VwGH 99/05/0227

VwGH99/05/022725.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Liying Zhang in Wien, vertreten durch Dr. Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 13, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 17. August 1999, Zl. MD-VfR - B XIV - 46/98, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
BauO Wr §70;
BauO Wr §71;
BauO Wr §71b Abs1 idF LGBl 1998/046;
BauO Wr §71b Abs5 idF LGBl 1998/046;
BauO Wr §71b idF 1998/046;
BauRallg;
AVG §13 Abs1;
BauO Wr §70;
BauO Wr §71;
BauO Wr §71b Abs1 idF LGBl 1998/046;
BauO Wr §71b Abs5 idF LGBl 1998/046;
BauO Wr §71b idF 1998/046;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 12. August 1997 bei der Behörde eingelangten Ansuchen hat die Beschwerdeführerin die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die Errichtung einer Garage samt dem Zubau eines Schwimmbades und baulicher Änderungen am Haus in Wien XIV, Tinterstraße 42, beantragt.

Mit Bescheid vom 24. August 1998 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/14, unter I gemäß §§ 70 und 71 BO unter Bezugnahme auf die mit Bescheid vom 18. August 1997 bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen die Bewilligung für den im hinteren Teil der Liegenschaft errichteten ebenerdigen Zubau, enthaltend ein Schwimmbad sowie die an der südlichen Gebäudefront des Zubaues hergestellten Außentreppe, unter der ein Geräteraum angeordnet ist, versagt.

Weiters wurde die Baubewilligung für die vor dem Schwimmbad errichtete Terrasse und den Umbau der in der südlichen Abstandsfläche und teilweise im Vorgarten bestehenden Garage zu einem Abstellraum sowie die vor dem Abstellraum durch die Errichtung eines bis an die Baulinie reichenden Zubaues im Vorgarten in Form einer Kleingarage versagt.

Unter II. wurde gemäß § 70 der Bauordnung für Wien die nachträgliche Bewilligung erteilt, im bestehenden Wohnhaus durch Aufstellen von Scheidewänden im Erdgeschoß einen Vorraum und im Dachgeschoß einen Abstellraum einzubauen sowie die Trassenführung der Hauskanalanlage abzuändern.

Ausschließlich gegen die Versagung der Baubewilligung brachte die Beschwerdeführerin, nunmehr anwaltlich vertreten, am 18. September 1998 die Berufung ein, in der sie darauf hinwies, die Baubehörde habe von der im § 69 BO vorgesehenen Regelung keinen Gebrauch gemacht. Sie habe der Beschwerdeführerin aber auch keine Änderung des Bauansuchens oder eine Antragstellung nach § 69 BO nahe gelegt. Die Voraussetzungen für die Ausnahmebestimmungen des § 69 BO lägen vor.

Mit Schreiben der Magistratsdirektion - Rechtsmittelbüro vom 25. November 1999 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, ihr Baugesuch so abzuändern, dass es im Sinne des § 69 BO bewilligungsfähig würde, von dieser Möglichkeit hat sie keinen Gebrauch gemacht.

Mit Bescheid vom 17. August 1999 hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Versagung der Baubewilligung abgewiesen. Begründend wurde näher dargelegt, warum weder die Voraussetzungen nach § 69 BO noch eine Bewilligungsmöglichkeit nach § 70 oder 71 BO gegeben seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass sie mit Straferkenntnis des MBA 13/14 vom 5. Juni 1997 wegen des gegenständlichen Zubaues (ausgeführt in der Zeit vom 3. März bis 13. März 1997) bestraft worden sei. Auf Grund dieses Bescheides stehe fest, dass die beanstandete Bauausführung vor dem 1. Mai 1997 errichtet worden sei. Die Voraussetzungen des § 71b BO, LBGl. Nr. 46/1998, lägen somit vor, weshalb eine entsprechende Sonderbaubewilligung zu erteilen gewesen wäre. Es sei der Beschwerdeführerin weder eine Rechtsbelehrung in dieser Hinsicht erteilt worden, noch im Verfahren die Möglichkeit einer Genehmigung der vor dem 1. Mai 1997 errichteten Bauten behandelt worden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie wies darauf hin, dass die Beschwerdeführerin am 12. August 1997 um nachträgliche Baubewilligung angesucht habe. Eine Bezugnahme auf § 71b BO sei dabei nicht erfolgt und sei zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht möglich gewesen, weil die zitierte Bestimmung erst am 4. September 1998 in Kraft getreten sei. Der Antrag der Beschwerdeführerin habe daher nur als solcher um Erteilung einer Baubewilligung auf Dauer nach § 70 BO verstanden werden können. Jede andere Deutung, vor allem als Antrag nach § 71b BO, sei im Lichte der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Baubewilligung nur über Antrag durch schriftlichen Bescheid erteilt werden könne, unzulässig. Überdies hätte die Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 71b BO das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bzw. auf einfachgesetzlicher Ebene das Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung verletzt. Die Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG habe nicht bestanden, weil die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren rechtsfreundlich vertreten gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. II Abs. 4 der Novelle zur Wiener Bauordnung, LGBl. Nr. 46/1998, trat diese Novelle am 4. September 1998 in Kraft. Hinsichtlich der Bestimmung des § 71b BO enthält die Novelle keine Übergangsbestimmung. Nach § 71b Abs. 1 BO ist für bestehende Gebäudeteile oder bauliche Anlagen, die vor dem 1. Mai 1997 errichtet worden sind, eine erforderliche Baubewilligung nicht haben und auch nach §§ 70, 70a, 71 oder 71a nicht bewilligt werden können, auf Antrag eine Sonderbaubewilligung mit schriftlichem Bescheid nach Maßgabe der folgenden Absätze zu erteilen. Nach Abs. 5 dieser Bestimmung gilt die Sonderbaubewilligung als Baubewilligung im Sinne des § 71, jedoch höchstens für 10 Jahre. Nach Abs. 6 dieser Bestimmung entscheidet über den Antrag auf Sonderbaubewilligung der Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung (§ 133). Das Ermittlungsverfahren führt der Magistrat, bei dem auch der Antrag einzubringen ist. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens hat der Magistrat den Antrag an den zuständigen Bauausschuss weiterzuleiten.

Es trifft zu, dass eine Baubewilligung ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt ist, der nur dann rechtmäßig ist, wenn ein auf seine Erlassung gerichteter Antrag einer Partei vorliegt. Dies gilt aber nicht nur für § 71b BO, sondern auch für Bewilligungen nach §§ 70 und 71 dieses Gesetzes; dass ein gesonderter Antrag auf Erteilung einer Sonderbaubewilligung eingebracht werden müsste, ist der zitierten Bestimmung des § 71b Abs. 1 oder einer anderen Bestimmung der Wiener Bauordnung nicht zu entnehmen.

Die dem Baubewilligungsantrag zu Grunde liegende Absicht des Bauwerbers ist die Erlangung der beantragten Bewilligung. Widerspricht daher ein zur Bewilligung eingereichtes Bauvorhaben den gesetzlichen Bestimmungen, so hat die Behörde davon auszugehen, dass der Bewilligungsantrag auch den Antrag des Bauwerbers auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 71 BO umfasst; diese Prüfung hat sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde vorgenommen, ohne dass darauf ein gesonderter Antrag der Beschwerdeführerin gerichtet gewesen wäre. Nichts anderes kann grundsätzlich gelten, wenn nur eine Bewilligung gemäß § 71b BO in Betracht kommt, da der Baubewilligungsantrag, der auf Grund der vorgelegten Projektsunterlagen den zu bewilligenden Gegenstand umschreibt und den Bauwillen des Antragstellers zum Ausdruck bringt, somit auch den im § 71b BO für die Bewilligungsfähigkeit eines Vorhabens erforderlichen Antrag auch unter dem Gesichtspunkt des § 71b BO umfasst, wenn die Sachbehauptung aufgestellt wurde, dass die bauliche Anlage vor dem 1. Mai 1997 errichtet wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. November 1999, Zl. 99/05/0151, zu § 36 Abs. 1 Oö Bauordnung 1994).

Angewendet auf den Beschwerdefall bedeutet dies allerdings, dass das am 12. August 1997 bei der Baubehörde erster Instanz eingebrachte Ansuchen nicht den Antrag auf Erteilung einer Sonderbaubewilligung gemäß § 71b BO mitumfassen konnte, weil diese Bestimmung zu diesem Zeitpunkt noch nicht dem Rechtsbestand angehörte. Im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung war die Rechtslage allerdings insofern geändert, als die zitierte Bestimmung des § 71b BO am 4. September 1998 in Kraft getreten war. Sachverhaltsbezogene Hinweise dafür, dass das gesamte Bauprojekt, auf das sich die Versagung der Baubewilligung bezogen hat, bereits vor dem 1. Mai 1997 verwirklicht worden sei, waren weder der Berufung noch einem anderen Vorbringen während des Berufungsverfahrens zu entnehmen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich auch aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Straferkenntnis vom 5. Juni 1997 nicht, dass die baulichen Maßnahmen, auf die sich die Versagung der Baubewilligung bezog, bereits am 1. Mai 1997 verwirklicht worden wären, bezieht sich doch dieses Straferkenntnis nur auf Arbeiten zur Herstellung eines Zubaues, und zwar die Fertigstellung einer Stallbetonfundamentplatte im Ausmaß von ca. 40 m2 und die Herstellung des aufgehenden Kellermauerwerks.

Ohne konkrete Hinweise darauf, dass die beantragten baulichen Maßnahmen bereits vor dem 1. Mai 1997 vollendet gewesen seien, war aber die belangte Behörde nicht gehalten, Überprüfungen dahingehend anzustellen, ob das Bauvorhaben gemäß § 71b BO bewilligungsfähig wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes befreit nämlich der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsbehörde von Amtswegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, es ist daher die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1991, Zl. 90/06/0115, mwH). Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, die Bewilligungsmöglichkeit nach § 71b BO zu behandeln und allenfalls den erstinstanzlichen Bescheid zu beheben, um der zuständigen Behörde (Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung) eine Bescheiderlassung zu ermöglichen.

Eine Verletzung der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG liegt nicht vor, weil im erstinstanzlichen Verfahren die Möglichkeit der Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 71b BO noch nicht bestanden hat, und die Beschwerdeführerin bei Einbringung der Berufung nach dem 4. September 1998 bereits anwaltlich vertreten war.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos geworden.

Wien, am 25. Jänner 2000

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