Normen
ADV §10 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
ADV §10 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde zur Zl. 97/11/0208 gegen den Bescheid vom 16. Juni 1997 wird als unbegründet abgewiesen.
Der zur Zl. 97/11/0270 angefochtene Bescheid vom 19. Juni 1997 wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,--, der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der im Jahre 1973 geborene Beschwerdeführer wurde bei in den Jahren 1991 und 1995 durchgeführten Stellungen für "Tauglich" befunden. Mit Schreiben vom 28. Oktober 1996 suchte er um eine neuerliche Stellung an. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. November 1996 wurde gemäß § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes 1990 (WG) von Amts wegen eine neuerliche Stellung verfügt.
Mit Bescheid vom 16. Juni 1997 wurde auf Grund eines Beschlusses der Stellungskommission vom selben Tag die Eignung des Beschwerdeführers mit "Tauglich" festgestellt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer - nach einer am 24. Juni 1997 an ihn persönlich durch Hinterlegung erfolgten (rechtsunwirksamen) Zustellung - zu Handen seines Rechtsvertreters mittels "2. Zustellung" am 7. Juli 1997 zugestellt.
Dagegen richtet sich die zur Zl. 97/11/0208 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Dasselbe Schriftstück wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters versehen mit dem Datum 19. Juni 1997 wiederum als "zweite Zustellung" am 6. August 1997 abermals zugestellt.
Dagegen richtet sich die zur hg. Zl. 97/11/0270 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. In beiden Beschwerden wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide behauptet und deren kostenpflichtige Aufhebung beantragt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift zu beiden Beschwerden eingebracht, in der sie der Sache nach die Auffassung vertritt, es handle sich bei den Bescheiden vom 16. Juni und vom 19. Juni 1997 um einen Abspruch über dieselbe Sache. Sie beantragt die kostenpflichtige Abweisung "der Beschwerde".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur hg. Zl. 97/11/0270:
Die dem Beschwerdeführer am 6. August 1997 zugestellte Ausfertigung des Bescheides betreffend Feststellung seiner Eignung zum Wehrdienst muß als ein gesonderter Bescheid in dieser Verwaltungsangelegenheit angesehen werden. Es handelt sich nicht um die wiederholte und überflüssige neuerliche Zustellung eines bereits erlassenen Bescheides. Diese Annahme verbietet schon allein die unterschiedliche Datierung der beiden Bescheide. Das Datum ist ein gesetzlich zwingender Bestandteil jedes Bescheides (§ 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 erster Satz AVG; vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/11/0333). Der gleichlautende Beschluß der Stellungskommission ist nicht mit der Willensbildung über den Stellungsbescheid gleichzusetzen, er ist vielmehr nur eine Voraussetzung für dessen Erlassung.
Die belangte Behörde hat daher durch den am 6. August 1997 zugestellten Bescheid neuerlich in einer schon bescheidmäßig abgeschlossenen Verwaltungssache einen - wenngleich inhaltlich gleichlautenden - Bescheid erlassen. Sie hat damit rechtswidrig gehandelt und gegen die materielle Rechtskraft des bereits erlassenen, mit 16. Juni 1997 datierten, am 7. Juli 1997 zugestellten, Bescheides verstoßen. Dies hat zur Aufhebung des zweitangefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich veranlaßt, zu betonen, daß es sich bei dieser Vorgangsweise nicht um einen übertriebenen und vermeidbaren Formalismus handelt. Der Beschwerdeführer war auf Grund des durchgeführten Verwaltungs-(Stellungs)verfahrens in Erwartung eines über seine Eignung zum Wehrdienst absprechenden Bescheides. Am 7. Juli 1997 wurde ihm ein solcher rechtswirksam zugestellt. Da er mit dem Inhalt dieses Bescheides nicht einverstanden und der Ansicht war, der Bescheid entspräche nicht dem Gesetz, hatte er ihn aus seiner Sicht bei einem Gerichtshof des öffentlichen Rechts anzufechten. Die Zustellung des zweiten Bescheides mußte ihn aber gänzlich verunsichern. Es stellte sich für ihn die Frage, ob nun - wie die belangte Behörde offenbar meint - eine weitere Ausfertigung desselben Bescheides zugestellt wurde, die für den Beschwerdeführer keine Rechtswirkungen entfaltet, weil der Sitz der normativen Erledigung des Stellungsverfahrens der zuerst zugestellt Bescheid blieb, oder ob die Behörde in derselben Sache neuerlich entschieden hat und dadurch den ersten Bescheid gegenstandslos gemacht bzw. aufgehoben hat. Im zweiten Fall wäre eine Beschwerde gegen den ersten Bescheid unzulässig und daher sinnlos; zu bekämpfen wäre nur der zweite Bescheid. In dieser Situation blieb dem Beschwerdeführer gar nichts übrig, als auch den zweiten Bescheid zu bekämpfen (und die dafür notwendigen Kosten - zu denen nach dem 1. September 1997 auch die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG in der Fassung BGBl. Nr. 88/1997 zählt - auf sich zu nehmen). Bei einer anderen Sichtweise des Verwaltungsgerichtshofes stünde der Fehlleistung der Behörde eine kostenpflichtige (§ 51 VwGG) Zurückweisung einer der Beschwerden gegenüber.
2. Zur hg. Zl. 97/11/0208:
Gemäß § 15 Abs. 1 WG dürfen in das Bundesheer nur österreichische Staatsbürger männlichen Geschlechtes einberufen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzen.
Der Beschwerdeführer bestreitet, zum Wehrdienst gesundheitlich geeignet zu sein. Die Mindesterfordernisse für diese Eignung, wie sie vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28. November 1989, Zl. 89/11/0105, umschrieben wurden, würden von ihm nicht erfüllt werden. Das von ihm beigebrachte neurologisch-psychiatrische Gutachten attestiere seine Nichteignung auf Grund einer funktionellen Labilität.
Dem Beschwerdeführer ist zunächst entgegenzuhalten, daß sich aus dem erwähnten Gutachten keine Zweifel an seiner körperlichen Eignung zum Wehrdienst im Sinne des § 15 Abs. 1 WG ergeben. Die von dieser Bestimmung im Lichte der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderte körperliche Leistungsfähigkeit beschränkt sich auf das Bedienen einer Waffe und das Aufbringen eines Mindestmaßes an Kraftanstrengung und Beweglichkeit, um die Grundausbildung zu absolvieren. Diese Fähigkeit wird dem Beschwerdeführer im zitierten Gutachten keineswegs abgesprochen; sie hat mit der bei ihm festgestellten funktionellen Labilität nichts zu tun.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe seine geistige Eignung nicht geprüft. Er ist damit insofern im Recht, als die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Feststellung der emotionalen Instabilität bzw. funktionellen Labilität des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf die Zumutbarkeit geringer körperlicher Anstrengungen, die ihm die Heranziehbarkeit zur "allgemeinen Basisausbildung" ermögliche, eingeht. Die belangte Behörde vermengt dabei in unschlüssiger Weise unterschiedliche gesundheitliche Komponenten. Dieser Verfahrensmangel ist aber nicht wesentlich und führt daher auch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil auch bei Vermeidung dieses Mangels auf Grund des vom Beschwerdeführer beigebrachten, bereits mehrfach erwähnten Gutachtens kein anderes Ergebnis erzielbar gewesen wäre. Der Gutachter hat nämlich aus der funktionellen Labilität des Beschwerdeführers geschlossen, daß er "sicherlich nicht in der Lage ist, konstant und regelmäßig eine belastende Situation auszuhalten". Eine derartige Belastung hat ein - eingeschränkt heranziehbarer - Wehrpflichtiger bei entsprechender Bedachtnahme auf diesen Umstand bei der Absolvierung der "allgemeinen Basisausbildung" nicht zu gewärtigen.
Zum übrigen Beschwerdevorbringen sei festgehalten, daß es in einem die Tauglichkeit eines Wehrpflichtigen feststellenden Bescheid der Aufzählung der militärischen Funktionen, zu denen der Wehrpflichtige herangezogen werden kann, im einzelnen nicht bedarf. Wenn auch die Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdeführer könne ein Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit entwickeln, um eine Waffe bedienen zu können, für sich nicht hinreicht, um die Tauglichkeit des Beschwerdeführers zu begründen (der Wehrpflichtige bedarf der Beweglichkeit und Kraftanstrengung nicht nur, um die Waffe zu bedienen, sondern in erster Linie um die sonst bei der Leistung des Militärdienstes anfallenden Tätigkeiten und Übungen zu verrichten), ist dieser Begründungsmangel im Lichte des oben Gesagten nicht wesentlich, besteht doch danach kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer die erwähnten Mindestvoraussetzungen nicht erfülle.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich rügt, der letzte Satz des § 23 Abs. 2 WG, wonach ein auf "Tauglich" lautender Beschluß der Stellungskommission der Zustimmung des Arztes bedarf, sei nicht eingehalten worden, weil eine Zustimmung des Arztes nicht eingeholt worden sei, verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage: Die Behörde hat nicht eine Zustimmung einzuholen, sondern sie darf einen auf "Tauglich" lautenden Bescheid nur erlassen, wenn der Arzt in der Stellungskommission (§ 22 Abs. 1 Z. 2 WG) der Auffassung zugestimmt hat, der Untersuchte sei tauglich. Daß dies im vorliegenden Fall gegeben war, ergibt sich aus der Aktenlage.
Die Beschwerde zur Zl. 97/11/0208 war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zusprüche von Aufwandersatz gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)