VwGH Ra 2015/02/0114

VwGHRa 2015/02/01142.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Farcas‑Hutchinson, über die Revision des G H in K, vertreten durch die Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KG in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. April 2015, Zl. LVwG‑S‑660/001‑2015, betreffend Wiederaufnahme eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015020114.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 3. Februar 2015 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme eines mit Strafverfügung dieser Behörde vom 8. September 2014 abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO, wegen der über den Revisionswerber gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe von € 250,‑ ‑ verhängt worden war, gemäß § 69 AVG "zurückgewiesen".

Der Revisionswerber habe in seinem Wiederaufnahmeantrag vorgebracht, dass sich aus dem Verwaltungsstrafakt kein Hinweis darauf ergeben habe, dass "im Bereich Strkm. 014,503" [womit erkennbar der in der Strafverfügung unter Angabe der Gemeinde und der Straßenbezeichnung näher bestimmte Tatort der Übertretung bezeichnet werden sollte] tatsächlich eine Geschwindigkeit von 80 km/h verordnet sei. Auch im Führerscheinentzugsverfahren sei trotz ausdrücklicher Antragstellung das rechtliche Gehör nicht eingeräumt worden und dieses Faktum habe erst am Tag der Antragstellung erhoben werden können.

Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten begründete die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrags damit, dass gemäß einer näher bezeichneten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Tulln im Bereich von km 11,9 bis 15,756 Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und Verkehrsgebote verordnet worden seien, die durch die in einem dem Bescheid beigeschlossenen Plan eingezeichneten Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen zum Ausdruck gebracht würden. Das Ortsgebiet von P. beginne auf der gegenständlichen Straße bei km 14,4 und ende bei km 14,8.

Es lägen keine Wiederaufnahmegründe vor.

2. Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Verwaltungsgericht, in der er neuerlich ausführte, dass es auf Grund einer näher bezeichneten Verordnung Lenkern von Fahrzeugen auf der gegenständlichen Straße zwischen km 13,672 und 14,889 verboten sei, mit einer Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h zu fahren. Es seien Ortstafeln im Bereich km 14,4 und 14,8 aufgestellt worden, die Beendigung der Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h sei jedoch nicht ordnungsgemäß mit Verordnung verfügt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers ab und änderte den Spruch des Bescheids der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten insoweit, als das Wort "zurückgewiesen" durch das Wort "abgewiesen" ersetzt wurde. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass gemäß § 25a VwGG gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig ist.

In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses wird ‑ nach einer Darlegung des Verfahrensgangs und der wörtlichen Wiedergabe des Beschwerdevorbringens ‑ ausgeführt, dass "im Führerscheinentzugsverfahren" die Kundmachung der (näher bezeichneten) Verordnung betreffend das Ortsgebiet bei km 14, bis 14,8 bestritten und dieser Einwand widerlegt worden sei. Auf die diesbezügliche Begründung in einem näher bezeichneten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich werde verwiesen. Es liege daher kein Wiederaufnahmegrund vor.

3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

4. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5. Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vor, dass der Verweis auf eine andere Entscheidung, die zudem erst mehr als zwei Wochen nach dem angefochtenen Erkenntnis zugestellt worden sei, unzulässig sei und das Erkenntnis keine nachvollziehbare Begründung enthalte.

6. Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber zwar zutreffend auf, dass das Erkenntnis den nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs an die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts zu stellenden Anforderungen nicht entspricht (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2014/03/0045).

Dennoch vermag er damit im hier vorliegenden Fall nicht darzutun, dass die Revision von der Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage abhängen würde, weil schon nach dem eigenen Vorbringen des Revisionswerbers ein tauglicher Wiederaufnahmegrund nicht vorliegen kann:

Der Revisionswerber bestritt im Verfahren vor der Verwaltungsstrafbehörde und dem Verwaltungsgericht (und ebenso in der Revision an den Verwaltungsgerichtshof) nämlich nicht, dass (nur) die Verkehrszeichen, wie sie in der dem erstinstanzlichen Bescheid beigeschlossenen Straßenbeschreibung eingezeichnet sind, in dem hier relevanten Straßenbereich aufgestellt sind. Er machte vielmehr geltend, dass zum (unstrittig aufgestellten) Verkehrszeichen, mit dem das Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h vor der Ortstafel angezeigt wird, die "dazugehörige Verordnung nicht aufgefunden werden" könne. Der Sache nach macht er damit geltend, dass für dieses Verkehrszeichen keine Grundlage in einer Verordnung vorliege (und somit, so die Ansicht des Revisionswerbers, die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h auch im weiteren Straßenverlauf fortgelte, ungeachtet des durch die Zeichen Ortstafel und Ortsende gekennzeichneten Ortsgebiets).

Der Revisionswerber übersieht damit, dass unter Zugrundelegung seiner Annahme, für das Zeichen "Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung" fehle die Verordnungsgrundlage, jedenfalls von einer fehlerhaften Kundmachung einer Verordnung über die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h auszugehen wäre. Dies hätte zugleich zur Folge, dass in diesem Straßenbereich keine wirksame Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h vorläge (für die ordnungsgemäße Kundmachung ist es erforderlich, dass die Straßenverkehrszeichen dort angebracht werden, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet; vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/02/0038, Slg. Nr. 12.192/A). Damit käme aber ‑ auch unter Zugrundelegung des Vorbringens des Revisionswerbers ‑ in jedem Fall innerhalb des durch die Zeichen "Ortstafel" und "Ortsende" bestimmten Ortsgebietes P. die Geschwindigkeitsbeschränkung des § 20 Abs. 2 StVO zum Tragen, für deren Übertretung der Revisionswerber im Verwaltungsstrafverfahren, dessen Wiederaufnahme er anstrebt, bestraft wurde.

7. Vor diesem Hintergrund ‑ dass sich nämlich selbst ausgehend vom Vorbringen des Revisionswerbers die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes im Ergebnis als inhaltlich richtig darstellt ‑ kommt dem in den Ausführungen zur Zulässigkeit angesprochenen Verfahrensmangel keine Relevanz zu, sodass die Revision auch nicht von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 9. Oktober 2014, Ra 2014/18/0036 bis 0039).

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 2. September 2015

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