VwGH 98/08/0019

VwGH98/08/001917.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 57-59/12 A, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 13. Mai 1997, Zl. LGSW/Abt. 12/1218/56/1997, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4;
AlVG 1977 §12 Abs3 litf;
AlVG 1977 §12 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. Juni 1996 gab das Arbeitsmarktservice Wien dem Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Jänner 1996 auf Gewährung der Notstandshilfe gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 38 und § 12 Abs. 3 lit. f AlVG mangels Arbeitslosigkeit keine Folge, weil der Beschwerdeführer als ordentlicher Hörer an der Wirtschaftsuniversität Wien studiere.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers wie folgt entschieden:

"Ihrer Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Der angefochtene Bescheid wird bis 30.9.96 aus seinen zutreffenden Entscheidungsgründen bestätigt.

Ab 1.10.96 bis zum Neuantrag am 21.10.96 liegt Arbeitslosigkeit vor.

Bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen wird die Nachzahlung der Leistung für die Zeit vom 1.10.96 bis 20.10.96 bewilligt."

Soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer mit Beginn des Wintersemesters 1992/1993 an der Wirtschaftsuniversität Wien für das Studium der Handelswissenschaften nach der neuen Studienordnung (wieder) immatrikuliert habe. Vom Wintersemester 1992/1993 bis zum Sommersemester 1996 habe der Beschwerdeführer durchgehend inskribiert. Im Wintersemester 1996/1997 habe der Beschwerdeführer nicht inskribiert.

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer trotz Nichtinskription im Wintersemester 1996/1997 als ordentlicher Hörer immatrikuliert geblieben sei. Hinsichtlich des Antrages vom 11. Jänner 1996 liege daher bis einschließlich 30. September 1996 keine Arbeitslosigkeit vor.

Vom 1. Oktober 1996 bis einschließlich 20. Oktober 1996 sei der Beschwerdeführer nach einer Auskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 9. Juni 1992 "im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f nicht ausgebildet" worden, weil Studierende, "die die Inskription ausgesetzt haben, gemäß § 8 Abs. 1 AHStG weder zu Prüfungen, noch zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen zugelassen werden dürfen." Da der Beschwerdeführer im Wintersemester 1996/1997 nicht inskribiert habe und somit nicht zu Prüfungen zugelassen gewesen sei, könne nicht von einer Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f (AlVG) ausgegangen werden.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer (hinsichtlich des abweisenden Spruchpunktes) zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluss vom 28. November 1997, B 2237/97, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG gilt nicht als arbeitslos, wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne dass ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, bewirkt die Ausbildung in einer Schule oder in einem schulähnlich geregelten Lehrgang kraft Gesetzes die unwiderlegliche Vermutung, dass der Betreffende so lange nicht an einer neuen Beschäftigung, sondern an der Erreichung seines Ausbildungszieles interessiert (und daher nicht arbeitslos) ist, als er in der Schule oder dem geregelten Lehrgang ausgebildet wird bzw. sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällig bestehende Arbeitswilligkeit kann ein solcher Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren. Der Grund (und zugleich die Rechtfertigung) für diese unwiderlegliche Vermutung liegt darin, dass die übliche Arbeitszeit desjenigen, der sich - entsprechend dem Lehrplan (Studienplan) - einer solchen Ausbildung unterzieht, wegen der in Schulform organisierten Ausbildung vollständig oder doch überwiegend in Anspruch genommen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 96/08/0258).

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass die Voraussetzungen einer Ausnahme im Sinne des § 12 Abs. 4 AlVG ("Werkstudent") bei ihm vorliegen. Er bestreitet nur das Vorliegen einer Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG mit der Begründung, er sei im fraglichen Zeitraum nicht inskribiert gewesen.

Soweit die genannte Vermutung sich auf den Besuch einer "Hochschule" bezieht, gilt sie nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für "ordentliche Hörer". Nur für diese Fälle hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass schon die Immatrikulation die Vermutung bewirke, dass eine Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt nicht gegeben sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Juni 1998, Zl. 98/08/0042, und vom 30. Jänner 2002, Zl. 99/08/0109, mwN). Ein solcher Studierender gilt so lange nicht als arbeitslos, als er nicht in der nach den studienrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Form (nämlich der Exmatrikulation) die Beendigung seines Studiums wirksam dokumentiert. Zwar erlischt die Immatrikulation nicht nur durch den Abschluss des Studiums durch erfolgreiche Ablegung der für die Studienrichtung des Studierenden vorgeschriebenen Prüfungen, sondern unter anderem auch dadurch, dass der ordentliche Hörer seine Studien länger als zwei Semester unterbricht, ohne beurlaubt oder behindert zu sein (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1998, Zl. 98/08/0042). Anhaltspunkte für ein Erlöschen der Immatrikulation sind aber beim Beschwerdeführer - anders als in dem zitierten Erkenntnis - nicht gegeben, sodass der angefochtene Bescheid jedenfalls in seinem abweisenden, den Zeitraum bis zum 30. September 1996 umfassenden Spruchpunkt rechtmäßig ist. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe "lediglich Sprachenglisch, (französisch, spanisch) und EDVweiterbildende Kurse belegt" bzw. die Vorlesungen hätten ausschließlich nach 18.00 Uhr in der Freizeit des Beschwerdeführers stattgefunden und er habe nicht an einer "geregelten Ausbildung als ordentlicher Hörer an einer Universität teilgenommen", geht in Anbetracht der dargestellten Rechtslage daher ebenso ins Leere wie seine unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften vertretene Auffassung, die belangte Behörde hätte nähere Ermittlungen zur Frage, ob er sein Studium ernsthaft betreibe, anstellen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/08/0154).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 17. Dezember 2002

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