VwGH Ra 2015/07/0041

VwGHRa 2015/07/004129.7.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision der Z GmbH in P, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 15. Dezember 2014, Zl. LVwG 46.23‑5316/2014‑10, betreffend Feststellung gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung; mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Graz in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorf‑Straße 14‑18), zu Recht erkannt:

Normen

ALSAG 1989 §10
ALSAG 1989 §10 Abs1
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z1
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z2
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z3
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litb idF 2004/I/136
ALSAG 1989 §3 idF 2004/I/136
AVG §56
AWG 2002 §37
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015070041.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Revisionswerberin betreibt in P eine mechanische Abfallbehandlungsanlage einschließlich der Zwischenlagerung für gefährliche und nicht gefährliche Abfälle. Die abfallrechtlichen Genehmigungen wurden mit den Bescheiden des Landeshauptmannes von Steiermark vom 20. Juli 2001, 7. Juli 2006 und 8. Jänner 2008 erteilt. Im Genehmigungsbescheid vom 7. Juli 2006 wurde unter Auflage 1. betreffend "Abfall‑ und Stoffflusswirtschaft" im Einzelnen vorgeschrieben, welche Abfallarten, unter Angabe der Schlüsselnummer, in welchen Anlagenbereichen behandelt bzw. zwischengelagert werden dürfen. Unter Auflage 12. des Fachbereiches "Vorbeugender Brandschutz" wurden Lagerflächen und Lagerhöhen vorgeschrieben.

Nach Durchführung einer Ortsverhandlung am 22. Juni 2009 wurden der Revisionswerberin mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 25. Juni 2009 nachstehende abfallpolizeiliche Maßnahmen und Aufträge erteilt:

1.) "Sofort, spätestens innerhalb von 10 Wochen (gerechnet ab Bescheidzustellung) sind die im südlichen Anlagenbereich auf Gst. Nr. 290/10 der KG. P, Fläche E8 gelagerten Materialien, insbesondere von aufbereiteten Ersatzbrennstoffen (Gemisch aus Gewerbeabfällen mit Abfällen aus der Altpapieraufwertung), Schlüsselnummer 91107 und 97708, sowie die dort lagernden Eisenbahnschwellen (Schlüsselnummer 17207) in einem Ausmaß von insgesamt ca. 7.500 m³ und

sind die im südlichen Anlagenbereich westlich der Fläche E 14 außerhalb der Betriebsflächen auf Gst. Nr. 290/4, KG. P gelagerten Rückstände aus der Altpapieraufbereitung (Rejektmaterial) und die dort lagernden Kunststoff‑ bzw. Papierabfälle (Getränkeverbundkartons) in 3 Einzellagerbereichen in einem Ausmaß von insgesamt ca. 5.500 m³

zu entfernen.

2.) Sofort, spätestens innerhalb von 10 Wochen (gerechnet ab Bescheidzustellung) sind die im westlichen Bereich des Altbestandes (westlich des Sozialgebäudes) im Bereich E2 (nicht ausgeführter Anlagenbereich zur Zerkleinerung inkl. Fördereinrichtung zum Outputlager) auf jeweils einem Teil des Gst. Nr. 563/2 und des Gst. Nr. 307/3 der KG. P gelagerten Abfälle aus der Altpapieraufbereitung im Ausmaß von ca. 1.000 m³

zu entfernen.

3.) Die in der Begründung dieses Bescheides detailliert beschriebenen Überlagerungen in den Bereichen A3 (Altbestand ‑ Freilagerfläche), E6 (Ballenlager I) und E14 (Ballenlager II) sind sofort, spätestens innerhalb von 10 Wochen (gerechnet ab Bescheidzustellung) hinsichtlich Lagerflächen und Lagerhöhen auf jenes Ausmaß zurückzubauen, welches gemäß Auflage Nr. 12, Fachbereich vorbeugender Brandschutz, Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 7. Juli 2006, GZ.: FA13A‑38.10 39‑06/329, bestimmt ist.

Darüber hinaus ist sofort, spätestens innerhalb von 10 Wochen (gerechnet ab Bescheidzustellung) das Lager für Container auf Gst. Nr. 294/2 und 293/2, KG. P zu räumen.

4.) Die Umsetzung der Maßnahmen 1.) ‑ 3.) ist der bescheiderlassenden Behörde unaufgefordert bekannt zu geben und zu belegen."

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

In einem unabhängig von diesem Beseitigungsauftrag durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren wegen der beschriebenen Ablagerung der genannten Abfälle wurde der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis insofern Folge gegeben und das Verfahren eingestellt, als die Strafbehörde erster Instanz die dem Vertreter der Revisionswerberin angelasteten Übertretungen nicht unter die entsprechende Strafnorm des § 79 Abs. 2 Z 11 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) subsumiert hatte.

In weiterer Folge schrieb das Zollamt Graz der Revisionswerberin mit Bescheid vom 29. Mai 2012 die Entrichtung eines Altlastenbeitrages für das zweite Quartal 2009 wegen der Überlagerung von 2.729 Tonnen sonstiger Abfälle in der Anlage P vor.

Auf Antrag der Revisionswerberin stellte die Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung (im Folgenden: BH) mit Bescheid vom 1. September 2014 gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG) fest, dass die vom 25. Juni 2009 bis Ende Juli 2009 von der Revisionswerberin vorgenommene Überlagerung von 2.729 Tonnen verschiedener Abfälle in der Anlage P der AlSAG‑Beitragspflicht unterliege.

Die gegen diesen Bescheid von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 15. Dezember 2014 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass in der Rechtsgrundlage des erstinstanzlichen Bescheides § 3 Abs. 1 Z 1 AlSAG hinzuzufügen sei.

In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Landesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf den abfallrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 7. Juli 2006, insbesondere dessen Auflage 1., fest, es sei in unstrittiger Weise festgestellt worden, dass am 22. Juni 2009 verschiedene Abfälle an falschen Orten (Überlagerung) widerrechtlich gelagert gewesen seien. Auf Grund dieses Umstandes sei der in Rechtskraft erwachsene abfallpolizeiliche Beseitigungsauftrag vom 25. Juni 2009 erlassen worden. In diesem Bescheid sei ausdrücklich festgehalten worden, an welchem Ort welche Abfälle falsch und damit widerrechtlich gelagert worden seien.

Im Verwaltungsstrafverfahren sei der damaligen Berufung deshalb Folge gegeben worden, weil die Übertretung einer falschen Strafnorm subsumiert worden sei. Es stehe aber trotzdem unstrittig fest, dass 2.729 Tonnen verschiedener Abfälle entgegen den gesetzlichen Bestimmungen, nämlich dem AWG 2002, abgelagert worden seien. Für diese widerrechtliche Ablagerung hätte es jedenfalls einer gesonderten Genehmigung bedurft. Dies auch dann, wenn es sich nur um eine Zwischenlagerung für die nachfolgende Verwertung der Abfälle gehandelt hätte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliege auch ein Lagern (oder Zwischenlagern) in einer kürzeren als in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG genannten Zeitdauer der Altlastenbeitragspflicht, wenn nicht alle hiefür erforderlichen behördlichen Genehmigungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) vorgelegen seien.

Ferner müssten alle erforderlichen Bewilligungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) für die in dieser Gesetzesbestimmung angeführten Maßnahmen in dem für die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Beitragsfreiheit relevanten Zeitpunkt (vgl. § 7 AlSAG) vorgelegen sein. Eine in diesem relevanten Zeitpunkt einmal entstandene Abgabenschuld könne durch die nachträgliche Einholung einer fehlenden Bewilligung (Anzeige, Nichtuntersagung) nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Für das vorliegende Verfahren bedeute dies, dass die 2.729 Tonnen sonstiger Abfälle nicht widerrechtlich abgelagert hätten werden dürfen. Auch wenn die Revisionswerberin gegen eine Auflage eines Bewilligungsbescheides verstoßen habe, seien die genannten Abfälle außerhalb der umfassten Bewilligung und damit konsenslos bzw. gesetzwidrig abgelagert worden. Die Prüfung, ob die Zeitdauer einer beitragsfreien Zwischenlagerung nach § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG eingehalten worden sei, erübrige sich daher, weil auch die Zwischenlagerung der genannten Abfälle durch den abfallrechtlichen Bescheid nicht umfasst gewesen sei. Daran ändere auch der Verweis der Antragstellerin nichts, wonach auf der gegenständlichen Anlage in P weder Tages‑ noch Jahresmaximalkapazitäten festgelegt worden seien und im Verwaltungsstrafverfahren der BH festgehalten worden sei, dass die Art der Abfälle der Genehmigung entsprechend gewesen sei. Mit der Auflage 1. "Abfall‑ und Stoffflusswirtschaft" im Genehmigungsbescheid vom 7. Juli 2006 sei der Revisionswerberin genau vorgeschrieben worden, welche Abfälle an welchem Ort in welcher Höhe, dies unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte des AWG 2002, gelagert werden dürften. Gegen diese Vorgaben habe die Revisionswerberin verstoßen.

Die Revisionswerberin hätte jedenfalls ein Verfahren nach § 37 AWG 2002 anstreben müssen, um von einer gesetzmäßigen Lagerung der gegenständlichen Abfälle ausgehen zu können.

Auch wenn es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durchaus sein könne, dass Zwischenlagerungen auch bewilligungslos zulässig seien und diese Bewilligungspflicht bzw. bewilligungslose Zwischenlagerung auch zu prüfen sei, sei festzuhalten, dass die Verletzung der Rechtsvorschriften im vorliegenden Fall derart massiv gewesen sei, dass dies ein Verfahren wegen Änderung der Betriebsanlage erforderlich gemacht habe und ein abfallpolizeilicher Beseitigungsauftrag erlassen worden sei. Lagerhöhen und Lagerplätze seien nicht eingehalten worden und es sei damit aus verschiedenen öffentlichen Interessen gegen das AWG 2002 verstoßen worden. Gerade unter einer derartigen Konstellation könne nicht davon ausgegangen werden, dass die erfolgte Fehllagerung und Zwischenlagerung alle hiefür erforderlichen Genehmigungen inne gehabt habe und somit aus der AlSAG‑Beitragspflicht herausfalle.

Die Beschwerdeausführungen, wonach § 3 Abs. 3 Z 2 AlSAG (gemeint wohl: § 3 Abs. 2 Z 2 AlSAG) zur Anwendung gelangen müsste, sei in einem Verfahren nach § 10 AlSAG nicht zu beurteilen. Im Feststellungsverfahren sei nur die Frage zu beurteilen, ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliege.

Gegen dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes richtet sich die vorliegende Revision, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Behandlung einer von der Revisionswerberin gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 15. Dezember 2014 ebenso erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 19. Februar 2015, E 287/2015‑4, abgelehnt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Zur Zulässigkeit der Revision bringt die Revisionswerberin unter anderem vor, das Landesverwaltungsgericht habe eine Altlastenbeitragspflicht der Revisionswerberin festgestellt, obwohl nur eine knapp zweimonatige Abfallüberlagerung am Betriebsgelände stattgefunden habe, von Anfang an eine abfallrechtliche (Zwischen‑)Lagerungsgenehmigung vorgelegen sei, gegen keine maximalen Tages‑ bzw. Jahreslagermengen verstoßen und lediglich im Rahmen der Ersatzbrennstoffaufbereitung gewisse genehmigte Abfälle versehentlich und kurzfristig in nicht dafür vorgesehene Lagerboxen abgeladen worden seien, was einen Auflagenverstoß, aber keine Verletzung von Bewilligungspflichten dargestellt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof habe bislang noch nicht entschieden, ob trotz des Vorliegens sämtlicher Genehmigungen für eine Abfallzwischenlagerung auch (nur) bei einem Auflagenverstoß eine Beitragspflicht nach dem AlSAG gegeben sein könne.

Es trifft zu, dass die in der Revision genannte Frage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht beantwortet wurde. Die Revision ist daher zulässig.

Sie erweist sich aber aus nachstehenden Gründen als unbegründet:

2. In einem Feststellungsverfahren nach § 10 Abs. 1 AlSAG trifft die Behörde die Obliegenheit, materiell‑rechtlich jene Rechtslage anzuwenden, die zu dem Zeitpunkt galt, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. November 2013, Zl. 2011/07/0163, mwN), sodass im Beschwerdefall auf den Zeitraum 25. Juni 2009 bis Ende Juli 2009, der Gegenstand des Feststellungsantrages der Revisionswerberin nach § 10 Abs. 1 AlSAG ist, abzustellen ist.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des AlSAG, BGBl. 299/1989 idF BGBl. I Nr. 52/2009, lauten:

"Altlastenbeitrag

Gegenstand des Beitrags

§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen

1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

[...]

b) das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung,

[...]

(2) Von der Beitragspflicht ausgenommen ist

[...]

2. eine beitragspflichtige Tätigkeit, soweit für diese Abfälle bereits ein Altlastenbeitrag entrichtet wurde.

[...]

Beitragsschuld

§ 7. (1) Die Beitragsschuld entsteht im Fall der Beförderung von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Beförderung begonnen wurde, bei allen übrigen beitragspflichtigen Tätigkeiten mit Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde.

[...]

Feststellungsbescheid

§ 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,

[...]

3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,

[...]"

3. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die beschriebene Überlagerung der in Rede stehenden Abfälle erfolgt und von der der Revisionswerberin erteilten abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung nicht gedeckt ist.

In der Revision wird dazu vorgebracht, die Abfallüberlagerung (falscher Lagerort am Anlagenareal) habe nur kurz gedauert. Es sei von Anfang an eine abfallrechtliche (Zwischen‑)Lagerungsgenehmigung vorgelegen. Ferner sei gegen keine maximalen Tages‑ bzw. Jahreslagermengen verstoßen worden. Zwar sei es zu einem Auflagenverstoß, aber zu keiner Verletzung von Bewilligungspflichten gekommen. Das Landesverwaltungsgericht habe dennoch eine partielle Konsenswidrigkeit (wie im vorliegenden Fall) einer vollständigen Konsenslosigkeit gleichgestellt.

Entsprechend einer Wortinterpretation des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG entstehe eine Beitragspflicht bei einer Lagerung zur Beseitigung erst nach Ablauf von 365 Lagerungstagen bzw. bei einer Lagerung zur Verwertung erst nach Ablauf von 1.095 Lagerungstagen.

Die Rechtsordnung knüpfe ganz unterschiedliche Rechtsfolgen an die Genehmigungslosigkeit einer Anlage bzw. an den Auflagenverstoß gegen eine genehmigte Anlage. Es wäre eine ganz andere Gewichtung des vorliegenden Falls im Vergleich zu den in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits beurteilten Fällen vorzunehmen gewesen. Im Falle einer (fahrlässigen) Nichteinhaltung von Auflagen würden ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ typischerweise Aufträge vorgeschrieben, der Anlageninhaber dürfe aber ‑ außer bei "wirklich massiven" Auflagenverstößen (wenn Sachverständige die Gefährdung von Schutzinteressen konstatierten) ‑ den Anlagenbetrieb weiterführen. Hingegen werde bei einer festgestellten Genehmigungslosigkeit regelmäßig ein Arbeits‑ bzw. Betriebsstopp verhängt.

Darüber hinaus könnten Auflagen eines Genehmigungsbescheides im Laufe der Zeit ihre Bedeutung für die Genehmigungsfähigkeit einer Anlage verlieren und eventuell aus dem Genehmigungskonsens "herausfallen" oder abgeändert vorgeschrieben werden.

Im vorliegenden Fall hätte die Auflage 1. des Kapitels "Abfall‑ und Stromflusswirtschaft" im Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 7. Juli 2006 bloß auf Grund einer Änderungsanzeige der Revisionswerberin nach § 37 Abs. 4 AWG 2002 modifiziert vorgeschrieben werden können; das dieser Auflage zugrundeliegende Lagerkonzept sei ja bereits ursprünglich von der Revisionswerberin ausgearbeitet und von der Behörde akzeptiert worden. Für die vorgefundene Abfallüberlagerung hätte es somit lediglich einer Anzeige bedurft, wonach ohne jedwede bauliche Änderung bzw. ohne eine Schlüsselnummern‑ bzw. Mengenerweiterung genehmigte Abfallarten nun auch gemeinsam an bestimmten Orten bzw. in bestimmten Lagerboxen zwischengelagert werden sollten. Dies wäre eine emissionsneutrale Anzeige gewesen, die von der Behörde ohne Weiteres zur Kenntnis genommen worden wäre. Der gesamten Dokumentation im Zusammenhang mit der Abfallüberprüfung am 22. Juni 2009 sei nämlich nicht zu entnehmen, dass irgendeine Gefährdung von dieser Abfallüberlagerung (falsche Lagerung am Anlagenareal) ausgegangen wäre.

Diesem Vorbringen ist Folgendes zu erwidern:

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt das Lagern (oder Zwischenlagern) in einer kürzeren als der in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG (in der ab 1. Jänner 2006 geltenden Fassung) genannten Zeitdauer der Altlastenbeitragspflicht, wenn nicht alle hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligungen (Anzeigen oder Nichtuntersagungen) vorgelegen sind (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 24. Jänner 2013, Zl. 2010/07/0218, und vom 23. April 2014, Zl. 2013/07/0269, mwN; vgl. ferner den hg. Beschluss vom 25. September2014, Zl. Ra 2014/07/0046, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt, es könne dem Gesetzgeber des AlSAG nicht unterstellt werden, er habe eine Verwendung oder Behandlung von Abfällen ‑ wozu auch deren Lagerung zu zählen ist ‑, die der Rechtsordnung widerspricht, privilegieren wollen, indem er sie von der Beitragspflicht ausgenommen habe. Ferner spricht auch weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck des § 3 AlSAG für ein gegenteiliges Normenverständnis (vgl. dazu erneut das Erkenntnis vom 24. Jänner 2013, Zl. 2010/07/0218).

Diese Grundsätze treffen aber auch auf jene Fälle zu, in denen ‑ wie hier ‑ zwar eine abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung erteilt wurde, vom Bewilligungsinhaber jedoch entsprechende Bescheidauflagen nicht eingehalten wurden, was dazu führte, dass eine Abfallüberlagerung erfolgte. Auch in diesem Fall liegt eine der Rechtsordnung widersprechende Lagerung vor, der das Privileg des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG nicht zukommt. Für eine unterschiedliche Gewichtung eines Auflagenverstoßes einerseits und einer fehlenden Bewilligung andererseits besteht ‑ entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht ‑ im vorliegenden Zusammenhang keine Grundlage.

Das Revisionsvorbringen, die Auflage 1. des Kapitels "Abfall‑ und Stromflusswirtschaft" des Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 7. Juli 2006 hätte "bloß auf Grund einer Änderungsanzeige der Revisionswerberin nach § 37 Abs. 4 AWG modifiziert vorgeschrieben werden können", führt schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil nach der vorzitierten hg. Judikatur für die Heranziehung der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG nicht nur alle hiefür erforderlichen behördlichen Bewilligungen, sondern gegebenenfalls auch notwendige Anzeigen oder Nichtuntersagungen vorliegen müssen.

Angesichts der ‑ aus den erwähnten Gründen ‑ der Rechtsordnung widersprechenden Lagerung von Abfällen kommt es bei der Beurteilung der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG auch nicht darauf an, ob von der gegenständlichen Abfallüberlagerung eine Gefährdung (von Schutzgütern) ausgegangen ist.

Soweit in der Revision geltend gemacht wird, Auflagen eines Genehmigungsbescheides könnten im Laufe der Zeit ihre Bedeutung für die Genehmigungsfähigkeit einer Anlage verlieren, wird keine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben, dass der der Revisionswerberin vorzuwerfende Auflagenverstoß mit der ihr erteilten abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung in Einklang zu bringen wäre. Es liegt auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die in Rede stehenden Bescheidauflagen nach Erteilung der Bewilligung abgeändert worden wären.

4. Ferner bringt die Revisionswerberin vor, das Landesverwaltungsgericht habe in irriger Weise die Ansicht vertreten, dass es in einem Verfahren nach § 10 AlSAG die Anwendung des Ausnahmetatbestandes nach § 3 Abs. 2 Z 2 AlSAG nicht zu beurteilen habe. Die Revisionswerberin habe die verfahrensgegenständlichen Abfälle im 3. Quartal 2009 teilweise ins Ausland verbracht und teilweise an inländische Verwerter übergeben. Für die verbrachten Abfälle seien direkt von der Revisionswerberin AlSAG‑Beiträge entrichtet, für die im Inland verwerteten Abfälle seien jeweils von den Vertragspartnern der Revisionswerberin Beiträge entrichtet worden. Die entrichteten Beiträge müssten jedenfalls angerechnet werden.

Überdies müsste die Revisionswerberin nun erneut in einem Rechtsmittel gegen eine Abgabenfestsetzung durch das Zollamt Graz die Berücksichtigung ihres Vorbringens zur Erfüllung des Ausnahmetatbestandes in § 3 Abs. 2 Z 2 AlSAG einwenden. Sie würde dann im Abgabenverfahren möglicherweise mit dem vernichtenden Argument konfrontiert werden, dass die Erfüllung des genannten Ausnahmetatbestandes doch bereits im AlSAG‑Feststellungsverfahren zu prüfen gewesen wäre.

Auch dieses Vorbringen führt die Revision nicht zum Erfolg.

Nach der auch in der Revision zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat das in § 10 AlSAG geregelte Feststellungsverfahren den Zweck, über strittige (Vor‑)Fragen bescheidmäßig abzusprechen und sie damit in verbindlicher Weise für die jeweiligen Beitragsfestsetzungen zu klären. Es soll damit zur Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinne bereits mehrfach ausgesprochen, ein derartiges Feststellungsverfahren diene der bescheidmäßigen Klärung und damit der rechtswirksamen Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen der Altlastenbeitragspflicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. April 2013, Zlen. 2012/17/0005 bis 0007, mwN).

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis die Ansicht vertreten, die Beschwerdeausführungen, wonach § 3 Abs. 2 Z 2 AlSAG zur Anwendung gelangen müsste, sei in einem Verfahren nach § 10 AlSAG nicht zu beurteilen.

Diese Rechtsansicht ist im Ergebnis nicht als unzutreffend zu erkennen. In einem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 AlSAG ist (unter anderem) festzustellen, ob eine Sache Abfall ist (Z 1), ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt (Z 2) oder ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt (Z 3). Dabei handelt es sich jeweils um "sach‑ bzw. tätigkeitsbezogene" Feststellungen. Auch in dem in der Revision zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 2014, Zl. Ra 2014/07/0031, war das Vorliegen der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG (betreffend näher genannte mineralische Baurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist) zu beurteilen.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Frage, ob für von einer beitragspflichtigen Tätigkeit betroffene Abfälle bereits ein Altlastenbeitrag entrichtet wurde, um eine im abgabenrechtlichen Verfahren zu klärende Frage. Dem widerspricht auch nicht die vorzitierte hg. Judikatur über den Zweck des Feststellungsverfahrens nach § 10 AlSAG, geht aus dieser doch hervor, dass im Feststellungsbescheid unter anderem über strittige (Vor‑)Fragen für die jeweiligen Beitragsfestsetzungen abzusprechen ist.

Verdeutlicht wird dies nicht zuletzt auch durch das Revisionsvorbringen selbst, mit dem die Anrechnung bereits entrichteter Beiträge begehrt wird. Für eine derartige "Anrechnung" in dem Feststellungsverfahren bietet jedoch § 10 Abs. 1 AlSAG keine Grundlage.

Ungeachtet dessen führte das in Rede stehende Vorbringen die Revision schon deshalb nicht zum Erfolg, weil gemäß § 7 Abs. 1 AlSAG die Beitragsschuld bei allen übrigen beitragspflichtigen Tätigkeiten (außer der Beförderung von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3a) mit Ablauf des Kalendervierteljahres entsteht, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen wurde.

Da die von der Revisionswerberin vorgenommene Überlagerung von Abfällen nach dem gegenständlichen Feststellungsbescheid unstrittig bereits am 25. Juni 2009 vorlag, ist die Beitragsschuld mit Ablauf des Juni 2009 entstanden. Nach dem Revisionsvorbringen wurden Altlastenbeiträge für die in Rede stehenden Abfälle jedoch erst im 3. Quartal 2009 von der Revisionswerberin bzw. deren Vertragspartnern entrichtet. Beim Entstehen der Beitragsschuld waren somit die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 3 Abs. 2 Z 2 AlSAG nicht erfüllt.

5. Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Revisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen.

Die Revision war daher gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Juli 2015

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