Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §9;
KO §1 Abs1;
KO §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §9;
KO §1 Abs1;
KO §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-
- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse werden abgewiesen.
Begründung
Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 12. Februar 1998 wurde über das Vermögen der K-GmbH das Konkursverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt.
Mit dem mit 27. Februar 1998 datierten Bescheid sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gemäß § 410 Abs. 1 Z. 2 i.V.m.
§ 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG aus, dass drei namentlich genannte Dienstnehmer auf Grund ihrer Tätigkeit für die K-GmbH in bestimmt bezeichneten Zeiträumen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen seien und verpflichtete gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 i.V.m. § 44 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 ASVG die K-GmbH zur Nachentrichtung näher ausgewiesener allgemeiner Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge. Nach der Zustellverfügung wurde dieser Bescheid an die K-GmbH und die in Rede stehenden Arbeitnehmer adressiert. Auf dem für die K-GmbH angefertigten Rückschein wurde - offenbar vom Zustellorgan - die Anschrift durchgestrichen und ergänzt durch: "NS Dr. S, E-Gasse, G". Der Bescheid wurde am 20. April 1998 - offenbar von einem Mitarbeiter des Beschwerdeführers - übernommen.
Am 18. Mai 1998 langte bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse das mit 15. Mai 1998 datierte Schreiben der Steuerberatungsgesellschaft G, Gesellschaft m.b.H. Nfg KG - geschrieben auf einem entsprechenden Firmenpapier - ein. Dieses Schreiben lautet soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung auszugsweise wie folgt:
"K-GmbH, ... (Anschrift)
Einspruch gegen den Bescheid vom 27.02.1998
Namens und auftrags unserer oben angeführten Mandantschaft
erheben wir
EINSPRUCH
gegen den Bescheid vom 27.2.1998, zugestellt bei Masseverwalter Dr. S am 20.4.1998, und begründen dies wie folgt:
...
A. verfahrensrechtliche Vorausanmerkung:
der Masseverwalter, Dr. S, wurde in seiner Funktion mit der gegenständlichen Beitragsnachverrechnungsanzeige befasst. ... B. Materiellrechtliche Einspruchsgrundlagen
...
mit dem höflichen Ersuchen um antragsgemäße Erledigung verbleiben wir
hochachtungsvoll
Steuerberatungsgesellschaft G
Gesellschaft m.b.H. NfG KG
(unleserliche Unterschrift)
Dr. H. ...
Vollmacht gemäß WTBO erteilt
Kopie Mandantschaft"
Mit dem zur Zl. 98/08/0253 angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark wurde der Einspruch der Steuerberatungsgesellschaft G, Gesellschaft m.b.H., Nachfolger KG wegen mangelnder Legitimation als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde nach kurzer Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, nach der Aktenlage sei über das Vermögen der K-GmbH am 12. Februar 1998 das Konkursverfahren eröffnet worden und Dr. S, Rechtsanwalt in G, zum Masseverwalter bestellt worden. Der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sei zwar an die K-GmbH adressiert, jedoch vom Masseverwalter am 20. April 1998 übernommen worden. Mit Schreiben vom 15. Mai 1998 habe die K-GmbH, vertreten durch die Steuerberatungsgesellschaft G, Einspruch gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse erhoben.
Mit Eröffnung des Konkurses werde das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners dessen Verfügungsmacht entzogen und dem Masseverwalter zur Verwahrung und Verwaltung übertragen. Sämtliche Rechtshandlungen, die die Konkursmasse betreffen, könnten nach § 83 KO ab diesem Zeitpunkt nur mehr vom Masseverwalter vorgenommen werden. Nach Konkurseröffnung habe daher nicht mehr die K-GmbH, sondern lediglich der Masseverwalter Einspruch erheben können. Im gegenständlichen Fall sei sohin das Rechtsmittel von einer nicht einspruchslegitimierten Partei erhoben worden.
Soweit die Zurückweisung des Einspruches die mit Bescheid der Gebietskrankenkasse festgestellte Versicherungspflicht betraf, erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin machte er geltend, die Steuerberatungsgesellschaft G habe namens und auftrags des Masseverwalters das Rechtsmittel der Berufung erhoben. Die Steuerberatungsgesellschaft sei nach der WTBO auf Grund einer von ihm erteilten Vertretungsvollmacht vertretungsberechtigt und habe daher den Einspruch rechtsgültig eingebracht.
Mit dem zur Zl. 99/08/0046 angefochtenen Bescheid gab der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Gesetzeszitaten folgender Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt: Am 12. Februar 1998 sei über das Vermögen der K-GmbH das Konkursverfahren eröffnet worden. Zum Masseverwalter sei Rechtsanwalt Dr. S bestellt worden. Der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse über die Feststellung der Versicherungspflicht der übrigen mitbeteiligten Parteien und der entsprechenden Beitragsnachverrechnung vom 27. Februar 1998 sei noch an die K-GmbH selbst adressiert, in weiterer Folge jedoch an den Masseverwalter Dr. S übermittelt und von diesem am 20. April 1998 übernommen worden. In der Folge habe die Steuerberatungsgesellschaft G im Namen der K-GmbH Einspruch erhoben, wobei zwar im Text Bezug auf den Masseverwalter Dr. S genommen worden sei, bezüglich der Vertretungsbefugnis jedoch ausdrücklich und ausschließlich im Namen der K-GmbH der Einspruch erhoben worden sei.
Aus dem Einspruch habe sich kein Hinweis darauf ergeben, dass dieses Rechtsmittel im Namen des Masseverwalters, vom Masseverwalter selbst oder mit seiner Genehmigung erhoben worden sei. Dem Berufungsvorbringen, der Einspruch sei auf Grund einer vom Masseverwalter erteilten Vertretungsvollmacht rechtsgültig eingebracht worden, könne nicht gefolgt werden. Eine Vertretungsvollmacht des Masseverwalters an die Steuerberatungsgesellschaft G erscheine nach dem Wortlaut des Einspruchs nicht glaubhaft. Überdies komme dem Beschwerdeführer als Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Masseverwalter eine erhöhte Sorgfaltspflicht zu. Das Vorliegen einer Vertretung eines Rechtsanwaltes in seiner Eigenschaft als Masseverwalter durch eine im Verfahren in Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten vor den Verwaltungsbehörden nicht vertretungsberechtigte Steuerberatungskanzlei erscheine der Berufungsbehörde zweifelhaft.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, das Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragsfestsetzung sei trotz Konkurseröffnung zulässig gewesen. Verwaltungsverfahren und Abgabenverfahren seien keine Rechtsstreitigkeiten im Sinne der §§ 6 und 7 KO. Abgaben seien daher, auch soweit sie Konkursforderungen darstellten, während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiere, festzusetzen.
Die K-GmbH habe ab Konkurseröffnung keine Verfügungen über das der Exekution unterworfene Vermögen treffen können. Fehle dem Rechtsmittelwerber das Recht zur Erhebung eines solchen, sei das Rechtsmittel zurückzuweisen. Aus dem Wortlaut des Einspruches sei keinesfalls zu erkennen, dass er vom Masseverwalter, vertreten durch die Steuerberatungsgesellschaft G, erhoben worden sei oder zumindest von ihm genehmigt worden sei. Auf Grund des objektiven Erklärungswertes der Eingabe bestünden keine Zweifel, dass diese einer nicht Parteistellung genießenden Person zuzurechnen sei. Es seien daher weder weitere Ermittlungen noch ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen gewesen. Die sofortige Zurückweisung des Einspruchs sei daher zu Recht erfolgt.
Da der Gemeinschuldner nur die Verfügungsfähigkeit hinsichtlich der Konkursmasse, nicht jedoch seine Prozessfähigkeit verliere, könne er Bevollmächtigter des Masseverwalters im Verfahren sein. Da sich aber aus dem Einspruch auch eine Vertretung der K-GmbH für den Masseverwalter nicht erkennen lasse und hinsichtlich dieser Konstellation keine Zweifel vorliegen, sei die Zurückweisung des Einspruches gerechtfertigt.
In den im Wesentlichen gleich lautenden Beschwerden begehrt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
Die belangten Behörden legten die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstatteten ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbunden.
Durch die Konkurseröffnung am 12. Februar 1998 wurde der K-GmbH und ihren Organen jegliche Verfügungsbefugnis hinsichtlich des konkursverfangenen Vermögens entzogen. Als Partei des Verfahrens kam nach dem Gesetz ausschließlich der Masseverwalter in Betracht. Denn gemäß § 3 Abs. 1 KO sind nach der Konkurseröffnung Rechtshandlungen des Gemeinschuldners, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam und der Konkursverwalter übt - angesichts der Tatsache, dass gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt, dessen freier Verfügung entzogen ist - insgesamt in Bezug auf die Führung des Betriebes die gesetzlich auf ihn übergegangenen Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners aus. Nach der Konkurseröffnung tritt der Masseverwalter als Vertreter der Konkursmasse an die Stelle des Gemeinschuldners soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Konkurseröffnung beseitigt zwar nicht die Rechtsfähigkeit des Gemeinschuldners; dieser bleibt vielmehr parteifähig und behält auch die Sachlegitimation und ist grundsätzlich prozessfähig. Lediglich hinsichtlich des durch die Konkurseröffnung seiner freien Verfügung entzogenen Vermögens (Konkursmasse) ist der Gemeinschuldner verfügungsunfähig und daher insoweit auch prozessunfähig. Der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 27. Februar 1998 wäre daher rite an den Masseverwalter als Partei des Verfahrens zu richten gewesen, weil Sozialversicherungsbeiträge wirtschaftlich die Masse und ihre Erträgnisse treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 1978, Zl. 863/77).
Adressatin des Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ist ausschließlich die Gemeinschuldnerin. Nur ihr werden Handlungs- und Zahlungspflichten auferlegt und nur sie ist in der Zustellverfügung als Empfängerin genannt. Da ihr aber durch die Konkurseröffnung die Verfügungsfähigkeit über die die Masse betreffenden Angelegenheiten entzogen worden war, ist der Bescheid nicht wirksam erlassen worden. Es hätte vielmehr ausschließlich der Masseverwalter als Partei behandelt werden müssen, sodass an ihn der Bescheid zu richten gewesen wäre.
Der Masseverwalter ist aber auch nicht allein dadurch, dass der Bescheid im Wege der vom Zustellorgan verfügten Nachsendung ihm zugekommen ist, Verfahrenspartei geworden (vgl. den hg. Beschluss vom 18. Dezember 1992, 89/17/0037, 0038). Soweit der Bescheid an die Gesellschaft gerichtet ist, vermochte er diese nicht zu verpflichten, soweit er dem Masseverwalter zugekommen ist, war dieser nicht Adressat des Bescheides. Der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ist daher ins Leere gegangen.
Die Zurückweisung des Einspruches durch den Landeshauptmann von Steiermark erfolgte daher im Ergebnis jedenfalls zu Recht. Da der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse dem Masseverwalter gegenüber nicht rechtswirksam erlassen wurde, erübrigt sich die Frage, ob in seinem Namen und in seinem Auftrag der Einspruch erhoben wurde: War nämlich der Masseverwalter nicht Partei des Einspruchsverfahrens, hätte der belangte Bundesminister die Berufung des Masseverwalters gegen den Einspruchsbescheid schon aus diesem Grunde zurückweisen müssen. Durch die Abweisung der Berufung durch den belangten Minister und somit Wiederholung der Zurückweisung eines Einspruches gegen einen nicht an den Beschwerdeführer adressierten Bescheid wurde dieser nicht zur Partei. Da somit der Masseverwalter im Verwaltungsverfahren keine Parteistellung mangels rechtswirksamer Zustellung eines an ihn gerichteten Bescheides innehatte, konnte er durch die angefochtenen Bescheide in seinen Rechten nicht verletzt werden und ist er daher auch nicht zur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof legitimiert.
Die Beschwerden waren somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Einer nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei steht kein Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, 94/08/0139). Die Kostenbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse waren daher abzuweisen.
Wien, am 20. Juni 2001
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