Normen
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016160020.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2014 stellte die mitbeteiligte Gesellschaft m.b.H. den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 Abs. 1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG). Die (dann vor dem Verwaltungsgericht belangte) Behörde möge feststellen, ob die Vorhaltung der Baurestmassen auf näher bezeichneten Grundstücken eine beitragspflichtige Tätigkeit nach dem ALSAG darstelle.
2 Mit Bescheid vom 29. April 2015 stellte die Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung fest, dass die Zwischenlagerung von unaufbereiteten Baurestmassen auf näher genannten Grundstücken dem Altlastenbeitrag unterliege und eine beitragspflichtige Tätigkeit darstelle. Unter Verweis auf ein über eine Beschwerde der mitbeteiligten GmbH ergangenes, andere Grundstücke betreffendes Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark, wonach auf Grund der rechtskräftig bestehenden Genehmigungen aus Wasserrecht, Mineralrohstoffgesetz sowie Baurecht kein Ausnahmetatbestand des ALSAG berührt werde, zog die Bezirkshauptmannschaft den Schluss, dass infolge des identen Sachverhaltes (Zwischenlagerung desselben Materials, dieselben Genehmigungsbescheide) auch in der nunmehr vorliegenden Sache von einer beitragspflichtigen Zwischenlagerung von Abfällen ausgegangen werden könne. Obwohl die bergrechtlichen Genehmigungen gemäß § 74 Abs. 4 der Gewerbeordnung in das Regime der Gewerbeordnung übergeleitet worden seien, sei eine gewerberechtliche Bewilligung für die Zwischenlagerung von unaufbereiteten Baurestmassen bisher nicht erteilt worden. Auch aus abfallrechtlicher Sicht mangle es an einer solchen Bewilligung.
3 Der dagegen mit Schriftsatz vom 1. Juni 2015 erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge und stellte fest, dass die von der mitbeteiligten GmbH auf näher genannten Grundstücken vorgenommene Zwischenlagerung von unsortierten Baurestmassen nicht der Beitragspflicht gemäß § 10 Abs. 1 des Altlastensanierungsgesetzes unterliege. Das Gericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei.
4 Nach Wiedergabe des Verfahrensganges erwog das Verwaltungsgericht einleitend, dass zu prüfen sei, ob der Tatbestand des § 3 Abs. 1 ALSAG gegeben sei, und dass dazu zu untersuchen sei, ob im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für das Zwischenlagern von nicht gefährlichen Abfällen (Baurestmassen) sämtliche erforderlichen Genehmigungen und Nichtuntersagungen vorgelegen seien.
5 Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass die mitbeteiligte GmbH für die im Spruch des Erkenntnisses genannten Grundstücke eine wasserrechtliche und eine bergrechtliche Genehmigung zur Wiederauffüllung/Wiederherstellung der darauf befindlichen Abbaufelder mit Bodenaushub und Tunnelausbruch erwirkt habe. Die Änderung der erteilten Genehmigungen, um auf denselben Flächen aufbereitete Baurestmassen einbringen zu können, sei mit einem näher genannten Bescheid erteilt worden. Die mitbeteiligte GmbH habe eine Sammelerlaubnis für nicht gefährliche Abfälle gemäß § 24 des Abfallwirtschaftsgesetzes erwirkt, um die Baurestmassen in erforderlicher Menge und Qualität zu erhalten. Die so gesammelten Abfälle würden an Ort und Stelle mithilfe einer nach § 52 Abfallwirtschaftsgesetz genehmigten mobilen Behandlungsanlage aufbereitet, um für die Herstellung einer stabilen Tragschicht verwendet werden zu können. Auch durch das von der mitbeteiligten GmbH in Anspruch genommene „Regime des MinroG“ sei die Baurestmassenzwischenlagerung abgedeckt gewesen, wobei das Verwaltungsgericht „zur Abrundung des Bildes“ insbesondere auf den Bescheid der belangten Behörde (Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung) über die Genehmigung des Abschlussbetriebsplanes gemäß § 171 Abs. 1 MinroG verwies.
6 Das Verwaltungsgericht gelangte daher zum Ergebnis, dass für die gegenständliche Zwischenlagerung unsortierter Baurestmassen auf den im Spruch genannten Grundstücken die erforderlichen Genehmigungen nach dem Wasserrechtsgesetz und dem Steiermärkischen Baugesetz vorgelegen und gemäß § 156 MinroG von der zuständigen Bergbaubehörde auch nicht „untersagt“ worden seien. Darüber hinausgehende Genehmigungen und Nichtuntersagungen, insbesondere nach § 37 des Abfallwirtschaftsgesetzes, seien für dieses Zwischenlager nicht erforderlich gewesen.
7 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) unterliegt dem Altlastenbeitrag das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde. Als Ablagern im Sinne des ALSAG gilt gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b leg. cit. auch das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt im Erkenntnis vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0041, ausgeführt, dass auch ein Lagern (oder ein Zwischenlagern) in einer kürzeren als der in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG genannten Zeitdauer der Altlastenbeitragspflicht unterliege, wenn nicht alle hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) vorgelegen seien.
12 Der gemäß § 25a Abs. 2 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) zur Revision berechtigte Bundesminister führt zur Zulässigkeit seiner Revision zunächst (Punkt III.1 und III.2 des Schriftsatzes) unter Hinweis auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Reihe von Bescheiden an, die erlassen worden seien. Der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes, mit einem näher genannten Wasserrechtsbescheid sei nicht nur die Auffüllung mit qualitätsgesichert aufbereiteten Baurestmassen genehmigt worden, sondern auch das Lagern der unaufbereiteten Baurestmassen, tritt der revisionswerbende Bundesminister einerseits damit entgegen, dass sich der angezogene Bescheid nur auf einen Teil der im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses angeführten Grundstücke beziehe, und andererseits damit, dass sich aus dem dem Bescheid zugrunde liegenden, von einer staatlich befugten und beeideten Zivilingenieurin für Bauwesen erstellten Projekt keinerlei Anhaltspunkte dafür ergäben, dass neben der Verfüllung mit aufbereiteten Baurestmassen der Qualitätsklasse A+ und A auch das Lagern von unaufbereiteten Baurestmassen mitgenehmigt worden sei.
13 Das Vorliegen der von der Rechtsprechung geforderten Bewilligungen (Bescheide) stellt keine Vorfrage dar, sondern erfüllt einen Tatbestand (zur Tatbestandswirkung eines Bescheides vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2009, 2008/16/0148, VwSlg 8.471/F).
14 Solcherart geht aber die Auslegung des Inhaltes eines solchen Bescheides in seiner Wirkung nicht über die Bedeutung des Einzelfalles hinaus. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG wird in der Revision damit sohin nicht angesprochen.
15 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit weiters (Punkt III.3 des Schriftsatzes) an, das verfahrensgegenständliche Lagern sei nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes als Errichtung einer bergbaufremden Anlage zu qualifizieren und daher bewilligungspflichtig. Der Annahme des Verwaltungsgerichtes, die erforderliche Bewilligung liege infolge einer Anzeige der mitbeteiligten GmbH und Nichtuntersagung durch die Bergbaubehörde vor, hält die Revision in der Zulässigkeitsbegründung den näher wiedergegebenen Verfahrensablauf entgegen. Nach Ansicht des revisionswerbenden Bundesministers habe die mitbeteiligte GmbH in einem näher genannten Schreiben vom 22. Jänner 2009 nämlich lediglich um die Genehmigung der Änderung des bescheidmäßig genehmigten Gewinnungsbetriebsplanes angesucht, nicht auch um die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung von Lagerflächen, nämlich um Genehmigung dahingehend, die Wiederauffüllung statt mit inertem Material, wie reinem Bodenaushub, Abraummaterial oder Tunnelausbruch, mit qualitätsgesichert aufbereiteten Baurestmassen durchführen zu können. Die Auslegung des Schreibens und dessen Inhaltes stellt jedoch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dar und wirft somit ebenfalls keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG auf.
16 Schließlich führt die Revision in Punkt III.4 des Schriftsatzes zu ihrer Zulässigkeit aus, das Landesverwaltungsgericht vertrete offenkundig den Standpunkt, dass das gegenständliche Lager von Beginn an nicht den Charakter einer Bergbauanlage gehabt habe, sondern als bergbaufremde Anlage im Sinn des § 153 Abs. 2 MinroG zu qualifizieren sei. § 74 Abs. 4 der Gewerbeordnung sehe den Entfall einer gewerberechtlichen Bewilligung nur für Bergbauanlagen vor, in denen auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeführt werden. Dass es sich beim gegenständlichen Lager um eine Bergbauanlage handle, habe das Verwaltungsgericht verneint. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ersetze eine Bewilligung nach § 153 iVm § 156 MinroG nicht eine nach anderen Materiengesetzen erforderliche Bewilligung, insbesondere also auch keine erforderliche gewerberechtliche Bewilligung. Auf dem Boden des Rechtsstandpunktes des Verwaltungsgerichtes, dass es sich beim Lager um eine bergbaufremde Anlage handle, hätte sich das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers daher mit der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung befassen müssen, dass die gegenständliche Lagerung einer gewerbebehördlichen Bewilligung bedürfe. Das Verwaltungsgericht habe daher im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 153 MinroG und der Bestimmung des § 74 der Gewerbeordnung die Rechtslage grob verkannt.
17 Die Revision führt in diesem Zusammenhang ausschließlich den Wortlaut des ersten Satzes des § 74 Abs. 4 der Gewerbeordnung an. Beim ursprünglich bewilligten Vorhaben hat es sich wohl um eine Bergbauanlage gehandelt. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat im erwähnten Bescheid vom 29. April 2015 selbst ausdrücklich angeführt, die bergrechtlichen Genehmigungen seien gemäß § 74 Abs. 4 der Gewerbeordnung (wohl nach dem zweiten und dritten Satz dieser Bestimmung) „in das Regime der Gewerbeordnung übergeleitet“ worden, und lediglich eine gewerberechtliche Bewilligung vermisst (dem die mitbeteiligte GmbH in der Beschwerde vom 1. Juni 2015 mit dem Hinweis auf § 74 Abs. 4 letzter Satz der Gewerbeordnung entgegentrat). Die Revision legt in der Zulässigkeitsbegründung nicht dar, wodurch das Verwaltungsgericht konkret die Bestimmung des § 74 der Gewerbeordnung verkannt habe.
18 Da somit in den Zulässigkeitsgründen der Revision insgesamt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG dargestellt wird, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 19. Mai 2016
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