VwGH Ra 2017/01/0334

VwGHRa 2017/01/033417.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Fasching und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revisionen der 1. A S, 2. Mag. G S, beide in W, beide vertreten durch Summer Schertler Kaufmann Droop Lerch Rechtsanwälte GmbH in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom

1.) 28.8.2017, Zl. LVwG-451-3/2017-R9, 2.) 25.8.2017, Zl. LVwG-451- 2/2017-R9, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

StbG 1985 §27 Abs1;

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheiden der belangten Behörde je vom 21.3.2017 wurde gemäß § 42 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) festgestellt, dass die Revisionswerberinnen - die Erstrevisionswerberin ist die Tochter der Zweitrevisionswerberin - nicht österreichische Staatsbürger sind.

2 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wurden die dagegen erhobenen Beschwerden abgewiesen.

3 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, die der Verwaltungsgerichtshof infolge ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden hat.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Gemäß § 27 Abs. 1 StbG verliert die Staatsbürgerschaft, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.

8 Nach der hg. Rechtsprechung setzt die Bestimmung des § 27 Abs. 1 StbG voraus, dass der Staatsbürger eine auf den Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft gerichtete "positive Willenserklärung" abgibt und die fremde Staatsbürgerschaft infolge dieser Willenserklärung tatsächlich erlangt. Da das Gesetz verschiedene Arten von Willenserklärungen ("Antrag", "Erklärung", "ausdrückliche Zustimmung") anführt, bewirkt jede Willenserklärung, die auf Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtet ist, im Falle deren Erwerbs den Verlust der (österreichischen) Staatsbürgerschaft. Auf eine förmliche Verleihung der fremden Staatsangehörigkeit kommt es nicht an (vgl. etwa VwGH 13.10.2015, Ra 2015/01/0192, mit Hinweis auf VwGH 2011/01/0201, mwN).

9 In der vorliegenden Rechtssache ist das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen: So hat es im angefochtenen Erkenntnis festgestellt, dass die Revisionswerberinnen die Schweizer Staatsangehörigkeit mit rechtskräftigen Entscheiden der Schweizer Einbürgerungsbehörde je vom 10.9.2013 infolge ihrer - als Willenserklärungen im Sinne des § 27 Abs. 1 StbG zu qualifizierenden - schriftlichen Gesuche vom 15.1.2011 bzw. 12.4.2012 um erleichterte Einbürgerung gemäß § 58a Abs. 1 bzw. Abs. 3 des Schweizer Bürgerrechtsgesetzes (BüG) erlangt haben. Das Verwaltungsgericht ist - ausgehend von einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit der maßgeblichen Schweizer Rechtslage - zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Revisionswerberinnen (denen die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht bewilligt wurde), infolge ihres jeweiligen "Gesuchs" die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG im Zeitpunkt des Erwerbs der Schweizer Staatsangehörigkeit verloren haben (vgl. zum Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft infolge Abgabe von Willenserklärungen nach dem BüG im Übrigen auch die vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnisse VwGH 30.11.1992, 92/01/0722, und 16.2.2012, 2010/01/0035).

10 Soweit die Revisionen, die die Abgabe der erwähnten "Gesuche" durch die Revisionswerberinnen nicht bestreiten, in den Zulässigkeitsgründen vorbringen, dass der Erwerb der Schweizer Staatsangehörigkeit nicht von einer abzugebenden positiven Willenserklärung abhänge, sondern vielmehr "automatisch" erfolge, wird damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG schon deshalb nicht aufgezeigt, weil dieses bloß pauschale, auf die Schweizer Rechtslage nicht ansatzweise konkret eingehende Vorbringen die diesbezüglich nicht zu beanstandenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht zu entkräften vermag.

11 Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 17. November 2017

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