VwGH 99/13/0103

VwGH99/13/010327.2.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. Arno Klecan, Rechtsanwalt in Wien I, Bräunerstraße 10/5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, Berufungssenat I, vom 27. Jänner 1999, GZ RV/1114- 10/97, BS-70/98, betreffend Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein ehemaliger Universitätsassistent, war im Jahre 1990 Geschäftsführer einer R. GmbH. In einem Bericht über eine bei dieser GmbH in der Zeit vom Oktober 1990 bis Mai 1991 vorgenommenen Prüfung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen vom 13. Juni 1991 wurde mit detaillierter Begründung die Auffassung vertreten, dass die R. GmbH für die Monate Juli bis Oktober 1990 Vorsteuerbeträge in Höhe von zusammen S 262.205,-- zu Unrecht geltend gemacht hatte.

Die R GmbH gab trotz entsprechender Aufforderung keine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1990 ab. In der Folge erließ das Finanzamt am 6. März 1992 einen Bescheid, in dem ausgesprochen wurde, dass für das Jahr 1990 die Umsatzsteuer für 1990 nicht festgesetzt werde. In der Begründung wurde ausgeführt, wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen seien die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt worden.

Mit einem Schriftsatz vom 16. März 1992 erhob die R. GmbH Berufung gegen die gleichzeitig am 6. März 1992 erlassenen Umsatzsteuerbescheide. Nach den Ausführungen in diesem vom Beschwerdeführer unterfertigten Schriftsatz werde damit die Umsatzsteuererklärung für die Jahre 1989 bis 1990 abgegeben. Danach hätten die Umsätze in diesen Jahren jeweils S 0,-- betragen. Als Vorsteuern wurden für 1988 S 238.338,--, für 1989 S 218.843,-- und für 1990 S 381.594,-- geltend gemacht.

Mit Bescheid vom 31. Mai 1991 leitete die Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der R GmbH das Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs 2 lit a FinStrG hinsichtlich der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Juli bis September 1990 ein. Mit Bescheid vom 2. Februar 1995 dehnte die Finanzstrafbehörde das Strafverfahren hinsichtlich Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Oktober 1990 aus.

Mit Erkenntnis vom 15. September 1997 wurde der Beschwerdeführer der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit. a FinStrG hinsichtlich "1990 S 258.885,--" schuldig erkannt. In der Begründung wurde dazu auf den Prüfungsbericht vom 13. Juni 1991 hingewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung vom Berufungssenat I der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der R GmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Vorauszahlungen eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für 1990 um insgesamt S 258.885,-- bewirkt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Obersten Gerichtshofes als auch des Verwaltungsgerichtshofes wird das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG dann, wenn in der Folge mit Beziehung auf denselben Betrag und denselben Steuerzeitraum die Umsatzsteuerverkürzung auch im Stadium ihrer bescheidmäßigen Festsetzung im Sinne des Tatbestandes des Finanzvergehens nach § 33 Abs 1 FinStrG erfolgt oder zumindest versucht wird, als (straflose) Vortat von dem letzteren Finanzvergehen als Haupttat, in deren Schaden die Folgen der Vortat zur Gänze aufgehen, konsumiert (vgl zB die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 31. Jänner 1996, 13 Os 187/95). Die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs 2 lit a FinStrG ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Strafbarkeit zufolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für denselben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht (vgl die hg Erkenntnisse vom 26. November 1997, Zl 95/13/0040, und vom 15. Juli 1998, Zl 97/13/0106). Dabei sind für die Bestrafung eines Täters nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG klare und eindeutige Feststellungen erforderlich, die eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der Täter nicht ohnehin den Tatbestand nach § 33 Abs 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt hat (vgl das hg Erkenntnis vom 2. August 2000, Zl 98/13/0121).

Im Beschwerdefall ist zunächst davon auszugehen, dass dem Erfordernis des § 138 Abs. 2 lit a FinStrG, nach welcher Bestimmung der Spruch eines Straferkenntnisses die Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat zu enthalten hat, nicht entsprochen worden ist. Nach dem Spruch des erstinstanzlichen Erkenntnisses bezog sich der Tatvorwurf auf einen das Jahr 1990 betreffenden Betrag. Auch die belangte Behörde bezeichnete in der Begründung des angefochtenen Bescheides die hinterzogenen Abgaben mit Umsatzsteuervorauszahlungen "für 1990" im Betrag von S 258.885,--. In den beiden Einleitungsbescheiden war dem Beschwerdeführer aber -

in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung - eine Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen nur für die Monate Juli bis Oktober 1990 vorgeworfen worden. Mit dem Hinweis auf "1990 S 258.885,--" wurde aber die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat nicht hinreichend umschrieben.

Weiters hat sich die belangte Behörde mit der entscheidungswesentlichen Frage, ob der Beschwerdeführer den Tatbestand nach § 33 Abs 1 FinStrG hinsichtlich der (Jahres-)Umsatzsteuer für 1990 erfüllt hat oder nicht, in keiner Weise auseinandergesetzt. Wenn auch bei der Besonderheit des Beschwerdefalles die Unterlassung der Einreichung der Umsatzsteuererklärung unter keinen Umständen zur Verkürzung von Umsatzsteuer durch unrichtige Festsetzung einer Abgabengutschrift führen konnte, so hat der Beschwerdeführer in der Berufung gegen den Bescheid betreffend Unterlassung einer Umsatzsteuerfestsetzung eine Verkürzung von Umsatzsteuer mittels Abgabengutschrift (durch Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen) neuerlich betrieben. Ob dabei der vom Beschwerdeführer mit seinem Berufungsschriftsatz unternommene Versuch der Hinterziehung der Jahresumsatzsteuer für 1990 allenfalls im Hinblick auf die zwischenzeitig vorgenommene abgabenbehördliche Prüfung als absolut untauglich im Sinne des § 13 Abs 3 FinStrG anzusehen wäre, wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein. Dadurch, dass die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob der Beschwerdeführer den Tatbestand der (versuchten) Hinterziehung der Jahresumsatzsteuer 1990 erfüllt hat oder nicht, hat sie das Gesetz verletzt.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Februar 2001

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