VwGH 99/08/0040

VwGH99/08/004017.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, 1. über die zur Zl. 99/08/0040 protokollierte Beschwerde von Mag. A, vertreten durch MMag. Dr. Ernst Denk, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Führichgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten vom 25. August 1998, Zl. 80.214/20-VI.2/98, und

2. über die zur Zl. 2000/08/0077 protokollierte Beschwerde des Dr. S, ebenfalls vertreten durch MMag. Dr. Ernst Denk, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Führichgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten vom 28. März 2000, Zl. 80214/0037e-VI.2/2000, jeweils betreffend Ersatz von Sachleistungen der Krankenversicherung, zu Recht erkannt:

Normen

BKUVG §55 Abs1;
BKUVG §56 Abs1;
BKUVG §56 Abs2;
BKUVG §58 Abs1;
BKUVG §55 Abs1;
BKUVG §56 Abs1;
BKUVG §56 Abs2;
BKUVG §58 Abs1;

 

Spruch:

Zu 1.: Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Zu 2.: Die Beschwerde wird, soweit sie die Abweisung der auf das B-KUVG gestützten Anträge vom 13. März 1997 und vom 22. Dezember 1998 betrifft, als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin zu Zl. 99/08/0040 (im Folgenden Beschwerdeführerin) - Ehefrau des Beschwerdeführers zu Zl. 2000/08/0077 (im Folgenden Beschwerdeführer) - war von August 1993 bis Juni 1995 als Vertragsbedienstete im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung tätig. Im Juni 1995 informierte sie ihren Dienstgeber unter Bekanntgabe des voraussichtlichen Geburtstermines über ihre Schwangerschaft. Das Beschäftigungsverbot begann am 9. November 1995. Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde der österreichischen Botschaft in Washington Dienst zugeteilt und übte dort vom 29. September 1995 bis 31. Juli 1999 die Funktion eines ersten Botschaftssekretärs aus. Am 29. September 1995 übersiedelte die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann nach Washington. Am 28. Dezember 1995 gebar sie die erste Tochter, am 28. August 1997 zwei weitere Töchter (Zwillinge). Die Entbindungen in den USA (Washington) verursachten den Beschwerdeführern Kosten für ärztliche Behandlungen und für Krankenhausaufenthalte im Betrag von umgerechnet insgesamt S 227.818,13. Der Beschwerdeführerin wurden von der Wiener Gebietskrankenkasse für die erste Entbindung S 2.942,40, für die ärztliche Behandlung während der Schwangerschaft S 6.247,20 und für die zweite Entbindung S 4.032,-- , insgesamt somit S 13.224,60 ersetzt.

Die Beschwerdeführerin stellte einen mit 7. August 1998 datierten Antrag auf Ersatz der genannten Kosten an die belangte Behörde und berief sich dabei auf die Bestimmung des § 58 Abs. 1 iVm § 56 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (B-KUVG).

Auch der Beschwerdeführer stellte "aus Gründen der Vorsicht" mehrfach Anträge auf Ersatz der in Rede stehenden Kosten an die belangte Behörde, die er einerseits ebenfalls auf die erwähnten Bestimmungen des B-KUVG stützte (Anträge vom 13. März 1997 und vom 22. Dezember 1998); andererseits beantragte er "aus Gründen der Vorsicht für den Fall, daß der Ersatz auf Grund § 58 Abs. B-KUG nicht bewilligt werden kann", auch die Gewährung eines Auslandsaufenthaltszuschusses gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 und Abs. 3 Gehaltsgesetz (GG) (Anträge vom 25. September und 17. Oktober 1997 sowie vom 22. Juli 1999).

Den Antrag der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. August 1998 "gemäß § 8 AVG i. V.m. § 58 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Z. 1 und 2 B-KUVG zurückgewiesen". Nach der Begründung stehe sie als Ehefrau des Beschwerdeführers in keinem öffentlich-rechtlichen oder sonstigen Rechtsverhältnis zur belangen Behörde, weshalb ihr eine für die Antragstellung gemäß § 58 iVm mit § 56 B-KUVG notwendige Beamteneigenschaft nicht zukomme. Der Anspruch eines Angehörigen des Versicherten könne "lediglich von der Bezugsperson, also vom Beamten im Namen seines Angehörigen, geltend gemacht werden. Eine Antragstellung direkt durch den Angehörigen ist mangels rechtlicher Grundlagen nicht möglich." Resümierend sprach die belangte Behörde der Erstbeschwerdeführerin die Antragslegitimation ab.

Die Anträge des Beschwerdeführers "vom 13. März 1997, vom 25. September 1997, vom 17. Oktober 1997, vom 22. Dezember 1998 und vom 22. Juli 1999 auf Ersatz der Arzt-, Spitals- und Heilmittelkosten ihrer Gattin in Höhe von öS 165.354,13" hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. März 2000 "gemäß § 58 Abs. 1 i.V.m. § 56 Abs. 1 B-KUVG 1967 i.d.F. BGBl. I 1998/123 abgewiesen". Begründend gab die belangte Behörde zunächst das Verwaltungsgeschehen wieder und hob dabei unter anderem hervor, dass sie beim Bundesminister für Finanzen "die Zuerkennung eines Auslandsaufenthaltszuschusses gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 GG 1956" beantragt habe; die Gewährung eines solchen Zuschusses sei jedoch mangels gesetzlicher Deckung sowie wegen der sich daraus ergebenden negativen Beispielswirkung ausgeschlossen. Nach den Bestimmungen des B-KUVG (§ 56 iVm § 58) hätten Angehörige nur dann Anspruch auf Leistungen, wenn sie nicht nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert seien. Die Beschwerdeführerin sei während der Zeit des Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz 1979 und während des Bezuges von Karenzurlaubsgeld nach den einschlägigen Bestimmungen des AlVG und ASVG bzw. B-KUVG krankenversichert gewesen, sodass sie Leistungen aus ihrer eigenen Krankenversicherung hätte beziehen können und auch bezogen habe. Die Beschwerdeführerin sei während des gesamten in Rede stehenden Zeitraumes bei der Wiener Gebietskrankenkasse pflichtversichert gewesen. Nach Überlegungen zur Auslegung von § 58 B-KUVG schloss die belangte Behörde ihre Bescheidbegründung mit dem Hinweis, dass sie die auf die drei Töchter entfallenden Kosten für die beiden Geburten zur Gänze ersetzt habe, lediglich die Beschwerdeführerin habe keinen Anspruch auf Kostenersatz.

Gegen den Bescheid vom 25. August 1998 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 5. März 1999, B 1960/98, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der Ergänzung ihrer Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Gegen den Bescheid vom 28. März 2000 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat zu beiden Beschwerden jeweils eine Gegenschrift erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die in beiden Beschwerdefällen anzuwendenden Bestimmungen des B-KUVG lauten auszugsweise:

" Anspruchsberechtigung während der Versicherung und nach dem Ausscheiden aus der Versicherung

§ 55. (1) Versicherte und deren Angehörige (§ 56) haben Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung, wenn der Versicherungsfall während der Versicherung eingetreten ist oder die Krankheit im Zeitpunkt des Beginnes der Versicherung bereits bestanden hat. ...

Anspruchsberechtigung der Angehörigen

§ 56. (1) Angehörige haben Anspruch auf die Leistungen, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und weder nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes noch nach anderer gesetzlicher Vorschrift krankenversichert sind und für sie auch seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlichrechtlichen Dienstgebers Krankenfürsorge nicht vorgesehen ist. Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland ist auch dann anzunehmen, wenn sie der (die) Angehörige

1. im Zusammenhang mit einem auf einem Dienstauftrag beruhenden Auslandsaufenthalt des Versicherten im Ausland ... aufhält.

(2) Als Angehörige gelten:

  1. 1. der Ehegatte;...
  2. 2. die ehelichen Kinder ... .

    Erkrankung im Ausland

§ 58. (1) Hält sich ein Versicherter im dienstlichen Auftrag im Ausland auf, so erhält er für die Dauer des Auslandsaufenthaltes die ihm nach diesem Bundesgesetz zustehenden Sachleistungen vom Dienstgeber. Dies gilt auch für Angehörige (§ 56), wenn und so lange sie sich aus einem der in § 56 Abs. 1 Z. 1 und 2 angeführten Gründe im Ausland aufhalten. ...

Umfang des Versicherungsschutzes im Versicherungsfall der Mutterschaft

§ 73. Der Versicherungsfall der Mutterschaft umfaßt die Schwangerschaft, die Entbindung und die sich daraus ergebenden Folgen, soweit diese Folgen nicht als Versicherungsfall der Krankheit anzusehen sind.

Anspruchsberechtigte auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft

§ 74. (1) Anspruch auf die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft (§ 52 Z 3) haben die Versicherten sowie bei Zutreffen der Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung nach § 56 die dort genannten weiblichen Angehörigen...."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - wie sich aus dem Wortlaut des § 56 Abs. 1 in Zusammenhang mit dem Einleitungssatz des § 55 Abs. 1 B-KUVG ergibt - den in § 56 Abs. 2 genannten Angehörigen allgemein ein unmittelbarer Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung eingeräumt, wogegen der Versicherte selbst nicht Leistungen aus der Krankenversicherung für den Angehörigen beanspruchen kann (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 20. Juni 2001, Zl. 98/08/0156, mit weiteren Judikaturnachweisen; vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0251, und vom 17. November 1992, Zl. 91/08/0091). Dies gilt auch für die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Dienstgeber des versicherten Beamten (gemäß § 58 Abs. 1 B-KUVG) (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 1983, Zl. 81/08/0161, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1984, Slg. 10276).

Für den Versicherungsfall der Mutterschaft ergibt sich der Leistungsanspruch der weiblichen Angehörigen (Mutter) zudem aus der Bestimmung des § 74 Abs. 1 B-KUVG.

zu 1.: Die von der belangten Behörde in der Begründung des (die Beschwerdeführerin betreffenden) Bescheides vertretene Rechtsauffassung, der Anspruch eines Angehörigen könne nur "vom Beamten im Namen seines Angehörigen geltend gemacht werden", widerspricht dieser Rechtslage, weshalb der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Ergänzend ist anzumerken, dass sich die Begründung des angefochtenen Bescheides und die Ausführungen in der ergänzten Beschwerde ausschließlich mit der Antragslegitimation der Beschwerdeführerin beschäftigen, weshalb nur diese Frage zu beantworten war.

zu 2.: Soweit in dem (den Beschwerdeführer betreffenden) Bescheid über jene Anträge vom 13. März 1997 und vom 22. Dezember 1998 abgesprochen worden ist, in denen er Leistungen nach den Bestimmunen des B-KUVG beansprucht hat, war nach der dargestellten Rechtslage - unabhängig davon, ob der Anspruch begründet ist - nicht er, sondern nur seine Angehörige, somit die Beschwerdeführerin, zur Geltendmachung des Anspruches legitimiert. Dadurch dass die belangte Behörde diese Anträge des Beschwerdeführers abgewiesen (und damit bloß ihm gegenüber verneint hat) und nicht - wie in einem solchen Fall zutreffend - zurückgewiesen hat, ist er in keinen Rechten verletzt worden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Eingehen auf die Beschwerdeargumente zum Anspruch selbst.

Soweit die belangte Behörde über Anträge des Beschwerdeführers abgesprochen hat, mit denen dieser einen Zuschuss nach den Bestimmungen des Gehaltsgesetzes beanspruchte (Anträge vom 25. September und 17. Oktober 1997 sowie vom 22. Juli 1999), wird darüber der nach der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes für diese Materie zuständige Senat entscheiden, der auch die Kostenentscheidung zu treffen haben wird.

Die Kostenentscheidung zur Zl. 99/08/0040 beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 17. Dezember 2002

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