VwGH 99/21/0255

VwGH99/21/025528.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des B in Dornbirn, geboren am 24. Juni 1968, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 12. August 1999, Zl. Fr-4250a-3/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs4;
FrG 1997 §34 Abs1 Z3;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §48 Abs1;
AVG §13 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs4;
FrG 1997 §34 Abs1 Z3;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrG 1997 §48 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 1999 wurde über den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, "gemäß § 36 Abs. 1 i.V.m. den §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997" - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von acht Jahren verhängt. Dabei ging die belangte Behörde im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Der Beschwerdeführer sei am 31. Dezember 1989 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und in der Zeit vom 12. Jänner 1990 bis zum 21. März 1990 in Hohenems gemeldet gewesen. Am 29. Mai 1990 habe er in Wien eine österreichische Staatsangehörige geheiratet. Hierauf sei ihm vom Arbeitsamt Wien ein bis 17. Juni 1993 gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden. Am 10. Juli 1990 habe er sich wieder in Hohenems angemeldet und am 16. Oktober 1990 die Erteilung eines Sichtvermerkes beantragt, der dem Beschwerdeführer (nach Verlängerungen) bis 21. Mai 1993 erteilt worden sei. Den Antrag auf Verlängerung dieser (letzten) Aufenthaltsbewilligung habe der Beschwerdeführer erst am 3. August 1993, sohin verspätet, gestellt. Er sei "deshalb" mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 3. September 1993 rechtskräftig wegen Begehung einer Übertretung nach § 82 Abs. 1 Z 4 i.V.m. § 15 Abs. 1 Z 2 und 3 des Fremdengesetzes 1992 mit einer Geldstrafe von S 2.000,-- bestraft worden. "Wegen illegalen Aufenthaltes" scheine noch eine weitere rechtskräftige Bestrafung vom 19. April 1996 zu einer Geldstrafe von S 1.500,-- nach denselben Gesetzesstellen auf. Ein gegen den Beschwerdeführer nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1992 im Instanzenzug erlassenes Aufenthaltsverbot der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 5. Oktober 1994 sei am 1. Jänner 1998 gemäß § 114 Abs. 4 FrG außer Kraft getreten und die erhobene Beschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1998, Zl. 95/21/0327, als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt worden.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, der Beschwerdeführer halte sich seit Ablauf seiner letzten Aufenthaltsbewilligung auf Grund des verspäteten Verlängerungsantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Insbesondere sei jedoch auch zu berücksichtigen, dass sein zuvor erfolgter Aufenthalt nur auf die Eingehung einer "Scheinehe" zurückzuführen sei. Bei dieser Einschätzung schloss sich die belangte Behörde zunächst den diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid an. Die Erstbehörde kam gestützt auf die Aussage der ehemaligen Ehegattin des Beschwerdeführers - die Ehe wurde am 20. Juni 1997 geschieden - und aufgrund der näher dargestellten "Chronologie der Ereignisse" zu dem Ergebnis, dass es sich um eine "Scheinehe" zur Erlangung aufenthalts- und arbeitsmarktrechtlich bedeutender Bewilligungen gehandelt habe. "Einzig die Aussage" der Ehegattin des Beschwerdeführers, "dass sie für die Eheschließung Geld bekommen habe, ist durch nichts zu beweisen." Dass im Ermittlungsverfahren nicht nachgewiesen habe werden können, dass die Ehe gegen Entgelt geschlossen worden sei, sei jedoch - so die Erstbehörde weiter - ohne Bedeutung, weil das Aufenthaltsverbot nicht auf § 36 Abs. 2 Z 9 FrG gestützt werde. Die belangte Behörde kam nach einer ausführlichen, teilweise der Argumentation im erstinstanzlichen Bescheid entsprechenden Beweiswürdigung ebenfalls zu dem Ergebnis, für sie bestehe kein Zweifel, "dass die Eheschließung zumindest von Seiten des Beschwerdeführers nur zu dem Zweck erfolgte, sich eine Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung zu erschleichen, was ihm in der Folge auch gelungen ist."

Bei der Eingehung einer Scheinehe - so die belangte Behörde weiter - handle es sich um einen schweren Rechtsmissbrauch, der als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens und "solcherart" als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu werten sei. Der Tatbestand des § 36 Abs. 1 FrG sei insbesondere deshalb verwirklicht, weil sich der Beschwerdeführer bei jedem Verlängerungsantrag neuerlich (zuletzt am 3. August 1993) auf diese Ehe gestützt habe. Deshalb und weil der Beschwerdeführer auch nach Erlassung des (ersten) Aufenthaltsverbotes nicht bereit gewesen sei, durch seine Ausreise den rechtmäßigen Zustand herzustellen, könne ihm keine positive Zukunftsprognose gestellt werden und es müsse damit gerechnet werden, dass er auch hinkünftig durch strafbares Verhalten seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet erzwingen werde.

Unter dem Gesichtspunkt des § 37 FrG stellte die belangte Behörde fest, die "zukünftige Ehefrau" des Beschwerdeführers und jetzige Lebensgefährtin verfüge über ein unbefristetes "Visum". Seine beiden dieser Beziehung entstammenden Kinder seien am 12. August 1996 und am 24. Jänner 1998 in Österreich geboren worden. Im Hinblick darauf liege durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers vor, der jedoch dadurch relativiert sei, dass das Eingehen der Lebensgemeinschaft und die Geburt der Kinder zu einem Zeitpunkt erfolgt seien, in dem gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestanden habe, weshalb der Beschwerdeführer davon ausgehen habe müssen, dass er nicht länger im österreichischen Bundesgebiet mit seiner Familie leben könne. Auch sein auf die "Scheinehe" zurückzuführender Aufenthalt seit dem Jahre 1990 und die danach erfolgte Integration und berufliche Einbindung könne der Beschwerdeführer "nicht zu seinen Gunsten geltend machen", weil er diese Integrationsmöglichkeit nur durch das Vortäuschen falscher Tatsachen und die Irreführung der Behörden geschaffen habe.

Demgegenüber stelle die Eingehung einer "Scheinehe" zwecks Erlangung einer Aufenthalts- sowie einer Arbeitsbewilligung einen groben Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar und bei einer Tolerierung dieses Verhaltens würden "sämtliche Einwanderungsregeln unterlaufen werden". Dies würde zu einer Ungleichbehandlung jener Fremden führen, die auf rechtmäßige Weise, verbunden mit jahrelangen Wartefristen, versuchten, legal nach Österreich einzureisen und hier einen Aufenthalt zu begründen. Die Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme sei somit im Interesse eines geordneten und fairen Fremdenwesens nicht nur dringend geboten, sondern - so sind die Ausführungen der belangten Behörde zu verstehen - das öffentliche Interesse überwiege die privaten und familiären Interessen, und zwar deshalb, weil sich der Beschwerdeführer wiederholt auf das Vorliegen der Ehe berufen habe, obwohl nicht einmal mehr ein gemeinsamer Wohnsitz gegeben gewesen sei. Der Ansicht des Beschwerdeführers, dass er sich selbst bei Annahme einer "Scheinehe" ab diesem Zeitpunkt wohlverhalten habe, könne nicht gefolgt werden. Darüber hinaus halte er sich seit Ablauf seiner letzten Bewilligung im Jahre 1993 unrechtmäßig in Österreich auf und er habe auch durch die Erlassung eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes nicht dazu veranlasst werden können, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

Die Dauer des Aufenthaltsverbotes von acht Jahren begründete die belangte Behörde schließlich damit, dass der Beschwerdeführer sein "strafbares Verhalten" seit 1990 beibehalten habe und trotz des Hinweises, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, nicht bereit gewesen sei, "sich in dieser Hinsicht gesetzeskonform zu verhalten".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerde bekämpft im Wesentlichen einerseits die Feststellungen zum Vorliegen einer "Scheinehe" und macht in diesem Zusammenhang unrichtige Beweiswürdigung und Verfahrensmängel geltend, andererseits releviert sie eine Rechtswidrigkeit des Aufenthaltsverbotes unter dem Gesichtspunkt des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80, mit dessen Anwendbarkeit sich die belangte Behörde zu Unrecht nicht auseinandergesetzt habe. Diese Fragen können aber vorliegend dahingestellt bleiben, weil sich aus nachstehenden Erwägungen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides selbst für den Fall ergibt, dass man von den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen ausgeht.

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Nach § 36 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 unter anderem zu gelten, wenn ein Fremder mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Übertretung dieses Bundesgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist (Z 2), oder wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat (Z 9). Die (bloße) Eingehung einer Ehe ohne Führung eines Familienlebens und Berufung auf diese Ehe zur Erlangung eines Aufenthaltstitels stellt gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 FrG (nur) einen Grund für die Ausweisung eines Fremden dar, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhält.

Die gegenüber der Ausweisung, die den Fremden zur Ausreise verpflichtet, ohne einer neuerlichen Einreise entgegenzustehen, einen gravierenderen Eingriff in seine persönliche Sphäre darstellende Maßnahme des Aufenthaltsverbotes, das den Fremden für die Dauer der Gültigkeit von der Einreise in das Bundesgebiet ausschließt, ist im Fall einer rechtsmissbräuchlichen Eheschließung somit nur vorgesehen, wenn der Fremde für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat. Der Gesetzgeber bewertet somit die von einem Fremden, der sich die rechtsmissbräuchliche Eheschließung "erkauft", ausgehende Gefährdung der öffentlichen Interessen höher als die Gefährdung dieser Interessen durch einen Fremden, der für die Eheschließung keinen Vermögensvorteil leistet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 2000/21/0030).

Die Erstbehörde hat es - wie erwähnt - ausdrücklich als nicht erwiesen angesehen, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers für die Eheschließung Geld bekommen habe und das Aufenthaltsverbot demzufolge auch nicht auf § 36 Abs. 2 Z 9 FrG gestützt. Die belangte Behörde hat sich den im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Scheinehe getroffenen Ausführungen der Erstbehörde ausdrücklich angeschlossen und das Aufenthaltsverbot ebenfalls nur auf § 36 Abs. 1 FrG gestützt. Feststellungen, dass für die Eheschließung ein Vermögensvorteil geleistet worden sei, finden sich im angefochtenen Bescheid nicht. Es ist daher - ungeachtet der missverständlichen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung, es sei den "Angaben seiner Ex-Ehefrau zu glauben, dass die Eheschließung gegen Bezahlung von Geld mit dem Zweck der Sicherung des weiteren Aufenthaltes des Fremden erfolgte" - davon auszugehen, dass im Beschwerdefall der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 9 FrG nicht erfüllt ist.

Die belangte Behörde hat sich zur Begründung des Aufenthaltsverbotes auch auf den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers gestützt und diesbezüglich zwei verwaltungsrechtliche Bestrafungen nach dem Fremdengesetz 1992 erwähnt. Zu Recht hat sie aber keine Verwirklichung des oben zitierten Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z 2 FrG angenommen, weil nach § 36 Abs. 3 FrG eine gemäß Abs. 2 maßgebliche Verurteilung nicht vorliegt, wenn sie bereits getilgt ist, was unter Bedachtnahme auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 12. August 1999 nach § 55 Abs. 1 VStG auf das Straferkenntnis vom 3. September 1993 jedenfalls zutrifft.

Es ist zwar rechtlich unbedenklich, gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn kein Tatbestand des § 36 Abs. 2 FrG erfüllt ist, doch müssen dafür triftige Gründe vorliegen, welche die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. August 2000, Zl. 2000/18/0026). Die belangte Behörde hat zur Begründung ihrer Ansicht, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, einerseits das in der - ihrer Ansicht nach - rechtsmissbräuchlichen Eheschließung und der Berufung auf diese Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Vorteile gelegene Fehlverhalten des Beschwerdeführers und andererseits dessen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit Mitte 1993 herangezogen. Obwohl seit dem Zeitpunkt der Eheschließung - nur dieser und nicht der Zeitraum seit der letztmaligen Berufung auf diese Ehe zum Zweck der Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung ist maßgeblich - mehr als fünf Jahre vergangen sind, durfte die belangte Behörde eine allfällige rechtsmissbräuchliche Eheschließung im Jahre 1990 im Hinblick auf das weitere fremdenrechtlich relevante Fehlverhalten des Beschwerdeführers zwar noch berücksichtigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 2001, Zl. 98/21/0335), doch wäre sie im Hinblick auf die bis zur Bescheiderlassung vergangene Zeit von mehr als neun Jahren in ihrem Gewicht deutlich gemindert. Da es sich bei dem Entschluss, sich durch die rechtsmissbräuchliche Eingehung der Ehe fremdenrechtliche Vorteile zu verschaffen, und den dazu erforderlichen Ausführungshandlungen (Eheschließung und Berufung auf die Ehe im Rahmen von Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltsberechtigungen) um ein einheitliches Fehlverhalten handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0252), dürfen diese - entgegen der mehrfach wiederholten Auffassung der belangten Behörde - auch weder zusätzlich vorgeworfen, noch als erschwerend gewertet werden. Aber auch in Ansehung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers seit Mitte 1993 liegt keine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen vor, weil sich dieser nur aus der verspäteten Antragstellung auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach deren Ablauf ergibt. Zu dem auch in der Beschwerde wiederholten Einwand, der Beschwerdeführer habe rechtzeitig einen mündlichen Verlängerungsantrag gestellt, ist allerdings zu entgegnen, dass ein solcher Antrag nur schriftlich eingebracht werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 98/09/0095). Klargestellt sei in diesem Zusammenhang aber noch, dass es dem Beschwerdeführer - entgegen der Meinung der belangten Behörde - nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dem 1994 erlassenen Aufenthaltsverbot während der bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anhängigen Beschwerdeverfahren nicht durch eine Ausreise entsprochen zu haben, zumal der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde auch die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

Ob das im Sinne der dargestellten Erwägungen zu berücksichtigende Gesamtverhalten des Beschwerdeführers eine Prognose nach § 36 Abs. 1 FrG rechtfertigen könnte und ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Beurteilung, weil jedenfalls die nach § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten des Beschwerdeführers durchschlägt.

Nach dieser Bestimmung darf (eine Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 oder) ein Aufenthaltsverbot jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen (Z 2) Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung des fast zehn Jahre dauernden Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und seiner dadurch bewirkten sozialen und seiner beruflichen Integration sowie unter Bedachtnahme auf die festgestellten intensiven familiären Bindungen aufgrund der seit mehreren Jahren bestehenden Lebensgemeinschaft mit seiner zum unbefristeten Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigten Verlobten und aufgrund der aus dieser Beziehung entstammenden, in Österreich geborenen Kinder, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die privaten und familiären Interessen das öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Anbetracht des keinen der Tatbestände des § 36 Abs. 2 FrG erfüllenden und im Sinne der obigen Ausführungen (mittlerweile) auch nicht (mehr) als besonders gravierend zu qualifizierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers überwiegen.

Abschließend sei noch bemerkt, dass im vorliegenden Fall aber auch die Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht angemessen gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 99/21/0330).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte