VwGH Ra 2015/10/0030

VwGHRa 2015/10/003011.8.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der B S in M, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. Jänner 2015, Zl. LVwG-AB-14-4312, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mistelbach), zu Recht erkannt:

Normen

MSG NÖ 2010 §10 Abs3;
MSG NÖ 2010 §11 Abs1;
MSG NÖ 2010 §11 Abs3;
MSG NÖ 2010 §2 Abs1;
MSG NÖ 2010 §8 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (BH) vom 13. November 2014 wurde der Revisionswerberin zur Deckung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs ein Betrag von monatlich EUR 573,41 ab 1. Oktober 2014 bis 30. September 2015 gemäß §§ 8, 9 Abs. 2 und 4, 10 Abs. 1 und 3 sowie 11 NÖ Mindestsicherungsgesetz - NÖ MSG zuerkannt.

Begründend führte die BH im Wesentlichen aus, der Richtsatz der Mindestsicherung für Alleinstehende betrage EUR 610,49. Die Revisionswerberin lebe allein und beziehe kein Einkommen. Die Familienbeihilfe und das Pflegegeld würden nicht als Einkommen angerechnet. Wohnungskosten von EUR 509,58 und ein Wohnzuschuss von EUR 250,-- seien belegt worden. Da der Wohnzuschuss von EUR 250,-- über dem Richtsatz für den Wohnbedarf von EUR 203,50 liege, sei kein weiterer Aufwand für Wohnbedarf zu berücksichtigen. Da die Revisionswerberin in einer Kolping-Tagesstätte betreut werde, seien 3/10 der sogenannten "freien Station" unter Berücksichtigung der Wochenenden und der Urlaubstage - das seien monatlich EUR 37,08 - als Einkommen anzurechnen.

2. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wurde mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 21. Jänner 2015 abgewiesen.

Darüber hinaus sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit hier von Interesse - im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Anrechnung der Wohnbeihilfe im gegenständlichen Zeitraum auf die zitierten Gesetzesbestimmungen zu verweisen sei. Demnach sehe § 8 NÖ MSG vor, dass Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nur soweit zu erbringen seien, als der jeweilige Bedarf nicht durch Geld- oder Sachleistungen Dritter gedeckt sei. Bei der Wohnbeihilfe handle es sich zweifellos um eine Geldleistung von dritter Seite, die dazu bestimmt sei, den Wohnbedarf zumindest teilweise abdecken zu können. Die Anrechnung der Wohnbeihilfe sei daher als erster Schritt vorweg vorzunehmen. Lediglich jener Wohnbedarf, der durch die Leistungen eines Dritten - im gegenständlichen Fall eben von der Wohnbeihilfe - nicht gedeckt sei, sei im Wege der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu gewähren. Wenn diese Berechnungsmethode in der Beschwerde angezweifelt und diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz - StMSG) hingewiesen werde, so sei dem zu entgegnen, dass es sich bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung um Landesgesetzgebung handle und das NÖ MSG keineswegs dem StMSG "hinsichtlich der Anrechnung des Wohnbedarfes" gleiche.

Im vorliegenden Fall beliefen sich die Mietkosten auf monatlich EUR 509,58 und der Wohnzuschuss auf monatlich EUR 250,-- . Der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 % des Mindeststandards (vgl. § 11 Abs. 3 NÖ MSG) betrage EUR 203,50, Da der Wohnzuschuss aber den Richtsatz für den Wohnbedarf von EUR 203,50 übersteige, sei darüber hinaus kein weiterer Aufwand für den Wohnbedarf zu berücksichtigen. Die Anrechnung des Wohnzuschusses in der Höhe von EUR 250,-- durch die belangte Behörde sei somit rechtmäßig erfolgt.

Zum Ausspruch der Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass im Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme.

3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

Das Verwaltungsgericht hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Die Niederösterreichische Landesregierung hat gemäß § 22 erster Satz VwGG ihren Eintritt in das Verfahren erklärt und eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragt.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das NÖ Mindestsicherungsgesetz - NÖ MSG, LGBl. Nr. 9205-0 in der Fassung LGBl. Nr. 9205/3, lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2

Leistungsgrundsätze

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist Hilfe suchenden Personen nur so weit zu gewähren, als Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft besteht und der jeweilige Bedarf nicht durch eigene Mittel oder durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (Subsidiaritätsprinzip).

(...)

§ 6

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Die Bemessung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem 3. Abschnitt hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der Hilfe suchenden Person zu erfolgen.

(2) Als Einkommen gelten alle Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person tatsächlich zufließen.

(...)

§ 8

Berücksichtigung von Leistungen Dritter

(1) Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sind nur soweit zu erbringen, als der jeweilige Bedarf nicht durch Geld- oder Sachleistungen Dritter gedeckt ist.

(...)

§ 9

Allgemeines

(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung umfasst folgende Leistungen:

  1. 1. Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes,
  2. 2. Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes,

    (...)

(2) Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes (Abs. 1 Z. 1) oder zur Deckung des Wohnbedarfes (Abs. 1 Z. 2) werden grundsätzlich durch einmalige oder laufende Geldleistungen (Mindeststandards) erbracht. (...)

(...)

(4) Laufende Geldleistungen nach Abs. 2 und Sachleistungen oder stationäre Hilfe nach Abs. 3 sind entsprechend der konkreten Notlage angemessen zu befristen, bei erstmaliger Gewährung mit maximal sechs Monaten, bei jeder weiteren Gewährung mit maximal zwölf Monaten. Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit oder Erreichung des Regelpensionsalters kann die weitere Befristung entfallen.

(...)

§ 10

Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes

(1) Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes umfassen den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

(...)

(3) Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes umfassen den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und wohnbezogene Abgaben.

§ 11

Mindeststandards

(1) Die Landesregierung hat nach Maßgabe des Art. 10 Abs. 2 und 3 der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung, LGBl. 9204-0, durch Verordnung die Höhe der Mindeststandards zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes insbesondere für folgende hilfsbedürftige Personen zu regeln:

1. für alleinstehende und alleinerziehende Personen,

(...)

(2) (...)

(3) Mindeststandards zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhaltes nach Abs. 1 beinhalten grundsätzlich einen Geldbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25% bzw. bei hilfsbedürftigen Personen, die eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim bewohnen, einen Geldbetrag im Ausmaß von 12,5%. Besteht kein oder ein geringerer Aufwand zur Deckung des Wohnbedarfes oder ist dieser Aufwand anderweitig gedeckt, sind die jeweiligen Mindeststandards um diese Anteile entsprechend zu reduzieren, höchstens jedoch um 25% bzw. 12,5%.

(...)

§ 13

Zusatzleistungen

Für Sonderbedarfe, die durch die Leistungen nach §§ 10 bis 12 nicht gedeckt sind, können im unbedingt erforderlichen Ausmaß Zusatzleistungen im Rahmen des Privatrechts erbracht werden, wenn dies auf Grund der persönlichen oder familiären Verhältnisse der Hilfe suchenden Person oder der ihr gegenüber unterhaltsberechtigten oder mit ihr in Lebensgemeinschaft lebenden Personen zur Vermeidung einer sozialen Härte geboten erscheint.

(...)"

Die NÖ Mindeststandardverordnung - NÖ MSV, LGBl. 9205/1-0 idF LGBl. 9205/1-4 (in Geltung bis 31. Dezember 2014), lautete auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes

(1) Der Mindeststandard an monatlichen Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes beträgt für:

1. Alleinstehende oder Alleinerziehende: 610,49 Euro;

(...)

(2) Der Mindeststandard an monatlichen Geldleistungen zur Deckung des Wohnbedarfes beträgt für Personen, mit Ausnahme solcher, die eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim bewohnen:

1. Alleinstehende oder Alleinerziehende: bis zu 203,50 Euro;

(...)"

Die NÖ MSV, LGBl. 9295/1-0 idF LGBl. 9205/1-5 (in Geltung seit 1. Jänner 2015), lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes

(1) Der Mindeststandard an monatlichen Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes beträgt für:

1. Alleinstehende oder Alleinerziehende: 620,87 Euro;

(...)

(2) Der Mindeststandard an monatlichen Geldleistungen zur Deckung des Wohnbedarfes beträgt für Personen, mit Ausnahme solcher, die eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim bewohnen:

1. Alleinstehende oder Alleinerziehende: bis zu 206,95 Euro;

(...)"

2. Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Die Revisionswerberin macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes eine "erhebliche Rechtsfrage" vorliege, weil die angefochtene Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 2012, Zl. 2011/10/0133, und vom 28. Mai 2013, Zl. 2011/10/0184) abweiche. Nach ständiger Rechtsprechung schmälere die gewährte Wohnbeihilfe den Mindestsicherungsanspruch nur insoweit, als sie die Differenz zwischen dem als Grundbetrag für den Wohnbedarf 25%- igen Anteil des Mindeststandards und dem tatsächlichen Wohnbedarf (bis zur Grenze des höchstzulässigen Wohnungsaufwandes) übersteige. Das angefochtene Erkenntnis weiche aber davon ab, weil es die Berechnung durch die belangte Behörde, wonach der Wohnzuschuss zur Gänze angerechnet werde, obwohl der Wohnungsaufwand erheblich höher sei, nicht beanstandet habe.

3. Die Revision erweist sich (mangels insofern zum NÖ MSG ergangener Rechtsprechung) als zulässig.

4.1. Die Revisionswerberin erachtet sich u.a. in ihrem subjektiven Recht auf "Gewährung der Mindestsicherung zur Deckung des Wohnbedarfs bzw. Nichtanrechnung des gesamten Wohnzuschusses auf die Mindestsicherung" verletzt.

Dazu wird im Wesentlichen vorgebracht, dass in den Erläuterungen zu § 11 Abs. 3 NÖ MSG, wonach der Mindeststandard zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts grundsätzlich einen Geldbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25% beinhalte, ausgeführt worden sei, dass aufgrund der Art. 15a B-VG-Vereinbarung über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung die Länder, wenn mit dem Mindeststandard der angemessene Wohnbedarf nicht vollständig gedeckt werden könne, zusätzliche Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs gewährleisteten. Das Land Niederösterreich könne zusätzliche, über die 25%-igen Wohnkostenanteile der Bedarfsorientierten Mindestsicherung hinausgehende Leistungen zur Deckung der angemessenen Wohnkosten einerseits durch die NÖ Wohnförderung und andererseits in Sonderbedarfsfällen durch Zusatzleistungen nach § 13 NÖ MSG im Rahmen des Privatrechts gewähren. Wenn im Einzelfall der Wohnbedarf bereits gedeckt sei - etwa, weil diese in Hinblick auf die Bedarfsdeckung zur Verfügung stehende Leistung von Dritten zur Verfügung gestellt werde -, sei die Höhe der gewährten Mindestsicherung um den genannten "Selbstbehalt" zu reduzieren. So sei eine durch die NÖ Wohnungsförderung geleistete Subjektförderung (Wohnbeihilfe etc.) - insofern Einsatz des Einkommens im Sinne des § 6 NÖ MSG - auf den 25%-igen Wohnkostenanteil anzurechnen. Unzulässig wäre es allerdings, die Wohnbeihilfe auf den Mindeststandard in einem Ausmaß anzurechnen, das über die Höhe des Selbstbehaltes - zulasten des Anteiles für den Lebensunterhalt - hinausgehe.

Die Auslegung des Verwaltungsgerichtes stehe im Widerspruch zu diesen Erläuterungen, wonach das Land NÖ durch die Wohnungsförderung zusätzliche Leistungen zur Deckung der angemessenen Wohnkosten gewähren könne. Darüber hinaus führe diese Auslegung bei der Revisionswerberin zu dem - nach den Erläuterungen unerwünschten - Ergebnis, dass sie die Geldleistung zur Deckung des Lebensunterhalts teilweise zur Deckung des Wohnbedarfs verwenden müsse.

4.2. Mit diesem Vorbringen gelingt es der Revision im Ergebnis, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses darzutun.

Nach dem im NÖ MSG geltenden Grundsatz der Subsidiarität ist die Bedarfsorientierte Mindestsicherung Hilfe suchenden Personen nur so weit zu gewähren, als Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft besteht und der jeweilige Bedarf nicht durch eigene Mittel oder durch Geld- oder Sachleistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (vgl. § 2 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 NÖ MSG).

Gemäß § 10 Abs. 3 NÖ MSG umfassen Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfes den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und wohnbezogene Abgaben.

Gemäß § 11 Abs. 3 NÖ MSG beinhalten Mindeststandards zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhaltes nach § 11 Abs. 1 NÖ MSG grundsätzlich einen Geldbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes im Ausmaß von 25% bzw. bei hilfsbedürftigen Personen, die eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim bewohnen, einen Geldbetrag im Ausmaß von 12,5%. Besteht kein oder ein geringerer Aufwand zur Deckung des Wohnbedarfes oder ist dieser Aufwand anderweitig gedeckt, sind die jeweiligen Mindeststandards um diese Anteile entsprechend zu reduzieren, höchstens jedoch um 25% bzw. 12,5%.

Der Aufwand zur Deckung des Wohnbedarfes iSd § 11 Abs. 3 NÖ MSG ist dahin zu verstehen ist, dass es sich um den Aufwand zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfes handelt, d.h. um jenen, der zur "Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation" erforderlich ist (vgl. § 10 Abs. 3 NÖ MSG). Dieses Ergebnis wird auch durch die - in der Revision ins Treffen geführten - Materialien zum NÖ MSG gestützt, wo von der Abgeltung des über den Mindeststandard hinausgehenden angemessenen Wohnbedarfes die Rede ist (vgl. den dem Gesetzesbeschluss zugrunde liegenden Antrag von Abgeordneten des NÖ Landtages vom 23. März 2010, Ltg.-515/A-1/32-2010, S. 30).

Dem gegenüber liegt dem angefochtenen Erkenntnis die Auffassung zugrunde, dass der Wohnbedarf eines Hilfebedürftigen in keinem Fall höher als 25% des Mindeststandards sein könne.

Damit hat allerdings das Verwaltungsgericht die Rechtslage verkannt: Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass durch den Mindeststandard zur Deckung des Wohnbedarfes iSd § 11 Abs. 3 NÖ MSG (in Höhe von 25% bzw. 12,5% des Mindeststandards) der Wohnbedarf des Hilfebedürftigen im Allgemeinen sichergestellt ist; eine Anrechnung von Leistungen von dritter Seite für den Wohnbedarf auf diesen 25%- bzw. 12,5%-Anteil hat aber jedenfalls zur Voraussetzung, dass Feststellungen über den für eine angemessene Wohnsituation des Hilfebedürftigen notwendigen Aufwand getroffen werden. Übersteigt nämlich der Aufwand für eine angemessene Wohnsituation den 25%- bzw. 12,5%-Anteil des Mindeststandards, so kommt eine Anrechnung der von dritter Seite für den Wohnbedarf erbrachten Leistungen (zB. Wohnbauförderung) nur insoweit in Betracht, als diese den angemessenen Wohnungsaufwand abzüglich des 25%- bzw. 12,5%-Anteil des Mindeststandards übersteigen.

Das Verwaltungsgericht hat sich allerdings - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - gar nicht damit befasst, wie hoch der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation der Revisionswerberin notwendige Aufwand ist (und ob die von ihr belegten Wohnungskosten von EUR 509,58 diesen notwendigen Aufwand allenfalls übersteigen).

5. Für das fortzusetzende Verfahren sei angemerkt, dass die Revision in ihrem Begehren zutreffend auf eine mit 1. Jänner 2015 geänderte Rechtslage hinweist: Durch die Änderung der NÖ Mindeststandardverordnung durch LGBl. 9205/1-5 wurden die Mindeststandards (u.a.) für Alleinstehende mit 1. Jänner 2015 erhöht.

6. Nach dem Gesagten hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. August 2015

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