VwGH Ra 2017/03/0067

VwGHRa 2017/03/00672.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dipl. Ing. G K in W, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 28. April 2017, Zl VGW- 103/040/10073/2016-9, betreffend Waffenverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

StPO 1975 §198;
StPO 1975 §199;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

3 Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 29. Juni 2016 wurde über den Revisionswerber ein Waffenverbot gemäß § 12 WaffG verhängt. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde ab. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht stellte (unter anderem) fest, der Revisionswerber habe "im Dezember 2015 mehrere (namentlich bekannte) Menschen mit dem Umbringen bedroht". Weiters stellte es fest, dass sich der Beschwerdeführer, dem im Juni 2014 eine Waffenbesitzkarte ausgestellt worden sei, in der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien (der gefährlichen Drohung) schuldig bekannt habe. Nach kurzer Schilderung des Sachverhalts habe er eingeräumt: "Ich hatte da viel Adrenalin und dann habe ich eine Aussage getätigt, die vielleicht als Drohung zu verstehen war." Infolge dessen habe der Richter ein diversionelles Vorgehen nach §§ 199203 Abs 1 und 2 StPO angeboten. Dies sei vom Revisionswerber angenommen worden. Es sei eine Probezeit von zwei Jahren festgelegt und die Absolvierung einer Psychotherapie angeordnet worden.

5 In der außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit der Revision ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht von der ständigen strafgerichtlichen Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgegangen sei; weiters existiere zu der relevanten Rechtsfrage keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Nach ständiger Rechtsprechung der Strafgerichte setze die Diversion kein Geständnis voraus und die Verhängung der Diversion samt Annahme der Diversion durch den Beschuldigten sei keine Feststellung der vorgeworfenen Handlung. Dies habe das Verwaltungsgericht vollständig umgekehrt und aus der Diversion geschlossen, dass der Revisionswerber die ihm vorgeworfene Handlung - konkret die gefährliche Drohung - gesetzt habe. Zur Frage, wie weit die Verhängung einer Diversion im Verwaltungsverfahren ein "Schuldeingeständnis" darstelle, existiere aber keine höchstgerichtliche Rechtsprechung.

6 Die Revision ist nicht zulässig:

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass es zur Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbots nach § 12 Abs 1 WaffG 1996 vorliegen, nicht entscheidend ist, ob die Strafverfolgungsbehörde wegen des strittigen Vorfalls von einer Verfolgung - allenfalls nach diversionellem Vorgehen - Abstand genommen hat, weil diese Entscheidung für die Waffenbehörde keine Bindungswirkung entfaltet (vgl etwa VwGH vom 29. Jänner 2015, Ra 2015/03/0002 mwH). Nichts anderes kann gelten, wenn nicht die Staatsanwaltschaft nach § 198 StPO von der Verfolgung zurücktritt, sondern gemäß § 199 StPO das Gericht unter sinngemäßer Anwendung der für die Staatsanwaltschaft geltenden Bestimmungen der §§ 198 und 200 bis 209b StPO die Diversion beschließt.

8 Dem Revisionswerber ist daher einzuräumen, dass sich aus dem Umstand, dass er - aus welchen Gründen auch immer - die Diversion als Mittel der Erledigung des gegen ihn geführten Strafverfahrens hingenommen hat, nicht ohne Weiteres auf die Richtigkeit des gegen ihn erhobenen Tatvorwurfes geschlossen werden kann (vgl VwGH vom 24. März 2010, 2009/03/0049). Das Verwaltungsgericht hat jedoch seine Feststellung, der Revisionswerber habe mehrere Menschen mit dem Umbringen bedroht, nicht allein daraus abgeleitet, dass er der Diversion zugestimmt habe, sondern es hat die Aussagen des Revisionswerbers vor dem Strafgericht ebenso wie vor dem Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung berücksichtigt und ist zum Ergebnis gekommen, dass der Verantwortung des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht - in der er den Tatvorwurf der Drohung leugnete - nicht zu folgen sei. Es trifft damit nicht zu, dass das Verwaltungsgericht von einem "Schuldeingeständnis" aufgrund der Annahme der Diversion ausgegangen ist.

9 Dass die Bedrohung mehrerer Menschen mit dem Umbringen eine konkrete Tatsache im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG 1996 darstellt, die ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbotes relevantes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen vermitteln kann und wegen des damit zu Tage getretenen Aggressionspotenzials ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag, entspricht den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zuletzt etwa VwGH vom 17. Mai 2017, Ra 2016/03/0106).

10 Die Revision war daher, da in ihr keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 2. August 2017

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