VwGH Ra 2015/15/0057

VwGHRa 2015/15/005717.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Kufstein Schwaz in 6333 Kufstein, Oskar Pirlo-Straße 15, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. Mai 2015, Zl. RV/3101077/2014, betreffend Kapitalertragsteuer (mitbeteiligte Partei: S GmbH in F), den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §167 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis vom 30. 10. 2014, 2012/15/0126, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof den damals angefochtenen Bescheid des unabhängigen Finanzsenates wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hat.

2 Den Streitpunkt bildete die Frage des Vorliegens verdeckter Ausschüttungen.

3 Im Vorerkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof aus, die belangte Behörde habe aus der Vornahme einer Teilwertabschreibung eines Teils einer Forderung der (seinerzeit) beschwerdeführenden (nunmehr mitbeteiligten) GmbH in der Unternehmensbilanz, die bei Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage wieder neutralisiert worden sei, eine kapitalertragsteuerpflichtige verdeckte Ausschüttung abgeleitet. Begründend habe die belangte Behörde darauf verwiesen, dass die Gesellschafter der Beschwerdeführerin (nunmehr Mitbeteiligten) auch Gesellschafter der Schuldnerin seien und insofern von der nicht fremdüblichen Abschreibung profitieren würden. Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass mit dieser Begründung offen bliebe, worin der Vorteil der Schuldnerin (und damit der Gesellschafter der Beschwerdeführerin, nunmehr Mitbeteiligten) bestehen sollte, wenn der Gläubiger eine Wertberichtigung der Forderung in seiner Unternehmensbilanz vornehme. Die belangte Behörde habe nicht festgestellt, dass der Abschreibung beispielsweise ein zivilrechtlich verbindlicher Verzicht zugrunde liege, der die Anspruchsgrundlage der Beschwerdeführerin (nunmehr Mitbeteiligten) gegenüber ihrer Schuldnerin auch tatsächlich vermindert und einen Teil der Schuld in Wegfall gebracht habe. Auch das Vorliegen anderer Umstände, die eine Vorteilsgewährung an die Gesellschafter der Beschwerdeführerin (nunmehr Mitbeteiligten) bedeuten könnten, (wie beispielsweise das Unterlassen fremdüblicher Einbringungsmaßnahmen) habe die belangte Behörde nicht festgestellt.

4 Im fortgesetzten Verfahren gab das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG mit 1. Jänner 2014 an die Stelle des unabhängigen Finanzsenats getretene Bundesfinanzgericht der (nunmehrigen) Beschwerde Folge.

5 Entgegen der Ansicht des Finanzamtes könne ein ausdrücklicher oder stillschweigender Verzicht der mitbeteiligten GmbH, der die Anspruchsgrundlage der Mitbeteiligten gegenüber ihrer Schuldnerin tatsächlich d.h. auch zivilrechtlich wirksam vermindert hätte, nicht als erwiesen angenommen werden. Die steuerliche Zurechnung (in der Mehr-Weniger-Rechnung der Mitbeteiligten) sei keineswegs nur damit erklärbar, dass die Mitbeteiligte selbst von einem sozietär bedingten Forderungsnachlass ausgegangen wäre. Die Hinzurechnung sei - nach der von der Mitbeteiligten vertretenen Rechtsansicht - vielmehr darauf zurückzuführen gewesen, dass die von ihr als geboten erachtete, auf § 201 UGB gestützte Abwertung steuerlich nicht habe nachvollzogen werden müssen. Der Umstand, dass auch in der Unternehmensbilanz der Schuldnerin spiegelbildlich vorgegangen worden sei (Abwertung der Verbindlichkeit und "außerbücherliche" Neutralisierung des "noch gar nicht erzielten" Ertrags), erlaube es ebenfalls weder für sich genommen noch in Zusammenschau mit der Vorgangsweise der Mitbeteiligten, den Schluss zu ziehen, der fehlerhafte Ausweis der Verbindlichkeit in der Unternehmensbilanz könne ausschließlich durch einen endgültigen Verzicht erklärt werden. Eine Verletzung von unternehmensrechtlichen Bewertungsvorschriften reiche nicht hin, um das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung annehmen zu können, zumal eine verdeckte Ausschüttung eine Absicht der Vorteilszuwendung erfordere, auf die bei einer irrtümlichen bzw. rechtsfehlerhaften Bewertung unter den gegebenen Umständen nicht zuverlässig geschlossen werden könne.

6 Die Revision sei nicht zulässig, weil die zu Grunde liegenden Rechtsfragen durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere das angeführte Vorerkenntnis, beantwortet seien.

7 Die vorliegende Revision des Finanzamtes führt zu ihrer Zulässigkeit aus, das Bundesfinanzgericht sei aktenwidrig von der Annahme ausgegangen, es habe keinen Verzicht der mitbeteiligten Partei auf den von ihr unternehmensrechtlich abgeschriebenen Teil der Forderung gegeben. Da die gleichzeitige Abwertung der korrespondierenden Verbindlichkeit im Jahresabschluss der Schuldnerin ungeachtet der steuerlichen Neutralisierung nach der allgemeinen Lebenserfahrung nur den Schluss zulasse, dass ein zivilrechtlicher Verzicht der mitbeteiligten Partei vorliege, erweise sich die beanstandete Sachverhaltsannahme des Bundesfinanzgerichts, es liege kein Forderungsverzicht vor, als Ausfluss einer unschlüssigen Beweiswürdigung.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die Revision ist nicht zulässig.

12 Die Revision wendet sich mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts, wonach das Vorliegen eines Forderungsverzichtes seitens der mitbeteiligten Partei nicht als erwiesen angenommen werden könne.

13 Die in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie somit den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen. Ob die Beweiswürdigung in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 1. 6. 2017, Ra 2017/15/0037). Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. VwGH 30. 6. 2015, Ra 2015/15/0028).

14 Das Vorbringen des revisionswerbenden Finanzamts ist nicht geeignet, hinreichend darzulegen, dass die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts unschlüssig wäre. Allgemeines Erfahrungsgut, wonach die von der mitbeteiligten Partei und ihrer Schuldnerin unternehmensrechtlich vorgenommene Forderungsabschreibung nicht auf dem von der Mitbeteiligten behaupteten und vom Bundesfinanzgericht angenommenen Irrtum beruhen könne, besteht nicht. Andere Umstände, die eindeutig für das Vorliegen eines Forderungsverzichtes sprechen würden, zeigt die Revision nicht auf.

15 Insoweit das revisionswerbende Finanzamt die Feststellung des Bundesfinanzgerichts, es liege kein Forderungsverzicht vor, als "aktenwidrig" rügt, bezieht es sich mit diesem Vorbringen erneut auf die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.

16 Dass das Bundesfinanzgericht der Darstellung der Mitbeteiligten gefolgt ist, stellt sich als eine im Einzelfall getroffene Sachverhaltsfeststellung des Bundesfinanzgerichts dar, die keine wesentlichen Rechtsfragen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG berührt.

17 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Oktober 2017

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