Normen
B-VG Art133 Abs4;
KFG 1967 §134 Abs1;
KFG 1967 §134 Abs1b;
VStG §45 Abs1 idF 2013/I/033;
VStG §45 Abs1 Z4 idF 2013/I/033;
VStG §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §38;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
KFG 1967 §134 Abs1;
KFG 1967 §134 Abs1b;
VStG §45 Abs1 idF 2013/I/033;
VStG §45 Abs1 Z4 idF 2013/I/033;
VStG §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §38;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber - durch Abweisung der von ihm gegen ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Niederösterreich erhobenen Beschwerde - schuldig erkannt, in zwei Fällen als Lenker eines zur Güterbeförderung eingesetzten LKW vorgeschriebene Ruhezeiten nicht eingehalten zu haben. In einem Fall hatte der Revisionswerber anstelle der gebotenen täglichen Ruhezeit von 11 Stunden nur eine Ruhezeit von 9 Stunden und 1 Minute eingelegt, in einem weiteren Fall hatte er anstelle der gebotenen (reduzierten) wöchentlichen Ruhezeit von 24 Stunden nur eine Ruhezeit von 15 Stunden und 34 Minuten eingelegt. Über den Revisionswerber wurden wegen dieser Übertretungen gemäß § 134 Abs. 1 und 1b KFG Geldstrafen in der Höhe von EUR 200 bzw. 300 (Ersatzfreiheitsstrafen 1 Tag 16 Stunden bzw. 2 Tage 12 Stunden) verhängt.
Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision bringt der Revisionswerber vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen, wonach ein Beschwerdeführer selbst bei Erfüllen eines objektiven Tatbestandes nicht zu bestrafen ist, wenn er zu seiner Entlastung dartut und glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das Verwaltungsgericht hätte aufgrund der im Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände und "anhand der objektivierten Ergebnisse" von einem unverschuldeten Rechtsirrtum des Revisionswerbers ausgehen müssen.
5 Damit wird keine Rechtsfrage aufgezeigt, der grundsätzliche Bedeutung zukäme:
6 Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, entschuldigt gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Dabei ist auch irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten aber nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass sie unverschuldet war, und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Bei Einhaltung der einem Berufskraftfahrer obliegenden Sorgfaltspflicht bedarf es der Objektivierung durch geeignete Erkundigungen und es ist Sache des Lenkers eines Lastkraftwagens, sich auch über die Rechtslage hinsichtlich der Einhaltung der Ruhezeiten zu informieren; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko eines Rechtsirrtums (vgl. VwGH vom 16. September 2011, Zl. 2008/02/0103). Es genügt auch nicht, sich bloß auf Auskünfte seitens des Arbeitgebers zu verlassen, ist doch dieser nicht zu Rechtsauskünften über die den Kraftfahrzeuglenker treffenden Verpflichtungen berufen (vgl. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/03/0430).
7 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht unter anderem festgestellt, dass der Revisionswerber auf Anweisungen seines Disponenten verwiesen habe; es sei ihm mitgeteilt worden, dass er bei Einhaltung dieser Anweisungen keine Rechtsvorschriften verletzen würde. Der Disponent habe die Anweisung gegeben, sechs Schichten nacheinander zu fahren "und zwar jeweils 9 Stunden fahren und möglichst 11 Stunden Pause machen, danach 24 Stunden Pause." Das Verwaltungsgericht hielt dazu fest, dass der Revisionswerber, hätte er sich an diese "Anweisungen" seines Disponenten gehalten, die Übertretungen nicht begangen hätte. Im Übrigen habe der Revisionswerber keine weiteren Auskünfte eingeholt und dies auch nicht behauptet.
8 Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgegangen wäre. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist nämlich auch die von ihm im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bereits vorgelegte, von einem kommerziellen Verlag stammende "Übersicht betreffend Ruhezeiten/Mitführpflichten" nicht als "eingeholte Auskunft" im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzusehen. Zudem lässt sich anhand dieser Übersicht - in der grundsätzlich korrekt die tägliche Ruhezeit von 11 Stunden sowie die wöchentliche verkürzte Ruhezeit von 24 Stunden ausgewiesen ist - auch nicht nachvollziehen, wie es zu dem vom Revisionswerber behaupteten Rechtsirrtum gekommen ist.
9 Weiters bringt der Revisionswerber in den Ausführungen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vor, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 2 VStG abgewichen sei.
10 Auch damit wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt:
11 Eine Entscheidung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG liegt im Ermessen der Behörde ("kann") und hängt von einer auf den Einzelfall abzustellenden spezialpräventiven Prognose ab. Dahingehend liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur eine die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage vor. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. etwa VwGH 20. November 2015, Zl. Ra 2015/02/0167, mwN).
12 Im vorliegenden Revisionsfall ist das Verwaltungsgericht auch nicht von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 45 Abs. 1 Z 4 VStG abgewichen. Demnach setzt die Einstellung des Verfahrens voraus, dass die im § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und geringes Verschulden des Beschuldigten - kumulativ vorliegen (vgl. VwGH vom 20. Juni 2016, Ra 2016/02/0065). Es ist nicht zu erkennen - und wird vom Revisionswerber auch nicht näher dargelegt - weshalb im hier vorliegenden Fall von einer bloß geringen Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes auszugehen wäre, zumal es sich - wie bereits die Landespolizeidirektion Niederösterreich in ihrem Straferkenntnis ausgesprochen hat - bei den dem Revisionswerber angelasteten Übertretungen um einen schwerwiegenden Verstoß (Nichteinhaltung der täglichen Ruhezeit) bzw. um einen sehr schwerwiegenden Verstoß (Nichteinhaltung der wöchentlichen Ruhezeit) im Sinne des Anhangs III zur Richtlinie 2006/22/EG über Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr handelte.
13 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 10. Jänner 2017
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