VwGH Ra 2017/03/0054

VwGHRa 2017/03/00549.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. A P, Rechtsanwalt in W, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2016, Zl. W108 2111999-1/12E, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Bundesverwaltungsgerichts), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art132 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017030054.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht die wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erhobene Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 6 VwGVG als unzulässig zurück; die Revision gegen diesen Beschluss wurde nicht zugelassen (unter einem hatte es - mit unangefochten gebliebenem Erkenntnis - der auf Basis des gleichen Vorfalls wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erhobenen Beschwerde des Rechtsanwaltsanwärters Mag. U B gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 6 VwGVG Folge gegeben).

2 Seiner Entscheidung legte es folgenden Sachverhalt zu Grunde: Am 26. Juni 2015 sei Mag. U B als substitutionsberechtigter Rechtsanwaltsanwärter für den Revisionswerber als Parteienvertreter vor dem Verwaltungsgericht in einer Asylsache (zwecks Vertretung in einer für 9.00 Uhr anberaumten Verhandlung) tätig geworden. Um 8.45 Uhr im Eingangsbereich des Gerichtsgebäudes eingetroffen, habe er unter Vorweis seiner Legitimationsurkunde den Schranken des Eingangsbereichs ohne Sicherheitskontrolle unkontrolliert durchqueren wollen. Er sei jedoch von Kontrollorganen des beim Verwaltungsgericht tätigen Sicherheitsdienstes zum Zwecke der Sicherheitskontrolle unter Berufung auf eine entsprechende Anordnung der belangten Behörde aufgehalten und darauf hingewiesen worden, dass er sich der Kontrolle zu unterziehen habe, widrigenfalls er nicht passieren dürfe. Mag. U B habe darauf verwiesen, dass er auf Grund seiner Legitimationsurkunde für Rechtsanwaltsanwärter befugt sei, das Gerichtsgebäude ohne Sicherheitskontrolle zu betreten, was aber - wiederum unter Verweis auf die Anordnung der belangten Behörde - ohne Erfolg geblieben sei. Da Mag. U B davon ausgehen habe müssen, dass ihm im Falle der Weigerung, die Sicherheitskontrolle durchzuführen, der Zutritt unter Anwendung von Zwangsgewalt verwehrt werden würde, habe er diese passiert und sei dann rechtzeitig zu der um 9 Uhr anberaumten Verhandlung gelangt.

Am 26. Juni 2015 habe eine Anordnung der belangten Behörde in Geltung gestanden, die unter anderem verfügt habe, dass es, was die Durchführung der Sicherheitskontrollen anbelangt, keine Ausnahmeregelung für Rechtsanwälte gebe, auch diese seien daher einer Sicherheitskontrolle zu unterziehen.

3 Im Rahmen der rechtlichen Erwägungen führte es zur von Mag. U B erhobenen Maßnahmenbeschwerde aus, dessen Beschwerde sei zulässig und auch berechtigt gewesen, weil - was näher begründet wurde - nur das Vorliegen besonderer Umstände die ausnahmsweise Einbeziehung von eigentlich von der Zutrittskontrolle zu Gerichtsgebäuden ausgenommenen Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern rechtfertigen würde. Weiters sei eine Ausdehnung der Sicherheitskontrolle auf diese Personengruppe zeitlich zu beschränken. In Bezug auf die verfahrensgegenständliche zeitlich unbefristete Anordnung der belangten Behörde könne nicht erkannt werden, dass die Ausweitung der Sicherheitskontrolle auf Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter durch besondere Umstände bzw. eine vorübergehende besondere Situation gerechtfertigt gewesen wäre. Der angefochtene Verwaltungsakt, also die Durchführung der Personenkontrolle bei Mag. U B in Form der Personenkontrolle und Durchsuchung des Aktenkoffers sei daher als rechtswidrig zu erklären gewesen.

4 Hingegen komme dem Revisionswerber diesbezüglich keine Beschwerdelegitimation zu: Der Revisionswerber habe zwar geltend gemacht, er sei als Ausbildungsanwalt von Mag. U B durch die bekämpfte Amtshandlung in seinem Recht auf freie Berufsausübung eingeschränkt worden. Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation sei aber nicht bloß die Behauptung der Verletzung in Rechten, sondern auch die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechts des jeweiligen die Maßnahme bekämpfenden Beschwerdeführers. Eine Verletzung in Rechten sei dann gegeben, wenn die Maßnahme in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingegriffen habe. Anders als bei Mag. U B als unmittelbarem Adressaten der durchgeführten Sicherheitskontrolle sei aber hinsichtlich des Revisionswerbers nicht ersichtlich, inwiefern diese in seine Rechtssphäre eingegriffen habe. Weder sei er aufgefordert worden, sich der Sicherheitskontrolle zu unterziehen, noch sei diese an ihm durchgeführt worden. Der Revisionswerber habe selbst keinen impliziten Duldungsbefehl zu gewärtigen gehabt und es sei auch nicht zu erkennen, dass ihm gegenüber Zwang ausgeübt oder angedroht worden wäre. Ein Eingriff in die Rechtssphäre des Revisionswerbers könne auch deshalb nicht angenommen werden, weil der für ihn einschreitende Rechtsanwaltsanwärter Mag. U B trotz der durchgeführten Sicherheitskontrolle rechtzeitig zur mündlichen Verhandlung gelangen habe können und daher nicht an der Ausübung seiner Tätigkeit für den Revisionswerber gehindert worden sei. Mangels Möglichkeit der Verletzung in subjektiven Rechten sei der Revisionswerber daher zur Erhebung einer Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG nicht legitimiert gewesen, weshalb diese zurückzuweisen gewesen sei.

5 Die Erhebung einer Revision sei mangels Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung unzulässig.

6 Gegen diesen Beschluss erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 B-VG, welcher deren Behandlung ablehnte und sie mit Beschluss vom 12. April 2017 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

7 Im Anschluss daran erhob der Revisionswerber die gegenständliche, vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten vorgelegte außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Zulässigkeitsgründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche (präjudizielle) Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte, wobei die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung erfolgt (vgl. u.a. VwGH 24.5.2016, Ra 2016/07/0038).

12 Ein Revisionswerber, der ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, hat konkret darzulegen, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht aber dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. u.a. VwGH 28.6.2017, Ra 2017/02/0038).

13 Im konkreten Fall führt der Revisionswerber zur Zulässigkeit seiner Revision abgesehen von allgemeinen Ausführungen zum Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung unter der Überschrift "Zu den Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im gegenständlichen Fall" aus, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung eine "gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung in eklatanter Weise" missachtet, wonach es für die Beurteilung als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf das Ausmaß der Wirkung eines dadurch bewirkten Rechtseingriffs ankomme. Der Revisionswerber sei durch die bekämpfte Zutrittskontrolle selbst an seiner rechtsanwaltlichen Tätigkeit gehindert bzw. einer Beschränkung unterworfen worden, da ihm die Handlungen des ihn vertretenden Rechtsanwaltsanwärters zuzurechnen seien.

14 Mit diesem Vorbringen wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen nicht entsprochen, da der Revisionswerber bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von "höchstgerichtlicher Rechtsprechung" abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung seiner Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. dazu ua VwGH 19.12.2017, Ra 2017/16/0168; 16.8.2017, Ra 2017/11/0212; 6.10.2015, Ra 2015/02/0187).

15 Darüber hinaus ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur derjenige zur Erhebung einer Beschwerde nach Art. 132 Abs. 2 B-VG legitimiert ist, der durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen subjektiven Rechten verletzt sein kann. Dies trifft regelmäßig nur auf den Adressaten der Maßnahme als unmittelbar davon Betroffenen zu (vgl. dazu u.a. VwGH 18.12.2013, 2013/17/0293; 10.11.2010, 2010/07/0032). Den maßgebenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts zufolge wurde der Revisionswerber der bekämpften Sicherheitskontrolle nicht selbst unterzogen. Er war am Vorfallsort zur Vorfallszeit auch nicht persönlich anwesend. Darüber hinaus war es dem ihn vertretenden Rechtsanwaltsanwärter Mag. U B trotz der Kontrolle möglich, seiner Vertretungstätigkeit am Verwaltungsgericht uneingeschränkt nachzukommen. Ausgehend von diesen Feststellungen ist eine Verletzung des Revisionswerbers in subjektiven Rechten nicht ersichtlich. Dass die bekämpfte Sicherheitskontrolle den davon direkt betroffenen Dienstnehmer des Revisionswerbers in subjektiven Rechten verletzt hat, wurde vom Verwaltungsgericht, indem es dessen Maßnahmenbeschwerde Folge gegeben hat, ohnehin bejaht.

16 Die Revision war aus diesen Gründen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 9. März 2018

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