VwGH Ra 2017/03/0050

VwGHRa 2017/03/005021.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache des A F in S, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 8. März 2017, Zl LVwG- 750408/3/BP/MR, betreffend Versagung der Erweiterung der Waffenbesitzkarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schärding), den Beschluss gefasst:

Normen

VwRallg;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §17 Abs1;
WaffG 1996 §17 Abs3;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Das Verwaltungsgericht versagte nach § 17 Abs 1 WaffG und § 17 Abs 3 WaffG iVm § 28 Abs 2 VwGVG mit dem im Rechtszug ergangenen Erkenntnis den am 2. Juni 2016 eingebrachten Antrag des Revisionswerbers auf Erweiterung seiner Waffenbesitzkarte um weitere zwei Stück der Kategorie A Waffen zum Zweck der Anschaffung von Vorderschaftrepetierschrotflinten Winchester Modell SXP und Mossberg 590 und erklärte die ordentliche Revision dagegen für nicht zulässig.

2 Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass der Revisionswerber eine Waffenbesitzkarte für Sammlerzwecke für einen Bestand von 60 genehmigungspflichtigen Schusswaffen der Kategorie B und acht Schusswaffen der Kategorie A ("verbotene Waffen") verfüge. Die vom nunmehr gestellten Antrag erfassten beiden Waffen könnten vom Revisionswerber mit dem vorhandenen Berechtigungsumfang erworben werden, da er den Berechtigungsumfang betreffend die Waffen der Kategorie A bislang um zwei Stück nicht ausgeschöpft habe.

3 B. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

4 C. Die Revision ist nicht zulässig. 5 C.1. Gemäß § 17 Abs 1 WaffG ist (ua) der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz und das Führen "von Flinten (Schrotgewehren) mit Vorderschaftrepetiersystem (‚Pump-Guns')" verboten (Z 4). Nach § 17 Abs 3 WaffG kann die Behörde verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein überwiegendes berechtigtes Interesse am Erwerb, an der Einfuhr, Besitz oder Führen nachweisen, Ausnahmen (ua) vom Verbot des § 17 Abs 1 WaffG bewilligen. Diese Bewilligung kann befristet und an Auflagen gebunden werden. Die Bewilligung zum Besitz ist durch Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, die Bewilligung zum Führen durch Ausstellung eines Waffenpasses zu erteilen. Im Übrigen gelten für den Besitz und das Führen solcher Waffen oder Vorrichtungen die §§ 21 Abs 4 sowie 25 bis 27 WaffG.

6 Der rechtmäßige Erwerb und Besitz verbotener Waffen bzw auch deren Einfuhr und Führen verlangt daher keine bloße "Rechtfertigung" (vgl § 23 Abs 2 WaffG), sondern eine Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs 3 WaffG (vgl VwGH vom 25. Februar 2009, 2006/03/0037). Die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung fällt in das Ermessen der Behörde (arg: "kann" in § 17 Abs 3 WaffG), weshalb der Verwaltungsgerichtshof bei der Kontrolle der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu prüfen hat, ob vom eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht wurde, oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches - nicht der Fall gewesen ist. Die Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung ist ua das Erbringen des Nachweises eines berechtigten überwiegenden Interesses durch den Antragsteller. Dabei ist es allein dessen Sache, das Vorliegen entsprechender Umstände zu behaupten und nachzuweisen. Der Antragsteller hat deshalb im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person ein überwiegendes berechtigtes Interesse am Besitz bzw Führen gerade der verbotenen Waffe oder Munition ableitet. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 17 Abs 3 WaffG erfordert damit ein Überwiegen eines solchen privaten Interesses gegenüber entgegenstehenden öffentlichen Interessen. Dabei ist schon im Hinblick auf den dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen (vgl VwGH vom 18. Februar 2015, Ra 2015/03/0077; VwGH vom 28. Mai 2008, 2006/03/0114 (VwSlg 17.461 A/2008); VwGH vom 6. September 2005, 2005/03/0049; VwGH vom 26. April 2006, 2005/03/0031; VwGH vom 12. September 2002, 99/20/0078). Gemäß § 10 WaffG sind bei der Anwendung der im WaffG enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist (vgl etwa VwSlg 17.461 A/2008, und VwGH vom 13. September 2016, Ra 2016/03/0084, mwH).

7 C.2. Der Revision lässt sich entnehmen, dass die revisionswerbende Partei bisher die Berechtigung eingeräumt erhielt, acht Stück Vorderschaftrepetierflinten konkret nach Marke und Modell zu erwerben und zu besitzen.

8 Wenn die revisionswerbende Partei diese Bewilligung bislang (unstrittig) lediglich für sechs Stück ausgeschöpft hat, besteht für sie auch auf dem Boden des von ihr geltend gemachten Sammlerinteresses (Interesse an einer vollständigen Waffensammlung) jedenfalls kein überwiegendes privates berechtigtes Interesse am Erwerb bzw am Besitz noch weiterer verbotener Waffen. Die gegenläufige Ansicht würde das in § 17 WaffG klar zum Ausdruck gebrachte öffentliche Interesse, den Besitz von Waffen wegen deren Gefährlichkeit gering zu halten, in nicht mehr verhältnismäßiger Weise beeinträchtigen (vgl idS § 10 WaffG, und VwGH vom 6. September 2005, 2005/03/0049). Vielmehr kann bei der waffenrechtlichen Abwägung der privaten Interessen (hier:) am Erwerb und Besitz von (verbotenen) Waffen gegenüber dem gegenläufigen öffentlichen Interesse ein privates Interesse grundsätzlich dann nicht zum Durchbruch kommen, wenn es der Partei angesichts des gravierenden öffentlichen Interesses (vgl insbesondere § 10 WaffG) zuzumuten ist, ihre Interessenslage im Rahmen eines schon eingeräumten Berechtigungsumfanges zu verfolgen (vgl idZ etwa VwGH vom 13. September 2016, Ra 2016/03/0073, mwH).

9 Ausgehend davon liegt das Ergebnis der Entscheidung des Verwaltungsgerichts innerhalb der Leitlinien der Rechtsprechung. Bei diesem Ergebnis ist es entbehrlich, dem Hinweis der revisionswerbenden Partei näher nachzugehen, das Verwaltungsgericht habe angesichts der konkret nach Marke und Modell determinierten Bewilligung des Revisionswerbers zum Besitz von acht Vorderschaftrepetierflinten in aktenwidriger Weise angenommen, dass für die Anschaffung der nunmehr beantragten Waffen anderer Marke bzw anderer Modelle noch ein ausreichender Berechtigungsumfang vorhanden wäre.

10 D. Damit werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art 133 Abs 4 grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen (§ 34 Abs 1 VwGG).

Wien, am 21. Juni 2017

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