VwGH Ra 2016/21/0271

VwGHRa 2016/21/027120.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Halm-Forsthuber, über die Revision des N M in B, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Juli 2016, L506 1421368-4/10E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 sowie Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §55;
BFA-VG 2014 §9 Abs2 Z8;
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
BFA-VG 2014 §9 Abs3;
MRK Art8;
NAG 2005 §45;
VwGG §42 Abs2 Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016210271.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist pakistanischer Staatsangehöriger. Er reiste im August 2011 nach Österreich ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12. Juli 2013 vollinhaltlich abgewiesen; unter einem wurde der Revisionswerber nach Pakistan ausgewiesen. Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis des Asylgerichtshofes an ihn erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 2. Oktober 2013, U 2125/2013-5, ab.

2 Der Revisionswerber verblieb in Österreich. Am 23. Jänner 2014 heiratete er eine serbische Staatsangehörige, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" verfügt und Mutter zweier minderjähriger Kinder ist (geboren 2006 und 2007). An der Adresse seiner nunmehrigen Ehefrau war der Revisionswerber bereits ab September 2011 - mit einer kurzfristigen Unterbrechung -

gemeldet.

3 Insbesondere unter Berufung auf seine Ehe und den gemeinsamen Haushalt mit Ehefrau und Stiefkindern beantragte der Revisionswerber im April 2014 die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 AsylG 2005. Dabei brachte er ergänzend vor, seit Juli 2013 auf Grund einer ihm erteilten Gewerbeberechtigung "einen Kleinimbiss in Form eines Kebab-Lokals" zu betreiben, woraus er ein monatliches Einkommen von jedenfalls EUR 1.000,-- erziele.

4 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag des Revisionswerbers - nachdem zwei vorangegangene Erledigungen durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) aus formalen Gründen behoben worden waren - mit Bescheid vom 29. Jänner 2016 im dritten Rechtsgang neuerlich gemäß § 55 AsylG 2005 ab. Gleichzeitig erließ es gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei und setzte die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Dem Vorbringen des Revisionswerbers folgend stellte das BFA fest, dass er mit seiner Ehegattin und deren beiden Kindern im gemeinsamen Haushalt lebe; der beantragten Einvernahme (insbesondere) der Ehefrau habe es nicht bedurft, weil "die Intensität ihrer familiären Beziehungen zu ihrer Ehefrau und den Kindern ihrer Ehefrau" - in einer Stellungnahme vom Dezember 2015 hatte der Revisionswerber behauptet, dass "überaus intensive familiäre Beziehungen" zwischen ihm und seiner Ehefrau sowie den beiden Stiefkindern bestünden und dazu (auch) die Einvernahme seiner Ehefrau beantragt - nicht in Abrede gestellt würde. Es treffe auch zu, so das BFA weiter, dass der Revisionswerber einen "Kebab-Stand" betreibe; diesbezüglich sei ihm allerdings im Hinblick auf seinen nunmehrigen rechtswidrigen Aufenthalt bereits erstinstanzlich die Gewerbeberechtigung entzogen worden.

5 In rechtlicher Hinsicht verneinte das BFA schließlich das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzung nach § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005. Die Erteilung des begehrten Titels sei nicht gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des Revisionswerbers im Sinne des Art. 8 EMRK geboten. In diesem Zusammenhang hielt das BFA u.a. auch fest, es sei der Ehefrau des Revisionswerbers nicht zumutbar, diesen nach Pakistan zu begleiten. Ein Kontakt könne allerdings mittels Telefon oder E-Mail aufrechterhalten werden, bzw. es könne "unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen" seitens des Revisionswerbers ein aufenthaltsrechtlicher Titel für Österreich erwirkt werden.

6 Der Revisionswerber erhob Beschwerde. In dieser brachte er - wie schon im vorangegangenen Verwaltungsverfahren - vor, dass die Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau bereits im Oktober 2012 begonnen habe. Weiter verwies er u.a. auf Deutschkenntnisse und darauf, dass er bei einer Rückkehr nach Pakistan wegen fehlender Einkünfte und auf Grund der "einkommensschwachen Stellung" seiner Ehefrau mit einem Antrag auf Erlangung eines Aufenthaltstitels scheitern müsste, weil die Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG nicht zu erfüllen sei. Eine Rückkehr nach Pakistan wäre daher mit einer dauernden und immerwährenden Trennung von seiner Ehefrau und den beiden Stiefkindern verbunden.

7 Das BVwG wies die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Dabei legte das BVwG zu Grunde, dass der Revisionswerber nunmehr nach rechtskräftiger Entziehung seiner Gewerbeberechtigung seinen Lebensunterhalt aus den Zuwendungen seiner Ehefrau bestreite. Bei dieser sei er zwar seit September 2011 gemeldet, es sei jedoch (aus näher dargestellten Gründen) davon auszugehen, dass entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers während des laufenden Asylverfahrens noch keine Lebensgemeinschaft bestanden habe, sondern dass die nunmehrige Ehefrau "lediglich als Unterkunftgeberin" fungiert habe. Auch aktuell sei in Anbetracht verschiedener näher ausgeführter Gesichtspunkte davon auszugehen, dass entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers kein besonders intensives und inniges Familienleben vorliege. Jedenfalls sei die Ehe des Revisionswerbers in Kenntnis der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens eingegangen worden, weshalb in Anbetracht der weiteren Aspekte des Falles (wobei das BVwG u.a. ins Treffen führte, dass der Revisionswerber nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge) davon auszugehen sei, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Revisionswerbers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse an einem Verbleib überwiege. Das BFA habe daher zu Recht den beantragten Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen hat:

8 Die Revision erweist sich - wie in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Ergebnis zutreffend aufgezeigt wird - deshalb als zulässig und berechtigt, weil das BVwG in Bezug auf die für die Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gleichermaßen wie für die Erlassung der Rückkehrentscheidung maßgebliche (zum diesbezüglichen inhaltlichen Gleichklang vgl. Punkt 3.3. und 3.4. des hg. Erkenntnisses vom 12. November 2015, Ra 2015/21/0101, und darauf bezugnehmend den hg. Beschluss vom 28. Jänner 2016, Ra 2016/21/0006) Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

9 Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. auch dazu das schon genannte Erkenntnis vom 12. November 2015, Ra 2015/21/0101, Punkt 3.2. der Entscheidungsgründe, mwN).

10 Gemäß dem zuletzt genannten § 9 Abs. 3 BFA-VG kann sich eine Abwägung zu Gunsten des Fremden insbesondere dann ergeben, wenn ein Familienleben mit einer Person besteht, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" nach § 45 NAG verfügt. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass einem dauerhaft niedergelassenen Ehepartner im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK große Bedeutung zukommt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 2012, Zl. 2008/22/0354, oder vom 19. Dezember 2012, Zl. 2009/22/0257).

11 Gegenständlich ist der Revisionswerber mit einer serbischen Staatsangehörigen verheiratet, die einen Aufenthaltstitel nach § 45 NAG innehat. Dazu hat das BVwG zwar ausgeführt, dass "nicht von einem besonders intensiven und innigen Familienleben" des Revisionswerbers mit seiner Ehefrau (und den beiden Stiefkindern) ausgegangen werden könne. Die Existenz einer umfassenden ehelichen Gemeinschaft zog es aber nicht in Zweifel. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass noch das BFA die Behauptungen des Revisionswerbers in seiner Stellungnahme vom Dezember 2015 über "überaus intensive familiäre Beziehungen" zwischen ihm und seiner Ehefrau sowie den beiden Stiefkindern ausdrücklich "nicht in Abrede" stellte und im Hinblick darauf die - vor allem - zu diesem Thema beantragte Einvernahme (auch) der Ehefrau des Revisionswerbers unterließ. Von daher hätte das BVwG aber nicht ohne eine derartige Einvernahme (zweckmäßigerweise im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung) zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangen dürfen.

12 Das BVwG stellte bei seiner Interessenabwägung aber insbesondere in den Vordergrund, dass die gegenständliche Ehe erst nach endgültigem Abschluss des Asylverfahrens des Revisionswerbers eingegangen worden ist. Sie sei damit zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, zu dem die Ehepartner von der prekären aufenthaltsrechtlichen Situation des Revisionswerbers gewusst hätten, und sie hätten nicht darauf vertrauen können, das (gemeinsame) Familienleben künftig in Österreich zu gestalten. Letzteres ist zutreffend. Es stimmt auch, dass diesem Gesichtspunkt vor dem Hintergrund des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG ("Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren") gewichtige Bedeutung zukommt. Etwas abgemildert wäre dies freilich schon dann, wenn bereits vor Finalisierung des Asylverfahrens des Revisionswerbers eine Lebensgemeinschaft (samt Beziehung des Revisionswerbers zu seinen nunmehrigen Stiefkindern), und damit nunmehr fast schon vier Jahre, bestanden hätte. Das wurde zwar vom BVwG in Abrede gestellt. Auch dazu hätte es in Anbetracht des im Verfahren stets erstatteten Vorbringens des Revisionswerbers, die Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau sei bereits im Oktober 2012 begründet worden, der Klärung im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung bedurft. Dass das BVwG vor Erlassung seines ersten - einen vorangegangenen Bescheid des BFA behebenden - Erkenntnisses eine derartige Verhandlung durchgeführt hatte (im April 2015), vermag daran schon deshalb nichts zu ändern, weil dabei keine Einvernahme der Ehefrau des Revisionswerbers erfolgt war. Mit ihr wäre aber insbesondere auch zu erörtern gewesen, weshalb sie - wie in einem Aktenvermerk festgehalten - bereits im August 2013 (unmittelbar nach der Entscheidung des Asylgerichtshofes) beim Standesamt B wegen einer Eheschließung mit dem Revisionswerber vorstellig geworden ist.

13 Ungeachtet des eben Gesagten ist festzuhalten, dass die Begründung des Familienlebens zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Revisionswerber der Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, einerseits nicht zur Folge hat, dass eine allfällige aufenthaltsbeendende Maßnahme keinen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Familienlebens darstellen würde (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2013, U 2241/12, oder vom 19. Juni 2015, E 426/2015). Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt klargestellt, dass das Wissen um einen unsicheren Aufenthaltsstatus vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz habe, der während unsicheren Aufenthalts erlangten Integration sei überhaupt kein Gewicht beizumessen und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse könne nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung (nunmehr: Rückkehrentscheidung) führen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 24. Jänner 2013, Zl. 2012/21/0212, oder vom 17. April 2013, Zl. 2013/22/0088).

14 Damit rückt entscheidend in den Mittelpunkt, welche Konsequenzen die Versagung des beantragten Aufenthaltstitels bzw. die Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung für das Familienleben des Revisionswerbers hätte. Das BVwG hat sich damit nicht im Detail auseinander gesetzt. Schon das BFA hielt aber fest, der Ehefrau des Revisionswerbers (und den beiden Stiefkindern) sei eine Übersiedelung mit dem Revisionswerber nach Pakistan unzumutbar. Dass umgekehrt eine Niederlassung der gesamten Familie in Serbien in Betracht komme, wurde jedenfalls nicht geprüft. Insoweit liefe die angefochtene Entscheidung damit gegebenenfalls darauf hinaus, dass es insbesondere zu einer Trennung der Ehepartner zu kommen habe. Eine solche Trennung hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner rezenten Judikatur aber im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 11. November 2013, Zl. 2013/22/0224, oder vom 7. Mai 2014, Zl. 2012/22/0084) oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" (in diesem Sinn z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, Zl. 2011/23/0503).

15 Weder das eine noch das andere ist hier der Fall, weshalb jedenfalls vor dem Hintergrund der nach dem oben Gesagten nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht tragfähigen Überlegungen des BVwG zur Dauer und zur Intensität der familiären Beziehungen des Revisionswerbers eine Trennung von seinen Familienangehörigen - zumal auf Dauer (nach den unbestrittenen Behauptungen des Revisionswerbers würde ein Familiennachzug nach § 46 NAG an der Nichterfüllung der Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 4 NAG scheitern) - grundsätzlich nicht hingenommen werden müsste (siehe in diesem Sinn neben dem schon erwähnten hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, Zl. 2012/21/0212, beispielsweise auch das hg. Erkenntnis vom 30. August 2011, Zl. 2009/21/0197). Dabei ist mitzuberücksichtigen, dass der Revisionswerber bis zur - wegen seines unrechtmäßigen Aufenthalts erfolgten - Entziehung seiner Gewerbeberechtigung in der Lage war, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, und dass er nach der Aktenlage jedenfalls partiell ohne Beiziehung eines Dolmetschers einvernommen werden konnte (siehe die polizeiliche Einvernahme vom 7. Oktober 2014 einerseits sowie die Einvernahme durch das BFA vom 10. Dezember 2014 andererseits). Die dazu im Widerspruch stehende Annahme des BVwG, die Befragungen des Revisionswerbers seien (gemeint offenbar: stets) unter Beiziehung eines Dolmetschers geführt worden, was "den Umstand der nicht ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache indiziert", erweist sich damit als aktenwidrig.

16 Zusammenfassend ergibt sich damit, dass das BVwG der allfälligen Trennung des Revisionswerbers von seiner Ehefrau und den beiden Stiefkindern vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles nicht die gebotene Bedeutung beigemessen hat. Daran ändert auch dessen Bezugnahme auf das Erkenntnis des EGMR vom 31. Juli 2008, 265/07, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen, nichts. Diesem Erkenntnis, mit dem die Aufenthaltsbeendigung eines nigerianischen Staatsangehörigen in Norwegen als nicht mit Art. 8 EMRK in Widerspruch stehend erachtet wurde, liegt nämlich zu Grunde, dass der dortige Beschwerdeführer von seiner norwegischen Ehefrau (und dem gemeinsamen Kind) nach Nigeria begleitet werden könne und es somit nicht (zwingend) zu einer Trennung der Familie komme.

17 Das angefochtene Erkenntnis ist somit - prävalierend - mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

18 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. Oktober 2016

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