VwGH Ra 2016/03/0106

VwGHRa 2016/03/010617.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des DI F Ö in K, vertreten durch die Denkmair Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Blumauerstraße 3-5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 2. August 2016, LVwG- 750367/10/MZ, betreffend Waffenverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmann Linz-Land), den Beschluss gefasst:

Normen

WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde - über den Revisionswerber gemäß § 12 Abs 1 WaffG ein Waffenverbot verhängt.

Dem legte das Verwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - Folgendes zugrunde:

2 Der Revisionswerber habe in einem Telefonat den Unfallgegner seiner Frau mit der Tötung seiner Kinder, die er ihm "am Silbertablett servieren" würde, und zudem durch die Äußerung, er werde "die Angelegenheit auf seine Art und Weise regeln", bedroht. Dem sei Folgendes vorausgegangen:

3 Die Frau des Revisionswerbers habe sich mit ihrer damals zwei Wochen alten Tochter auf dem Weg zu einer Untersuchung ins Krankenhaus befunden und sei in einen vom später Bedrohten verursachten Auffahrunfall verwickelt worden. Dabei sei am Fahrzeug Totalschaden entstanden; Frau und Tochter seien ins Krankenhaus verbracht worden und es seien bei der Tochter die entsprechenden Untersuchungen durchgeführt worden, ohne dass innere oder äußere Verletzungen festgestellt werden konnten. Die Tochter habe aber geschrien und ununterbrochen geweint, was völlig ihrem sonstigen Verhalten widersprochen habe. Aufgrund einer Gelbsucht der Tochter seien im Anschluss weitere Untersuchungen erfolgt. Der Revisionswerber, der von seiner Frau über den Unfall verständigt worden war und sich umgehend ins Krankenhaus begeben hatte, habe das Krankenhaus schließlich wieder verlassen, weil er den Eindruck hatte, dort nicht weiter von Hilfe sein zu können und weil zudem für eine abendliche Einladung noch etwas vorzubereiten gewesen sei. Im Laufe des Nachmittags habe er im Zeitraum von 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr Alkohol in solch einer Menge getrunken, dass ein Alkomattest um 19.51 Uhr 0,78 mg/l Atemalkoholgehalt ergeben habe. Gegen 17.45 Uhr habe er einen Anruf seiner Gattin aus dem Krankenhaus bekommen, in dem ihm mitgeteilt worden sei, dass die Gelbsuchtwerte der Tochter aufgrund verweigerter Nahrungsaufnahme extrem hoch seien und dass die Gattin, auch aufgrund des restlichen an den Tag gelegten Verhaltens, den Tod der Tochter befürchte. Nach dem Anruf habe der Revisionswerber umgehend ein Taxi bestellt, um damit zu Frau und Kind ins Krankenhaus zu gelangen, die abendliche Einladung abgesagt und im Anschluss daran den Unfallgegner angerufen, dessen Telefonnummer er über herold.at ausfindig gemacht und dessen Namen ihm aufgrund eines E-Mail Verkehrs mit der Polizei bekannt gewesen sei.

Der Gesprächsverlauf habe sich derart gestaltet, dass sich der Unfallgegner mit Namen gemeldet habe, woraufhin der Revisionswerber, ohne auch auf mehrfache Nachfrage seine Identität preiszugeben, gefragt habe, ob der Andere heute einen Unfall gehabt hätte, was dieser schließlich bejaht habe. Der Revisionswerber habe daraufhin mitgeteilt, dass es seiner Tochter zunehmend schlechter gehe und dass der Andere die Zeit, solange er "noch kein Kindermörder" sei, genießen solle. Des Weiteren habe er ihn befragt, ob er auch Kinder habe, und ihn nach Bejahen dieser Frage auf die eingangs geschilderte Weise bedroht. Diese Drohung sei mit einer zeitlichen Komponente dahingehend verknüpft worden, dass die "Regelung der Angelegenheit" nicht umgehend erfolgen würde, sondern erst, wenn eine gewisse Zeit vergangen sei. Diese Aussagen seien nicht in Rage oder Wut erfolgt, vielmehr habe es sich um gezielte und konkrete Aussagen gehandelt; ob der Revisionswerber auch die Verwendung einer Schusswaffe angedroht habe, sei nicht mit Sicherheit festzustellen gewesen. Im Anschluss an das Telefonat habe sich der Revisionswerber mit dem Taxi ins Krankenhaus begeben, wo er nach erfolgter Anzeige von der Polizei betreten worden sei. Letztlich hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die Tochter des Revisionswerbers wohlauf sei. Die Staatsanwaltschaft sei vom Verfahren nach § 107 StGB gemäß § 202 iVm § 198 Abs 1 StPO unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren zurückgetreten.

4 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht, nach einer zusammenfassenden Darstellung der für die Verhängung eines Waffenverbots maßgebenden Rechtslage, fallbezogen Folgendes aus:

Auch wenn sich der Revisionswerber aufgrund der Geschehnisse in einer dramatischen Situation befunden habe, seien seine Aussagen, er werde dem Unfallgegner dessen Kinder auf dem Silbertablett servieren sowie die Angelegenheit nach Verstreichen eines gewissen Zeitraumes auf seine Art und Weise regeln, unzweifelhaft als "bestimmte Tatsache" iSd § 12 Abs 1 WaffG anzusehen. Er habe deutlich gezeigt, dass er in Drucksituationen, wie sie im Leben üblicherweise immer wieder auftreten, seine damit einhergehenden Aggressionen nicht im Griff habe. Er habe nicht nur in inadäquater Weise gehandelt, indem er zielgerichtet die Telefonnummer des Unfallgegners recherchiert und diesen angerufen und beschimpft habe, sondern darüber hinaus das Leben und die Gesundheit des Zeugen bzw dessen Familie auch noch massiv bedroht und, wie in der Verhandlung zu Tage getreten sei, nachhaltig Ängste geschürt. Gerade die Aussage des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung, für die Handlung sei der massive Alkoholkonsum während des Nachmittags nicht kausal gewesen, vielmehr hätte er auch nüchtern gleich gehandelt, zeige, dass dieser in einer Gefahr iSd § 12 Abs 1 WaffG indizierenden Weise bei Konflikten zu aggressiven Handlungen neige sowie dazu, Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen. Der Umstand, dass seine Tochter wohlauf sei und der verfahrensauslösende Konflikt damit wohl bereinigt sein dürfte, sei insofern unbeachtlich, als die Aggressionsbereitschaft des Revisionswerbers in ähnlichen Situationen auch aus gänzlich anderem Anlass wirksam werden könne.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

6 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).

7 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Zulässigkeitsbegründung der Revision macht geltend, diese hänge von der Lösung grundsätzlicher Rechtsfragen iSd Art 133 Abs 4 B-VG ab, weil eine Feststellung dahin fehle, dass der Revisionswerber die von ihm ausgesprochene gefährliche Drohung ernst gemeint und die angedrohten Übel auch auszuführen beabsichtigt habe; physische Gewalt sei nicht angewendet worden. Zudem begründe es einen relevanten Verfahrensmangel, dass das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers auf Einholung eines psychologischen Gutachtens übergangen habe. Im Revisionsfall wäre nämlich zu prüfen gewesen, ob Anhaltspunkte für eine mögliche Gefahr iSd § 12 WaffG vorlägen und seien diese Anhaltspunkte in ihren psychologischen Zusammenhängen zu beurteilen gewesen, weil keine Anlasstat erfolgt sei, die gegebenenfalls ein Waffenverbot per se rechtfertige.

10 Mit diesen Ausführungen wird nicht aufgezeigt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beantworten hätte:

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt voraus, dass aufgrund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist (vgl etwa VwGH vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, mwN). Nicht nur die Bedrohung eines Menschen mit dem Erschießen stellt eine "konkrete Tatsache" iSd § 12 Abs 1 WaffG dar, die ein für die Beurteilung der Voraussetzungen eines Waffenverbots relevantes Bild von der Persönlichkeit eines Menschen vermitteln kann und wegen des damit zu Tage getretenen Aggressionspotentials ein Waffenverbot zu rechtfertigen vermag, vielmehr erlauben auch andere massive Drohungen mit Gewalttaten die für die Verhängung des Waffenverbots erforderliche Gefährdungsprognose (vgl etwa VwGH vom 27. Jänner 2016, Ra 2016/03/0002, und vom 1. März 2017, Ra 2017/03/0002).

12 Vor diesem Hintergrund durfte das Verwaltungsgericht die festgestellte - nicht etwa auf einer einmaligen Entgleisung beruhende, sondern zielgerichtet und beharrlich eingesetzte - Bedrohung als Tatsache iSd § 12 Abs 1 WaffG werten und bedurfte es entgegen der Revision weder der vermissten Feststellung noch der Beiziehung eines psychologischen Sachverständigen.

13 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Mai 2017

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