VwGH 97/09/0308

VwGH97/09/03087.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des T K in Wien, vertreten durch Dr. Wulf Kern, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 22, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 1. Juli 1997, Zl. 10/13117/754 730, betreffend Feststellung gemäß Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80, zu Recht erkannt:

Normen

61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs2;
AuslBG §1 Abs3;
EURallg;
VwRallg;
61995CJ0171 Recep Tetik VORAB;
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs2;
AuslBG §1 Abs3;
EURallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice (belangte Behörde) vom 1. Juli 1997 gerichtet, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsbürgers, vom 7. April 1997 auf Feststellung, dass er gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 eingerichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80 (ARB Nr. 1/80), berechtigt sei, abgewiesen und zugleich festgestellt wurde, dass er die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 nicht erfülle und für die Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung in Österreich nicht vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen sei.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer zwar dem regulären österreichischen Arbeitsmarkt angehöre, jedoch nicht vier Jahre ununterbrochen dem regulären österreichischen Arbeitsmarkt angehört habe. Vom 21. Dezember 1993 bis zum 30. Jänner 1994 sei eine Unterbrechung festzustellen, welche keine der in Abs. 2 des Art. 6 ARB Nr. 1/80 genannten Lebenssachverhalte erfasse. Insbesondere liege auch keine unverschuldeten Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum vor. Erst per 31. Jänner 1994 sei der Beschwerdeführer wieder Arbeit suchend gemeldet gewesen. Eine auf einen Urlaub in der Türkei zurückzuführende Unterbrechung des Leistungsbezuges bzw. die Nichtbeanspruchung desselben könne nicht als unverschuldete Arbeitslosigkeit gewertet werden. Im Übrigen sei ihm ein Befreiungsschein für die Zeit vom 11. November 1994 bis zum 10. November 1999 ausgestellt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 6 Satz 1 (Abs. 1) ARB Nr. 1/80 hat folgenden Wortlaut:

"Artikel 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.

3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt."

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, vom 21. Dezember 1993 bis zum 30. Jänner 1994 nicht beschäftigt gewesen zu sein. Er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil diese Unterbrechung seiner unselbständigen Beschäftigung eine unverschuldete gewesen sei. Vom 20. Dezember 1993 bis 28. Februar 1994 sei es seitens des Arbeitgebers zu einer saisonbedingten Freistellung gekommen, die im Winter im Baugewerbe an der Tagesordnung liege und von der belangten Behörde akzeptiert werde. Richtig sei, dass er sich vom 21. Dezember 1993 bis 30. Jänner 1994 in der Türkei aufgehalten habe, jedoch nur, weil Formalitäten hinsichtlich der Spitalseinweisung seines Sohnes hätten gemacht werden müssen.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dass der Beschwerdeführer in dem saisonal bedingten Unterbrechungszeitraum zwischen dem 21. Dezember 1993 und dem 30. Jänner 1994 infolge seines Aufenthaltes in der Türkei - aus welchem Grunde immer - keinen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hatte, bestreitet er auch in der Beschwerde nicht. Andere Umstände, aus denen sich eine Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt auch für diesen Zeitraum hätte ergeben können, sind nicht aktenkundig. Nach dem Verlust seiner Beschäftigung im Jahre 1993 konnte sich der Beschwerdeführer aber noch nicht auf einen allenfalls durch die Zurücklegung von in Art. 6 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 umschriebenen Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung erworbenen Anspruch auf Fortsetzung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nach den - erst mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 wirksamen - Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 - etwa im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 23. Jänner 1997, in der Rechtssache C-171/95 (Recep Tetik) - berufen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. Juni 1997, Zl. 96/21/0100, vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/09/0152, und vom 15. April 1998, Zl. 98/09/0044). Daher hat die vor dem 1. Jänner 1995 gelegene Unterbrechung der Beschäftigung des Beschwerdeführers auch zum Untergang der davor erworbenen Anwartschaft auf die mit dem dritten Gedankenstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 verbundene Rechtsposition geführt. Die ab dem 31. Jänner 1994 zu berücksichtigende Zugehörigkeit zum österreichischen Arbeitsmarkt erfüllte jedoch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (19. August 1997) noch nicht die zeitlichen Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80.

Die Beschwerde erweist sich somit bereits aus diesem Grund als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 7. Juli 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte