VwGH 97/18/0266

VwGH97/18/02667.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der E A, (geb. 5.6.1967), in Wien, vertreten durch Dr. Ulla Ulrich-Mossbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 35, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. März 1997, Zl. SD 21/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. März 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine ägyptische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei nach ihren eigenen Angaben im September 1993 gemeinsam mit ihrem Ehemann in das Bundesgebiet eingereist, habe jedoch lediglich bis Oktober 1993 über eine Aufenthaltsberechtigung verfügt. Das Vorbringen in der Berufung, wonach sich die Beschwerdeführerin "längere Zeit" (gemeint ist: rechtmäßig) "in Österreich aufgehalten habe", erweise sich daher als aktenwidrig. Vielmehr halte sich die Beschwerdeführerin seit Oktober 1993 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal auch ein von ihr eingebrachter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Erstbehörde sei somit zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass vorliegend die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben sei. In einem solchen Fall sei ein Fremder mit Bescheid auszuweisen, wenn dem nicht die Bestimmung des § 19 leg. cit. entgegenstehe.

Diesbezüglich sei im Hinblick auf die familiären Bindungen der Beschwerdeführerin "(Ehegatte und zwei Kinder)" von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG zu bejahen, komme doch den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien von der Beschwerdeführerin in gravierender Weise missachtet worden. Zu ihren Ungunsten falle - abgesehen von der langen Dauer ihres unrechtmäßigen Aufenthalts in Österreich - weiters ins Gewicht, dass sie diesen Aufenthalt ungeachtet einer deswegen erfolgten Bestrafung und auch ungeachtet der Abweisung ihres Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung fortgesetzt habe. Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet. Es würde dem genannten öffentlichen Interesse grob zuwiderlaufen, wenn sich ein Fremder "bloß auf Grund von Tatsachen, die von ihm geschaffen" worden seien, als er rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen "(hier: Familiengründung)", den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer würde erzwingen können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführerin nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des ihr erteilten Sichtvermerks im Oktober 1993 keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich mehr zukam. Vielmehr wurde ihr im Jahr 1994 gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - ebenfalls unbestritten - rechtskräftig abgewiesen.

2.1. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe sich seit Ablauf der besagten Aufenthaltsberechtigung unberechtigt in Österreich aufgehalten, weswegen die Voraussetzung nach § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG für die vorliegende Ausweisung erfüllt sei, führt die Beschwerdeführerin indes Folgendes ins Treffen: Bei ihrer Einreise habe sie - wie in arabischen Ländern üblich - über keinen eigenen Reisepass verfügt, vielmehr habe der Reisepass ihres Ehemannes "eine entsprechende Eintragung" enthalten, der der Beschwerdeführerin die Einreise nach Österreich ermöglicht habe. Zusammen mit ihrem Ehemann habe die Beschwerdeführerin "um die Einreise angesucht und ebenso wie er die Bewilligung erhalten", der Sichtvermerk habe aber "versehentlich keinen Hinweis auf zwei einreisende Personen" aufgewiesen, was aber "bei der Einreise .. niemanden" gestört habe. In der Folge sei es dann "zu Problemen bei der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung" gekommen. Man habe der Beschwerdeführerin erklärt, sie könne vom Inland aus einen Antrag nach dem AufG stellen. Ihr Antrag sei aber abgewiesen worden, der dagegen eingebrachten Berufung sei am 26. April 1996 nicht stattgegeben worden. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt habe sich die Beschwerdeführerin legal in Österreich aufgehalten. Die "Schwierigkeiten mit der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung" seien durch falsche Auskünfte bzw. falsche Eintragungen im Pass des Ehemannes der Beschwerdeführerin entstanden und nicht durch ihr Verschulden.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Bei dem genannten erst im Jahr 1994 und somit nach Ablauf ihrer Aufenthaltsberechtigung im Oktober 1993 gestellten Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelt es sich nicht um einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung einer solchen Bewilligung (§ 6 Abs. 3 AufG), zumal im Beschwerdefall aus der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, wonach bei Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, bei einer relativ geringfügige Versäumung der Frist zur Antragstellung im Sinn des § 13 Abs. 1 AufG ein Antrag dennoch als rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag zu werten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0759, mwH), nichts zu gewinnen ist, hat sich doch die Beschwerdeführerin nur für einen kurzen Zeitraum - nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid von September bis Oktober 1993 - berechtigt in Österreich aufgehalten. Von daher konnte auch - anders als die Beschwerde (erkennbar) vermeint - eine Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerin bis zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides über den genannten Antrag aus dem Jahr 1994 im Sinn des (am 20. Mai 1995 in Kraft getretenen) § 6 Abs. 3 AufG idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 351/1995 - ungeachtet der Frage, ob diese Bestimmung für das aufenthaltsrechtliche Verfahren der Beschwerdeführerin bereits einschlägig war - nicht in Betracht kommen.

Schließlich kommt es nach der hg. Rechtsprechung für die Frage des Vorliegens der Voraussetzung nach § 17 Abs. 1 erster Halbsatz nicht darauf an, aus welchem Grund die Beschwerdeführerin über keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich verfügte (vgl das Erkenntnis vom 21. Dezember 1995, Zl 95/18/1370).

3.1. Aus dem Blickwinkel des § 19 führt die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Bescheid ins Treffen, dass sie sich seit mehr als drei Jahren in Österreich aufhalte und auch ihr Ehemann und ihre beiden Kinder (ein dreieinhalbjähriges Mädchen und ein zwei Monate alter Säugling) in Österreich lebten. In ihrem Heimatland habe sie keine Eltern und keine Wohnmöglichkeit. Eine Ausreise zum Zeitpunkt ihrer rechtskräftigen Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes wäre "mehr als unmenschlich" gewesen, weil sie mit ihrer damals eineinhalbjährigen Tochter in ihr Heimatland hätte zurückkehren müssen, obwohl sie dort keine Unterkunft mehr gehabt hätte. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei die Beschwerdeführerin schwanger gewesen, schließlich treffe die Beschwerdeführerin kein Verschulden an den Schwierigkeiten "mit der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung".

3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Im Hinblick auf die familiären Bindungen der Beschwerdeführerin sowie die Dauer ihres Aufenthalts hat die Behörde zu Recht einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen. Ebenso zutreffend hat die belangte Behörde aber auf den hohen Stellenwert hingewiesen, der dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat die Beschwerdeführerin durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt in der Dauer von etwa drei Jahren und fünf Monaten gravierend verletzt. Weiters fällt - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend festgehalten - zu Ungunsten der Beschwerdeführerin ins Gewicht, dass sie ihren unberechtigten Aufenthalt auch in Anbetracht der rechtskräftigen Abweisung ihres Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und der unbestrittenen rechtskräftigen Bestrafung wegen unbefugten Aufenthalts nicht beendet hat. Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund zur Auffassung gelangt ist, dass die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das somit sehr gewichtige öffentliche Interesse an der Ausreise der Beschwerdeführerin, so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal die Geburt ihrer beiden Kinder in eine Zeit fällt, als die Beschwerdeführerin rechtens nicht mit einem weiteren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte. Schließlich geht das Vorbringen der Beschwerdeführerin, in ihrem Heimatland hätte sie weder Eltern noch eine Unterkunft, fehl. Zum Einen ist mit einer Ausweisung keine Aussage darüber verbunden, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder dass er (allenfalls) abgeschoben wird, zum Anderen bezieht sich § 19 FrG nur auf das in Österreich geführte Privat- und Familienleben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. März 1998, Zl. 96/18/0122, mwH).

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. Juli 1999

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