VwGH 99/20/0159

VwGH99/20/015923.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, in der Beschwerdesache des FB in L, geboren am 15. August 1962, vertreten durch Dr. Manfred Leimer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 38, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Februar 1999, Zl. 205.151/0-XII/37/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reiste nach Inhalt der vorgelegten Bescheidausfertigung und der vom Verwaltungsgerichtshofes eingeholten Verwaltungsakten am 20. Juli 1991 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 22. Juli 1991 Asyl. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. August 1991 wurde sein Antrag abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, abgewiesen.

Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, dass der Beschwerdeführer aufgrund der seit seiner Ausreise aus Ghana geänderten Verhältnisse jedenfalls keiner asylrelevanten Verfolgung (mehr) ausgesetzt sei, weshalb ihm (nunmehr) in Ghana keine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (FlKonv) drohe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. Nr. 76 aus dem Jahr 1997 (im Folgenden: AsylG), hat die Behörde demjenigen Asyl zu gewähren, der glaubhaft machen kann, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Wenn die belangte Behörde darauf abstellte, dass aufgrund der seit der Flucht des Beschwerdeführers in Ghana geänderten politischen Verhältnisse für diesen - auch im Falle des Zutreffens seiner (damaligen) Fluchtgründe - keine aktuelle Verfolgungsgefahr (mehr) bestünde, hat sie im Ergebnis Art. 1 Abschnitt C Z 5 FlKonv angewendet. Diese Bestimmung besagt, dass eine Person, auf die die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt A Z 2 zutrifft, nicht mehr unter dieses Abkommen fällt,

"wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt."

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, die Annahme begründen können, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Dazu reicht zwar eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände im Sinne dieser Bestimmung mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1999, Zl. 98/20/0399). Im vorliegenden Fall wird in der Beschwerde aber nicht bestritten, dass die Annahme der belangten Behörde zu den geänderten politischen Verhältnissen in Ghana im Sinne der im Bescheid wiedergegebenen eingeholten Berichte österreichischer Behörden sowie ausländischer Organisationen zutreffen. Der Beschwerdeführer bringt ausdrücklich vor, dass asylrelevante Verfolgungen in Ghana "heute im Wesentlichen auszuschließen" seien, meint aber, dass weiterhin "die Möglichkeit derartiger Verfolgungen" bestünde. Allerdings reicht die entfernte Möglichkeit der Verfolgung eines Asylwerbers aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention nicht aus, die für die Asylgewährung gemäß § 7 AsylG vorauszusetzende Flüchtlingseigenschaft anzunehmen.

Nach dem Inhalt des bekämpften Bescheides und den dazu in Einklang stehenden Beschwerdeausführungen war der Beschwerdeführer im Jahr 1991 aus Ghana deshalb ausgereist, weil

"im Juni 1990 Militärpolizisten auf (seine) Farm gekommen seien und (ihm) vorgeworfen hätten, militärische Waffen für Terroristen aufzubewahren bzw. damit zu handeln. Danach hätten diese (sein) Haus durchsucht und (ihn) in Accra acht Tage lang gefangen gehalten, um (ihm) den Prozess zu machen".

Es sei ihm dann gelungen, aus dem Gefängnis zu flüchten. Dem Einwand der belangten Behörde, dass es sich dabei lediglich um Maßnahmen zur Verfolgung eines Gesetzesverstoßes (illegale Waffenimporte) gehandelt habe, somit nicht eine politische Gesinnung des Beschwerdeführers getroffen werden sollte, wird in der Beschwerde lediglich entgegengehalten, dass die Erhebungen keineswegs durch die (auch in Ghana hiefür) zuständig (gewesene) Polizei, sondern durch eine militärische Einheit erfolgt seien, die weder einer rechtsstaatlichen Kontrolle unterliege noch "ein fair trial" kenne. Diesem Beschwerdevorbringen sind aber die in der Beschwerde nicht bekämpften Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde hinsichtlich der nach Beseitigung der Militärdiktatur ab dem Jahr 1992 stattgefundenen politischen Veränderungen, die mit dem Aufbau rechtsstaatlicher Gerichte und Behörden einhergingen, entgegenzuhalten.

Im Falle von im vorangeführten Sinn wesentlichen Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, kommt es gerade nicht (mehr) auf die seinerzeitigen politischen Verhältnisse in diesem Lande an, sofern nicht aufgrund der konkreten Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers ungeachtet dieser Veränderungen dennoch eine bis in die Gegenwart reichende objektiv begründete Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung anzunehmen wäre (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. März 1999, Zl. 98/20/0475, und vom 24. Juni 1999, Zl. 98/20/0579). Dass dies der Fall wäre, lässt sich weder dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren - danach wurde er (zwar) im Jahr 1990 wegen des Verdachtes des illegalen Waffenbesitzes und der Unterstützung von "Terroristen" angehalten, jedoch wurde von ihm eine bis in die Gegenwart reichende konkrete Gefahr der Verfolgung nicht behauptet - noch dem Beschwerdevorbringen entnehmen, zumal dem Beschwerdeführer unbestritten über seinen Antrag am 20. November 1996 in Bern ein bis 19. November 2006 gültiger Reisepass von Ghana neu ausgestellt wurde. Diesem Umstand hält der Beschwerdeführer wiederum nur entgegen, dass er sich den Pass nicht selbst abgeholt habe und "die ghanesische (Polizei)behörde anscheinend tatsächlich nichts von der Militäraktion wusste". Dem Beschwerdeführer war von der belangten Behörde die Gelegenheit zur Stellungnahme zu den ihm zahlreich vorgehaltenen Auszügen von Berichten verschiedenster Organisationen über die politische Entwicklung in Ghana seit 1992 eingeräumt worden. Eine solche Stellungnahme erfolgte jedoch nicht.

Da dem von der belangten Behörde im Bescheid festgestellten Sachverhalt vom Beschwerdeführer somit auch nach Aufforderung zur Stellungnahme durch die belangte Behörde nicht widersprochen wurde, konnte sie davon ausgehen, dass nach der aktuellen Situation in Ghana keine dem Beschwerdeführer drohende asylrelevante Verfolgung aufgrund der seinerzeitigen Umstände bestehe.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung gemäß der Verfahrensvorschrift des Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG nicht vorlagen, weil die belangte Behörde selbst ein (gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren weiter gehendes) Ermittlungsverfahren durchführte und gestützt auf dessen Ergebnisse zusätzliche, neue Sachverhaltsfeststellungen traf (vgl. dazu das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 25. März 1999). Es führt nämlich nicht jede Verfahrensverletzung zur Aufhebung eines damit belasteten Bescheides, sondern nur dann, wenn die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist die Relevanz eines solchen Verfahrensfehlers nicht offenkundig, so ist sie in der Beschwerde konkret darzulegen. Dem ist der Beschwerdeführer aber nicht nachgekommen.

Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 23. Juli 1999

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