Normen
AufG 1992;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §82 Abs1 Z1;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VerfGG 1953 §85 Abs2;
VStG §6;
VwGG §30 Abs2;
VwRallg;
AufG 1992;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §82 Abs1 Z1;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VerfGG 1953 §85 Abs2;
VStG §6;
VwGG §30 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (der belangten Behörde) vom 10. März 1997 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, gemäß § 82 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt, weil er sich vom 6. April 1996 bis zum 11. September 1996 an einer näher bezeichneten Anschrift in Wien als Fremder, ohne im Besitz eines gültigen Sichtvermerkes, einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz oder einer Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes zu sein, somit nicht rechtmäßig, im Bundesgebiet aufgehalten habe, obwohl er einen Sichtvermerk bzw. eine Aufenthaltsbewilligung benötigt hätte.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebracht habe, er hätte zuletzt über eine Aufenthaltsberechtigung bis zum 19. Oktober 1994 verfügt und eine - nicht näher erläuterte - Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bzw. Verfassungsgerichtshof erhoben.
Der objektive Tatbestand (zu ergänzen: der übertretenen Norm) - so die belangte Behörde weiter - sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Da in § 15 Abs. 1 FrG nicht auf eine Antragstellung, sondern auf das Bestehen einer bereits erteilten Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz abgestellt werde, sei ein Aufenthalt im Bundesgebiet jedenfalls solange rechtswidrig, als nicht eine entsprechende Bewilligung vorliege. Über eine solche Bewilligung habe der Beschwerdeführer im Tatzeitraum nicht verfügt. Das Fehlen einer Aufenthaltsbewilligung könne auch nicht durch eine Beschwerde an den Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof gegen eine rechtskräftige Abweisung eines Antrages auf Bewilligungserteilung ersetzt oder gerechtfertigt werden, da selbst ein einer solchen Beschwerde vollinhaltlich Rechnung tragendes höchstgerichtliches Erkenntnis die fehlende Aufenthaltsbewilligung nicht rückwirkend zu ersetzen vermöge. Eine allfällige Aussetzung des Verfahrens sei daher nicht in Betracht gekommen, zumal der Beschwerdeführer seiner ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachgekommen sei; er habe lediglich behauptet, eine Beschwerde beim "Verwaltungsgerichtshof/Verfassungsgerichtshof" erhoben zu haben, dieses Vorbringen allerdings durch nichts untermauert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Schon in seinem Einspruch gegen die erstinstanzliche Strafverfügung hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er seit 1976, somit seit bereits 20 Jahren, rechtmäßig in Österreich aufhältig sei und rechtzeitig um eine Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung "eingereicht" habe. In dem dann gefällten Straferkenntnis vom 2. Jänner 1997 erwiderte die Bundespolizeidirektion Wien hierauf, dass dieser Verlängerungsantrag mit Bescheid der "MA 62" vom 28. November 1994 abgewiesen und dass der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 20. März 1996 keine Folge gegeben worden sei. Da die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 3 AufG jedenfalls mit Erlassung des negativen erstinstanzlichen Bescheides geendet habe, halte er sich seit diesem Zeitpunkt "illegal" im Bundesgebiet auf.
In der nunmehr vorliegenden Beschwerde führt der Beschwerdeführer sein in der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien erstattetes Vorbringen über die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshof- bzw. Verfassungsgerichtshofbeschwerde dahingehend aus, dass gegen den zuvor genannten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. März 1996 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei. Er weist weiters - in Übereinstimmung mit dem Inhalt des hg. Aktes Zl. 96/19/1354 - darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof dieser Beschwerde mit Beschluss vom 19. Dezember 1996, Zl. AW 96/19/1945-11, die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat. Diesen für das gegenständliche Strafverfahren, dem der Vorwurf eines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Inland für den Zeitraum vom 6. April 1996 bis zum 11. September 1996 zugrunde liegt, entscheidungswesentlichen Gesichtspunkt hat die belangte Behörde außer Acht gelassen.
In § 17 Abs. 4 FrG hat der Gesetzgeber das Verbot ausgesprochen, einen Fremden während eines anhängigen Verfahrens über den rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz durch Erlassung einer Ausweisung gemäß § 17 FrG zur Ausreise aus dem Bundesgebiet zu verpflichten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zl. 96/21/1012, dargelegt hat, gebietet es eine an den Grundsätzen der Verfassung orientierte Auslegung, § 17 Abs. 4 FrG iVm § 6 VStG dahingehend zu verstehen, dass die Strafnorm des § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht die Fälle eines unrechtmäßigen Aufenthaltes eines Fremden erfasst, der unmittelbar auf Grund des Gesetzes einen Ausweisungsschutz genießt oder aber auf einer solchen Grundlage im Inland behördlich geduldet ist. Im Ausweisungsverbot des § 17 Abs. 4 FrG muss daher ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund für den Tatbestand des § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG gesehen werden. Diese Wirkung erstreckt sich auch auf Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, in welchen der Beschwerde (gegen den den Verlängerungsantrag abweisenden Bescheid) aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde (vgl. im Einzelnen das zuvor zitierte hg. Erkenntnis). Eine solche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall mit dem am 29. Jänner 1997 zugestellten Beschluss vom 19. Dezember 1996 - und damit vor Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses - verfügt. Dass dies erst nach Ablauf des hier in Frage stehenden Tatzeitraumes geschehen ist, ist unerheblich. Mit Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren über den den Verlängerungsantrag abweisenden Bescheid wurde der Eintritt der Rechtswirkungen dieses Bescheides nämlich insgesamt hinausgeschoben; er vermochte vorläufig überhaupt keine Rechtswirkungen zu entfalten. Damit hatten aber auch bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde gegen den den Verlängerungsantrag abweisenden Bescheid alle Maßnahmen, die bis zu diesem Zeitpunkt auf Grund der rechtskräftigen Abweisung des Verlängerungsantrages zulässig waren, zu unterbleiben, insbesondere also die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2000, Zl. 97/21/0610, mwN).
2. Die belangte Behörde argumentiert freilich auch damit, dass sie der Beschwerdeführer von der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend den den Verlängerungsantrag abweisenden Bescheid nicht in Kenntnis gesetzt und daher insoweit seine Mitwirkungspflicht verletzt habe. Ob diese Überlegung zutrifft, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte die belangte Behörde zu berücksichtigen gehabt, dass der Beschwerdeführer gemäß seinem Vorbringen im Strafverfahren bereits seit 1976 rechtmäßig, zu Studienzwecken, in Österreich aufhältig sei. Damit lagen nämlich nicht vernachlässigbare Indizien dafür vor, dass - bezogen auf den Tatzeitraum - seiner etwaigen Ausweisung allenfalls § 19 FrG entgegengestanden wäre. Das ist insoweit von Bedeutung, als nach der hg. Rechtsprechung bezüglich des Tatbestandes des § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG ein gesetzlicher Strafausschließungsgrund gemäß § 6 VStG auch dann angenommen werden muss, wenn einer Ausweisung des Fremden eine zu seinen Gunsten ausfallende Interessenabwägung nach § 19 FrG im Weg steht (vgl. dazu näher das Erkenntnis vom 6. November 1998, Zlen. 97/21/0085 und 98/21/0065).
Auch in diesem Punkt hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Strafverfahren allerdings unabhängig von der Frage der Zulässigkeit einer Ausweisung des Beschwerdeführers unter dem Blickwinkel des § 19 FrG schon wegen der zu Punkt 1. angestellten Überlegungen - die Frage einer Verletzung der Mitwirkungspflicht stellt sich dann nicht mehr - einzustellen sei (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1999, B 1575/98).
3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. April 2000
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