VwGH 96/21/0670

VwGH96/21/067019.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des DP in Zagreb, geboren am 9. Dezember 1960, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 10. Jänner 1996, Zl. Fr 893/1995, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §6 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
FrG 1993 §32 Abs2 Z2;
FrG 1993 §32 Abs3;
VwRallg;
AVG §6 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
FrG 1993 §32 Abs2 Z2;
FrG 1993 §32 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Nach dem übereinstimmenden Inhalt des angefochtenen Bescheides und der Beschwerde wurde der Beschwerdeführer am 24. Februar 1995 beim Versuch, bei der Grenzkontrollstelle Spielfeld nach Österreich einzureisen, von Organen der Zollwache gemäß § 32 Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, zurückgewiesen. In seinem Pass wurde eine Stampiglie mit dem Text "ZURÜCKGEWIESEN gem. § 32 Abs. 2 Z. 2 FrG" angebracht.

Gegen diese Zurückweisung erhob der Beschwerdeführer bei der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft Leibnitz ein Rechtsmittel, bezeichnet als "Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde". Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz die angeführte Rechtsmittelschrift dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark zur Entscheidung vorlegte. Dieser wiederum übermittelte der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark den gegenständlichen Akt "zuständigkeitshalber". Diese Behörde rückübermittelte den Akt an den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Begründung, dass es sich im gegenständlichen Fall um keinen Bescheid handle, sondern um eine faktische Amtshandlung, die nur mit "einer UVS-Beschwerde bekämpfbar" sei. Der Unabhängige Verwaltungssenat trat den Akt wiederum an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark ab, die mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Jänner 1996 dieses als Berufung bezeichnete Rechtsmittel des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückwies. In der Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde darauf, dass die am 24. Februar 1995 bei der Grenzkontrolle Spielfeld erfolgte Zurückweisung nach § 32 FrG eine faktische Amtshandlung darstelle, die mit Beschwerde beim Unabhängigen Verwaltungssenat gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG anfechtbar und nicht mit einer Berufung an die Sicherheitsdirektion bekämpfbar sei. Es sei daher die erkennende Behörde nicht gehalten, auf das Berufungsbegehren näher einzugehen. "Vor dem Hintergrund der klaren gesetzlichen Regelung des Fremdengesetzes sowie des Bundes-Verfassungsgesetzes" sei der belangten Behörde eine meritorische Erledigung der vorliegenden Berufung untersagt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde, deren Behandlung mit Beschluss vom 11. Juni 1996, B 638/96, abgelehnt und die dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof begehrt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid zu "beheben".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht

auf die Erstattung einer Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 32 Abs. 2 Z. 2 FrG sind Fremde bei der Grenzkontrolle zurückzuweisen, wenn sie zwar zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt sind, aber bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

a) ihr Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat gefährden würde;

b) sie ohne die hiefür erforderlichen Bewilligungen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

c) sie im Bundesgebiet Schlepperei begehen oder an ihr mitwirken werden.

§ 32 Abs. 3 leg. cit. normiert, dass das Grenzkontrollorgan nach Befragung des Fremden auf Grund des von diesem glaubhaft gemachten oder sonst bekannten Sachverhaltes zu entscheiden hat und die Zurückweisung im Reisedokument des Fremden ersichtlich gemacht werden kann.

Im Licht der vorangeführten Bestimmungen steht es für den Verwaltungsgerichtshof außer Zweifel, dass entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht die Zurückweisung eines Fremden bei der Grenzkontrolle sowie deren Ersichtlichmachung im Reisedokument des Fremden die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt, die gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG mit Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden kann (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. April 1994, B 1117/93, 1119/93).

§ 67c Abs. 2 AVG normiert die Inhaltserfordernisse einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Nach dieser Bestimmung ist die Bezeichnung der Beschwerde als solche nicht erforderlich. Wie die unrichtige Bezeichnung eines Schriftsatzes als Aufsichtsbeschwerde diesem den Charakter einer Berufung im Sinn des § 63 AVG nicht zu nehmen vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 88/18/0041), so schadet auch die vorliegend gewählte Bezeichnung der Beschwerde als "Berufung" nicht. Für die Behandlung dieses als Beschwerde zu wertenden Schriftsatzes (§ 67c Abs. 2 AVG) ist nach dem Gesagten der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark zuständig.

Zu prüfen ist, ob die belangte Behörde mit einer Zurückweisung dieses Rechtsmittels vorgehen durfte.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Mai 1996, Zl. 94/05/0370 (Slg. 14.475/A), aus, dass eine Behörde, der zu Unrecht eine Berufung vorgelegt wurde, diese gemäß § 6 AVG an die ihrer Auffassung nach zuständige Berufungsbehörde weiterzuleiten habe. Dies hatte die dort belangte Behörde (der UVS im Land Niederösterreich) nicht getan, sondern das Rechtsmittel gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen (nachdem der UVS Wien, an den die beim Magistrat der Stadt Wien eingebrachte Berufung weitergeleitet worden war, diese der belangten Behörde übermittelt hatte). Der Gerichtshof gelangte zur Auffassung, dass diese (sofortige) Zurückweisung nicht in einen bloßen Ausspruch über die Unzuständigkeit der belangten Behörde umgedeutet werden könne, damit vielmehr über die Berufung endgültig entschieden worden sei. Dadurch werde in rechtswidriger Weise die Verantwortung für die (angenommen) verfehlte Weiterleitung innerhalb des Behördenapparats auf die Partei überwälzt.

Damit unterscheidet sich dieser Fall - abgesehen davon, dass hier anders als in dem dem Erkenntnis des verstärkten Senates zu Grunde liegenden Beschwerdefall keine an sich zulässige Berufung vorliegt - von dem vorliegenden. Hier ist die belangte Behörde ihrer Verpflichtung gemäß § 6 Abs. 1 zweiter Halbsatz AVG zur Weiterleitung des Rechtsmittels an die zuständige Behörde nachgekommen. Wenn sie nun, nachdem sie dieses infolge Verkennung der Rechtslage durch die zuständige Behörde rückübermittelt erhalten hatte, eine Zurückweisung ausgesprochen hat, hat sie in eindeutiger Weise die "Berufung" nicht endgültig erledigt, sondern lediglich ihre Unzuständigkeit zur meritorischen Erledigung derselben zum Ausdruck gebracht. Es wäre widersinnig und der Klärung der Zuständigkeitsfrage nicht dienlich, ihre Befugnisse auf eine bloße (neuerliche) Weiterleitung nach § 6 Abs. 1 zweiter Halbsatz AVG zu beschränken.

Aus dieser Erwägung heraus durfte die belangte Behörde das Rechtsmittel in - durch § 6 Abs. 1 erster Halbsatz AVG eingeräumter - Wahrnehmung ihrer (sachlichen) Unzuständigkeit zurückweisen.

Davon unberührt bleibt ihre Verpflichtung, nunmehr nach § 6 Abs. 1 zweiter Halbsatz AVG vorzugehen.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Ein Kostenzuspruch an die belangte Behörde kam nicht in Betracht, weil diese keine Kosten verzeichnet hat.

Wien, am 19. Mai 2000

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