Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Haftungsbescheid vom 23. Oktober 1997 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin als ehemalige Geschäftsführerin der L. GmbH für näher angeführte Abgabenschuldigkeiten dieser Gesellschaft, über deren Vermögen im Juli 1996 der Anschlusskonkurs eröffnet worden war, gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung heran.
In der dagegen erhobenen Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, die Begründung des Haftungsbescheides erschöpfe sich in der Passage, dass das Finanzamt "bei der gegebenen Aktenlage bis zum Beweis des Gegenteils" davon ausgehen müsse, dass die Beschwerdeführerin die in §§ 9 und 80 BAO normierten gesetzlichen Verpflichtungen schuldhaft verletzt habe. Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof klar und deutlich ausgeführt, dass es die Aufgabe des Geschäftsführers einer GmbH ist, darzutun, weshalb er nicht Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet, die Behörde habe der Beschwerdeführerin aber keine Möglichkeit gegeben, diesen Beweis anzutreten.
In der Folge lud das Finanzamt die Beschwerdeführerin zur Vorsprache vor, wobei Lieferantenkonten, Krankenkassenkonten, Darlehenskonten, "Kassenkonten bzw. -bücher" sowie Bankkonten mitzubringen seien.
Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 1997 wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie nicht in der Lage sei, eine der geforderten Unterlagen vorzulegen, da alle Unterlagen zu einer näher angeführten Geschäftszahl gerichtlich beschlagnahmt seien. Es werde vorsorglich der Antrag gestellt, die Behörde wolle das entsprechende Gericht um Aktenübersendung ersuchen.
Anlässlich einer in der Folge stattgefundenen Vorsprache wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie im Hinblick auf ein näher angeführtes Strafverfahren (Anmerkung: dabei handelte es sich um das Verfahren, in dessen Verlauf die erwähnte Beschlagnahme von Unterlagen erfolgt war) keine Aussagen machen wolle. Nach Abschluss des Strafverfahrens werde sie sich selbstverständlich entsprechend rechtfertigen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Begründend verwies das Finanzamt darauf, dass der Akt des Verfahrens, hinsichtlich dessen die Beschwerdeführerin die Aussage verweigert habe, ebenso wie der die GmbH betreffende Veranlagungsakt sowie ein Prüfbericht samt dazugehörigem Arbeitsbogen eingeholt und eingesehen worden sei. Danach ergebe sich unzweifelhaft, dass die Beschwerdeführerin die für die steuerrechtlichen Angelegenheiten der L. GmbH verantwortliche Geschäftsführerin gewesen sei. Wenn ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der Abgaben in Abrede gestellt werde, so übersehe die Beschwerdeführerin, dass zum tatbestandsmäßigen Verhalten fahrlässiges Handeln und/oder Unterlassen hinreiche. Wenn die Geschäftsführerin einer GmbH, wie sich aus dem Strafakt ergebe, die steuerrechtlichen und wirtschaftlichen Agenden dritten Personen überlasse und diese damit betraue, so sei zunächst festzustellen, dass auch in einem solchen Fall die Geschäftsführerin nicht von der Verpflichtung befreit sei, die beauftragten Personen bei ihrer Tätigkeit zumindest in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschlössen, dass ihr Steuerrückstände verborgen blieben. Die Rüge, wonach der Beschwerdeführerin Parteiengehör nicht gewährt worden sei, gehe insofern fehl, weil die Beschwerdeführerin im Rechtsmittelverfahren vorgeladen worden sei und sie keine Aussage gemacht habe. Wie in der Berufungsschrift richtig ausgeführt werde, sei es Aufgabe des Geschäftsführers einer GmbH darzutun, weshalb dieser nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet und warum die Erfüllung der Verpflichtung "in der Gesellschaft" nicht möglich gewesen sei. Ein "derartiges Darlegen" sei weder von der Beschwerdeführerin noch von ihrem Vertreter erfolgt. Die Abgabenbehörde könne daher bis zum Beweis des Gegenteils von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen. Die Beschwerdeführerin habe "sowohl bei der bestehenden Sach- und Rechtslage im gesamten Abgabenverfahren sowie im nunmehr stattgefundenen Haftungsverfahren keine entsprechenden Entlastungsbeweise" vorgelegt, sodass davon auszugehen sei, dass sie ihre Verpflichtungen zur Abgabenentrichtung schuldhaft verletzt habe und somit für die offen gebliebenen Abgaben bereits auf Grund des Umstandes der Nichtentrichtung der Abgabe zur Gänze hafte.
Die Beschwerdeführerin stellte ohne weiteres Vorbringen einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
In weiterer Folge übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin eine detaillierte Aufschlüsselung der haftungsgegenständlichen Abgaben und gab ihr Gelegenheit zu einer abschließenden schriftlichen Stellungnahme.
Die Beschwerdeführerin ergriff diese Gelegenheit und wies insbesondere auf Unklarheiten hin, wo sich die beschlagnahmten Unterlagen befänden. Den Vorhalten" könne sie erst begegnen, wenn "sämtliche Buchhaltungsunterlagen wieder herbeigeschafft" würden. Es werde beantragt, die Frist zur Äußerung bis zu jenem Tag zu erstrecken, an dem im Strafverfahren die zur Entgegnung auf den vorgeworfenen Sachverhalt maßgeblichen Unterlagen, Konten und Belegordner beigeschafft seien. Zum jetzigen Zeitpunkt könne die Beschwerdeführerin keine Entgegnung vornehmen, weil sie "bar jeder Unterlagen" sei. In der Folge stellte die Beschwerdeführerin die Anträge, näher bezeichnete Akten einzuholen sowie näher bezeichnete Zeugen zu vernehmen.
In der Folge teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass den in der Äußerung gestellten Anträgen nicht entsprochen werde, weil "die diesbezüglichen Beweisthemen nicht Gegenstand des Haftungsverfahrens" seien. Zudem obliege es der Beschwerdeführerin, allfällige Gründe darzulegen, weshalb ihr die Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht möglich gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie aus, der Verwaltungsgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, über die allgemeine Behauptungslast hinaus die besondere Verpflichtung zur Darlegung jener Gründe treffe, aus denen ihm die Pflichterfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden dürfe, dass er seiner Pflicht schuldhafter Weise nicht nachgekommen sei. Die Beschwerdeführerin sei dieser Verpflichtung zur Behauptung allfälliger haftungsausschließender Tatsachen weder bei ihrer persönlichen Einvernahme noch in ihren Eingaben nachgekommen. Es dürfe somit eine schuldhafte Pflichtverletzung seitens der Beschwerdeführerin angenommen werden. Die Beschwerdeführerin könne sich ihrer Behauptungspflicht in Bezug auf allfällige Schuldausschließungsgründe auch nicht dadurch entziehen, dass sie in Aussicht stelle, sich nach Abschluss des gerichtlichen Strafverfahrens, welches wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung eingeleitet und auf unbestimmte Zeit vertagt worden sei, "entsprechend zu rechtfertigen". Der Einwand, die Beschwerdeführerin könne den Vorhalten der Abgabenbehörde erst dann begegnen "wenn im Strafverfahren sämtliche Buchhaltungsunterlagen wieder herbeigeschafft werden", ändere an dieser Betrachtungsweise schon deshalb nichts, weil die Beschwerdeführerin nicht zu erklären vermocht habe, weshalb sie ohne Einsichtnahme in die Buchhaltung der GmbH außer Stande sei, allfällige Schuldausschließungsgründe auch nur zu behaupten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die Uneinbringlichkeit der in Haftung gezogenen Abgaben bei der Gesellschaft ist nicht strittig. Zutreffend weist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, es sei in solchen Fällen Sache des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet. Eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten ist anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe darlegen kann, auf Grund derer ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen ist; den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1999, 97/13/0236, mit den dort angeführten weiteren Nachweisen).
Ein dem entsprechendes Vorbringen hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht erstattet. In der Berufung beschränkte sich ihre Behauptung darauf, sie hätte den Beweis, warum ihr die Erfüllung ihrer Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung der angefallenen Abgaben nicht möglich gewesen wäre, angetreten, wenn ihr die Behörde dazu Gelegenheit gegeben hätte. Auch mit dem auf ein anhängiges Finanzstrafverfahren gestützten Hinweis, keine Aussage machen zu wollen, kam die Beschwerdeführerin ihrer qualifizierten Behauptungslast nicht nach.
Die Beschwerdeführerin trat aber auch weder dem in der Berufungsvorentscheidung dargestellten Sachverhalt, sie sei die für die steuerlichen Angelegenheiten der L GmbH verantwortliche Geschäftsführerin gewesen und sie habe die steuerrechtlichen und wirtschaftlichen Agenden dritten Personen überlassen, noch der Beurteilung entgegen, in einem solchen Fall sei sie nicht von der Verpflichtung befreit, die beauftragten Personen bei ihrer Tätigkeit in einer Weise zu überwachen, die es ausschlössen, dass ihr Steuerrückstände verborgen blieben.
In einer in Reaktion auf einen Vorhalt der belangten Behörde hinsichtlich der aushaftenden Abgaben erstatteten umfangreichen Äußerung führte die Beschwerdeführerin zwar aus, dass sie den Vorhalten erst "begegnen" könne, wenn "sämtliche Buchhaltungsunterlagen" wieder herbeigeschafft wären. Zutreffend weist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber darauf hin, dass die Beschwerdeführerin nicht zu erklären vermochte, weshalb sie ohne Einsichtnahme in die Buchhaltung der GmbH außerstande gewesen sei, allfällige Schuldausschließungsgründe auch nur zu behaupten.
Auch in ihrer Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin lediglich allgemein, dass es ihr ohne Gelegenheit, "in die gemäß §§ 124 BAO zu führenden Bücher und Aufzeichnungen" Einsicht zu nehmen, nicht möglich gewesen sei, darzutun, weshalb sie nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die L GmbH die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet. Sie begründet aber in keiner Weise, welche konkreten Unterlagen sie zur Erfüllung der ihr obliegenden Behauptungslast benötigt hätte. Sie zeigt insbesondere nicht auf, mit welchen konkreten Buchhaltungsunterlagen sie allenfalls in der Lage gewesen wäre, dem hinsichtlich eines Verschuldens eines Geschäftsführers nicht unberechtigten Vorwurf der Behörde zu begegnen, sie habe die Wahrnehmung steuerlicher Agenden ohne entsprechende Überwachung dritten Personen überlassen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. April 2004
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