VwGH 98/09/0303

VwGH98/09/030310.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, 1) über den Antrag des H W in B, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck/ Mur, Koloman Wallisch Platz 23, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 1. April 1998, Zl. 129/7-DOK/97, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung, und 2) über diese Beschwerde den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

I. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wird gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben.

II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. April 1998, dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 26. Mai 1998, wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das seine Entlassung aussprechende Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Schulleiter und sonstige Lehrer sowie für Erzieher, die an einer dem Landesschulrat für Steiermark unterstehenden Schule (Schülerheim) verwendet werden, vom 11. September 1997, nicht Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom 10. Juli 1998 wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1998, Zl. 98/09/0209, als verspätet zurückgewiesen. Dieser Beschluß wurde dem ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers am 20. Oktober 1998 zugestellt.

Mit dem vorliegenden Antrag vom 2. November 1998 (Tag der Postaufgabe) beantragt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 1. April 1998 unter gleichzeitiger Wiederholung der versäumten Handlung. Er begründet diesen Antrag unter gleichzeitiger Vorlage einer von seiner Kanzleiangestellten unterfertigten eidesstättigen Erklärung wie folgt:

"Frau R ist seit 6 Jahren Mitarbeiterin der Kanzlei des ausgewiesenen Vertreters. Seit ebenso vielen Jahren ist - nach entsprechender Einschulung - mit der Vormerkung von Fristen beauftragt, und hat sie diese Tätigkeit bis dato fehlerfrei und versiert verrichtet. Frau R war auch für die Eintragung der Frist für das Einheben der gegenständlichen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission, welcher der Kanzlei des ausgewiesenen Vertreters am 26. Mai 1998 zugestellt wurde, zuständig. Frau R weiß, daß die Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde 6 Wochen beträgt, und ist ihr auch bekannt, wie derartige Fristen errechnet werden. Nachdem Frau R die Post zwecks Fristvormerkung vorgelegt wurde, berechnete sie zwar richtigerweise die 6. Kalenderwoche ab Zustellung des Beschlusses, irrte sich jedoch in nicht erklärbarer Weise hinsichtlich des Tages, an dem die 6-Wochen-Frist endete. Frau R trug statt richtigerweise Dienstag, den 7.7.1998, aus vollkommen unerklärlichen Gründen Freitag, den 10.7.1998 als Fristende ein.

In der Kanzlei des ausgewiesenen Vertreters werden häufig Verwaltungsgerichtshofbeschwerden verfaßt, und zählt das Vormerken solcher Fristen zu der von Frau R beherrschten Routinearbeit. Gängige Fristen, zu denen auch die Frist für die Verwaltungsgerichtshofbeschwerden zählt, werden vom ausgewiesenen Vertreter sohin lediglich durch Nachfrage dahingehend überprüft, ob diese Fristen, im gegenständlichen Fall die 6-Wochen-Frist, auch tatsächlich eingetragen wurden. Dies wurde von Frau R auch bejaht, zumal das Vormerken solcher Fristen - wie bereits erwähnt - zu ihrer Routinearbeit gehört.

Bei Frau R handelt es sich um eine versierte und routinierte Kanzleikraft, welcher weder bei der Vormerkung von sonstigen Fristen noch bei Fristen betreffend Verwaltungsgerichtshofbeschwerden bisher ein Fehler unterlaufen ist.

Ein solcher Fehler kann ausnahmsweise auch sonst verläßlichen Menschen trotz des Bemühens um Wahrung der Fristen passieren. Es liegt sohin lediglich ein minderer Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG vor."

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch ein Ereignis iSd § 46 Abs. 1 VwGG ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Keinesfalls kann nämlich davon ausgegangen werden, daß die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages gewahrt wurde.

Diese Frist beginnt laut Gesetz mit dem "Aufhören des Hindernisses". Als "Hindernis" ist dabei jenes Ereignis iSd § 46 Abs. 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Nach den Ausführungen des Wiedereinsetzungsantrages bestand es in einem durch das Verhalten der Kanzleileiterin des Rechtsfreundes des Antragstellers verursachten Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. In dem Zeitpunkt, in dem dieser Tatsachenirrtum als solcher erkannt werden konnte und mußte, hörte aber auch iSd § 46 Abs. 3 VwGG das Hindernis auf. Der Irrtum über den Ablauf der Beschwerdefrist hätte bei nur geringer Aufmerksamkeit in Anbetracht des eigenen Vorbringens zur Rechtzeitigkeit der zu hg. Zl.98/09/0209 protokollierten Beschwerde spätestens bei Unterfertigung und Versendung dieser Beschwerde am 10. Juli 1998 bemerkt werden müssen, in welcher als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides "26. Mai 1998" angegeben worden war.

Bei dieser aktenkundigen Sachlage ist von einem "Aufhören des Hindernisses" nicht erst mit der am 20. Oktober 1998 erfolgten Zustellung des hg. Zurückweisungsbeschlusses vom 16. September 1998, sondern (spätestens) bereits in dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die Beschwerde zur Zl. 98/09/0209 durch richtige Angabe des Tages der Zustellung des angefochtenen Bescheides verfaßt worden war. Spätestens an diesem Tag, dem 10. Juli 1998, begann die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 46 Abs. 3 VwGG zu laufen. Der am 2. November 1998 zur Postaufgabe gelangte Wiedereinsetzungsantrag erweist sich demnach als verspätet, sodaß ihm nicht stattgegeben werden konnte (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1984, Zl. 84/13/0223, 0224).

Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher nicht stattzugeben.

Damit war auch die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Wien, am 10. Februar 1999

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