Normen
BVwG-EVV 2014;
BVwGG 2014 §19;
BVwGG 2014 §21 Abs7;
BVwGG 2014 §21;
GO BVwG 2014 §20 Abs1;
GO BVwG 2014 §20 Abs6;
GOG §89a Abs2;
GOG §89d Abs2;
VwGG §25a Abs5;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §61;
VwGG §72 Abs1;
VwGG §75 Abs2;
VwRallg;
ZPO §112;
ZustG §2 Z5;
ZustG §34 Abs1;
ZustG §37;
ZustG §7;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Beschluss vom 25. November 2016 bewilligte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag des Revisionswerbers, ihm die Verfahrenshilfe (u.a.) durch Beigebung eines Rechtsanwalts zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das nunmehr bekämpfte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zu gewähren.
2 Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Tirol übermittelte dem zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt den Bescheid vom 22. Dezember 2016 über die Bestellung im Weg der sog. "Teilnehmer-Direktzustellung" noch am 22. Dezember 2016.
3 Die gegenständliche Revision wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 2. Februar 2017, um 16.26 Uhr, im elektronischen Rechtsverkehr übermittelt.
4 Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes sechs Wochen. Hat die Partei innerhalb der Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61 VwGG), so beginnt gemäß § 26 Abs. 3 VwGG für sie die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen.
5 Die (im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte) "Teilnehmer-Direktzustellung" ist die - technisch eröffnete - Möglichkeit der direkten Übermittlung von Schriftstücken im Rahmen von für den elektronischen Rechtsverkehr verwendeten EDV-Programmen zwischen Teilnehmern des elektronischen Rechtsverkehrs. Sie dient in erster Linie der Übermittlung von für einen Prozessgegner bestimmten Gleichschriften im zivilgerichtlichen Verfahren durch eine Partei des Verfahrens an eine andere Verfahrenspartei. Diesbezüglich findet sich eine Rechtsgrundlage etwa in § 112 ZPO, der eine solche Übersendung auch mittels elektronischer Post ermöglicht. Diese Bestimmung wird zuweilen auch für nach anderen Gesetzen zu führende Verfahren für anwendbar erklärt (vgl. § 40 Abs. 4 ASGG und § 24 Abs. 1 AußStrG).
6 Eine Rechtsgrundlage für eine Zustellung eines Bescheides im Weg der "Teilnehmer-Direktzustellung" ist im (hier vorliegenden) Fall der Bestellung eines Verfahrenshelfers durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer allerdings nicht ersichtlich. Insbesondere stellt § 89d Abs. 2 GOG, auf den sich der Revisionswerber - in seiner Stellungnahme vom 31. Mai 2017 - der Sache nach beruft, eine solche nicht dar. Diese Bestimmung stellt - unter ausdrücklichen Verweis auf § 89a Abs. 2 GOG - auf elektronisch übermittelte gerichtliche Erledigungen und Eingaben ab, wozu der gegenständliche Bestellungsbescheid zweifellos nicht zu zählen ist. Auch § 37 ZustG kommt als Rechtsgrundlage für einen solchen Zustellvorgang nicht in Betracht, weil weder Anhaltspunkte für die Mitteilung einer "elektronischen Zustelladresse" durch den Verfahrenshelfer für das gegenständliche Verfahren (vgl. § 2 Z 5 ZustG) noch für die Erteilung eines Auftrages gemäß § 34 Abs. 1 ZustG durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer vorliegen. Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers ist auch § 75 Abs. 2 VwGG nicht anwendbar, weil diese Bestimmung den Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter Ausfertigungen von Erledigungen des Verwaltungsgerichtshofes sowie von Eingaben im Sinne des § 72 Abs. 1 VwGG regelt. Ebenso wenig bietet § 21 BVwGG (elektronischer Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht) eine Rechtsgrundlage für die "Bereitstellung" des gegenständlichen Bestellungsbescheides. Es liegt daher ein Zustellmangel vor. Ein solcher Zustellmangel kann jedoch gemäß § 7 ZustG geheilt werden, wenn das zuzustellende Dokument dem Empfänger tatsächlich zukommt. Es kommt im Fall der elektronischen Zustellung auf den Zeitpunkt des Zugriffs auf das am Bereithaltungsserver bereitgehaltene Dokument an (vgl. zum Ganzen die hg. Beschlüsse vom 5. Oktober 2016, Ra 2016/19/0109, sowie vom 23. März 2017, Ra 2016/20/0267, jeweils mwN).
7 Aufgrund dieser Rechtslage trifft die - in der erwähnten Stellungnahme des vom 31. Mai 2017 geäußerte - Ansicht des Revisionswerbers, die Frist zur Erhebung der Revision hätte nicht schon am 22. Dezember 2016, sondern erst am 23. Dezember 2016 zu laufen begonnen, nicht zu, zumal der Revisionswerber zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, dass der als Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt den ab dem 22. Dezember 2016 am Server bereitgehaltenen Bestellungsbescheid nicht sogleich an diesem Tag, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Februar 2017, Ra 2016/20/0229).
8 Der letzte Tag der gemäß § 26 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG einzuhaltenden Revisionsfrist war daher der 2. Februar 2017. Zwar wurde die Revision an diesem Tag dem Bundesverwaltungsgericht im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs übermittelt. Jedoch erfolgte dies (erst) um 16.26 Uhr und somit nach Ablauf der Amtsstunden des Bundesverwaltungsgerichts, die nach § 20 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichts (GO-BVwG) für die Zeit von 8.00 bis 15.00 Uhr festgesetzt sind. Die Revision gilt sohin gemäß § 20 Abs. 6 GO-BVwG erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages, also am Freitag, den 3. Februar 2017, als eingebracht (vgl. zur Frage der Rechtzeitigkeit von außerhalb der Amtsstunden des Bundesverwaltungsgerichts eingebrachten Revisionen den hg. Beschluss vom 17. November 2015, Ra 2014/01/0198, auf dessen Begründung insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen wird; vgl. weiters etwa den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2015/01/0195).
9 Demnach erweist sich die Revision als verspätet eingebracht, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
Wien, am 13. Juni 2017
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