abs. 2 WaffG den Antrag des Revisionswerbers auf Erweiterung seiner Waffenbesitzkarte von sechs auf zehn Schusswaffen der Kategorie B ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Begründend wurde insbesondere ausgeführt, der Revisionswerber habe der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde mitgeteilt, sich schon längere Zeit mit historischen Waffen zu beschäftigen, dies aber nur in Form von Büchern, weil seine Waffenbesitzkarte auf sechs Schusswaffen der Kategorie B begrenzt sei. Bei den Waffen, die der Revisionswerber zur Erweiterung seiner Sammlung erwerben wolle, handelt es sich um Armeepistolen (Ordonanzwaffen, die im 1. und im 2. Weltkrieg zum Einsatz gelangt seien, der Revisionswerber besitze bereits zwei derartige Waffen). Mit dem Vorschlag der Verwaltungsbehörde, er solle vier seiner sechs Waffen der Kategorie B im Interesse der Sammlungserweiterung verkaufen, sei er nicht einverstanden gewesen, weil er seine Waffen für Schießzwecke benötige. Der Revisionswerber habe weder behauptet, noch sei im Verfahren hervorgekommen, dass er eine größere kulturhistorische Sammlung an Waffen besitze, die er ausbauen wollte; ebenso wenig sei hervorgekommen, dass der Revisionswerber ernsthafte waffentechnische Studien betreibe, zu deren Zweck die Sammlung dienen solle und die einer vernünftigen und sinnvollen Ergänzung durch konkret anzugebende Einzelstücke bedürfe, welche auf Grund des vorhandenen Berechtigungsumfanges nicht erworben werden könnten. In seinem Antrag auf Erweiterung der Waffenbesitzkarte vom 18. Dezember 2016 habe der Revisionswerber vielmehr angegeben, dass einige der Ordonanzwaffen, die er erwerben möchte, für ihn von großem Interesse im Hinblick auf den Hersteller, den Herstellungs- und Entwicklungszeitraum, die Funktionsweise, die Verschlussarten und die Einsatzorte seien. Sein Interesse ließe sich auch durch die "Mitgliedschaften in militärischen und paramilitärischen Organisationen" bestätigen. Damit habe der Revisionswerber ein Interesse an sammlungswürdigen Waffen nicht glaubhaft zu machen vermocht. Die Verwaltungsbehörde habe im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nach § 23 Abs. 2 WaffG den Bedarf nach zusätzlichen Waffen zum Ausbau einer Waffensammlung nachvollziehbar verneint. Diese Entscheidung begegne keinerlei Bedenken seitens des Verwaltungsgerichtes. Trotz Antrags des Revisionswerbers sei von der Durchführung einer Verhandlung im Grunde des § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen gewesen, weil der maßgebliche Sachverhalt ohnehin feststehe und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht habe erwarten lassen.

3 B. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

4 C. Die Revision erweist sich als nicht zulässig, weil das Verwaltungsgericht die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Ergebnis beachtet hat.

5 Nach der ständigen Rechtsprechung zu § 23 WaffG steht die Festsetzung einer über zwei hinausgehenden Anzahl genehmigungspflichtiger Schusswaffen, die der Berechtigte besitzen darf, im Ermessen der Behörde. § 23 Abs. 2 WaffG verlangt für ein Überschreiten dieser dort grundsätzlich fixierten Maximalzahl genehmigungspflichtiger Schusswaffen eine "besondere Rechtfertigung" der antragstellenden Partei. Diese hat einen Rechtfertigungsgrund iSd § 23 Abs. 2 WaffG glaubhaft zu machen, wobei es ihr obliegt, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen spricht. Den Antragsteller trifft somit auf dem Boden des § 23 Abs. 2 WaffG eine umfangreiche Darlegungs- und Behauptungslast (vgl. etwa VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0084, mwH; 22.5.2017, Ra 2016/03/0076). Bei der Beurteilung der besonderen Rechtfertigung ist angesichts des mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahrenpotentials ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ro 2017/03/0026). Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass nach § 10 WaffG bei der Ausübung der Ermessensbestimmungen dieses Bundesgesetzes private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen sind, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr steht, möglich ist.

6 Als Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 23 Abs. 2 WaffG kommt unter anderem das Sammeln von Schusswaffen der Kategorie B unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht. Die Glaubhaftmachung des Rechtfertigungsgrundes des Waffensammelns verlangt allerdings nach der ständigen Rechtsprechung auch, dass ein ernsthaftes und nachhaltiges Sammlerinteresse ausreichend geltend gemacht wird. Das wird beispielsweise dann vorliegen, wenn der Sammler waffentechnische oder wissenschaftliche Studien betreibt oder bereits eine größere kulturhistorisch wertvolle Waffensammlung besitzt, die einer vernünftigen und sinnvollen Ergänzung durch konkret anzugebende Einzelstücke bedarf und die aufgrund des vorhandenen Berechtigungsumfanges nicht erworben werden könnten (vgl. VwGH 23.12.2016, Ra 2016/03/0117, mwH).

7 Ausgehend davon kann das Ergebnis der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die Verwaltungsbehörde ihr Ermessen nach § 23 Abs. 2 WaffG gesetzeskonform ausübte, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Revisionswerber hat nach den insoweit von ihm nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts die Auffassung vertreten, dass er die schon derzeit in seinem Besitz stehenden Waffen für die Ausübung des Schießsportes benötige. Allerdings verfügt er (ebenfalls unstrittig) ohnehin schon derzeit über eine Berechtigung zum Besitz mehrerer Waffen. Angesichts des großen Gewichtes, das dem öffentlichen Interesse an der Abwehr der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahr zukommt (vgl. nochmals VwGH 22.11.2017, Ro 2017/03/0026), erweist sich die Auffassung, dass der Revisionswerber zur Verfolgung seiner Sammlerinteressen zunächst die ihm schon erteilte Berechtigung zum Waffenbesitz heranzuziehen hat, als rechtskonform. Dem Revisionswerber ist es derart zumutbar, durch den Verkauf seiner vorhandenen Waffen seinen Wunsch, seinem Sammlerinteresse nachzugehen, zu befriedigen (vgl. dazu mit Blick auf die Ausübung des Schießsportes etwa VwGH 22.5.2017, Ra 2016/03/0076, mwH).

8 Da der Entscheidung des Verwaltungsgerichts insofern ein unstrittiger Sachverhalt zugrunde liegt, ist entgegen der Revision nicht zu erkennen, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eine weitere Klärung der Rechtssache im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG hätte erwarten lassen. Damit stand der entscheidungsrelevante Sachverhalt fest, weshalb auch kein Erfordernis der Einholung weiterer Beweise bzw. keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat im Übrigen auch mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (siehe dazu EGMR 18.7.2013, App. 56422/09, Schädler-Eberle/Liechtenstein, Rz 97 ff; vgl. VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0038; vgl. ferner EGMR 20.12.2016, Sagvolden/Norwegen, App. 21682/11, Rz 120).

9 D. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 7. Februar 2018

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