VwGH Ra 2016/21/0013

VwGHRa 2016/21/001328.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des T B in I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. November 2015, Zl. G311 2016966-1/13E, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016210013.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 3. November 2015 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 8. Dezember 2014, mit dem gegen den Revisionswerber, einen ungarischen Staatsangehörigen, gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein mit sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, mit der Maßgabe abgewiesen, dass dessen Dauer auf drei Jahre herabgesetzt wird (Spruchpunkt A.I.). Dem Revisionswerber wurde gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt A.II.). Schließlich sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt B.).

Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

Dem diesbezüglichen Revisionsvorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass die einzelfallbezogene Beurteilung betreffend die vom BVwG hinsichtlich des Aufenthaltsverbotes iSd § 67 Abs. 1 erster bis vierter Satz FPG erstellte Gefährdungsprognose und die gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung dann nicht revisibel ist, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 30. Juni 2015, Ra 2015/21/0079). Das ist hier der Fall:

Das BVwG setzte sich nämlich in seinem Erkenntnis - entgegen dem Revisionsvorbringen - mit allen für seine Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkten auseinander. Insbesondere berücksichtigte es auch die nach der mündlichen Verhandlung am 30. April 2015 bis zur Erlassung der Beschwerdeentscheidung eingetretenen und in der Revision dazu ins Treffen geführten Umstände (bedingte Entlassung des Revisionswerbers am 6. Mai 2015, danach erfolgte Aufnahme einer Beschäftigung und Betreuung im Rahmen der angeordneten Bewährungshilfe). Dem BVwG kann aber nicht entgegen getreten werden, wenn es deshalb noch nicht den Wegfall der Gefährdung unterstellte und dabei im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ausging, dass hierfür in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. etwa nur den Beschluss vom 22. Mai 2014, Ra 2014/21/0014). In diesem Zusammenhang hat das BVwG im Ergebnis auch zu Recht darauf Bedacht genommen, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (vgl. etwa nur den Beschluss vom 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0009). Bei der Beurteilung des Vorliegens einer solchen Gefährdung im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG hat das BVwG - entgegen dem diesbezüglichen Revisionsvorbringen - aber nicht nur auf die Tatsache der rechtskräftigen Verurteilung des Revisionswerbers durch das Landesgericht Innsbruck vom 3. April 2014 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren, sondern im Einklang mit der genannten Gesetzesbestimmung und der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis vom 15. Oktober 2015, Ra 2015/21/0133, mwN) auf das dieser Verurteilung zugrunde liegende persönliche Verhalten abgestellt. Angesichts der Art und Schwere der dem Revisionswerber zur Last liegenden, im angefochtenen Erkenntnis im Einzelnen festgestellten Straftaten, womit insbesondere die Begehung des Verbrechens des teils versuchten und teils vollendeten, schweren gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch mittels widerrechtlich erlangter Code-Karten in Hotelzimmer mit einem aus den Zimmersafes weggenommenen Geldbetrag von insgesamt EUR 11.650,- (samt Begleit- und Folgedelikten) verwirklicht wurde, durfte vom BVwG das weitere Vorliegen einer maßgebliche Gefährdung im Sinne der genannten Bestimmung des FPG trotz des mittlerweile gezeigten Wohlverhaltens des Revisionswerbers bejaht werden. Berufstätigkeit und Lebensgemeinschaft, die auch schon vor den erwähnten Straftaten gegeben waren, haben den Revisionswerber aber auch damals nicht von einem einschlägigen Rückfall - das BVwG berücksichtigte in diesem Zusammenhang zutreffend eine in Ungarn ergangene, noch nicht getilgte Verurteilung vom 30. August 2013 wegen eines Betrugsdeliktes - abgehalten. Im Übrigen hat das BVwG aber den für den Revisionswerber sprechenden Umständen ohnehin durch die deutliche Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbotes Rechnung getragen.

In Bezug auf das vom Revisionswerber geltend gemachte Interesse an der Fortsetzung seines Aufenthalts in Österreich lässt er im Übrigen den im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 1 und 8 BFA-VG relativierenden Umstand außer Acht, dass er unmittelbar vor Begehung der Straftaten zum Jahreswechsel 2013/2014 (als Tourist) nach Österreich einreiste und hier erst nach der bedingten Entlassung aus der Strafhaft Anfang Mai 2015, somit nach der Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotes mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 zu einem Zeitpunkt, in dem er nicht von einer weiteren Erlaubnis zum Verbleib in Österreich ausgehen durfte, seinen Lebensmittelpunkt begründete. Das gilt umso mehr für die davor seit 17. Dezember 2014 im elektronischen Hausarrest verbrachte Zeit. Auch die Lebensgefährtin des Revisionswerbers, ebenfalls eine ungarische Staatsangehörige, verzog erst im April 2014 auf Dauer nach Österreich. Vor diesem Hintergrund sind die aus dem Aufenthaltsverbot resultierenden Folgen, insbesondere der Verlust des Arbeitsplatzes in Österreich und die gemeinsame Rückkehr nach Ungarn bzw. die zeitweilige Trennung, nicht unverhältnismäßig und im öffentlichen Interesse an der Verhinderung von schwerer Eigentumskriminalität der vorliegenden Art hinzunehmen.

Angesichts dessen liegt entgegen dem Standpunkt in der Revision ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall nicht vor, weshalb sich die Revision mangels dort aufgezeigter Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig erweist. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2016

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