Normen
ABGB §6
ABGB §7
BauO NÖ 1996 §20
BauO NÖ 1996 §20 Abs1 Z7
BauO NÖ 1996 §23
BauO NÖ 1996 §23 Abs2
BauRallg
B-VG Art139
B-VG Art140
B-VG Art18
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art7
B-VG Art89
ForstG 1975 §11
ROG NÖ 1976 §15 Abs2 Z2
ROG NÖ 1976 §15 Abs3
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z1
VwGG §41
VwGG §65 Abs1
VwGG §70
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:FE2020050001.H00
Spruch:
Der Feststellungsantrag wird abgewiesen.
Die in diesem Verfahren erwachsenen Kosten sind Kosten des Rechtsstreites vor dem antragstellenden Gericht.
Begründung
1 Mit Eingabe vom 17. September 2010 beantragte J.H. (im Folgenden: Kläger) die Erteilung der Baubewilligung für ein vorgefertigtes Atelier‑ und Familienwohnhaus auf einer näher bezeichneten Liegenschaft im Gemeindegebiet der Marktgemeinde M. (im Folgenden: Beklagte).
2 Im Akt befindet sich eine Niederschrift über die am 10. November 2010 im Bauamt der Beklagten stattgefundene Vorprüfung nach § 20 NÖ Bauordnung 1996 (BO). Darin ist festgehalten, dass sich die Liegenschaft im Bauland ‑ Wohngebiet befindet und dass der Bebauungsplan dafür die Bauklasse I, II, die Bebauungsdichte „X“ und die offene Bebauungsweise vorsieht. Das Grundstück sei ein bestehender Bauplatz, es gelte kein Bauverbot. Grundabtretungen seien im Zusammenhang mit dem geplanten Bauvorhaben nicht erforderlich. Die vorliegenden Einreichunterlagen (Baubeschreibung, Einreichplan und Energieausweis) reichten für die Vorprüfung im Sinne des § 20 BO aus.
3 In der Niederschrift wird das Projekt dahingehend beschrieben, dass ein Einfamilienhaus mit Teilunterkellerung und einem Erdgeschoss und ersten Stock errichtet werden solle. Die maximalen Abmessungen im Grundriss betrügen 11 m x 16 m. Von den seitlichen Grundgrenzen werde jeweils ein Abstand von 4 m eingehalten. Der Abstand zur Straßenfluchtlinie betrage ca. 10,8 m.
4 Die Herstellung erfolge in Mischbauweise, wobei die Fundierungen in Ortbeton mit statisch bewehrten Platten und seitlichen Frostschürzen ausgeführt würden. Der übrige Hochbau werde in Brettsperrholzkonstruktion auf einem Tragsystem aus Holz sowohl für die Fassaden als auch für die Decken errichtet. Den oberen Abschluss bilde ein Flachdach mit Foliendeckung und teilweiser Begrünung bzw. mit Bohlenbelag auf den Terrassen. Die Kellerstiege sei in einer Ausführung aus Beton geplant, die Geschoßtreppe werde in Holzbauweise hergestellt.
5 Die maximale Gebäudehöhe betrage an der nördlichen Gebäudefront 8 m. Das Gebäude werde an die öffentliche Trinkwasserleitung und den öffentlichen Schmutzwasserkanal angeschlossen. Die Wohnräume erhielten eine kontrollierte Wohnraumlüftung. Die Beheizung erfolge vorwiegend über eine Wärmepumpenanlage. Weiters sollten auf den Dächern Sonnenkollektoren angebracht werden. Im Wohnbereich sei ein Schornstein für den Anschluss eines Festbrennstoffofens geplant. Am Dach solle ein Sonnenschutzsegel angebracht werden. Ein geplanter unterkellerter Stellplatz mit Carport sei nicht Gegenstand des Vorprüfungsverfahrens und werde gesondert behandelt.
6 Bei der Vorprüfung gab der bautechnische Amtssachverständige DI P zu Protokoll, nach Durchführung eines Ortsaugenscheines und Begutachtung der vorliegenden Einreichunterlagen werde festgestellt, dass das Bauvorhaben aus bau‑ und brandschutztechnischer Sicht den Bestimmungen der BO und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sowie dem Bebauungsplan und den Bebauungsvorschriften entspreche und die Anforderungen des § 43 BO (Anmerkung: Diese Bestimmung enthält bautechnische Anforderungen an die Planung und Ausführung von Bauwerken) erfülle, wenn näher genannte Auflagen eingehalten würden. Unter den Auflagen wurde unter anderem angeführt, der Boden sei von einem Fachmann auf Tragfähigkeit zu untersuchen. Die Fundamente seien entsprechend der Bodenbeschaffenheit, mindestens aber in frostfreier Tiefe, auszuführen. Sämtliche tragenden Konstruktionsteile seien den statischen Erfordernissen entsprechend zu bemessen. Die Fußböden und die Wände im Kellergeschoß seien gegen Eindringen und Aufsteigen von Bodenfeuchtigkeit ordnungsgemäß abzudichten. Weiters seien Atteste, Befunde und Nachweise vorzulegen, darunter eine Bestätigung der bauausführenden Firma, dass die tragenden Konstruktionsteile und die Fundamentierung der Objekte unter Berücksichtigung der Bodentragfähigkeit den statischen Erfordernissen entsprechend ausgeführt worden seien.
7 Hingewiesen wurde darauf, dass der Baubeginn unter Angabe des Bauführers schriftlich bekannt zu geben sei, ferner, dass die Bestimmungen der BO und der NÖ Bautechnikverordnung einzuhalten seien, ohne dass diese gesondert angeführt würden.
8 Seitens der Baubehörde wurde in der Niederschrift im Sinne des § 22 Abs. 1 BO festgestellt, auf Grund des Ergebnisses der Vorprüfung (Ortsaugenschein, Befundaufnahme, Sachverständigendarstellung und bautechnisches Gutachten) berühre das Vorhaben keine Nachbarrechte nach § 6 Abs. 2 und 3 BO, womit eine Bauverhandlung gemäß § 22 Abs. 1 BO zu entfallen habe. Die Nachbarn seien nachweislich verständigt worden.
9 Mit Bescheid vom 2. Dezember 2010 erteilte der Bürgermeister der Beklagten dem Kläger gemäß § 23 Abs. 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 BO die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses‑Atelierhauses. Die Ausführung des Vorhabens habe entsprechend den Antragsbeilagen (§ 18 BO ‑ Baubeschreibung, Pläne etc.) zu erfolgen. Die in der Niederschrift der Vorprüfung, welche in Abschrift beiliege und einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bilde, angeführten Auflagen und die einschlägigen Bestimmungen der BO seien einzuhalten.
10 Gemäß § 23 Abs. 1 BO umfasse die Baubewilligung das Recht zur Ausführung des Bauwerks und dessen Benützung nach Fertigstellung, wenn eine Bescheinigung nach § 30 Abs. 2 Z 3 BO vorgelegt werde. Werde diese Bescheinigung nicht vorgelegt, dürfe die Benützung erst nach Überprüfung des Bauwerks durch die Baubehörde, bei der die bewilligungsgemäße Ausführung festgestellt werde, erfolgen.
11 Weiters wurden dem Kläger Verfahrenskosten in der Höhe von € 462,‑ ‑ vorgeschrieben.
12 Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 22 Abs. 1 BO entfalle die Bauverhandlung, wenn das geplante Vorhaben keine Nachbarrechte nach § 6 Abs. 2 und 4 BO berühre. Bei dem Vorhaben habe nach vorheriger Überprüfung gemäß § 20 BO und nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens festgestellt werden können, dass eine Verletzung in der BO begründeter Nachbarrechte ausgeschlossen erscheine. Es sei deshalb spruchgemäß zu entscheiden.
13 Mit dem vorliegenden Antrag begehrt das Landesgericht St. Pölten die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 2. Dezember 2010, mit dem die Erteilung einer Baubewilligung erfolgt sei, obwohl die Liegenschaft zum Zeitpunkt der Baubewilligung wildbachgefährdet gewesen und einer Bewilligung daher § 15 Abs. 3 Z 3 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (ROG) entgegengestanden sei. In der Begründung des Antrages wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
14 Der Kläger habe die gegenständliche Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 2. Juli 2010 erworben. An diesem Grundstück fließe der K Bach vorbei. Die Liegenschaft sei erworben worden, um ein Atelier‑ und Familienwohnhaus darauf zu errichten. Vor dem Kauf habe sich der Kläger durch seinen Architekten bei der Beklagten informiert und in den Flächenwidmungsplan eingesehen, um etwaige rechtliche Hindernisse zu erblicken. Im Zuge dessen hätten sich für die Liegenschaftsbebauung keine derartigen Schranken ergeben.
15 Die Vorprüfung des Bauvorhabens habe am 10. November 2010 stattgefunden. Ein noch nicht ministeriell genehmigter Gefahrenzonenplan sei der Beklagten ab dem 15. Juli 2010 vorgelegen. Er sei zwischen dem 19. Juli 2010 und dem 16. August 2010 öffentlich kundgemacht worden, um mögliche Äußerungen einzuholen. Der Gefahrenzonenplan in ministeriell genehmigter Form sei der Beklagten am 25. November 2010 zugegangen. Die nördliche Hälfte des Grundstücks des Klägers sei im noch nicht ministeriell genehmigten sowie im ministeriell genehmigten Gefahrenzonenplan in der roten Gefahrenzone ausgewiesen.
16 Nach Erteilung der Baubewilligung vom 2. Dezember 2010 sei in weiterer Folge das Bauwerk durch den Kläger errichtet und im Jahr 2014 fertiggestellt worden. Von der Beklagten sei es am 11. Dezember 2014 „bestätigt“ worden. Der Kläger habe die Aufnahme eines Kredites beabsichtigt, wobei der Sachverständige im Zuge der Liegenschaftsbewertung festgestellt habe, dass ein Teil des Gebäudes in der roten und gelben Gefahrenzone des K Baches liege und ein Abschlag in Höhe von 10 % des Verkehrswertes (nämlich € 125.254,‑ ‑) veranschlagt werde. Die gewünschte Kredithöhe könne der Kläger dadurch nicht erhalten.
17 Im Jahr 2017 sei durch den forsttechnischen Dienst für Wildbach‑ und Lawinenverbauung ein Einzelgutachten erstellt worden, nach dem sich die Liegenschaft des Klägers nur mehr zu einem Teil in der roten Gefahrenzone befinde. Das Gebäude des Klägers befinde sich danach nicht mehr in der roten Gefahrenzone, die vom Kläger errichtete Wurfsteinmauer aber schon.
18 Im nunmehr anhängigen Amtshaftungsverfahren stütze sich der Kläger insbesondere darauf, dass die Baubewilligung vom 2. Dezember 2010 rechtswidrig erteilt worden sei und er bei Kenntnis der wahren Sachlage den Liegenschaftskauf rückabgewickelt hätte.
19 Nach dem im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 11. Juni 2019 sei die Ausweisung des Gefahrenzonenplans aus dem Jahr 2010 fachlich vertretbar gewesen, die derzeitige Wildbachgefährdung entspreche dem Einzelgutachten aus dem Jahr 2017.
20 Da ein Teil der Liegenschaft, wie die Wurfsteinmauer, wenn auch mittlerweile nicht mehr das Gebäude selbst, weiterhin in der roten Zone liege, seien behördliche Aufträge nach wie vor nicht auszuschließen.
21 Nach herrschender Rechtsprechung diene das Baubewilligungsverfahren vor allem dem Zweck, den künftigen Besitzer des bewilligten Baues vor Personen‑, Sach‑, aber auch solchen Vermögensschäden zu bewahren, die ihm deshalb erwachsen, weil er darauf vertraut habe, dass der der Baubewilligung entsprechenden Ausführung des Bauvorhabens keine (öffentlich‑) rechtlichen Hindernisse entgegenstünden. Die Wahrnehmung dieser ‑ vom Bauwerber oftmals nicht überschaubaren ‑ öffentlich‑rechtlichen Rücksichten falle nicht in seinen, sondern in den Verantwortungs‑ und Risikobereich der Baubehörde (Hinweis auf OGH 28.11.2006, 1 Ob 178/06t).
22 Im Rahmen der Vorprüfung des Antrags auf Baubewilligung nach § 20 BO wäre festzustellen gewesen, ob dem Bauvorhaben eine Bestimmung des ROG entgegenstehe (§ 20 Abs. 1 Z 7 BO). Die Bewilligung hätte gemäß § 23 Abs. 1 BO nur dann erteilt werden dürfen, wenn kein Widerspruch zu § 20 Abs. 1 Z 7 BO bestanden hätte. § 20 Abs. 1 Z 7 BO habe auf das ROG verwiesen. Somit wäre zu prüfen gewesen, ob das Bauvorhaben einer Bestimmung des ROG widerspreche.
23 Gefahrenzonenpläne im Sinne des § 11 Forstgesetz seien keine Verordnungen, sondern generelle Gutachten. Flächen, die auf Grund der Gegebenheiten ihres Standortes zur Bebauung ungeeignet seien, wie insbesondere jene, die gemäß § 15 Abs. 3 Z 3 ROG wildbachgefährdet seien, dürften nicht als Bauland gewidmet werden.
24 Spätestens zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung habe ein ministeriell genehmigter Gefahrenzonenplan bestanden, in dem ein wesentlicher Teil des gegenständlichen Grundstückes in der roten und gelben Gefahrenzone gelegen sei. Ein Teil des damals noch zu errichtenden Gebäudes sei ebenso in der roten Gefahrenzone gelegen. Bauansuchen dürften zwar nicht allein auf Grundlage eines Gefahrenzonenplanes abgewiesen werden, es seien aber gutachterliche Erhebungen erforderlich, um die konkrete Möglichkeit einer Gefährdung festzustellen (Verweis auf VwGH 19.12.2000, 98/05/0147). Derartige Erhebungen behaupte die Beklagte nicht.
25 Der Baubewilligung sei somit § 15 Abs. 3 Z 3 ROG entgegengestanden, da die Liegenschaft in einem wildbachgefährdeten Gebiet gelegen sei. Eine Widmung in Bauland hätte daher nicht erfolgen dürfen. Das Baulandwidmungsverbot des § 15 Abs. 3 Z 3 ROG gelte prinzipiell für alle Flächen in roten und gelben Gefahrenzonen. Auf eine Ausnahme gemäß § 15 Abs. 4 ROG stütze sich die Beklagte nicht.
26 Zusammengefasst hätte eine Baubewilligung von der Baubehörde nicht erteilt werden dürfen, da dies der BO und dem ROG widersprochen habe. Im Hinblick darauf bestünden Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 2. Dezember 2010.
27 Zu diesem Antrag des Landesgerichtes St. Pölten haben der Kläger und die Beklagte jeweils eine schriftliche Äußerung erstattet.
28 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
29 Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides im Sinne des § 65 Abs. 1 erster Satz VwGG die bei der Erlassung des zu überprüfenden Bescheides zu beachtende Sach‑ und Rechtslage zu Grunde zu legen hat (vgl. VwGH 26.9.2017, Fe 2016/05/0001, mwN). In dem ‑ ohne Aktenverzeichnis vorgelegten ‑ Verwaltungsakt der Beklagten befindet sich der offenbar zur Baubewilligung vom 2. Dezember 2010 gehörende Rückschein nicht bei der im Akt befindlichen Ausfertigung der Baubewilligung vom 2. Dezember 2010, sondern zwischen einem an die Beklagte am 12. Oktober 2010 zurückgesendeten Schriftstück und einem am 27. Oktober 2010 bei der Beklagten eingelangten Energieausweis. Nach diesem Rückschein wurde am 6. Dezember 2010 an der Adresse des Klägers W‑straße 8 ein Zustellversuch unternommen und die Sendung sodann beim Postamt mit Beginn der Abholfrist am 7. Dezember 2010 hinterlegt. Ausgehend davon erweist sich folgende Rechtslage als maßgebend:
30 Art. 18 B‑VG in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2003 lautet auszugsweise:
„Artikel 18. (1) Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.
...“
31 Art. 89 B‑VG in der Fassung BGBl I Nr. 100/2003 lautet auszugsweise:
„Artikel 89. (1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen, Kundmachungen über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), Gesetze und Staatsverträge steht, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, den Gerichten nicht zu.
(2) Hat ein Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Hat der Oberste Gerichtshof oder ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
(3) Ist die vom Gericht anzuwendende Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten, so hat der Antrag des Gerichtes an den Verfassungsgerichtshof die Entscheidung zu begehren, dass die Rechtsvorschrift gesetzwidrig oder verfassungswidrig war.
...“
32 Art. 139 B‑VG in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2003 lautet auszugsweise:
„Artikel 139. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundes‑ oder Landesbehörde auf Antrag eines Gerichtes, eines unabhängigen Verwaltungssenates oder des Bundesvergabeamtes, sofern aber der Verfassungsgerichtshof eine solche Verordnung in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen. Er erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Landesbehörde auch auf Antrag der Bundesregierung und über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde auch auf Antrag einer Landesregierung und über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Gemeindeaufsichtsbehörde nach Art. 119a Abs. 6 auch auf Antrag der betreffenden Gemeinde. Er erkennt ferner über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; für solche Anträge gilt Art. 89 Abs. 3 sinngemäß.
...
(3) Der Verfassungsgerichtshof darf eine Verordnung nur insoweit als gesetzwidrig aufheben, als ihre Aufhebung ausdrücklich beantragt wurde oder als sie der Verfassungsgerichtshof in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Gelangt der Verfassungsgerichtshof jedoch zur Auffassung, dass die ganze Verordnung
a)der gesetzlichen Grundlage entbehrt,
b)von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde oder
c)in gesetzwidriger Weise kundgemacht
wurde, so hat er die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben. Dies gilt nicht, wenn die Aufhebung der ganzen Verordnung offensichtlich den rechtlichen Interessen der Partei zuwiderläuft, die einen Antrag gemäß dem letzten Satz des Abs. 1 gestellt hat oder deren Rechtssache Anlass für die Einleitung eines amtswegigen Verordnungsprüfungsverfahrens gegeben hat.
(4) Ist die Verordnung im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getreten und wurde das Verfahren von Amts wegen eingeleitet oder der Antrag von einem Gericht, von einem unabhängigen Verwaltungssenat, vom Bundesvergabeamt oder von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit der Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so hat der Verfassungsgerichtshof auszusprechen, ob die Verordnung gesetzwidrig war. Abs. 3 gilt sinngemäß.
...
(6) Ist eine Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass eine Verordnung gesetzwidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch die Verordnung weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist die Verordnung auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.“
33 § 73 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002, lautet auszugsweise:
„§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
...“
34 § 11 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440 in der Fassung BGBl. I Nr. 59/2002, lautet:
„Gefahrenzonenpläne
§ 11. (1) Zur Erstellung der Gefahrenzonenpläne und deren Anpassung an den jeweiligen Stand der Entwicklung ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unter Heranziehung von Dienststellen gemäß § 102 Abs. 1 zuständig.
(2) Im Gefahrenzonenplan sind die wildbach‑ und lawinengefährdeten Bereiche und deren Gefährdungsgrad sowie jene Bereiche darzustellen, für die eine besondere Art der Bewirtschaftung oder deren Freihaltung für spätere Schutzmaßnahmen erforderlich ist.
(3) Der Entwurf des Gefahrenzonenplanes ist dem Bürgermeister zu übermitteln und von diesem durch vier Wochen in der Gemeinde zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflegung ist öffentlich kundzumachen.
(4) Jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen kann, ist berechtigt, innerhalb der Auflegungsfrist zum Entwurf des Gefahrenzonenplanes schriftlich Stellung zu nehmen. Auf diese Bestimmung ist in der Kundmachung (Abs. 3) ausdrücklich hinzuweisen.
(5) Der Entwurf des Gefahrenzonenplanes ist durch eine Kommission (Abs. 6) auf seine fachliche Richtigkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls abzuändern; rechtzeitig abgegebene Stellungnahmen (Abs. 4) sind hiebei in Erwägung zu ziehen.
(6) Die Kommission besteht aus einem Vertreter des Bundesministers für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft als Vorsitzenden, sowie je einem Vertreter der gemäß § 102 Abs. 1 lit. a zuständigen Dienststelle, des Landes und der Gemeinde. Die Kommission faßt ihre Beschlüsse durch einfache Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
(7) Der Bundesminister hat den von der Kommission geprüften Entwurf des Gefahrenzonenplanes zu genehmigen, wenn die Bestimmungen dieses Abschnittes dem nicht entgegenstehen.
(8) Die im § 102 Abs. 1 lit. b genannten Dienststellen haben die genehmigten Gefahrenzonenpläne zur Einsicht‑ und Abschriftnahme aufzulegen. Je ein Gleichstück ist den betroffenen Gebietskörperschaften und Bezirksverwaltungsbehörden zur Verfügung zu stellen.
(9) Im Falle der Änderung der Grundlagen oder ihrer Bewertung ist der Gefahrenzonenplan an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Auf das Verfahren finden die Abs. 3 bis 8 sinngemäß Anwendung.“
35 § 20 BO idF LGBl. Nr. 8200‑15 lautet auszugsweise:
„§ 20
Vorprüfung
(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben
1. die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstücks, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder Aufschließungszone,
2. der Bebauungsplan,
3. eine Bausperre,
4. die Unzulässigkeit der Erklärung des betroffenen Grundstücks im Bauland zum Bauplatz,
5. ein Bauverbot nach § 11 Abs. 5 dieses Gesetzes oder § 30 Abs. 6 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000,
6. bei Hochhäusern, sofern deren Raumverträglichkeit nicht bereits im Widmungsverfahren geprüft wurde, das Unterbleiben der Raumverträglichkeitsprüfung oder deren negatives Ergebnis, oder
7. eine Bestimmung dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, des NÖ Kleingartengesetzes, LGBl. 8210, oder einer Durchführungsverordnung zu einem dieser Gesetze
entgegensteht.
...
(3) Wenn die Baubehörde eines der im Abs. 1 angeführten Hindernisse feststellt, hat sie den Antrag abzuweisen. Hält sie dessen Beseitigung durch eine Änderung des Bauvorhabens für möglich, dann hat sie dies dem Bauwerber binnen 8 Wochen ab dem Einlangen des Antrags mitzuteilen.
Diese Mitteilung hat eine Frist zur Vorlage der geänderten Antragsbeilagen zu enthalten. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist der Antrag abzuweisen.“
36 Führt die Vorprüfung gemäß § 20 BO zu keiner Abweisung des Antrages, hat die Baubehörde eine Bauverhandlung abzuhalten, in deren Verlauf ein Augenschein an Ort und Stelle vorzunehmen ist (§ 21 Abs. 1 erster Satz BO).
37 Ergibt die Vorprüfung gemäß § 20, dass das geplante Vorhaben keine Rechte nach § 6 Abs. 2 und 3 BO (Nachbarrechte) berührt, dann entfällt gemäß § 22 Abs. 1 erster Satz BO die Bauverhandlung.
38 § 23 BO idF LGBl. Nr. 8200‑15 lautet auszugsweise:
„§ 23
Baubewilligung
(1) Die Baubehörde hat über einen Antrag auf Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.
Eine Baubewilligung ist zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 7 angeführten Bestimmungen besteht.
Bei gewerblichen Betriebsanlagen gilt § 20 Abs. 1, letzter Satz, sinngemäß. Liegt ein Widerspruch vor, ist die Baubewilligung zu versagen. Die Baubewilligung umfaßt das Recht zur Ausführung des Bauwerks und dessen Benützung nach Fertigstellung, wenn eine Bescheinigung nach § 30 Abs. 2 Z. 3 vorgelegt wird. Wird diese Bescheinigung nicht vorgelegt, darf die Benützung erst nach Überprüfung des Bauwerks durch die Baubehörde, bei der die bewilligungsgemäße Ausführung festgestellt wird, erfolgen. Bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, darf das Recht aus der Baubewilligung für die Anlage erst nach Vorliegen der gewerbebehördlichen Genehmigung ausgeübt werden.
(2) Der Baubewilligungsbescheid hat zu enthalten
o die Angabe des bewilligten Bauvorhabens und
o die Vorschreibung jener Auflagen, durch deren Erfüllung den Bestimmungen der im § 20 Abs. 1 Z. 7 angeführten Gesetze und Verordnungen, entsprochen wird. Bei gewerblichen Betriebsanlagen gilt § 20 Abs. 1, letzter Satz, sinngemäß.
Mit Auflagen darf die Baubehörde insbesondere die Vorlage von Berechnungen, Befunden und Bescheinigungen von staatlich autorisierten oder akkreditierten Stellen, Ziviltechnikern oder Gewerbeberechtigten zum Nachweise der Einhaltung von Vorschriften und technischen Regeln vorschreiben.
...
(8) Bescheide, die entgegen den Bestimmungen des Abs. 1 2. Satz erlassen werden, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler. Eine Aufhebung des Baubewilligungsbescheids ist jedoch ab dem Baubeginn nicht mehr zulässig; bei der Bewilligung für den Neu‑ oder Zubau eines Gebäudes darf sie bis spätestens 4 Wochen nach Baubeginn erfolgen. Bei Neu‑, Zu‑ und Umbauten von Handelseinrichtungen, für die auch eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist, ausgenommen Handelsbetriebe gemäß § 17 Abs. 5 und 6 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, sowie bei der Baubewilligung für Hochhäuser, beginnt die 4‑Wochenfrist frühestens mit dem Einlangen des Baubewilligungsbescheides samt der Unterlagen gemäß Abs. 7 bei der Bezirksverwaltungsbehörde. Wurden bis zur Aufhebung Baumaßnahmen durchgeführt, hat die Baubehörde nach Aufhebung des Bescheides die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, anzuordnen.“
39 Das ROG in der Fassung LGBl. 8000‑23 lautet auszugsweise:
„§ 13
Örtliches Raumordnungsprogramm
(1) Ausgehend von den Zielen dieses Gesetzes und den Ergebnissen aufbereiteter Entscheidungsgrundlagen hat jede Gemeinde ein örtliches Raumordnungsprogramm aufzustellen und zu verordnen. Dabei ist auf Planungen und Maßnahmen des Bundes, des Landes und benachbarter Gemeinden Bedacht zu nehmen, soweit sie für die Raumordnung relevant sind.
(2) Das örtliche Raumordnungsprogramm hat die Planungsziele der Gemeinde festzulegen und jene Maßnahmen zu bezeichnen, die zur Erreichung dieser Ziele gewählt werden. Die Verordnung des örtlichen Raumordnungsprogrammes muss jedenfalls ein Entwicklungskonzept sowie einen Flächenwidmungsplan enthalten.
...
(5) Die Gemeinde hat als Grundlage für die Aufstellung oder Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes den Zustand des Gemeindegebietes durch Untersuchung der naturräumlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten zu erforschen und deren Veränderungen ständig zu beobachten. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren. Das Ausmaß der als Bauland gewidmeten bebauten sowie unbebauten Flächen ist in einer Flächenbilanz zu erfassen, auf aktuellem Stand zu halten und der Landesregierung auf Anfrage bekannt zu geben. Die Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen hat alle Umstände und Analysen zu enthalten, welche die Festlegungen des örtlichen Raumordnungsprogrammes in nachvollziehbarer Weise begründen. Bei der Aufstellung ist das Ergebnis insbesondere darzustellen in:
1. Plänen mit folgendem Inhalt:
o Naturräumliche Gegebenheiten
o Grundausstattung
o Betriebsstättenplan
o bauliche Bestandsaufnahme
o Verkehrskonzept
o Landschaftskonzept
und
2. in einem Planungsbericht mit folgendem Inhalt:
o Grundlagenbericht
o Erläuterungsbericht zum Entwicklungskonzept und zum Flächenwidmungsplan
o Umweltbericht über die strategische Umweltprüfung.
§ 14
Flächenwidmungsplan
(1) Der Flächenwidmungsplan hat das Gemeindegebiet entsprechend den angestrebten Zielen zu gliedern und die Widmungsarten für alle Flächen festzulegen oder nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 kenntlich zu machen. Für übereinanderliegende Ebenen dürfen verschiedene Widmungsarten festgelegt werden.
(2) Bei der Erstellung von Flächenwidmungsplänen ist unter Berücksichtigung der überörtlichen Planungen auf folgende Planungsrichtlinien Bedacht zu nehmen:
...
9. Wohnbauland, Sondergebiete mit besonderem Schutzbedürfnis sowie Widmungen für Erholungseinrichtungen dürfen nur außerhalb von Störungseinflüssen (z.B. Landwirtschaftsbetriebe mit Tierhaltung im Grünland) angeordnet werden.
...
§ 15
Widmungen, Kenntlichmachungen und Widmungsverbote
(1) Im Flächenwidmungsplan sind Bauland, Verkehrsflächen und Grünland festzulegen.
(2) Im Flächenwidmungsplan sind kenntlich zu machen:
1. Flächen, für die eine rechtswirksame überörtliche Planung besteht (Eisenbahnen, Flugplätze, Bundes‑ und Landesstraßen, Versorgungsanlagen von überörtlicher Bedeutung und dergleichen);
2. Flächen, für die auf Grund von Bundes‑ und Landesgesetzen Nutzungsbeschränkungen bestehen (Europaschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale, Objekte unter Denkmalschutz, Bann‑ und Schutzwälder, Schutzgebiete von Wasserversorgungsanlagen, Überflutungsgebiete, Sicherheitszonen von Flugplätzen, Gefährdungsbereiche von Schieß‑ und Sprengmittelanlagen, Bergbaugebiete, Gefahrenzonen und dergleichen) sowie Standorte und Gefahrenbereiche von Betrieben im Sinne des Art. 12 der Richtlinie 96/82/EG zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Seveso II‑Richtlinie).
(3) Flächen, die auf Grund der Gegebenheiten ihres Standortes zur Bebauung ungeeignet sind, dürfen nicht als Bauland gewidmet werden, insbesondere:
1. Flächen, die bei 100‑jährlichen Hochwässern überflutet werden;
2. Flächen, die eine ungenügende Tragfähigkeit des Untergrundes aufweisen oder deren Grundwasserhöchststand über dem unveränderten Geländeniveau liegt;
3. Flächen, die rutsch‑, bruch‑, steinschlag‑, wildbach‑ oder lawinengefährdet sind;
4. Flächen, deren Grundwasserspiegel höher liegt als die zur Erschließung erforderlichen Ver‑ und Entsorgungsanlagen;
5. Flächen, die vom Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie (Umweltbundesamt) als Altlasten oder Verdachtsflächen im Sinne des Altlastensanierungsgesetzes, BGBI. Nr. 299/1989 in der Fassung BGBI. I Nr. 136/2004, erfaßt wurden oder Flächen, die von den Auswirkungen von Altlasten in gravierender Weise betroffen sind. Dies gilt nicht für Flächen, die zum Zwecke der Sanierung oder Sicherung als Bauland‑Aufschließungszone gewidmet werden.
(4) Ausgenommen von Abs. 3 Z. 1 bis 5 sind Flächen für Bauwerke, die auf Grund ihrer Funktion an bestimmten Standorten ungeachtet der in Abs. 3 Z. 1 bis 5 angeführten Mängel errichtet werden müssen sowie Flächen innerhalb eines geschlossenen Ortsgebietes.
(5) Flächen in extremen Schatten‑ oder Feuchtlagen dürfen nicht als Wohnbauland gewidmet werden.
§ 16
Bauland
(1) Das Bauland ist entsprechend den örtlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:
1. Wohngebiete, die für Wohngebäude und die dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienenden Gebäude sowie für Betriebe bestimmt sind, welche in das Ortsbild einer Wohnsiedlung eingeordnet werden können und keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm‑ oder Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkung auf die Umgebung verursachen;
...
§ 19
Grünland
(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen gehören zum Grünland.
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§ 21
Verfahren
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(9) Die Erlassung der Verordnung über das örtliche Raumordnungsprogramm obliegt dem Gemeinderat; ...
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(11) Das örtliche Raumordnungsprogramm bedarf der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn es
1. einem überörtlichen Raumordnungsprogramm oder anderen rechtswirksamen überörtlichen Planungen widerspricht,
2. die geordnete wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung anderer Gemeinden wesentlich beeinträchtigt,
3. einen finanziellen Aufwand zur Folge hätte, durch den die Erfüllung der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen der Gemeinde gefährdet wäre oder
4. den Bestimmungen der §§ 2, 13, 14 Abs. 1 und 2, 15, 16 Abs. 1 und 4, 17, 18, 19, 19a, 20 Abs. 1 und 4, 21 Abs. 1 bis 5 und Abs. 7 bis 10, 22 und 30 Abs. 6 und 8 widerspricht.
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(15) Das örtliche Raumordnungsprogramm ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Genehmigungsbescheides unter Hinweis auf die Genehmigung durch die Landesregierung kundzumachen. ...
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(16) Das örtliche Raumordnungsprogramm ist im Gemeindeamt (Magistrat) während der Amtsstunden der allgemeinen Einsicht zugänglich zu halten.
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(18) Die Gemeinde hat die Auswirkungen von örtlichen Raumordnungsprogrammen auf die Umwelt und die Raumstruktur zu beobachten, um allenfalls führzeitig auf unvorhergesehene negative Entwicklungen reagieren zu können.
§ 22
Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes
(1) Ein örtliches Raumordnungsprogramm darf nur abgeändert werden:
1. wegen eines rechtswirksamen Raumordnungsprogrammes des Landes oder anderer rechtswirksamer überörtlicher Planungen,
2. wegen wesentlicher Änderung der Grundlagen,
3. wegen Löschung des Vorbehaltes,
4. wenn sich aus Anlaß der Erlassung oder Abänderung des Bebauungsplanes eine Unschärfe des örtlichen Raumordnungsprogrammes zeigt, die klargestellt werden muß,
5. wenn dies zur Verwirklichung der Ziele des Entwicklungskonzeptes dient,
6. wenn im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer Bauland in Grünland umgewidmet werden soll, wobei die geschlossene Siedlungsentwicklung nicht beeinträchtigt und die Ausnützung günstiger Lagevorteile nicht behindert wird.
(2) Ein örtliches Raumordnungsprogramm ist abzuändern, wenn sich herausstellt, dass eine als Bauland gewidmete und noch nicht bebaute Fläche von Gefährdungen gem. § 15 Abs. 3 Z. 1 bis 3 und 5 tatsächlich betroffen ist und die Beseitigung dieser Gefährdungen nicht innerhalb einer Frist von 5 Jahren sichergestellt werden kann. Als bebaut gelten Grundstücke oder Grundstücksteile, auf denen ein Gebäude errichtet ist, das nicht als Nebengebäude anzusehen ist.
(3) Baubehördliche Verfahren, die vor der Kundmachung des Entwurfes der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes (§ 21 Abs. 5) bereits anhängig waren, werden durch die Änderung nicht berührt.
(4) Für das Verfahren zur Änderung örtlicher Raumordnungsprogramme gelten die Bestimmungen des § 21 sinngemäß. ...
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§ 23
Bausperre
(1) Ist die Aufstellung oder Änderung eines örtlichen Raumordnungsprogrammes beabsichtigt, kann der Gemeinderat, unter Darstellung der anzustrebenden Ziele, durch Verordnung eine Bausperre erlassen.
(2) Der Gemeinderat hat durch Verordnung eine Bausperre unter Angabe des besonderen Zweckes zu erlassen, wenn
a) das örtliche Raumordnungsprogramm einem rechtswirksamen überörtlichen Raumordnungsprogramm widerspricht oder
b) sich herausstellt, dass eine als Bauland gewidmete und unbebaute Fläche von Gefährdungen gemäß § 15 Abs. 3 Z. 1 bis 3 und 5 bedroht ist. Als bebaut gelten Flächen im Sinne von § 22 Abs. 2, letzter Satz.
(3) Eine Bausperre gemäß Abs. 1 tritt, wenn sie nicht früher aufgehoben wird, zwei Jahre nach ihrer Kundmachung außer Kraft. Sie kann vor Ablauf dieser Frist einmal für ein Jahr verlängert werden. Eine Bausperre gemäß Abs. 2 ist unbefristet; sie ist vom Gemeinderat aufzuheben, wenn die vermutete Gefährdung nicht mehr besteht.
(4) Baubewilligungsbescheide, welche dem Zweck einer Bausperre zuwiderlaufen, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.
(5) Baubehördliche Verfahren, die im Zeitpunkt der Kundmachung der Bausperre bereits anhängig waren, werden nicht berührt.“
40 Ein Gefahrenzonenplan nach § 11 des Forstgesetzes 1975 beruht weder auf den Bestimmungen des ROG noch der BO (vgl. VwGH 19.12.2000, 98/05/0147). Nicht einmal dann, wenn der Gefahrenzonenplan gemäß § 15 Abs. 2 Z 2 ROG im Flächenwidmungsplan kenntlich gemacht ist, ließe sich aus der BO oder aus dem ROG unmittelbar ein Verbot von Bauführungen allein damit begründen, dass ein Vorhaben einer solchen Kenntlichmachung widerspricht (vgl. nochmals VwGH 19.12.2000, 98/05/0147, mwN). Umso weniger kann in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem zur Zeit der Erlassung des Baubewilligungsbescheides keine Kenntlichmachung im Flächenwidmungsplan vorhanden war, eine Versagung der Baubewilligung allein damit begründet werden, dass das Bauvorhaben dem Gefahrenzonenplan widerspricht.
41 Das antragstellende Landesgericht sieht allerdings eine Rechtswidrigkeit der Baubewilligung darin begründet, dass sie im Widerspruch zu § 15 Abs. 3 ROG erlassen worden sei. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass auch im öffentlichen Recht bei einer Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen ist, die im ABGB für die Privatrechtsordnung normiert sind. § 6 ABGB verweist zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Die Bindung der Verwaltung an das Gesetz nach Art. 18 B‑VG bewirkt einen Vorrang des Gesetzeswortlautes auch aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm (vgl. VwGH 30.9.2020, Ro 2020/01/0013, mwN).
42 Nach § 15 Abs. 3 ROG dürfen näher genannte Flächen, darunter auch von Hochwasser bedrohte Flächen, nicht als Bauland gewidmet werden. Bereits nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 ROG (vgl. § 6 ABGB) scheidet es aus, dass diese Bestimmung bei einer konkreten Baubewilligung für ein Bauvorhaben im Einzelfall zum Tragen kommt, da durch eine Baubewilligung ‑ wie auch gegenständlich ‑ keine Widmung als Bauland erfolgt. § 15 Abs. 3 ROG richtet sich eindeutig nur an den Verordnungsgeber, also an den Gemeinderat, allenfalls an die Landesregierung als Aufsichtsbehörde (vgl. neuerlich VwGH 19.12.2000, 98/05/0147), nicht aber an den Bürgermeister als Baubehörde im Baubewilligungsverfahren.
43 Daraus folgt, dass es dem Bürgermeister als Baubehörde schon auf Grund des Art. 18 Abs. 1 B‑VG verwehrt war, bei der Beurteilung des konkreten Bauprojektes § 15 Abs. 3 ROG heranzuziehen. Der Bürgermeister kann mangels gesetzlicher Grundlage im Baubewilligungsverfahren nicht gleichsam „durch die Hintertüre“ die Kriterien, die für die Erlassung einer Verordnung (oder auch eines Gesetzes) gelten, ins Baubewilligungsverfahren gewissermaßen „hereinziehen“ und selbst beurteilen. Sonst könnte er etwa auch selbst beurteilen, ob eine von ihm anzuwendende generelle Rechtsnorm dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 7 B‑VG entspricht. Eine solche Vorgangsweise würde Art. 89 B‑VG und Art. 139 B‑VG (bzw. in Bezug auf Gesetze Art. 140 B‑VG) und damit den Rechtsstaat unterlaufen.§ 15 Abs. 3 ROG ist daher auch keine Bestimmung des ROG, die einem Bauvorhaben im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 7 BO entgegenstehen könnte (vgl. anders z.B. § 16 Abs. 1 Z 1 ROG, der regelt, welche Bauten in einem bestimmten Widmungsgebiet, nämlich dem auch hier gegenständlichen Wohngebiet, zulässig sind).
44 Der Bürgermeister als Verwaltungsbehörde hatte vielmehr von dem im Zeitpunkt der Erlassung seines Bescheides geltenden Flächenwidmungsplan auszugehen (vgl. VwGH 25.2.2010, 2005/06/0252). Als Verwaltungsbehörde war der Bürgermeister im Baubewilligungsverfahren an den Flächenwidmungsplan, eine Verordnung, gebunden, und er hatte als Bürgermeister auch keine Möglichkeit ‑ selbst bei Bedenken ‑, diese Verordnung vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten (vgl. Art. 89 und Art. 139 B‑VG; vgl. dazu auch VwGH 17.12.1982, 82/02/0164; 8.9.1995, 95/02/0194; 24.2.2005, 2003/07/0171, 2004/07/0001; 21.8.2014, 2013/17/0857; vgl. zur Anfechtungsmöglichkeit vor dem Verfassungsgerichtshof aus jüngster Zeit auch die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 26.6.2019, V 45/2018, und vom 28.6.2017, V 4/2017).
45 Es gibt auch keine gesetzliche Grundlage dafür, dass der Bürgermeister im Baubewilligungsverfahren im Bauland eine etwaige Hochwassergefahr berücksichtigen darf. Anders war dies in den Fällen, die den hg. Erkenntnissen vom 18.12.1997, 95/06/0237, und vom 19.12.2000, 98/05/0147, zu Grunde lagen: Dort gab es ausdrückliche gesetzliche Regelungen im Sinne des Art. 18 Abs. 1 B‑VG, nach denen im Bauplatzerklärungsverfahren bzw. im Baubewilligungsverfahren die Gefährdung durch Hochwasser zu berücksichtigen war (vgl. insbesondere den zum Grünland nach dem ROG ergangenen Fall des Erkenntnisses vom 19.12.2000, 98/05/0147, wo nach § 20 Abs. 2 Z 3 NÖ BO 1976 ‑ vgl. für den hier maßgeblichen Zeitpunkt § 55 Abs. 3 BO ‑ im Baubewilligungsverfahren die Gefährdung durch Hochwasser von Bedeutung war).
46 Zu bemerken ist, dass der Bürgermeister auch keine Verpflichtung bzw. rechtliche Möglichkeit hatte, in einer Auflage auf eine Hochwassergefährdung Bedacht zu nehmen. Auch Auflagen in Bescheiden bedürfen nämlich einer gesetzlichen Grundlage (vgl. VwGH 29.1.2020, Ro 2019/05/0002, mwN). § 23 Abs. 2 BO sieht Auflagen nur insoweit vor, als durch deren Erfüllung den Bestimmungen der in § 20 Abs. 1 Z 7 BO angeführten Gesetze und Verordnungen entsprochen wird. Darunter fallen, wie bereits ausgeführt, Gefahrenzonenpläne nicht, und der Bestimmung des § 15 Abs. 3 ROG betreffend ein Widmungsverbot kann durch eine Auflage in einem Baubewilligungsbescheid, mit dem, wie gesagt, keine Widmung erfolgt, rechtens nicht entsprochen werden. Es gibt auch keine baurechtliche Vorschrift, die die aubehörde zur amtswegigen Information verpflichten würde, ob ein Grundstück an einem Gewässer hochwassergefährdet ist, und deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Baubewilligung führte.
47 Ergänzend ist festzuhalten, dass dem Bürgermeister auf Grund des § 73 Abs. 1 AVG auch ein Zuwarten mit der Erteilung der Baubewilligung verwehrt war. Im Übrigen hätte im vorliegenden Fall ein solches Zuwarten im Hinblick auf § 22 Abs. 3 ROG bzw. § 23 Abs. 5 ROG selbst unter der Annahme, dass im Hinblick auf die Hochwassergefahr eine Bausperre verhängt bzw. eine neue Widmung hätte festgesetzt werden sollen, keine Relevanz gehabt. Abgesehen davon hat der Antragsteller auf Grund des § 73 Abs. 2 AVG auch einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung gehabt, und zwar entsprechend den geltenden gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungsbestimmungen, also ohne Einschränkungen im Hinblick auf eine Hochwassergefahr.
48 Abschließend ist zu bemerken, dass auf Grund der obigen Ausführungen zwar eine Nichtigerklärung der Baubewilligung gemäß § 23 Abs. 8 BO, der ausdrücklich nur auf § 23 Abs. 1 zweiter Satz BO verweist, ausscheidet, eine solche aber allenfalls bei der Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen nach § 68 Abs. 3 AVG in Betracht kommen könnte. Dies hat aber auf die Frage der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Baubewilligung selbst keine Auswirkungen.
49 Somit erweist sich der vorliegende Antrag des Landesgerichtes St. Pölten auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom 2. Dezember 2010 als unbegründet und war gemäß § 67 VwGG abzuweisen (vgl. VwGH 13.2.2020, Fe 2019/01/0001).
50 Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 68 VwGG.
Wien, am 29. Jänner 2021
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