VwGH Ra 2015/09/0039

VwGHRa 2015/09/003920.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die Revision des Ing. JS in D, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 14. August 2014, Zl. LVwG-AB-14-0070, betreffend Disziplinarstrafe nach der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, weitere Partei:

Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
DPL NÖ 1972 §172 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §24 Abs4;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
DPL NÖ 1972 §172 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §24 Abs4;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich stehende Revisionswerber wurde mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. April 2013 wegen drei Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von drei Dienstbezügen verhängt. Als dritte - und schwerwiegendste - Dienstpflichtverletzung wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe ein Telefongespräch mit dem Geschäftsführer einer GmbH geführt, in welchem er versucht habe, Informationen über eine Vorgangsweise seines Vorgesetzten in der Absicht zu erlangen, "seinen Vorgesetzten dadurch in Misskredit bringen zu können".

Der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Berufung wurde mit Erkenntnis der Disziplinaroberkommission vom 25. Juli 2013 keine Folge gegeben und das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission dem Grunde nach mit der Maßgabe bestätigt, dass in Punkt 3. die Wortfolge "seinen Vorgesetzten dadurch in Misskredit bringen zu können" durch die Wortfolge "seinem Vorgesetzten etwas entgegen zu halten, von dem er sich ungerecht behandelt fühlte", ersetzt wurde. Hinsichtlich der Strafhöhe wurde der Berufung keine Folge gegeben und die Geldstrafe in der Höhe von drei Dienstbezügen bestätigt.

Diese Entscheidung der Disziplinaroberkommission wurde auf Grund der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Juni 2014, 2013/09/0141, im Umfang der darin enthaltenen Aussprüche über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, im Übrigen, somit im Umfang der Schuldsprüche, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung damit begründet, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb die belangte Behörde eine Geldstrafe im oberen Bereich des in § 174 Abs. 1 Z. 2 des niederösterreichischen Landes-Bedienstetengesetzes (DPL) vorgegebenen Strafrahmens von bis zu fünf Dienstbezügen verhängt habe. Die einzelnen dem Revisionswerber vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen wögen weder jede für sich allein genommen noch in ihrem Zusammenhang derart schwer, um eine Disziplinarstrafe in dieser Höhe rechtfertigen zu können. Die Disziplinaroberkommission habe auch nicht dargetan, weshalb eine solche Disziplinarstrafe gegen den Revisionswerber, von dem sie keine disziplinarrechtliche Bescholtenheit angenommen habe, aus spezialpräventiven oder auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich gewesen wäre (im Übrigen wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2014, 2013/09/0141, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen).

Im fortgesetzten Verfahren hat das Landesverwaltungsgericht die gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission vom 30. April 2013 vom Revisionswerber erhobene Berufung infolge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2013 als Beschwerde gewertet und diese als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht für nicht zulässig erklärt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ließe keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten, weil letztlich einzig Rechtsfragen verblieben seien.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis aufzuheben, weil es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, was unter Hinweis auf inhaltliche und verfahrensmäßige Mängel näher ausgeführt wird.

Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Im Zulassungsvorbringen ist konkret darzutun, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Juni 2015, Ra 2015/09/0019). Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Verwaltungsgericht habe die als Beschwerde gewertete Berufung des gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission vom 30. April 2013 zur Gänze abgewiesen und dabei übersehen, dass dessen Schuldspruch durch den Bescheid der Disziplinaroberkommission vom 25. Juli 2013 in seinem Spruchpunkt 3. abgeändert worden sei. Im Umfang des Schuldspruches sei die Beschwerde des Revisionswerbers vom Verwaltungsgerichtshof mit dem angeführten Erkenntnis vom 18. Juni 2014, 2013/09/0141, jedoch abgewiesen worden. Das Verwaltungsgericht sei in der gegenständlichen Disziplinarangelegenheit nur mehr zur Entscheidung über die Strafe, nicht aber die Schuld zuständig gewesen. Auch hätte das Landesverwaltungsgericht eine Verhandlung durchführen müssen.

Damit zeigt der Revisionswerber die Zulässigkeit und zugleich die Begründetheit der Revision auf.

Der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses lautet zwar: "Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen." Am Beginn der Entscheidungsgründe führt das Landesverwaltungsgericht aber aus, dass über die "nunmehr nur noch hinsichtlich der Strafhöhe und der

Verfahrenskosten wieder offene Berufung ... zu entscheiden

sei".Aus diesem Zusammenhang geht hervor, dass das Verwaltungsgericht tatsächlich nur über die (nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung) in jenem Umfang abgesprochen hat, in welchem das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, also hinsichtlich der Strafhöhe und der Verfahrenskosten. Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Spruch eines Bescheides im Zusammenhang mit seiner Begründung zu verstehen ist (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 29. Oktober 1997, Zl. 95/09/0244, vom 2. Juli 1997, Zl. 95/12/0234, vom 18. März 2010, Zl. 2008/07/0096, und vom 6. November 2012, Zl. 2010/09/0041). Der Vorwurf des Revisionswerbers trifft daher nicht zu, dass das Verwaltungsgericht über den Gegenstand des vor ihm noch offenen Verfahrens hinaus eine Entscheidung getroffen hätte.

Der Revisionswerber zeigt aber zutreffend auf, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 2015, Ra 2015/09/0009, zur Bedeutung des persönlichen Eindrucks für die Ausübung des Ermessens bei der Zumessung einer Disziplinarstrafe; auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen).

Nach dem Gesagten war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. Oktober 2015

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