VwGH Ra 2017/01/0045

VwGHRa 2017/01/004528.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des B L in W, vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. August 2016, Zl. LVwG-750374/2/BP/SA, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §10 Abs5;
AsylG 2005;
FrPolG 2005;
NAG 2005 §44a;
NAG 2005;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10;
StbG 1985 §11;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. Juni 2016 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 1 und 11 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen und begründend ausgeführt, dass der durchgehende rechtmäßige Aufenthalt des Revisionswerbers in Österreich erst ab 10. Mai 2011 gegeben sei.

2 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wies mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 11. August 2016 die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und erklärte die ordentliche Revision für unzulässig (Spruchpunkt II.).

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerber habe am 27. September 2004 einen Antrag auf Asyl gestellt. Am 22. April 2011 sei dieses Verfahren in II. Instanz rechtskräftig negativ entschieden worden, wobei der Asylgerichtshof ausgesprochen habe, dass die Ausweisung des Revisionswerbers aus dem österreichischen Bundesgebiet in seinen Herkunftsstaat Serbien auf Dauer unzulässig sei. Am 4. Mai 2011 habe der Revisionswerber einen Antrag auf Erteilung der Erstniederlassungsbewilligung gestellt, welchem mit Wirkung vom 10. Mai 2011 stattgegeben worden sei. Strittig sei im vorliegenden Fall alleine die Frage, wie der Aufenthaltsstatus des Revisionswerbers im Zeitraum zwischen der negativen Asylentscheidung mit 22. April 2011 und der Erlangung des Aufenthaltstitels am 10. Mai 2011 rechtlich zu qualifizieren sei. Mit dem Ausspruch der Unzulässigkeit der Ausweisung gemäß § 10 Abs. 5 Asylgesetz sei jedenfalls nicht ein Aufenthaltstitel bzw. Aufenthaltsrecht gewährt, sondern nur die erzwungene Rückkehr des Revisionswerbers in seinen Herkunftsstaat für nicht zulässig erachtet worden. Die gesetzlich geforderte Bedingung des ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthaltes sei konstitutiv und obligatorisch für die Zuerkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision führt zur Frage des Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im hierfür alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/01/0051) aus, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass sich der Beschwerdeführer in dem in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nur auf das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) berufen habe, wohingegen sich der Revisionswerber im gegenständlichen Fall "auf § 31 FPG iVm. §§ 10 und 13 AsylG" beziehe. Zu "der Rechtsfrage § 31 FPG iVm. §§ 10 und 13 AsylG in Zusammenhang mit § 10 Abs. 1 StbG" liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. "Die geltenden Gesetze" seien rechtsirrig anwendet worden; außerdem habe die Rechtsfrage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, da "alleine im Jahr 2004 925 Aussprüche gem. § 8 AsylG 1997" getätigt worden seien, 2005 habe dies 271 Personen betroffen. "Der durchgängige rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet" sei "für sehr viele Menschen" in Österreich von Bedeutung; es bedürfe einer höchstgerichtlichen Klärung, wann dieser vorliege.

8 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt:

9 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu den Verleihungstatbeständen der §§ 10 und 11 StbG bereits klargestellt hat, setzt die Verleihungsvoraussetzung des von der jeweiligen Bestimmung geforderten "rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes" voraus, dass der Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen durchgehenden legalen Aufenthalt im Bundesgebiet in der jeweils erforderlichen Mindestdauer vorweisen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2014, 2013/01/0108, mwN).

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters wiederholt ausgesprochen, dass mit dem Ausspruch der Asylbehörde, wonach eine Ausweisung auf Dauer unzulässig sei, ein Aufenthaltstitel noch nicht vorliegt (vgl. nochmals das genannte Erkenntnis vom 22. Mai 2014, 2013/01/0108), sodass für den Zeitraum zwischen dem Verlust des Aufenthaltsrechtes nach asylrechtlichen Bestimmungen und der Erteilung eines Aufenthaltstitels im Verfahren nach den einschlägigen Bestimmungen des NAG aus dem Ausspruch der Unzulässigkeit der Ausweisung ein Aufenthaltstitel für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne der Verleihungsbestimmungen des StbG nicht abgeleitet werden kann (vgl. zu alldem das hg. Erkenntnis vom 19. September 2012, 2010/01/0043).

11 Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vorbringt, zu "der Rechtsfrage § 31 FPG iVm. §§ 10 und 13 AsylG in Zusammenhang mit § 10 Abs. 1 StbG" liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass auch in Ansehung der Gesetzesmaterialien zu § 44a NAG (welcher zum Zeitpunkt der dem Revisionswerber erteilten Erstniederlassungsbewilligung in Geltung stand), wonach die genannte Bestimmung "das wesentliche Bindeglied zwischen NAG, Asylgesetz 2005 und FPG" darstellte, weder dem Gesetzeswortlaut des § 44a NAG noch den genannten Gesetzesmaterialien zu entnehmen war, dass die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 44a NAG ein auf den Abschluss des Asylverfahrens rückwirkendes Aufenthalts- oder Bleiberecht begründete bzw. einen unrechtmäßigen Aufenthalt legalisierte (vgl. hierzu das hg. Erkenntnis vom 29. November 2012, 2012/01/0133, mwN).

12 Zum weiteren Zulässigkeitsvorbringen ist der Revisionswerber darauf zu verweisen, dass der Umstand allein, dass eine zu lösende Frage in einer Vielzahl von Fällen auftreten kann, noch nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG bewirkt (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Mai 2015, Ra 2015/20/0002, mwN).

13 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

14 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 28. Februar 2017

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