VwGH Ra 2016/02/0114

VwGHRa 2016/02/011424.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des H in E, vertreten durch die Köhler Draskovits Unger Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Amerlingstraße 19, gegen das am 28. September 2015 mündlich verkündete und mit 2. Februar 2016 datierte, schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, Zl. VGW- 042/030/9131/2015-8, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

BArbSchV §87 Abs3 idF 2009/II/408;
VStG §9 Abs1;
BArbSchV §87 Abs3 idF 2009/II/408;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis des Magistrates des Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk, vom 26. Juni 2015 betreffend Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Dem Revisionswerber wurde zur Last gelegt, er habe es als Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P. GmbH zu verantworten, dass durch diese Gesellschaft zumindest am 11. Oktober 2012 auf einer näher bezeichneten Baustelle in Wien entgegen § 87 Abs 3 der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) zwei namentlich genannte Arbeitnehmer auf einem Dach mit einer Absturzhöhe von ca. 18,0 m und einer Dachneigung von ca. 45 Grad beschäftigt worden seien, obwohl keine Absturzsicherung oder Schutzeinrichtung angebracht gewesen sei und die Arbeitnehmer auch nicht mit einer persönlichen Schutzausrüstung gesichert gewesen seien.

Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig ist.

3 § 87 Abs 3 BauV in der für den Revisionsfall maßgebenden Fassung BGBl. II Nr. 408/2009 lautet:

"Bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20 Grad und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m müssen geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, wie insbesondere Dachfanggerüste (§ 88). Bei besonderen Gegebenheiten, wie auf glatter, nasser oder vereister Dachhaut, die ein Ausgleiten begünstigen, müssen auch bei geringerer Neigung solche Schutzeinrichtungen vorhanden sein. Wenn Arbeiten auf Dächern gleichzeitig oder aufeinanderfolgend sowohl an der Dachfläche als auch an der Traufe durchgeführt werden, müssen solche Schutzeinrichtungen verwendet werden, die sowohl für die Arbeiten an der Dachfläche als auch für die Arbeiten an der Traufe wirksam sind."

4 Der Revisionswerber bringt in seiner außerordentlichen Revision zur Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es seinem Erkenntnis ein Gutachten zugrunde gelegt habe, welches nicht als schlüssig und nachvollziehbar anzusehen sei, weil es keine konkrete Auseinandersetzung mit den bestehenden örtlichen Verhältnissen enthalte. Der Revisionswerber verweist hierzu auf das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, Zl. 2006/04/0177. Das Verwaltungsgericht hätte sich nach Ansicht des Revisionswerbers damit befassen müssen, dass das Aufstellen des Schutzgerüstes im konkreten Fall nicht möglich gewesen sei. Außerdem führt der Revisionswerber aus, dieser von ihm behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung komme über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, weil hinsichtlich § 87 Abs. 3 BauV keine "determinierte Rechtsprechung" bestehe und im Verwaltungsstrafverfahren die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit von der Verwaltungsbehörde geprüft werden müssten.

5 Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Dabei hat er konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre (siehe den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2016, Ra 2015/05/0078 m.w.H.).

6 Der Revisionswerber hat mit seinem Vorbringen nicht im Sinne der zitierten Rechtsprechung dargelegt, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt dem von ihm zitierten hg. Erkenntnis - das die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage betraf - gleicht. Er hat weiters nicht angeführt, in welchen Punkten das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Soweit der Revisionswerber weiters meint, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 87 Abs 3 BauV, wird damit ebenso nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 17. Februar 2016, Ra 2016/04/0011).

7 Zudem räumt der Revisionswerber ein, dass kein Schutzgerüst vorhanden war; er wendet sich insbesondere auch nicht gegen die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung, dass keine Absturzsicherung oder Schutzeinrichtung angebracht war und die Arbeitnehmer auch nicht mit persönlicher Schutzausrüstung gesichert waren. Sein Vorbringen bezieht sich lediglich darauf, dass das Aufstellen eines Schutzgerüstes aufgrund der Verweigerung der Zustimmung des Liegenschaftseigentümers nicht möglich (bzw. mit einem "absurden Aufwand" verbunden) gewesen wäre; überdies sei ein Schutzgerüst nicht von der Ausschreibung des Bauvorhabens mitumfasst gewesen. Damit zeigt er aber nicht auf, dass im Sinne des § 87 Abs 3 BauV nicht gegebenenfalls eine andere "geeignete Schutzeinrichtung" hätte genutzt werden können. Schließlich vermag auch der Umstand, dass für die Anbringung einer erforderlichen Schutzmaßnahme eine nach dem Vorbringen des Revisionswerbers notwendige privatrechtliche Zustimmung fehlt oder die Anbringung des Gerüsts nicht vom Auftragsumfang umfasst war, etwas daran zu ändern, dass den Revisionswerber die Verantwortung für die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschrift trifft.

8 In der Revision werden insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. Juni 2016

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