VwGH 97/01/0291

VwGH97/01/029111.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der Fatma Atalay in Wels, vertreten durch Dr. Hubert Köllensperger, Rechtsanwalt in Wels, Alois Auer Sraße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 31. Jänner 1997, Zl. Gem(Stb)-34576/14-1997/Sch, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. Jänner 1997 hat die Oberösterreichischen Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin vom 9. August 1995 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und die Anträge auf Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft auf den Gatten und die minderjährigen Kinder der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 iVm §§ 16, 17 und 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG) abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin, die seit 16. Jänner 1990 ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet habe, habe als besonders berücksichtigungswürdigen Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 3 StbG folgende Umstände geltend gemacht:

Sie sei seit November 1991 bei einer namentlich genannten Firma in Wels beschäftigt. Ihr älterer Sohn besuche in Österreich die Volksschule, der jüngere, noch nicht schulpflichtige Sohn sei in Österreich geboren worden. Im Gegensatz zu vielen anderen Fremden habe die Beschwerdeführerin regen freundschaftlichen Kontakt mit österreichischen Staatsbürgern und außergewöhnlich gut Deutsch gelernt, sodaß ihr aus diesem Grund die Integration in Österreich leicht falle.

Dazu werde von der belangten Behörde festgestellt, daß die Tatsachen, daß die Beschwerdeführerin einer geregelten Arbeit nachgehe, einen geordneten Lebenswandel führe und sich in Österreich bereits gut integriert habe, wohl als Selbstverständlichkeit anzusehen und nicht geeignet seien, das Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe für eine bevorzugte Einbürgerung zu bejahen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Da die Beschwerdeführerin unbestritten ihren Hauptwohnsitz erst seit 16. Jänner 1990 im Bundesgebiet hat, erfüllt sie die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht. Von dieser Voraussetzung kann aber gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß sie mit ihrem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Vorbringen im Verwaltungsverfahren eine besondere Bindung an Österreich sowie die völlige Anpassung an die österreichischen Verhältnisse in Sprache und Lebensart geltend gemacht habe. Diese Umstände stellten nach den Intentionen des Gesetzgebers besonders berücksichtigungswürdige Gründe für die Verleihung der Staatsbürgerschaft dar.

Die "besondere Bindung an Österreich" sowie die "völlige Anpassung an die österreichischen Verhältnisse in Sprache und Lebensart" sind in der (aktuellen) beispielsweisen Aufzählung in dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 betreffenden Bericht des Verfassungsausschusses (875 Blg. NR 10. GP, Seite 4) enthalten, der grundsätzlich nicht die Eignung abgesprochen werden kann, eine brauchbare Auslegungshilfe für den unbestimmten Gesetzesbegriff des "besonders berücksichtigungswürdigen Grundes" darzustellen, soweit dem nicht der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/1255).

Aufgrund des Wortlautes des § 10 Abs. 3 StbG kommt eine Ausnahme vom grundsätzlichen Einbürgerungserfordernis des mindestens zehnjährigen Wohnsitzes nicht schon dann in Betracht, wenn ein berücksichtigungswürdiger Grund gegeben ist, sodern ist hiefür ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund erforderlich. Ein solcher kann nur gegeben sein, wenn sich der Fall des Einbürgerungswerbers aufgrund konkreter Umstände in einem für die Verleihung der Staatsbürgerschaft relevanten Bereich von der üblichen Situation, in der sich ein Fremder nach einem gleich langen inländischen Aufenthalt bei üblicherweise zu erwartenden Integrationsbemühungen befindet, sehr deutlich abhebt. Eine "besondere Bindung an Österreich" bzw. eine "völlige Anpassung an die österreichischen Verhältnisse in Sprache und Lebensart" liegt somit nur dann vor, wenn die Bindung bzw. die Anpassung des Einbürgerungswerbers aufgrund konkreter Umstände deutlich über dem Ausmaß liegt, das von einem Fremden nach einem gleich langen inländischen Aufenthalt üblicherweise erwartet werden kann.

Derartige Umstände hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht geltend gemacht. Die Berufstätigkeit stellt schon im Hinblick darauf keinen "besonders berücksichtigungswürdigen Grund" dar, daß die dadurch bewirkte Sicherung des Unterhaltes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG eine zwingende Verleihungsvoraussetzung darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, 97/01/0787). Aus der Tatsache, daß ein Kind der Beschwerdeführerin in Österreich - in Erfüllung der Schulpflicht - die Volksschule besucht und das andere Kind in Österreich geboren ist, kann keine besondere Bindung an Östereich abgeleitet werden. Mit ihrem Vorbringen, regen freundschaftlichen Kontakt zu Österreichern zu unterhalten und außergewöhnlich gut Deutsch zu sprechen, hat die Beschwerdeführerin zwar auf eine gute Integration hingewiesen, jedoch keine konkreten Tatsachen geltend gemacht, aus denen sich ergebe, daß sie wesentlich mehr integriert sei, als ein gleich lang im Inland befindlicher Fremder mit üblicherweise zu erwartenden Integrationsbemühungen, wozu zweifellos auch das Bemühen um die Erlernung der deutschen Sprache gehört.

Die Beschwerdeführerin meint, der angefochtene Bescheid sei nicht überprüfbar, weil keine Feststellungen zur Frage des Vorliegens eines "besonders berücksichtigungswürdigen Grundes" getroffen worden seien. Demgegenüber ergibt sich aus der Formulierung im angefochtenen Bescheid, "dazu wird von der

h. Behörde festgestellt, daß die Tatsache, daß die Staatsbürgerschaftswerberin einer geregelten Arbeit nachgeht, einen geordneten Lebenswandel führt und sich in Österreich bereits gut integriert hat ...", daß die belangte Behörde das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Inhalt ihrer Feststellung gemacht hat. Sie hat diesen Sachverhalt jedoch, wie dargestellt, in rechtlich einwandfreier Weise dahin beurteilt, daß kein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" vorliege. Darüberhinaus war die belangte Behörde nicht verpflichtet, von sich aus Ermittlungen darüber anzustellen, ob allenfalls noch weitere, von der Beschwerdeführerin nicht näher ausgeführte Gründe vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/01/0390).

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Abspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte