VwGH Ra 2016/18/0107

VwGHRa 2016/18/010714.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des D B in N, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Mai 2016, Zl. W103 2119717-1/4E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger der Ukraine und dem orthodoxen Glauben zugehörig.

2 Mit Bescheid vom 16. Dezember 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unbegründet ab, erteilte ihm keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung in die Ukraine fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde ab.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung geltend macht, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob Männer, die sich unter Verweis auf ihre religiöse Überzeugung weigern würden, der Einberufung zum Militärdienst Folge zu leisten, in asylrechtlich relevanter Weise verfolgt würden, wenn keine Möglichkeit der Ableistung eines Alternativ- oder Wehrersatzdienstes bestehe.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Vor diesem Hintergrund ist der Revision zunächst zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht dazu berufen ist, im Rahmen des Revisionsverfahrens länderspezifische Tatsachenfragen zu klären, sondern seine zulässige Anrufung das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfordert.

9 Fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, ob die Angehörigen einer bestimmten Religionsgemeinschaft in einem speziellen Land Verfolgung unterliegen, weil sie gegen ihre Überzeugung zum Wehrdienst verpflichtet werden bzw. ob ihnen dort ein Wehrersatzdienst zur Verfügung steht, begründet somit keine Rechtsfrage nach Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn es dabei nur um Tatfragen geht, die vom Verwaltungsgericht unter Einhaltung der tragenden Verfahrensgrundsätze gelöst wurden (vgl. auch VwGH vom heutigen Tag, Ra 2016/18/0085 bis 0087).

10 Im gegenständlichen Verfahren hat das BVwG eine asylrelevante Verfolgung des Revisionswerbers in der Ukraine wegen einer allfälligen Einberufung zum Wehrdienst insbesondere deshalb verneint, weil ihm die Möglichkeit eines zivilen Ersatzdienstes offen steht, um seine religiösen Gewissenskonflikte auszuräumen. Auf dieser Tatsachengrundlage hat das BVwG die asylrelevante Verfolgung des Erstrevisionswerbers am Maßstab der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum asylrechtlichen Verfolgungsbegriff (vgl. etwa VwGH vom 15. Dezember 2015, Ra 2014/18/0118, mwN) zu Recht verneint, weil der Revisionswerber seinen religiösen Bedenken gegen den verpflichtenden Wehrdienst mit der Waffe durch Inanspruchnahme eines Wehrersatzdienstes begegnen kann (vgl. dazu etwa EGMR vom 7. Juli 2011, Nr. 23.459/03, Bayatyan/Armenien, NVwZ 2012, 1603 ff).

11 Dass die vom Verwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen im vorliegenden Fall nicht in schlüssiger Weise unter Einhaltung der tragenden Verfahrensgrundsätze erfolgt seien, vermag die Revision nicht aufzuzeigen, wenn sie in der Revision nunmehr erstmals und nicht näher substantiiert behauptet, dass Anhängern der Religionsgemeinschaft des Revisionswerbers die Möglichkeit eines Wehrersatzdienstes nicht offen stehe.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

Wien, am 14. September 2016

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