VwGH 97/17/0533

VwGH97/17/053328.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Marktgemeinde Matzen-Raggendorf, vertreten durch Dr. Franz Nistelberger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 19. November 1997, Zl. IVW3-BE-112-16/1-97, betreffend Vorschreibung von Kanaleinmündungsabgabe unter Anrechnung von Vorauszahlungen (mitbeteiligte Partei: HP in A), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5;
KanalG NÖ 1977 §3;
KanalG NÖ 1977 §3a;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5;
KanalG NÖ 1977 §3;
KanalG NÖ 1977 §3a;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 23. August 1993 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 2, 3 und 3a des NÖ Kanalgesetzes 1977, LGBl. Nr. 8230-4, und der geltenden Kanalabgabenordnung der Marktgemeinde Matzen-Raggendorf eine Vorauszahlung auf die Kanaleinmündungsabgabe in der Höhe von S 11.685,11, vermehrt um 10 % USt, sohin ein Gesamtbetrag von S 12.853,62, vorgeschrieben. Bei der Berechnung wurden ein Einheitssatz in der Höhe von S 116,33 und eine Berechnungsfläche von 125,56 m2 zu Grunde gelegt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 30. Oktober 1996 wurde der mitbeteiligten Partei nach Fertigstellung des Kanals und bescheidmäßigem Auftrag zur Umgestaltung der Kanalanlage nach § 17 NÖ Kanalgesetz die "restliche Kanaleinmündungsabgabe" in der Höhe von S 12.825,48, vermehrt um 10 % USt im Ausmaß von S 1.282,55, sohin ein Gesamtbetrag von S 14.108,03, für den Anschluss der Liegenschaft an den öffentlichen Mischwasserkanal gemäß §§ 2 und 3 NÖ Kanalgesetz 1977 und der geltenden Kanalabgabenordnung der Gemeinde vorgeschrieben. Von der insgesamt zu erhebenden Kanaleinmündungsabgabe in der Höhe von S 24.510,59 (bei einem Einheitssatz von S 130,23 entsprechend der geltenden Kanalabgabenordnung der Gemeinde) wurde die mit dem oben genannten erstinstanzlichen Bescheid vom 23. August 1993 vorgeschriebene Vorauszahlung in der Höhe von S 11.685,11 zum Abzug gebracht.

Die Mitbeteiligte erhob Berufung und führte aus, dass die Berechnungsfläche falsch ermittelt worden sei, da das Wohnhaus nur eine bebaute Fläche von 94,60 m2 aufweise, während die Gesamtgrundfläche 170 m2 betrage. Es ergebe sich somit eine unbebaute Fläche von 75,40 m2.

Mit Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 13. Juni 1997 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Begründend führte der Gemeinderat aus, die Berechnungsfläche sei gemäß § 3 Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 in der Weise zu ermitteln, dass die Hälfte der bebauten Flächen mit der um eins erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche, höchstens jedoch um 15 % von 500 m2 vermehrt werde. Zur Flächenberechnung wurde festgestellt, dass dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters ein Erhebungsbogen zur Kanalgebührenbemessung vom 1. Juli 1986 zu Grunde liege, dem zufolge eine bebaute Fläche von 125,30 m2 heranzuziehen sei. Da gegen den Bescheid vom 23. August 1993 (über die Vorauszahlung) kein Einspruch hinsichtlich der verbauten Fläche erhoben worden sei und von der Eigentümerin seither keine Angaben über eine eventuelle Änderung der örtlichen Gegebenheiten vorlägen, sei die Kanaleinmündungsabgabe zu Recht vorgeschrieben worden.

Die mitbeteiligte Partei erhob Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, hob den bei ihr bekämpften Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde.

Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der Rechtsvorschriften und des Verwaltungsgeschehens aus, dass die Vorstellung in mehrfacher Hinsicht berechtigt sei. Aus § 3a Abs. 1 des NÖ Kanalgesetzes 1977 und § 152 Abs. 1 der NÖ Abgabenordnung 1977 ergebe sich schlüssig, dass die Vorauszahlung nach dem NÖ Kanalgesetz 1977 betreffend die Kanaleinmündungsabgabe nur einen Schätzwert darstellen könne. Das genaue Ausmaß der Berechnungsfläche und der tatsächlich festgesetzte Einheitssatz seien im eigentlichen Abgabenverfahren, mit dem die Kanaleinmündungsabgabe endgültig vorgeschrieben werde, genau zu ermitteln. Für das gegenständliche Verfahren bedeute dies, dass die Gemeinde auf den Einwand der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der Größe der Berechnungsfläche eingehen hätte müssen. Durch den Umstand, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz das Vorbringen der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der Berechnungsfläche nicht berücksichtigt und ergänzende Ermittlungen nicht durchgeführt habe, sei die mitbeteiligte Partei in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Durchführung eines dem NÖ Kanalgesetz 1977 und der NÖ Abgabenordnung 1977 entsprechenden Verfahrens verletzt worden.

Darüber hinaus seien Vorauszahlungen nach § 3a des NÖ Kanalgesetzes 1977 in valorisierter Form auf die endgültig zu entrichtende Abgabe anzurechnen. Dies ergebe eine gebotene verfassungskonforme Interpretation des § 3a Abs. 1 des NÖ Kanalgesetzes 1977 unter dem Blickwinkel des auch dem Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatzes in Form des Sachlichkeitsgebotes. Ein solches Gesetzesverständnis werde im Übrigen auch durch eine systematische Betrachtung der Bestimmungen des § 3a Abs. 5 und 6 des NÖ Kanalgesetzes 1977 gestützt. Dadurch, dass bei der Vorschreibung der "restlichen Kanaleinmündungsabgabe" von der insgesamt zu entrichtenden Abgabe die darauf bereits geleistete Vorauszahlung lediglich in ihrer effektiven Höhe in Abzug gebracht worden sei, sei die mitbeteiligte Partei in ihren subjektiven Rechten verletzt. Der bekämpfte Bescheid des Gemeinderates sei daher aufzuheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die beschwerdeführende Marktgemeinde sowohl gegen die Rechtsauffassung der belangten Behörde hinsichtlich der Feststellung der Berechnungslage als auch hinsichtlich der Valorisierung bei der Anrechnung der Vorauszahlung wendet.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. §§ 1, 1a, 2, 3, 3a, 12 und 17 Niederösterreichisches Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230, lauteten in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vor der 5. Novelle LGBl. Nr. 8230-5, die gemäß ihrem Art. II am 1. Jänner 1997 in Kraft getreten ist, auszugsweise:

"§ 1

Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren

(1) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs. 5 Finanzverfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, Kanalerrichtungsabgaben (Kanaleinmündungs-, Kanalergänzungs-, Kanalsonderabgabe) und Kanalbenützungsgebühren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erheben.

...

§ 1a

Begriffe

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

1. bebaute Fläche:

jener Grundstücksteil, welcher von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses eines über das Gelände hinausragenden Gebäudes verdeckt wird;

2. Berechnungseinwohnergleichwerte:

50 v.H. der Summe des EGW-Spitzenwertes und EGW-Durchschnittswertes;

3. Einwohnergleichwerte (EGW):

Maßzahl die die Verschmutzung betrieblicher Abwässer in Beziehung zur Verschmutzung häuslicher Abwässer ausdrückt;

...

6. Geschoßfläche:

die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschoßes ergebende Fläche;

7. Gebäudeteil:

ein Gebäudeteil im Sinn des § 3 Abs. 2 ist ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke.

8. Jahresaufwand:

jährliches Erfordernis für

  1. a) den Betrieb und die Instandhaltung der Kanalanlage,
  2. b) die Zinsen für Darlehen, die für die Errichtung oder Änderung der Kanalanlage aufgenommen worden sind,

    c) die Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Kanalanlage entsprechenden Lebensdauer und

    d) die Bildung einer Erneuerungsrücklage von höchstens 3 v.H. der Errichtungskosten;

    9. Liegenschaften:

    Grundstücke, die an eine öffentliche Kanalanlage anzuschließen bzw. bereits angeschlossen sind sowie solche Grundstücke, die an ein anzuschließendes oder angeschlossenes Grundstück unmittelbar angrenzen und dem gleichen Liegenschaftseigentümer gehören;

    10. spezifischer Jahresaufwand:

    Jahresaufwand für die Kläranlage sowie für jene Sammelkanäle, welche zur Ableitung der Abwässer von den Ortsnetzen zur Kläranlage dienen, dividiert durch die EGW, welche der Dimensionierung der Kläranlage zugrundegelegt wurden;

    11. unbebaute Fläche:

    Jene Grundflächen, die an eine bebaute Fläche unmittelbar angrenzen (höchstens jedoch bis zu einem Gesamtausmaß von 500 m2) und dem gleichen Liegenschaftseigentümer gehören.

    § 2

    Kanaleinmündungsabgabe, Ergänzungsabgabe

(1) Für den Anschluß an die öffentliche Kanalanlage ist eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten.

(2) Eine Kanaleinmündungsabgabe ist auch für bereits an einen Kanal angeschlossene Liegenschaften, selbst wenn schon einmal eine Abgabe oder eine vergleichbare Leistung für den Kanalanschluß erbracht wurde, dann einzuheben, wenn

a) ein Regenwasserkanal in einen Mischwasserkanal umgestaltet oder durch einen solchen ersetzt wird;

b) ein Schmutzwasserkanal in einen Mischwasserkanal umgestaltet oder durch einen solchen ersetzt wird;

c) ein Mischwasserkanal für Niederschlagswässer und gereinigte Schmutz- und Fäkalwässer in einen Mischwasserkanal für Niederschlags- und ungereinigte Schmutz- und Fäkalwässer umgestaltet oder durch einen solchen ersetzt wird, oder

d) eine vorhandene Kanalanlage so umgestaltet oder durch eine neue ersetzt wird, daß dadurch ein erhöhter Reinigungsgrad der Abwässer erzielt wird.

...

§ 3

(1) Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche (Abs. 2) mit dem Einheitssatz (Abs. 3).

(2) Die Berechnungsfläche wird in der Weise ermittelt, daß die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählen zur unbebauten Fläche.

(3) Der Einheitssatz (Abs. 1) ist vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung (§ 6) festzusetzen; er darf 3 v.H. jenes Betrages nicht übersteigen, der unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses für die gesamte Kanalanlage einschließlich der Nebenanlagen erforderlichen Baukosten auf den laufenden Meter der Kanalanlage durchschnittlich entfällt. Die vom Gemeinderat der Ermittlung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Baukosten sowie die Gesamtlänge des Kanalnetzes sind in die Kanalabgabenordnung aufzunehmen.

...

§ 3a

Vorauszahlungen

(1) Liegt für eine öffentliche Kanalanlage ein nach den gesetzlichen Vorschriften bewilligtes und vom Gemeinderat beschlossenes Projekt vor, so ist die Gemeinde berechtigt, unter sinngemäßer Anwendung des § 152 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung, LGBl. 3400, aufgrund einer Verordnung des Gemeinderates, Vorauszahlungen auf die nach den §§ 2 und 3 zu entrichtende Kanaleinmündungsabgabe zu erheben.

(2) Die im Abs. 1 genannte Abgabe ist vom Zeitpunkt des Baubeginnes der Anlage an für jene Liegenschaften zu erheben, für die im Falle der Fertigstellung des bewilligten Kanalprojektes Anschlußpflicht bestehen würde. Wird die öffentliche Kanalanlage in mehreren Bauabschnitten errichtet, so können Vorauszahlungen nur jeweils für begonnene Bauabschnitte erhoben werden.

(3) Liegt eine Kanalabgabenordnung (§ 6) zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Vorauszahlungen noch nicht vor, ist in der Verordnung über die Erhebung der Vorauszahlungen der Einheitssatz für die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe gemäß § 3 aufgrund des Kostenvoranschlages und der projektierten Rohrnetzlänge festzulegen.

(4) Die Vorauszahlung ist einheitlich mit einem Hundertsatz jedoch nicht mit mehr als 80 v.H. jenes Betrages zu erheben, der unter Zugrundelegung des Projektes der Kanalanlage sowie des Umfanges der bestehenden oder in Bau befindlichen Gebäude (Anlage) gemäß den Bestimmungen des § 3 zu entrichten wäre.

(5) Die Vorauszahlungen sind mit 4 v.H. per anno verzinst innerhalb einer Frist von 3 Monaten zurückzuzahlen, wenn die Anschlußpflicht nicht innerhalb von 7 Jahren ab Baubeginn der Anlage entstanden ist oder schon vor diesem Zeitpunkt feststeht, daß es zu keiner Anschlußverpflichtung kommen wird.

...

§ 12

Entstehung der Abgabenschuld, Zahlungstermine

(1) Ist die Kanaleinmündungsabgabe (Ergänzungsabgabe, Sonderabgabe) anläßlich einer Bauführung zu entrichten, so entsteht die Abgabenschuld mit Eintritt der Rechtskraft der Benützungsbewilligung, wenn aber eine solche nicht erforderlich ist, mit Ablauf des Tages, an dem die Bauführung tatsächlich beendet wurde; in allen anderen Fällen mit der Rechtskraft des Bescheides über die Verpflichtung zum Anschluß (§ 17 Abs. 3) bzw. bei der Ergänzungsabgabe mit dem Eintritt der Änderung.

(2) Die Abgabenschuld für die Kanaleinmündungsabgabe anläßlich einer Umgestaltung oder Ersetzung der Kanalanlage (§ 2 Abs. 2) entsteht mit Ablauf des Monats, das der tatsächlichen Inbetriebnahme der umgestalteten oder ersetzten Kanalanlage folgt, soferne nicht Abs. 1 Anwendung findet.

(3) Die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr und die Fäkalienabfuhrgebühr entsteht mit dem Monatsersten des Monats, in dem erstmalig die Benützung des Kanals möglich ist oder die Abfuhr der Fäkalien erfolgt. ...

...

IV. Abschnitt

Hauskanäle und Anschlußleitungen

§ 17

Hauskanäle, Anschlußleitungen

(1) Die Eigentümer von Liegenschaften oder Bauwerken oder Bauwerber, die zum Anschluß an die öffentliche Kanalanlage verpflichtet sind, haben Gebäude mit Abwasseranfall mit der öffentlichen Kanalanlage in Verbindung zu bringen. Der Hauskanal mitsamt dem Anschluß an die Anschlußleitung (Absatz 2) ist auf Kosten des Liegenschaftseigentümers (Bauwerbers) nach den näheren Bestimmungen der NÖ Bauordnung herzustellen. Die Liegenschaftseigentümer der im Zeitpunkt des Eintrittes der Anschlußverpflichtung bereits bestehenden Gebäude sind verpflichtet, die Aborte und sonstigen Abwasseranlagen einschließlich der Regenwasserableitungen auf ihre Kosten nötigenfalls derart umzubauen, daß ein Anschluß an die Hausentwässerungsanlage (Hauskanal) möglich ist. Bei Neubauten ist im vorhinein auf die Anschlußmöglichkeit Bedacht zu nehmen.

..."

§ 61 Nö Gemeindeordnung, LGBl 1000-12, lautet:

"§ 61

Vorstellung

(1) Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen, von der Zustellung des Bescheides an gerechnet, dagegen eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben. Ein letztinstanzlicher Bescheid eines Gemeindeorganes hat den Hinweis zu enthalten, dass gegen den Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erhoben werden kann. Der Hinweis muss sich auch auf das Erfordernis der Schriftlichkeit und die zulässigen Einbringungsstellen erstrecken.

(2) Für das Vorstellungsverfahren gilt:

a) Die Vorstellung ist schriftlich oder telegraphisch bei der Gemeinde, deren Organ den Bescheid erlassen hat, oder unmittelbar bei der Aufsichtsbehörde einzubringen. Wird die Vorstellung bei der Gemeinde eingebracht, so ist sie ohne unnötigen Aufschub, spätestens jedoch einen Monat nach deren Einlangen, unter Anschluss der Verwaltungsakten der Aufsichtsbehörde mit einer Stellungnahme vorzulegen;

b) unzulässige oder verspätete Vorstellungen sind von der Aufsichtsbehörde zurückzuweisen;

c) die Vorstellung hat keine aufschiebende Wirkung; wenn von dem Aufschub des Bescheides, gegen den die Vorstellung erhoben wurde, kein erheblicher Nachteil zu besorgen ist oder wenn mit dessen Vollzug für die Partei, die Vorstellung erhoben hat, ein unwiederbringlicher Nachteil verbunden wäre, kann die Aufsichtsbehörde auf Antrag der Partei aussprechen, dass der Vorstellung aufschiebende Wirkung zukommt. Auf Grund eines solchen Ausspruches hat die Gemeinde den Vollzug des Bescheides aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Verfügungen zu treffen;

d) gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde über die Vorstellung ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann nötige Erhebungen selbst vornehmen oder durch die Gemeindebehörden vornehmen lassen. Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage vor einem Gericht oder Verwaltungsbehörde ein Verfahren anhängig, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Vorstellung ist, so kann die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgeblichen Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Parteien entgegenstehen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens, das Anlass zur Aussetzung gegeben hat, ist das ausgesetzte Vorstellungsverfahren von amtswegen fortzusetzen.

(4) Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

(5) Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

(6) Die Bestimmungen des § 93 werden hiedurch nicht berührt."

2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. April 2001, Zl. 97/17/0495, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit näherer Begründung festgehalten hat, hat bei der endgültigen Festsetzung der Kanaleinmündungsabgabe eine Anrechnung der Vorauszahlung ohne Valorisierung zu erfolgen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis auch näher dargetan hat, begegnet eine derartige Regelung auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

3. Die belangte Behörde hat die Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates insoweit auf einen unzutreffenden Grund gestützt.

Da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die tragenden Aufhebungsgründe einer Vorstellungsentscheidung Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren vor den Gemeindebehörden entfalten (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. Februar 1994, Zl. 92/17/0019, oder vom 18. Juni 2001, Zl. 2001/17/0032, sowie das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0279), erweist sich der angefochtene Bescheid somit als inhaltlich rechtswidrig.

4. Daran ändert auch nichts, dass der Beurteilung der belangten Behörde, hinsichtlich der Feststellung der der Abgabenvorschreibung zu Grunde gelegten Berechnungsfläche sei ein Verfahrensmangel vorgelegen, beizupflichten ist. Die von der beschwerdeführenden Gemeinde ins Treffen geführte Bindungswirkung des Bescheides, mit welchem ein vorläufiger Anschlussbeitrag vorgeschrieben wird, besteht nicht. Die Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe gemäß § 3 NÖ Kanalgesetz 1977 hat auch in dem Fall, in dem eine Vorauszahlung gemäß § 3a vorgeschrieben worden war, nach der zutreffenden Berechnungsfläche, wie sie sich aus § 3 NÖ Kanalgesetz 1977 ergibt, zu erfolgen. Die bei der Vorschreibung der Vorauszahlung gemäß § 3a NÖ Kanalgesetz 1977 angenommene Fläche entfaltet diesbezüglich keinerlei Bindungswirkung. Die Gemeindebehörden hätten daher auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der Ermittlung der Berechnungsfläche eingehen müssen, zumal begründete Einwände gegen die Einbeziehung einzelner Flächenteile erhoben worden waren.

Eine Aufhebung des vor der belangten Behörde bekämpften Gemeindebescheids aus diesem Grund allein wäre daher nicht rechtswidrig gewesen.

5. Die belangte Behörde hat die Aufhebung des bei ihr bekämpften Bescheides des Gemeinderates auf beide von ihr herangezogenen Gründe, aus denen sie eine Verletzung der Rechte der mitbeteiligten Partei durch den Bescheid der Gemeindebehörde annahm, gestützt. Die Besonderheit der Bindungswirkung kassatorischer gemeindeaufsichtsbehördlicher Bescheide, die sich im gegebenen Fall aus § 61 Abs. 5 Niederösterreichische Gemeindeordnung, LGBl. 1000-12, ergibt, bringt es mit sich, dass nicht nur der Spruch an sich, sondern auch die maßgebende in der Begründung enthaltene Rechtsansicht taugliches Beschwerdeobjekt sein kann, der Verwaltungsgerichtshof somit gehalten ist, auch dann, wenn eines der Begründungselemente die Gesetzmäßigkeit der Kassation trägt, die Stichhaltigkeit der anderen zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1980, Zlen 3153, 3154/79).

Infolge der Untrennbarkeit des Spruches des angefochtenen Aufhebungsbescheides hat die belangte Behörde damit den ganzen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die verzeichnete Pauschalgebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG, zu deren Entrichtung die beschwerdeführende Gemeinde gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 und 3 Gebührengesetz 1957

(vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 91/17/0159) in Verbindung mit § 24 Abs. 3 letzter Satz VwGG nicht verpflichtet war.

Wien, am 28. Jänner 2002

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