VwGH 98/12/0280

VwGH98/12/028013.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. August 1998, Zl. Bi-010127/8-1998-Zei, betreffend Zurechnung von Jahren nach § 9 des Pensionsgesetzes 1965, zu Recht erkannt:

Normen

PG 1965 §9 Abs1;
PG 1965 §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1940 geborene Beschwerdeführer steht als "Direktor des polytechnischen Lehrganges in Ruhe" in einem öffentlichrechtlichen Pensionsverhältnis zum Land Oberösterreich. Seine letzte Dienststelle war der Landesschulrat für Oberösterreich.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 25. August 1992 wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 30. September 1992 in den Ruhestand versetzt, weil er infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens ein Jahr vom Dienst abwesend und dienstunfähig gewesen war. Mit Schreiben vom 22. Oktober 1992 ersuchte der Landesschulrat die Landessanitätsdirektion unter Bezugnahme auf § 9 des Pensionsgesetzes um Ergänzung des aus Anlass des Ruhestandsversetzungsverfahrens erstatteten Gutachtens dahingehend, ob der Beschwerdeführer zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden sei.

In dem daraufhin erstatteten Gutachten vom 30. Dezember 1992 wird ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer seit Jahren Kopfschmerzen bestünden, welche ihn in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigten. Es sei bisher zu keiner konsequenten Therapieführung gekommen. Auf Grund seiner subjektiv geäußerten Beschwerden könne aus medizinischer Sicht ein Einsatz als Lehrkraft nicht mehr empfohlen werden. Der Beschwerdeführer sei jedoch zu jeglicher Arbeit im administrativen Bereich fähig. Es sei festzuhalten, dass die Außerdienststellung eher die Fixierung der Beschwerden bewirke und eine Besserung daher nicht erreicht werden könne. Es erscheine aus medizinischer Sicht sinnvoller, den Beschwerdeführer im Bereich der Verwaltung einzusetzen und gleichzeitig eine Psychotherapie durchzuführen.

Mit Schreiben vom 8. Jänner 1993 teilte der Landesschulrat für Oberösterreich dem Beschwerdeführer mit, dass laut amtsärztlichem Gutachten eine Anrechnung von Dienstjahren gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 nicht gerechtfertigt erscheine.

Der Beschwerdeführer gab hiezu mit Schreiben vom 21. Jänner 1993 eine Stellungnahme ab, in der er ausführte, dass er seine Angaben über seine Beschwerden wiederhole. Diese bestünden in schwersten Kopfschmerzen, die den ganzen Tag andauerten. Diese Kopfschmerzen träten auch nachts auf und er leide außerdem unter Schlafstörungen; Medikamente müssten dabei in höchsten Dosierungen eingenommen werden. Die Häufigkeit der Anfälle liege bei drei bis fünf mal pro Woche; auch an schmerzfreien Tagen sei er durch die hohe Dosierung der Medikamente stark beeinträchtigt. Seiner Meinung nach hätten diese Beschwerden nichts mit seiner Berufsausübung als Lehrer zu tun, sondern träten in jeglicher Lebenssituation auf. Dieses Krankheitsbild würde sich auch im Falle seines Einsatzes im Verwaltungsbereich nicht ändern. Durch seinen mehr als ein Jahr dauernden Krankenstand sei bewiesen, dass auch eine administrative Tätigkeit nicht möglich sei. Da auch seine Mutter schwerst migränekrank gewesen sei und im zunehmenden Maße auch seine Tochter unter denselben Beschwerden leide, nehme er an, dass in seiner Familie eine Disposition zu dieser Krankheit vorliege und dass nicht psychologische Gründe ausschlaggebend seien, die durch eine psychotherapeutische Behandlung zu heilen wären. Außerdem sei er laufend in nervenärztlicher Behandlung. Aus diesen Gründen sei er der Meinung, dass er nicht nur dienstunfähig als Lehrer, sondern generell zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden sei.

Mit Bescheid des Landesschulrates von Oberösterreich vom 15. März 1993 wurde gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 verfügt, dass aus Anlass der Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand mit Ablauf des 30. September 1992 aus gesundheitlichen Gründen keine Zurechnung von Dienstjahren zu erfolgen habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausführte, dass bei der Ablehnung der Zurechnung von Dienstjahren lediglich vom Gutachten des Dr. S. ausgegangen worden sei, der festgestellt habe, dass er zu jeglicher Arbeit im administrativen Bereich fähig sei. Hätte sich der Gutachter mit seiner beruflichen Situation auseinander gesetzt, wäre er jedoch zur Erkenntnis gelangt, dass er als Leiter eines Polytechnischen Lehrganges mit geringer Lehrverpflichtung bereits bis zu seiner Pensionierung fast ausschließlich administrative Tätigkeiten verrichtet habe. Deshalb erscheine ihm die ärztliche Beurteilung mangelhaft und anzuzweifeln und könne nicht als Grundlage einer Ablehnung genommen werden, weil es durchaus gegenteilige fachmedizinische Gutachten gebe. Er sei ein Jahr wegen seiner schweren Krankheit im "Krankenstand" gewesen; dies beweise, dass er auch zu keinen administrativen Arbeiten fähig sei.

Mit Bescheid vom 7. April 1993 gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der von der erstinstanzlichen Dienstbehörde beigezogene Amtsachverständige habe in seinem Gutachten zusammenfassend beurteilt, dass der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht nicht mehr als Lehrkraft eingesetzt werden könnte, jedoch noch zu jeglicher Arbeit im administrativen Bereich fähig wäre. Die Außerdienststellung bewirkte eher die Fixierung der Beschwerden; aus medizinischer Sicht wäre es daher sinnvoller, dem Beschwerdeführer unter Durchführung einer Psychotherapie im Bereich der Verwaltung einzusetzen. Die belangte Behörde erachte dieses Gutachten, aus dem sich ergebe, dass der Beschwerdeführer zu einem zumutbaren Erwerb außerhalb des Schulbereiches fähig wäre, als schlüssig begründet. Der Beschwerdeführer sei auf Grund seines körperlichen und geistigen Zustandes in der Lage, eine Tätigkeit, die in der sozialen (gesellschaftlichen) Geltung seiner Fortbildung und seiner erreichten dienstrechtlichen Stellung annähernd gleichkomme, auszuüben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 93/12/0144, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Das im Beschwerdefall durchgeführte Verfahren sei den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren nicht gerecht geworden. Die belangte Behörde habe sich in ihrem Bescheid vom 7. April 1993 nicht mit der Fragestellung auseinander gesetzt, ob der Beschwerdeführer zu einem zumutbaren Erwerb "unfähig geworden" sei, sondern die (vorliegendenfalls nicht entscheidungswesentliche) Möglichkeit der Verwendung des Beschwerdeführers auf einem Ersatzarbeitsplatz aufgezeigt. Ein berufskundliches Gutachten sei nicht eingeholt worden. Die belangte Behörde gehe in der Begründung des Bescheides vom 7. April 1993 nicht auf die Einwendungen des Beschwerdeführers, er hätte drei bis fünf Migräneanfälle pro Woche, wäre auch an schmerzfreien Tagen durch die hohe Dosierung der Medikamenteneinnahme stark beeinträchtigt und dieses Krankheitsbild würde sich auch im Fall seines Einsatzes im Verwaltungsbereich nicht ändern, nicht eingegangen; sie habe hiezu keine entsprechenden Erhebungen gepflogen und keine Feststellungen getroffen, ob der Beschwerdeführer bei den von ihm behaupteten Leidenszuständen zu einer geregelten Arbeitszeit überhaupt fähig wäre.

Zur Vermeidung weiterer Wiederholungen wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das zitierte Erkenntnis vom 14. Mai 1998 verwiesen.

Zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens ersuchte die belangte Behörde die Landessanitätsdirektion um Erstellung eines Gutachtens, um ihr eine Beurteilung nach § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 zu ermöglichen.

Hierauf erstattete Dr. Ha. von der Landessanitätsdirektion am 24. Juni 1998 ein Gutachten über den Leidenszustand des Beschwerdeführers und die Betätigungen, die er nach seiner körperlichen und geistigen Konstitution noch verrichten könne.

Dieses lautet auszugsweise (die Namen wurden anonymisiert):

"Befund:

Im übermittelten Personalakt eingesehene Unterlagen:

...

  1. c) Gutachten San-223.565/3-1992/Scö vom 30. Dezember 1992: ...
  2. d) Gutachten San-223565/1-1992/Scö vom 22. April 1992: ...
  3. e) Sachverständigen Befund Dr. Hu., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 3. Juli 1992: ...

    Beurteilung:

    Beurteilungsrelevanter Zeitraum für den Gesundheitszustand bzw. Auswirkungen auf die berufliche Einsatzfähigkeit ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung ..., nämlich der 30. September 1992. Für diesen relevanten Zeitraum gibt es aus hs. fachlicher Sicht nach Durchsicht der gesamten vorliegenden Aktenunterlagen einen einzigen geeigneten fachärztlichen Befund, welcher zum Gesundheitszustand und den gegebenen Beschwerden ... Stellung nimmt und woraus Rückschlüsse auf die Berufsfähigkeit gezogen werden können. Es ist dies der Sachverständigenbefund Dr. Hu., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 3. Juli 1992. Dieser fachärztliche Befund ist sehr ausführlich, setzt sich mit den subjektiv angegebenen Beschwerden auseinander, beinhaltet auch einen allgemeinen Befund sowie im speziellen einen neurologischen und psychischen Befund. Aus hs. Sicht ist sehr wesentlich, dass sowohl im allgemeinen Befund ein ausreichender Allgemein- und Ernährungszustand beschrieben wird, als auch im neurologischen und psychischen Befund keine relevanten Beeinträchtigungen objektivierbar sind. So ist der von Dr. Hu. erhobene Status neurologicus bis auf eine druckschmerzhafte Nackenmuskulatur unbeeinträchtigt und auch im Status psychicus wird von Dr. Hu. dezidiert festgehalten, dass beim Untersuchten ein völlig unbeeinträchtigtes Lang- und Kurzzeitgedächtnis vorliegt und insgesamt keine tiefgreifende Veränderung im mnestischen Bereich feststellbar ist, das Denken ist inhaltlich und formal unbeeinträchtigt. Einschränkungen beschreibt Dr. Hu. im Persönlichkeitsbereich, er beschreibt den Untersuchten als resignativ und wenig motiviert mit fehlenden Zukunftsperspektiven. Die Kopfschmerzsituation, wie sie vom Untersuchten geschildert wird und von Dr. Hu. bei den "Vorerkrankungen" genau und detailliert dargestellt wird, wird aus Sicht Dr. Hu. realistisch geschildert. Als Diagnose wird im nervenfachärztlichen Gutachten ein chronischer Spannungskopfschmerz bei neurotischer Persönlichkeitsentwicklung mit psychosomatischen Ausdruck sowie ein Analgetika-Abusus festgehalten.

    In seiner abschließenden Beurteilung gelangt Dr. Hu. zu dem Ergebnis, dass das Krankheitsbild ... chronisch ist, es in hohem Maße behandlungsbedürftig, von der Prognose eher ungünstig und wegen der ungünstigen Persönlichkeitsmerkmale bzw. der Wirksamkeit auf seine Umgebung, so auch auf die Schüler, wird aus nervenärztlicher Sicht ein Einsatz als Lehrkraft nicht mehr für empfehlenswert gehalten.

    Insgesamt muss aus hs. Sicht gesagt werden, dass aus dem Gutachten Dr. Hu. höchstens eine Nichteignung für die weitere Tätigkeit als Lehrkraft erklärt werden kann, eine generelle Nichteignung für jede andere berufliche Tätigkeit kann daraus nicht abgeleitet werden. Es lassen sich trotz chronischen Kopfschmerzen und Analgetika-Abusus aus hs. Sicht keine so gravierenden Beeinträchtigungen objektivieren - Dr. Hu. stellt im psychischen Befund exakt fest, dass keine funktionellen Defizite vorliegen -, dass eine generelle Arbeitsunfähigkeit nachvollziehbar wäre. Aus hs. Sicht liegt unter Berücksichtigung des Gutachtens Dr. Hu. .... eine Nichteignung für (die) spezifische Tätigkeit, nämlich für die Unterrichtstätigkeit sowie seine leitende Funktion als Direktor vor. Dies lässt sich damit erklären, dass sowohl der Lehrberuf als auch die leitende Funktion als Direktor besonders hohe geistige Anforderungen mit sich bringen, ein besonders hohes Maß an persönlicher Umstellfähigkeit, großer Verantwortung, voller geistiger Präsenz über mehrere Stunden wird bei dieser Tätigkeit verlangt. Die Nichteignung für die bisherige Tätigkeit ... erklärt sich somit insbesondere aus den besonders hohen mit dieser speziellen Tätigkeit verbundenen Anforderungen und Belastungssituationen. Für andere Tätigkeiten außerhalb der Unterrichtstätigkeit ausgenommen von Leiterfunktionen ergibt sich weiterhin eine gesundheitliche Eignung. Aus medizinischer Sicht wäre z.B. für administrative Tätigkeiten (nicht in der speziellen leitenden Funktion als Direktor) sowie in der Verwaltung oder als Bibliothekar die erforderliche gesundheitliche Eignung gegeben. Auch wenn man davon ausgeht, dass 3-5 x pro Woche Migräneanfälle auftreten (subjektive Angaben, welche durch keinerlei fachärztliche Befunde objektiviert werden können) lässt sich daraus noch keine dauernde Arbeitsunfähigkeit ableiten, Migräneanfälle sind grundsätzlich behandelbar und beeinträchtigen höchstens kurzfristig bzw. vorübergehend den beruflichen Einsatz. Auch zur Behauptung ..., wonach auch an den schmerzfreien Tagen durch die hohe Dosierung der Medikamenteneinnahme eine Beeinträchtigung vorliegen würde, muss festgehalten werden, dass es sich dabei um eine subjektive Behauptung handelt, aus nervenärztlicher Sicht wurden weder im neurologischen noch im psychischen Befund von Dr. Hu. gravierende Beeinträchtigungen objektiviert. Auch wenn durch den Analgetika-Abusus die subjektive Befindlichkeit bzw. das subjektive Wohlbefinden beeinträchtigt ist, lässt sich daraus keine für eine Arbeitsunfähigkeit maßgebliche und dauernde Einbusse im funktionellen Leistungsbereich ableiten. Auch hat sich naturgemäß der etwa 1-jährige Krankenstand ... auf (die) spezielle Tätigkeit im Lehrberuf bzw. als Schuldirektor bezogen. Es kann daraus ebenfalls aus medizinischer Sicht nicht auf eine generelle Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden."

    Die belangte Behörde übermittelte dieses Gutachten dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 29. Juni 1998 zur Stellungnahme.

    Mit seiner Eingabe vom 23. Juli 1998 nahm der - nunmehr gewerkschaftlich vertretene - Beschwerdeführer im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass sich sein Gesundheitszustand seit seiner Ruhestandsversetzung in keiner Weise gebessert, sondern - unter drastischer Steigerung der Medikamenteneinnahme - gravierend verschlechtert habe. Seines Erachtens wäre es möglich gewesen, auch zum jetzigen Zeitpunkt eine neuerliche Befundung und Begutachtung durchzuführen und nicht lediglich ein Gutachten zu erstellen, das sich auf einen Befund aus dem Jahre 1992 stütze. Der Beschwerdeführer habe seine Bedenken bzw. Einwendungen gegen den Sachverständigenbefund Dris. Hu. ausführlich in seiner (zur hg. Zl. 93/12/0144 protokollierten) Verwaltungsgerichtshofbeschwerde dargetan und erhebe diese Ausführungen zum Inhalt seiner nunmehrigen Stellungnahme. Hervorzuheben sei nochmals, dass die Ursache seines schwer beeinträchtigten Zustandes in keiner Weise in einer psychischen Fehlentwicklung liege und die Diagnose "neurotische Persönlichkeitsentwicklung mit psychosomatischen Ausdruck" von Dr. Hu. schon aus den sonstigen Ausführungen seines eigenen Gutachtens nicht nachvollziehbar und zweifellos nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechend sei.

    Wenn nun Dr. Ha. auf Grundlage des nach Ansicht des Beschwerdeführers unschlüssigen und nicht nachvollziehbaren Befundes von Dr. Hu. zu dem Ergebnis komme, dass er auf Grund seines Gesundheitszustandes für seine spezifische Tätigkeit, nämlich die Unterrichtstätigkeit sowie seine leitende Funktion als Direktor, nicht mehr geeignet sei, jedoch für andere Tätigkeiten außerhalb der Unterrichtserteilung, ausgenommen Leiterfunktionen, noch gesundheitlich geeignet sei, bringe er vor, dass die beispielhaft angegebenen administrativen Tätigkeiten sowie die Tätigkeit in der Verwaltung oder Bibliothekar ihm zweifelsfrei nicht mehr zugemutet werden könnten, weil sie seiner sozialen Geltung nach seiner früheren Beschäftigung, seiner dienstlichen Stellung und Fortbildung nicht annähernd gleich kämen und die Aufnahme dieser Tätigkeiten von ihm auch nach seinen sonstigen persönlichen Lebensumständen billigerweise keinesfalls erwartet werden könne. Da ihm zweifelsohne weder administrative Tätigkeiten noch Tätigkeiten in der Verwaltung oder als Bibliothekar zugemutet werden könnten, erübrige sich seines Erachtens auch die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens und er ersuche, seiner Berufung stattzugeben.

    Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 15. März 1993 neuerlich ab und bestätigte ihn. Begründend führte sie aus, sie habe im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 14. Mai 1998 nunmehr ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und ein amtsärztliches Gutachten zur Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit ein weiterer Zeitraum im Sinn des § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 hinzuzurechnen sei, eingeholt. Die beigezogene medizinische Amtsachverständige habe sich nach Ansicht der belangten Behörde in ihrem Gutachten vom 24. Juni 1998 unter Einbeziehung sämtlicher zum damaligen Zeitpunkt vorliegender aktenkundiger medizinischer Befunde sehr ausführlich mit dem Leidenszustand des Beschwerdeführers und mit der Frage auseinander gesetzt, welche Betätigungen er im maßgeblichen Beurteilungszeitraum noch zu verrichten im Stande gewesen sei.

    Nach Wiedergabe des zitierten Gutachtens im engeren Sinn führte die belangte Behörde weiter aus, sie erachte das ausführliche amtsärztliche Gutachten auf Grund der darin enthaltenen mängelfreien Ausführungen als entsprechend begründet und schlüssig. Daraus ergebe sich zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung trotz seiner bestehenden Leiden zu einer Erwerbstätigkeit außerhalb des Lehr- bzw. Leiterberufes fähig gewesen sei. Dies vor allem deshalb, weil die von ihm angeführten Migräneanfälle (drei bis fünf Mal pro Woche) grundsätzlich behandelbar seien und allenfalls nur kurzfristig bzw. vorübergehend den beruflichen Einsatz beeinträchtigten. Zur Behauptung des Beschwerdeführers, auch an den schmerzfreien Tagen würde durch die hohe Dosierung der Medikamenteneinnahme eine Beeinträchtigung vorliegen, sei im amtsärztlichen Gutachten festgehalten, dass es sich hiebei um eine subjektive Behauptung handle, jedoch aus nervenärztlicher Sicht weder im neurologischen noch im psychischen Befund des Dr. Hu. gravierende Beeinträchtigungen objektiviert worden seien. Trotz Beeinträchtigung des subjektiven Wohlbefindens lasse sich daraus keine für eine Arbeitsunfähigkeit maßgebliche und dauernde Einbuße im funktionellen Leistungsbereich ableiten. Auf Grund dieser schlüssigen und begründeten Ausführungen sei nach Ansicht der belangten Behörde die Einsatzfähigkeit des Beschwerdeführers im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit oder Fähigkeit zur Selbstorganisation) jedenfalls gegeben gewesen. Die in seiner Stellungnahme vom 23. Juli 1998 angeführte Verschlechterung seines Gesundheitszustandes seit seiner Ruhestandsversetzung sei wegen des für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunktes (30. September 1992) in diesem Verfahren ohne Bedeutung. Nach Ansicht der belangten Behörde sei eine sechs Jahre nach dem "Beurteilungszeitraum" vorzunehmende ärztliche Untersuchung des Beschwerdeführers weder zwingend erforderlich noch zielführend.

    Weiter sei zu klären, ob dem Beschwerdeführer jene Erwerbstätigkeit, die er nach seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit vom medizinischen Standpunkt aus noch ausüben könnte, auch zumutbar sei. Zur Frage der Zumutbarkeit von Erwerbstätigkeiten habe der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt, dass die beispielsweise angenommene Tätigkeit des Bibliothekars auch für einen Lehrer sozial zumutbar sei. Das Vorbringen in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 23. Juli 1998, dass ihm weder administrative Tätigkeiten noch Tätigkeiten in der Verwaltung noch als Bibliothekar zugemutet werden könnten, gehe ins Leere.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

    Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zurechnung von zehn Jahren zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit nach § 9 des Pensionsgesetzes 1965 verletzt.

    Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, es sei rechtlich verfehlt, dass er bei drei bis fünf Migräneanfällen pro Woche noch erwerbsfähig sei, weil damit ein Entfall von durchschnittlich etwa 60 % der möglichen Arbeitszeit verbunden sei.

    Die Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers sei mangels jeglicher Leistungsfähigkeit absolut zu verneinen. Es sei unklar geblieben, an welche Art von Bibliothekarstätigkeit die belangte Behörde gedacht habe. Eine solche in selbständiger Form (als Leiter der Bibliothek oder alleiniger Bibliothekar einer kleineren Bibliothek) komme offensichtlich selbst dann nicht in Frage, wenn man fälschlich annehme, die Migräneanfälle dauerten jeweils nur Stunden und nicht einen ganzen Tag. Eine untergeordnete Bibliothekarsgehilfentätigkeit wäre aber andererseits im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer zuletzt innegehabte leitende Stellung nicht zumutbar. Die Bezugnahme der belangten Behörde auf die sonstige Verwaltungstätigkeit sei nicht konkret, sodass dem keine Relevanz zukomme. Zur gehörigen Klarstellung allfälliger Berufsmöglichkeiten hätte ein berufskundliches Gutachten eingeholt werden müssen.

    Damit zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheid auf:

    Betreffend die Darstellung der Rechtslage und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den formell- und materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 - in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung der 8. Pensionsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 426/1985 - wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in der vorliegenden Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1998, Zl. 93/12/0144, verwiesen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, hat die belangte Behörde in Anwendung des § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 auf Grund eines nachvollziehbaren und schlüssigen Sachverständigengutachtens festzustellen, welche Erwerbstätigkeiten (Berufe) der Beamte auf Grund der ihm verbliebenen - medizinisch festzustellenden - Leistungsfähigkeit noch hätte ausüben können. Dies setzt eine berufskundliche Beurteilung voraus und muss ausreichend, in einer die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglichenden Art und Weise, begründet werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 91/12/0243, mwN).

    In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem zitierten Erkenntnis vom 14. Mai 1998 unter anderem auch die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens für notwendig erachtet; dies hat die belangte Behörde jedoch - ohne dass sie es im angefochtenen Bescheid begründet hätte oder dem vorgelegten Verwaltungsakt nähere Umstände hiefür zu entnehmen wären - unterlassen.

    Zur Beantwortung der Frage, ob der Beamte - im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand - noch zu einem zumutbaren Erwerb fähig ist, hat die belangte Behörde zunächst auf der Grundlage eines mängelfreien und schlüssigen ärztlichen Gutachtens die Frage zu beantworten, ob der Beamte überhaupt noch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit befähigt ist; bejahendenfalls hat sie sodann auf der Grundlage dieses sowie eines mängelfreien und schlüssigen berufskundlichen Gutachtens die Frage zu klären, ob dem Beamten jene Erwerbstätigkeiten, die er nach seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit vom medizinischen Standpunkt aus noch auszuüben vermag, zugemutet werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 1998, Zl. 93/12/0175); der Verwaltungsgerichtshof hält Tätigkeiten in der Verwaltung, etwa als Bibliothekar, für den Beschwerdeführer für sozial zumutbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/12/0260, zur sozialen Geltung einer Tätigkeit sowie das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/12/0211, mwN, zur sozialen Zumutbarkeit des Berufes des Bibliothekars).

    Mag auch die belangte Behörde in einem weiteren Verfahrensschritt durch die Einholung des amtsärztlichen Gutachtens der Landessanitätsdirektion die Frage geklärt haben, dass der Beamte noch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit befähigt ist, so hat sie - im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nunmehr im weiteren Verfahrensschritt durch Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zu klären, ob und welche konkrete Tätigkeit für den Beschwerdeführer, insbesondere in Anbetracht der auch von der Amtsachverständigen zu Grunde gelegten drei bis fünf Migräneanfälle pro Woche, zumutbar ist.

    Da die belangte Behörde die ausständige Erhebung - entgegen der im zitierten Erkenntnis vom 14. Mai 1998 dargelegten Rechtsansicht - unterließ, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501; die

im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 13. März 2002

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