Normen
ARB1/80 Art13;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
VwGG §12 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ARB1/80 Art13;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
VwGG §12 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Bescheid vom 24. Februar 2016 wies der Landeshauptmann von Steiermark (im Folgenden: Behörde) den am 1. Juli 2015 eingebrachten Antrag des Mitbeteiligten, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) als unzulässig zurück.
Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) der dagegen erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt und behob den bekämpften Bescheid. Begründend führte es aus, der Mitbeteiligte habe am 27. Jänner 2015 einen Asylantrag gestellt, dieses Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Am 11. Juni 2015 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht und am 1. Juli 2015 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner Ehegattin gestellt. Gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NAG gelte dieses Gesetz nicht für Fremde, die nach dem Asylgesetz 2005 oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt seien. Der vorliegende Sachverhalt unterliege jedoch der Stillhalteklausel des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (ARB), weshalb § 1 Abs. 2 Z 1 NAG nicht anzuwenden sei (Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 15. November 2011, C-256/11 "Dereci ua."). Im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 sei einem Angehörigen eines österreichischen Staatsbürgers der Status eines vorläufig aufenthaltsberechtigten Asylwerbers bei der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht entgegengestanden. Daher stelle § 1 Abs. 2 Z 1 NAG, der vorläufig aufenthaltsberechtigte Asylwerber, auch wenn sie Angehörige von österreichischen Staatsbürgern seien, von der Erteilung eines Aufenthaltstitels ausschließe, eine unzulässige Schlechterstellung im Sinn des ARB dar (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, 2008/22/0837). Die Behörde werde im weiterführenden Verfahren die Bestimmungen des FrG 1997 anzuwenden haben, sofern diese günstiger seien als die derzeit geltende Rechtslage.
Die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt. 5 In der Revision wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
Der Revisionswerber bringt dazu vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der hg. Rechtsprechung ab, weil es den Mitgliedstaaten gemäß Art. 13 ARB lediglich dann nicht gestattet sei, für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen neue Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einzuführen, wenn deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2015, Ra 2015/21/0117). Türkische Staatsangehörige, die erst nach Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 nach Österreich eingereist seien und nach erfolgter Einreise während ihres unrechtmäßigen oder bloß vorläufigen und in diesem Sinn nicht ordnungsgemäßen Aufenthaltes Familienangehörige eines österreichischen Staatsangehörigen geworden seien, könnten sich nicht auf die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB bzw. des Art. 41 des Zusatzprotokolls berufen (Hinweis auf den hg. Beschluss vom 20. Juli 2016, Ro 2015/22/0031).
Dabei übersieht die Revision, dass der verfahrensgegenständliche Sachverhalt insofern nicht mit jenen der zitierten hg. Erkenntnisse Ra 2015/21/0117 und Ro 2015/22/0031 vergleichbar ist, als in diesen beiden Fällen aufenthaltsbeendende Maßnahmen (eine Rückkehrentscheidung bzw. eine asylrechtliche Ausweisung) erlassen worden waren, denen die Revisionswerber nicht Folge leisteten, woraus sich jeweils die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes ergab. Im vorliegenden Fall wurde hingegen keine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen; der Sachverhalt gleicht vielmehr jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, 2008/22/0837, zugrunde lag. Auch dort wurde die Ehe des türkischen Asylwerbers mit einer Österreicherin nach dem 1. Jänner 2006 geschlossen. Die nunmehrige Anwendung des § 1 Abs. 2 Z 1 NAG auch auf türkische Staatsangehörige, die mit österreichischen Staatsbürgern verheiratet sind, stellt eine Schlechterstellung gegenüber der Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006 dar. Das LVwG wich fallbezogen somit nicht von der hg. Rechtsprechung ab.
6 Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Der Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. Februar 2017
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