VwGH Ra 2016/17/0271

VwGHRa 2016/17/027130.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 20. Juni 2016, LVwG-S-697/001-2014, betreffend eine Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld; mitbeteiligte Partei: A GmbH in Liquidation vertreten durch Helmut Bodingbauer in 4292 Kefermarkt, Lehen 13), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §2 Abs1;
GSpG 1989 §52 Abs1;
GSpG 1989 §53 Abs1;
GSpG 1989 §54;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 22. August 2014 wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei mit näherer Begründung gemäß § 53 Abs 3 iVm § 53 Abs 1 Z 1 lit a Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme eines näher bezeichneten Glücksspielgerätes vom Typ "afric2go" angeordnet.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde Folge und hob ua den angefochtenen Bescheid auf. Im Übrigen sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht zusammengefasst Folgendes aus: Anlässlich einer Kontrolle in einem Lokal am 23. Juni 2014 seien fünf Geräte eingeschaltet, betriebsbereit und frei zugänglich aufgestellt gewesen. Zwei näher bezeichnete Geräte seien durch Gäste des Lokals, ein weiteres durch einen vorab anonym eingeschrittenen Beamten der Finanzpolizei bespielt worden. Sämtliche fünf Geräte seien seit Februar oder März 2014 in diesem Lokal aufgestellt gewesen. Vier Geräte seien tatsächlich von Gästen des Lokals vom Zeitpunkt deren Aufstellens bis zur Kontrolle bespielt worden. Es sei zwar beabsichtigt gewesen, dass durch die mitbeteiligte Partei auch auf dem fünften Gerät die darauf möglichen Ausspielungen veranstaltet werden sollten, es habe jedoch aufgrund näherer Beweisergebnisse nicht festgestellt werden können, ob dieses Gerät jemals von Gästen des Lokals bespielt worden sei bzw dass auch tatsächlich im verfahrensrelevanten Zeitraum Ausspielungen stattgefunden hätten und demnach ebensolche auf diesem Gerät veranstaltet worden seien. Festgestellt wurde mit näherer Begründung unter Verweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es sich bei diesem Gerät um ein Glücksspielgerät handle.

4 Rechtlich führte das Landesverwaltungsgericht aus, aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich, dass auf diesem Gerät keine Ausspielungen irgendeiner Art veranstaltet worden seien, unabhängig davon, dass die Kellnerinnen des Lokals dafür Sorge zu tragen gehabt hätten, dass dieses Gerät Interessenten jederzeit während der Öffnungszeiten des Lokals funktionsfähig und betriebsbereit zur Verfügung gestanden habe und dass die mitbeteiligte Partei als Eigentümerin das Gerät in der Erwartung aufgestellt habe, aus den Ausspielungen Einnahmen zu erzielen. Überdies seien die zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren eingestellt und die Straferkenntnisse aufgehoben worden. Es habe somit jedenfalls kein Verdacht mehr im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG bestanden, weshalb der Bescheid aufzuheben gewesen sei.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision des Bundesministers für Finanzen mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben. Zur Zulässigkeit wird unter anderem vorgebracht, dass das Landesverwaltungsgericht von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das unter Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Ro 2015/17/0012, erstattete Zulässigkeitsvorbringen, das Erkenntnis stehe mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch, weil das Landesverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass für die Verwirklichung des Straftatbestandes (gemeint: des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG) die Betriebsbereitschaft des Gerätes nicht ausreichend, sondern auch der Nachweis des tatsächlichen Bespielens notwendig sei, als zulässig.

Die Revision ist auch berechtigt:

7 Das Landesverwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung von der Funktionsfähigkeit, der freien Zugänglichkeit und der Betriebsbereitschaft des Glücksspielgerätes vom Typ "afric2go" aus (zur Qualifikation des Gerätetyps "afric2go" als Glücksspielgerät vgl VwGH vom 20. April 2016, Ro 2015/17/0020).

8 Für die Beurteilung, ob die Verwirklichung des Tatbestandes der Ausspielung gegeben ist, reichen diese Feststellungen aus; auf das tatsächliche Bespielen des Glücksspielgerätes kommt es nicht an (VwGH vom 9. April 2001, 97/17/0155, sowie vom 30. Juni 2015, Ro 2015/17/0012).

9 Soweit das Landesverwaltungsgericht weiters ausführt, dass die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden seien, weshalb kein Verdacht gem § 53 Abs 1 GSpG mehr vorliege, ist auf folgende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen:

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach dargelegt, dass die Zulässigkeit einer Beschlagnahme nach § 53 Abs 1 GSpG das Vorliegen eines Verdachts des Verstoßes gegen § 52 Abs 1 GSpG voraussetzt und dass dieser Verdacht ausreichend substanziiert sein muss. Auf eine allfällige Einstellung eines damit im Zusammenhang stehenden Verwaltungsstrafverfahrens kommt es hingegen nicht an, sofern der objektive Tatbestand einer Übertretung gemäß § 52 Abs 1 GSpG erfüllt wurde und ein ausreichender Grund für eine Beschlagnahme zum Zweck der Einziehung gemäß § 54 GSpG, welche Maßnahme keine Bestrafung voraussetzt, gegeben war (VwGH vom 13. Dezember 2016, Ra 2016/09/0054).

11 Indem das Landesverwaltungsgericht dies verkannt hat, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

12 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 30. Juni 2017

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