VwGH 99/19/0141

VwGH99/19/014117.3.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der 1970 geborenen MD in Wien, vertreten durch Mag. L und Dr. V, Rechtsanwältinnen in Wien, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18;
FrG 1997 §111 Abs1;
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §113 Abs8;
FrG 1997 §12 Abs3;
FrG 1997 §15 Abs1;
FrG 1997 §15 Abs3;
FrG 1997 §34 Abs1;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
FrG 1993 §18;
FrG 1997 §111 Abs1;
FrG 1997 §112;
FrG 1997 §113 Abs8;
FrG 1997 §12 Abs3;
FrG 1997 §15 Abs1;
FrG 1997 §15 Abs3;
FrG 1997 §34 Abs1;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;

 

Spruch:

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Jänner 1995, Zl. MA 62 - 9/2041743/3, nicht Folge gegeben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund des Akteninhaltes sowie der glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin geht der Verwaltungsgerichtshof von nachstehendem Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, reiste zunächst am 28. Juni 1992 nach Österreich ein.

In der Folge wurden der Beschwerdeführerin ein gewöhnlicher Sichtvermerk mit Geltungsdauer vom 5. Jänner 1993 bis 30. Juni 1993 und sodann Aufenthaltsbewilligungen vom 1. Juli 1993 bis 1. Juli 1994 sowie vom 2. Juli 1994 bis 2. Jänner 1995, jeweils mit dem Aufenthaltszweck "privater Aufenthalt" erteilt.

Am 21. November 1994 beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung der ihr zuletzt erteilten Aufenthaltsbewilligung. Als Aufenthaltszweck gab sie ausschließlich den der beabsichtigten Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit als Bedienerin an.

Der in Rede stehende Antrag wurde mit dem im Spruch zitierten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Jänner 1995 gemäß § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Letztere wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. April 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 AufG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche zur hg. Zl. 95/18/1042 protokolliert wurde.

Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Februar 1996 wurde die Beschwerdeführerin aus Österreich ausgewiesen. Die dagegen erhobene, zur hg. Zl. 96/18/0203 protokollierte Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. Juni 1996 als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführerin leistete daraufhin im August 1996 einer Aufforderung der Bundespolizeidirektion Wien zur Ausreise Folge und verließ das österreichische Bundesgebiet.

Mit hg. Erkenntnis vom 5. September 1996, Zl. 95/18/1042, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 3. April 1995, mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. November 1994 abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die Zustellung dieses Erkenntnisses an die belangte Behörde erfolgte am 7. Oktober 1996.

Mit Aktenvermerk vom 12. Februar 1998 stellte die belangte Behörde das Verfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. November 1994 gemäß § 15 Abs. 3 FrG 1997 ein, weil "sich die Beschwerdeführerin am 26. August 1996 nach Jugoslawien abgemeldet und ihren Niederlassungswillen in Österreich aufgegeben" habe.

Sodann wurde mit einem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Juli 1998 ein weiterer als solcher auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gewerteter Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. November 1996 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen.

In der Folge wurde der Beschwerdeführerin im Jahr 1999 ein Sichtvermerk (Reisevisum) ausgestellt. Die Beschwerdeführerin reiste wieder in das Bundesgebiet ein und hält sich seither in Österreich auf.

Mit ihrer am 5. Juli 1999 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht in Ansehung ihres Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung vom 21. November 1994 durch die belangte Behörde geltend.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. August 1999 wurde die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Die Zustellung dieser Verfügung an die belangte Behörde erfolgte am 10. August 1999.

Am 19. November 1999 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten dem Verwaltungsgerichtshof vor.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes gab die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 19. Jänner 2000 bekannt, dass sie über keine Berechtigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verfügt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 12 Abs. 3, § 14 Abs. 3, § 15, § 19 Abs. 3, § 22, § 23 Abs. 1, § 34 Abs. 1, § 111, § 112 und § 113 Abs. 5 und 8 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 12. ...

...

(3) Fremden darf wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zulässt, ein weiterer Aufenthaltstitel für denselben Aufenthaltszweck nicht versagt werden.

...

§ 14. ...

...

(3) Im Antrag ist der jeweilige Zweck der Reise oder des Aufenthaltes bekannt zu geben; der Antragsteller darf ihn während des Verfahrens nicht ändern. ...

...

§ 15. (1) Werden in einem Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels Versagungsgründe bekannt, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme - den Antragsteller vom Versagungsgrund in Kenntnis zu setzen, ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung (§§ 33 ff) beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 37) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern.

(2) Nach Ablauf dieser Frist ist bei unverändertem Sachverhalt das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen; der Ablauf der Frist des § 73 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, wird dadurch bis zum Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Sobald sich ergibt, dass eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig ist, hat die Behörde den weiteren Aufenthaltstitel zu erteilen.

(3) Erwächst jedoch eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Dieses Verfahren ist fortzusetzen, sobald nach einer Aufhebung der Ausweisung oder des Aufenthaltsverbotes durch den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof feststeht, dass deren Verhängung nunmehr unterbleibt.

...

§ 19. ...

...

(3) Beabsichtigt der Fremde in Österreich eine unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, so darf ihm die Erstniederlassungsbewilligung überdies nur erteilt werden, wenn für ihn eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder wenn er über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt; ...

...

§ 22. Eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung darf nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Wird die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindert sich diese Zahl entsprechend. Ist die Zahl bereits ausgeschöpft, so ist die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und über die danach einlangenden Anträge, denen im Falle noch zur Verfügung stehender Bewilligungen stattzugeben wäre, so lange aufzuschieben, bis in einer nachfolgenden Niederlassungsverordnung auf sie Bedacht genommen werden kann. § 73 AVG und § 27 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, sind nur insoweit anwendbar, als die Zeit des zulässigen Aufschubes überschritten wird.

§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen. ...

...

§ 34. (1) Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, können mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre oder

2. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht oder

3. der Aufenthaltstitel einem Fremden erteilt wurde, weil er sich auf eine Ehe berufen hat, obwohl er ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat.

...

§ 111. (1) ... Die §§ 34 Abs. 1, 113 Abs. 8 und 114 Abs. 1 Schlusssatz sowie § 114 Abs. 6 treten mit 15. Juli 1997 in Kraft. Im Übrigen tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Jänner 1998 in Kraft.

...

§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ...

§ 113. ...

...

(5) Die bis 31. Dezember 1997 erteilten Aufenthaltsbewilligungen gelten - je nachdem - als Erstniederlassungsbewilligung oder weitere Niederlassungsbewilligung. Ist die Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck 'unselbstständige Erwerbstätigkeit' erteilt worden, sind die weiteren Niederlassungsbewilligungen für jeglichen Aufenthaltszweck zu erteilen. Ist die Aufenthaltsbewilligung für einen anderen Zweck erteilt worden, so sind die weiteren Niederlassungsbewilligungen für jeglichen Aufenthaltszweck mit Ausnahme der Aufnahme unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu erteilen. Eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck darf solchen Fremden erst ab dem 1. Jänner 2002 erteilt werden, es sei denn die Fremden hätten bereits vorher eine Wartezeit von acht Jahren ab der Einreise in Österreich verbracht. Nach diesem Zeitpunkt ist ihnen auf Antrag eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck zu erteilen; dies gilt auch dann, wenn für sie vor Ablauf der Wartezeit eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder sie über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügen. ...

...

(8) Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung versagt oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung verfügt wird, dürfen nach dem 15. Juli 1997 nicht mehr erlassen werden. In diesen Fällen gelten die §§ 12 Abs. 3 und 15 bis zum 1. Jänner 1998 für die Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen."

I. Zur Zulässigkeit der Beschwerde und zum Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof:

Mit Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. September 1996, Zl. 95/18/1042, am 7. Oktober 1996 hat die Sechsmonatsfrist des § 27 Abs. 1 VwGG zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. November 1994 neuerlich zu laufen begonnen. Da die in § 2 AufG verankerte Quotenpflicht für Verlängerungsanträge nicht bestand (§ 4 Abs. 1 letzter Satz AufG), war die Entscheidungspflicht unabhängig vom Vorhandensein freier Quotenplätze aufrecht.

Jedenfalls vor dem Inkrafttreten des § 113 Abs. 8 FrG 1997 am 15. Juli 1997 bestand ungeachtet der Rechtskraft und der Durchsetzung der über die Beschwerdeführerin verhängten Ausweisung keine Rechtsgrundlage für einen Entfall der Entscheidungspflicht.

In ihrem Aktenvermerk vom 12. Februar 1998 vertrat die belangte Behörde die Auffassung, ihre Entscheidungspflicht sei gemäß § 113 Abs. 8 FrG 1997 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 leg. cit. erloschen, weil die Beschwerdeführerin ihren Niederlassungswillen im Bundesgebiet aufgegeben habe.

Nun stellen aber die von der belangten Behörde bezogenen Gesetzesbestimmungen für das Erlöschen der Entscheidungspflicht der Aufenthaltsbehörde nicht auf die Aufgabe des Niederlassungswillens ab. Überdies kann, entgegen dem von der belangten Behörde eingenommenen Standpunkt, auch aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin der über sie verhängten Ausweisung Folge geleistete hatte, nicht auf die Aufgabe ihres Willens zur neuerlichen Niederlassung auf Grund der von ihr angestrebten Bewilligung geschlossen werden. Die Aufgabe des Niederlassungswillens durch einen Fremden wäre vielmehr lediglich dadurch dokumentiert, dass dieser den Antrag auf Erteilung der Bewilligung zurückzieht. Dies ist hier aber nicht geschehen.

Zu prüfen war allerdings die Frage, ob mit Inkrafttreten des § 113 Abs. 8 FrG 1997 die Entscheidungspflicht der belangten Behörde im Hinblick auf die Rechtskraft der über die Beschwerdeführerin verhängten Ausweisung gemäß § 15 Abs. 3 FrG 1997 erloschen ist. Schließlich stand der Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihre Niederlassung im Bundesgebiet aufgegeben hatte, der Qualifikation ihres Antrages vom 24. November 1997 als solchen auf "Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung" im Verständnis des § 113 Abs. 8 FrG 1997 nicht entgegen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG 1992 zur Voraussetzung hatte, dass sich der Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Sie verfolgte daher lediglich den Zweck, den Fremden zu verhalten, seinen rechtswidrigen Aufenthalt - durch Ausreise - zu beenden. Einer neuerlichen - rechtmäßigen - Einreise stand hingegen der Ausweisungsbescheid nicht entgegen. Reiste ein Fremder nach Erlassung der Ausweisung aus, so war durch die damit gegebene Beendigung des rechtswidrigen Aufenthalts der mit der Ausweisung verfolgte Zweck erfüllt. Einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über eine Beschwerde gegen einen solchen Ausweisungsbescheid kam ab dem Zeitpunkt der Ausreise des Fremden nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 23. Oktober 1997, Zl. 95/18/1306).

Daraus folgt aber, dass eine in Rechtskraft erwachsene Ausweisung ab dem Zeitpunkt, in dem der Fremde im Anschluss daran das Bundesgebiet verlässt, keine weiteren Rechtswirkungen entfaltet.

Insbesondere stand eine solche Ausweisung - anders als ein Aufenthaltsverbot - der Erteilung einer weiteren Aufenthaltsbewilligung oder steht nunmehr im System des Fremdengesetzes 1997 der Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung oder weiteren Niederlassungsbewilligung nicht entgegen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. September 1999, Zl. 99/19/0102, ausführte, regelt § 15 FrG 1997 in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich die Rechtsfolgen einer von der Niederlassungs(Aufenthalts-)behörde veranlassten Einleitung eines aufenthaltsbeendigenden Verfahrens für das Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung (den Verlängerungsantrag). In diesem vom Gesetz unmittelbar geregelten Fall bewirkt die Veranlassung des Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung die Ablaufhemmung der Frist des § 73 AVG. Führt das von der Niederlassungs(Aufenthalts-)behörde veranlasste Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu einem rechtskräftigen Bescheid über diese, so ist das Verfahren über den in Rede stehenden Antrag formlos einzustellen. Nicht die Einstellung bewirkt den Entfall der Entscheidungspflicht, sondern schon die zuvor erfolgte Veranlassung der Aufenthaltsbeendigung.

Anders als bei Vorliegen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes am 15. Juli 1997 - dem Tag des Inkrafttretens des § 113 Abs. 8 FrG 1997 - (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 10. September 1999) ist im Falle einer vor dem 15. Juli 1997 in Rechtskraft erwachsenen Ausweisung, welcher der Fremde auch vor diesem Termin Folge geleistet hat, § 15 Abs. 3 FrG 1997 nicht analog anzuwenden, weil der Niederlassungs(Aufenthalts-)behörde (und hiedurch unterscheidet sich die Ausweisung vom Aufenthaltsverbot) die Erteilung der Bewilligung auf Grund der in der Vergangenheit erfolgten rechtskräftigen Ausweisung nicht verwehrt ist. Vielmehr entfaltete eine solche Ausweisung nach dem oben zitierten hg. Beschluss vom 23. Oktober 1997 nach ihrer Durchsetzung keine wie immer gearteten Wirkungen mehr.

Sie stellte daher auch zum 15. Juli 1997 keinen Tatbestand für die formlose Einstellung des Verfahrens über den Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin gemäß dem in § 113 Abs. 8 FrG 1997 verwiesenen § 15 Abs. 3 leg. cit. dar. Ein Wegfall der Entscheidungspflicht nach der letztgenannten Bestimmung mit der Konsequenz, dass sie nur mehr unter den in § 15 Abs. 3 zweiter Satz FrG 1997 umschriebenen Voraussetzungen aufleben könnte, ist daher nicht eingetreten.

Anders als die Erteilung der beantragten Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung wäre der belangten Behörde jedenfalls in der Zeit vom 15. Juli 1997 bis 31. Dezember 1997 freilich deren Versagung nach dem Wortlaut des § 113 Abs. 8 FrG 1997 verwehrt gewesen. Sie hätte vielmehr bei Vorliegen von Versagungsgründen nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 FrG 1997 ein (neuerliches) Verfahren zur "Aufenthaltsbeendigung" zu veranlassen gehabt. Damit war im Zeitraum zwischen dem 15. Juli 1997 und dem 31. Dezember 1997 sinngemäß entweder die Einleitung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdengesetz 1992 (die entsprechenden Bestimmungen der §§ 36 ff FrG 1997 standen ja noch nicht in Kraft) oder aber eines Ausweisungsverfahrens in sinngemäßer Anwendung des gemäß § 111 Abs. 1 FrG 1997 bereits mit 15. Juli 1997 in Kraft getretenen § 34 Abs. 1 FrG 1997 zu denken. Nun ist aber § 113 Abs. 8 FrG 1997 und der darin verwiesene § 15 Abs. 1 leg. cit.

- wie oben aufgezeigt - auch in jenen Fällen anzuwenden, in denen der Antragsteller auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht mehr in Österreich niedergelassen ist. Während nun die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdengesetz 1997 die Anwesenheit des Fremden im Bundesgebiet nicht voraussetzte, spricht § 34 Abs. 1 FrG 1997 davon, dass eine Ausweisung nach dieser Gesetzesbestimmung nur gegen Fremde verhängt werden kann, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten. Die durch § 111 Abs. 1, § 113 Abs. 8 und § 15 Abs. 1 FrG 1997 im Ergebnis angeordnete sinngemäße Anwendung des § 34 Abs. 1 FrG 1997 auf Verfahren zur Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung ergibt nun, dass eine Ausweisung nach der letztgenannten Gesetzesbestimmung während der Anhängigkeit eines Verfahrens zur Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zwischen dem 15. Juli 1997 und dem 31. Dezember 1997 auch dann erfolgen durfte, wenn der Fremde nicht in Österreich niedergelassen war. Der Rechtskraft einer solchen Ausweisung käme dann die Wirkung eines Einstellungstatbestandes gemäß § 15 Abs. 3 FrG 1997 im Verfahren über den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu. Da die belangte Behörde jedoch zwischen dem 15. Juli 1997 und dem 31. Dezember 1997 eine "Aufenthaltsbeendigung" im Verständnis der obigen Ausführungen nicht veranlasste, blieb ihre Entscheidungspflicht auch in diesem Zeitraum aufrecht.

Es kann im Folgenden für die Frage des Weiterbestandes der Entscheidungspflicht der belangten Behörde dahingestellt bleiben, ob das Verfahren über den Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin vom 21. November 1994 gemäß § 112 FrG 1997 nach dem 1. Jänner 1998 als solches zur Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung oder aber als solches zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung fortzuführen war (vgl. hiezu den Wortlaut des § 23 FrG 1997). Im erstgenannten Fall wären die §§ 12 Abs. 3 und 15 FrG 1997 unanwendbar und folglich ohne Einfluss auf den Fortbestand der Entscheidungspflicht. Im zweitgenannten Fall hätten die oben für die Zeitraum 15. Juli 1997 bis 31. Dezember 1997 angestellten Erwägungen auch für die Zeit ab dem 1. Jänner 1998 Geltung. Die belangte Behörde hat auch nach diesem Zeitpunkt ein aufenthaltsbeendigendes Verfahren im Sinne der obigen Ausführungen nicht veranlasst. Schon deshalb stünden auch bei gebotener Fortführung des Verfahrens als solches zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung die vorzitierten Gesetzesbestimmungen der Entscheidungspflicht der belangten Behörde nach dem 1. Jänner 1998 nicht entgegen.

Die nach mehr als 6-monatiger Säumnis der belangten Behörde am 5. Juli 1999 zur Post gegebene Säumnisbeschwerde erweist sich daher als zulässig.

Der fruchtlose Ablauf der mit Verfügung vom 6. August 1999 gesetzten dreimonatigen Nachfrist bewirkte den Übergang der Zuständigkeit der Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin auf den Verwaltungsgerichtshof.

II. Zur inhaltlichen Berechtigung des Antrages der Beschwerdeführerin vom 21. November 1994:

Es mag zweifelhaft erscheinen, ob das Verfahren über den Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin vom 21. November 1994 als solches zur Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung, oder aber (allenfalls auch erst nach ihrer Wiedereinreise im Jahr 1999) als solches zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung fortzuführen ist (vgl. hiezu auch die zu I. oben erstatteten Ausführungen).

Diese Frage kann aber vorliegendenfalls dahinstehen, weil die Berufung der Beschwerdeführerin in jedem dieser Fälle abzuweisen ist:

Die Beschwerdeführerin hat sich in ihrem Verlängerungsantrag ausschließlich auf den Aufenthaltszweck der Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit berufen.

Zu diesem Zweck könnte aber gemäß § 19 Abs. 3 FrG 1997 eine Erstniederlassungsbewilligung nur dann erteilt werden, wenn für die Beschwerdeführerin eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt worden wäre oder wenn sie über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügen würde. Dies ist aber nach ihren eigenen Angaben nicht der Fall.

Wäre der Antrag der Beschwerdeführerin hingegen als solcher auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu werten, so dürfte ihr gemäß § 12 Abs. 3 FrG 1997 wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zulässt, ein weiterer Aufenthaltstitel für denselben Aufenthaltszweck nicht versagt werden. Bei Vorliegen von Versagungsgründen wäre nach § 15 FrG 1997 vorzugehen.

§ 12 Abs. 3 FrG 1997 regelt nun in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich den Anschluss an einen nach dem Fremdengesetz 1997 erteilten Aufenthaltstitel durch einen weiteren Aufenthaltstitel.

Demgegenüber wäre der Beschwerdeführerin, wollte man das Vorliegen der Voraussetzungen des § 23 FrG 1997 hiefür bejahen, eine weitere Niederlassungsbewilligung im Anschluss an eine ihr erteilte Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Für diesen Fall regelt die Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 5 FrG 1997, welche Art von Niederlassungsbewilligung als "weiterer Aufenthaltstitel für denselben Aufenthaltszweck" im Verständnis des § 12 Abs. 3 FrG 1997 anzusehen ist. Gemäß § 113 Abs. 5 dritter Satz FrG 1997 ist die weitere Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck mit Ausnahme der Aufnahme unselbstständiger Erwerbstätigkeit zu erteilen, wenn die dem Fremden zuletzt erteilte Aufenthaltsbewilligung, wie jene der Beschwerdeführerin, für einen anderen Aufenthaltszweck als dem der unselbstständigen Erwerbstätigkeit erteilt wurde. Die Voraussetzung der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für jeglichen Zweck vor dem 1. Jänner 2002 erfüllt die Beschwerdeführerin nicht. Sie hat nämlich weder eine Wartezeit von acht Jahren ab der Einreise nach Österreich verbracht, noch wurde ihr vor Ablauf dieser Wartezeit eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt.

Die für den allein geltend gemachten Aufenthaltszweck der unselbstständigen Erwerbstätigkeit erforderliche Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck war der Beschwerdeführerin daher zu versagen.

Angesichts des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin andere Aufenthaltszwecke nicht angab, kam die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck mit Ausnahme der Aufnahme unselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 113 Abs. 5 dritter Satz FrG 1997 nicht in Betracht.

Der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Jänner 1995 war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. März 2000

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