VwGH 2001/17/0032

VwGH2001/17/003218.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde 1. des HN und 2. der IN, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Oktober 2000, Zl. RU1-V-00102/00, betreffend Vorstellung i.A.

Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe (mitbeteiligte Partei:

Marktgemeinde Leopoldsdorf, vertreten durch Dr. Peter Getreuer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 6), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs5;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 11. Mai 2000 wurde den Beschwerdeführern aus dem angenommenen Anlass der Erklärung eines in deren Eigentum stehenden Grundstückes zum Bauplatz mit einem Bescheid vom 3. September 1998 gemäß § 38 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996, LGBl. 8200 in der in diesem Zeitpunkt geltenden Fassung, eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 1,117.094,-- vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, in welcher sie insbesondere vorbrachten, dass sich die vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde vorgenommene Bauplatzerklärung vom 3. September 1998 nicht an sie, sondern an Dipl. Ing. ME (im Folgenden: E) gerichtet habe. Dieser sei zur Übernahme dieses Bescheides namens der Beschwerdeführer nicht bevollmächtigt gewesen. Die Bauplatzerklärung vom 3. September 1998 habe daher gegenüber den Beschwerdeführern keine Wirkung entfaltet.

Mit Bescheid vom 3. Juli 2000 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Er vertrat die Auffassung, E sei von den Beschwerdeführern zur Übernahme von Bescheiden bevollmächtigt gewesen. Er sei daher als deren Bevollmächtigter anzusehen.

Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung an die belangte Behörde, in welcher sie zunächst auf ihr Berufungsvorbringen verwiesen und darüber hinaus weitere Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Abgabenvorschreibung erhoben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Oktober 2000 gab diese der Vorstellung der Beschwerdeführer Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, E habe als Bevollmächtigter mit Eingabe vom 7. August 1998 eine Teilungsanzeige eingebracht und gleichzeitig um Bauplatzerklärung für das in Rede stehende Grundstück angesucht. Im Zeitpunkt dieses Ansuchens seien jedoch nicht die Beschwerdeführer, sondern L und RU Eigentümer des in Rede stehenden Grundstückes gewesen. Diese hätten es sodann an die nunmehrigen Vorstellungswerber verkauft. Zwar liege im Akt eine Vollmacht der Beschwerdeführer an E auf, in welcher diese als außerbücherliche Eigentümer angeführt seien. Bescheidadressat der Bauplatzerklärung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 3. September 1998 sei jedoch E gewesen. Gemäß § 11 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 sei unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen auf Antrag eines Eigentümers ein Grundstück mit Bescheid zum Bauplatz zu erklären. E sei niemals Eigentümer des in Rede stehenden Grundstückes gewesen. E habe auf Grund einer unglücklichen Formulierung im Antrag vom 7. August 1998 im eigenen Namen statt im Namen seiner Mandaten um die Bauplatzerklärung angesucht. Die Baubehörde hätte daher zu prüfen gehabt, wer Eigentümer des vorgenannten Grundstückes sei und diesen als Bescheidadressaten anzuführen gehabt. Als Eigentümer komme nämlich nur der grundbücherliche, nicht aber der außerbücherliche Eigentümer in Betracht. Die Baubehörde hätte daher die Grundeigentümer im Bescheid als Bescheidadressaten anzuführen gehabt und diesen Bescheid zu Handen ihres Vertreters zustellen müssen. Daraus ergebe sich, dass der gegenüber E erlassene Bescheid vom 3. September 1998 nicht an die Beschwerdeführer gerichtet sei. Eine rechtskräftige Bauplatzerklärung sei aber Voraussetzung für die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe nach § 38 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996. Eine solche rechtskräftige Bauplatzerklärung sei jedoch gegenüber den Beschwerdeführern nicht ergangen. Daher sei der Vorstellung stattzugeben gewesen, weil die Rechte der Beschwerdeführer auf ein gesetzmäßiges Verfahren verletzt worden seien.

Aus verwaltungsökonomischen Gründen sei auszuführen, dass das weitere Vorbringen der Beschwerdeführer unzutreffend sei, also die vorgeschriebene Aufschließungsabgabe bezüglich der Höhe und der Berechnung der Rechtslage entspreche. Die Aufschließungsabgabe sei eine Gemeindeabgabe. Hiebei komme es nicht darauf an, ob auf der Verkehrsfläche vor dem Bauplatz der Beschwerdeführer Aufschließungsmaßnahmen nach § 38 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 durchgeführt werden müssten.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluss vom 27. November 2000, B 1912/00- 3, die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die Beschwerdeführer erklärten schon in der vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde ausschließlich die "aus verwaltungsökonomischen Gründen" getroffenen, ihres Erachtens Bindungswirkung entfaltenden Ausführungen der belangten Behörde zu bekämpfen. In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf gesetzmäßige Vorschreibung der Aufschließungsabgabe verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Marktgemeinde erstatteten Gegenschriften, in welchen sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Zwar können Rechte einer Partei, über deren Vorstellung der Bescheid der höchsten Gemeindeinstanz durch die Vorstellungsbehörde aufgehoben wurde (Art. 119a Abs. 5 B-VG), durch die Begründung dieses aufhebenden Erkenntnisses insofern verletzt werden, als dadurch Rechtsansichten auf die Gemeindebehörde überbunden werden (vgl. § 61 Abs. 5 der Niederösterreichischen Gemeindeordnung, LGBl. 1000-0). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht jedoch eine Bindung an die - einem kassatorischen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheid beigegebene - Begründung nur insoweit, als die Begründung für die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften gemeindebehördlichen Bescheides tragend ist. Dementsprechend ist auch der obsiegende Vorstellungswerber berechtigt, den aufhebenden Vorstellungsbescheid deswegen vor dem Verwaltungsgerichtshof anzufechten, weil jene Gründe, die die Aufhebung tragen, seiner Ansicht nach unzutreffend sind. Die Teile der Begründung des aufhebenden Bescheides, die darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Rechte des Vorstellungswerbers nicht verletzt worden sind, lösen keinerlei bindende Wirkung aus. Derartige Begründungselemente (mit denen die Vorstellungsbehörde etwa der Rechtsansicht der Gemeindebehörden in Teilbereichen beigetreten ist), die (ohne das Hinzutreten von Aufhebungsgründen hinsichtlich anderer Begründungselemente) zu einer Abweisung der Vorstellung führen hätten müssen, stellen keinen tragenden Grund für die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides dar (vgl. zu all dem den hg. Beschluss vom 22. November 1996, Zl. 96/17/0421, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Die Beschwerdeführer wenden sich vorliegendenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gegen die Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Aufhebung des Bescheides des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde aus den im angefochtenen Bescheid genannten Gründen; sie bekämpfen den Bescheid der Aufsichtsbehörde lediglich mit der Begründung, die weiteren Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich der Berechnung der Höhe der Aufschließungsabgabe sowie hinsichtlich der Frage, ob für die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe die Durchführung von Aufschließungsmaßnahmen auf der vor dem Bauplatz der Beschwerdeführer gelegenen Verkehrsfläche erforderlich seien, träfen nicht zu. Die Beschwerde richtet sich sohin nur gegen jenen Begründungsteil des angefochtenen Bescheides, der die Aufhebung nicht trägt und daher keine Bindungswirkung entfaltet. Daraus folgt, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden konnten. Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. auch hiezu den bereits zitierten hg. Beschluss vom 22. November 1996).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 18. Juni 2001

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